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Der Mann, der das aufräumte

Markus Diethelm sagt beim Abschied leise tschüss. Mit ihm geht ein ganzer Giftschrank voller nicht erzählter Storys.

Er ist das dienstälteste Mitglied der Geschäftsleitung der UBS. Er ist seit 13 Jahren Chief Legal Councel, wie das im Banker-Sprech heisst. Der Chefjurist der Bank. Der Auf- und Abräumer. Wohl das einzige Mitglied der GL, das sein Salär wert ist.

Er ist all das, was Urs Rohner gegenüber am Paradeplatz nicht ist. Daher wurde die UBS zwar auch stark gerupft, von der Finanzkrise eins bis heute. Aber sie hat’s überlebt, nicht zuletzt wegen diesem Mastermind. Nun beginnt Diethelm mit seinem Abgang. Überlegt, geplant, leise. Wie immer.

Man muss sich die damalige Situation nochmals vergegenwärtigen. Wegen den irren und hochfliegenden Plänen des damaligen UBS-Bosses Marcel Ospel, die UBS zur Nummer eins machen zu wollen, musste die Bank mit einer gewaltigen Staatshilfe vor dem Bankrott gerettet werden.

Während sich Journalisten schon mit Lobliedern lächerlich machten, wie die UBS elegant durch die Krise gesteuert sei, musste sie gleich die nächste Hiobsbotschaft verkünden. Ein rachsüchtiger Ex-Mitarbeiter hatte sich den US-Behörden als Whistleblower angeboten. Beihilfe zur Steuerhinterziehung. Vor Ort, in den USA.

Nach der Krise ist vor der Krise. Alte Bankerweisheit

Jetzt reicht’s, sagten die Amis. Wir wollen alle Kundendaten von US-Steuerpflichtigen, die die UBS beherbergt. Sonst – ziehen wir der Bank den Stecker raus. Durch den Ausschluss aus dem Dollar-Clearing. Nach der schlimmen Krise die noch schlimmere.

Was tun? Diese Kundendaten waren durch das Schweizer Bankgeheimnis geschützt. Und durch heilige Schwüre der UBS. Selbst wenn die Bank wollte, jeder, der sich an einer solchen Datenherausgabe beteiligte, machte sich in der Schweiz gleich doppelt strafbar. Und ein Banker mit Vorstrafe, das ist dann doch undenkbar.

Nur Christoph Blocher hatte damals den Mut, die einzig richtige Lösung vorzuschlagen: ein führender UBS-Banker müsse in die USA reisen. Mit den Kundendaten im Gebäck. Sich anschliessend in der Schweiz verantworten. Das sei dann wenigstens einmal von Verantwortung nicht nur quatschen, sondern sie auch übernehmen.

Ein Fall für Diethelm.

Jetzt muss ich ausdrücklich festhalten, dass wir den Bereich der Fantasie betreten, dass von hier an Übereinstimmungen mit tatsächlichen Ereignissen oder Personen rein zufällig und nicht beabsichtigt wären.

Was alles so sicher nicht passiert ist …

Nehmen wir also an, der Chief Legal einer Schweizer Grossbank hat ein grosses Problem auf dem Schreibtisch. Gerade hat der Schweizer Steuerzahler ungefragt viele Milliarden Franken für diese Grossbank, nennen wir sie SUP, ins Feuer gestellt. Und nun muss sie bereits das zweite, ganz grobe Problem bekannt geben.

Was noch erschwerend hinzukommt: der dafür zuständige Bundeszwerg, der schon der Staatsnotrettung nur widerwillig zugestimmt hatte, machte Anstalten, diesmal der Bank zu sagen: «pfeift Euch eins, es reicht mit Hilfe von uns.» Selbstverständlich wollte keiner des Kaders es auf sich nehmen, Freiheit, Ruf und Karriere aufs Spiel zu setzen. Das Bankgeheimnis, das hatte der Bundeszwerg gesagt, das sei so stabil, daran würden sich alle die Zähne dran ausbeissen.

Die Bankführung um den allmächtigen Oberopel war gelähmt, was sie auch nach seinem Abgang blieb. Also die Aufgabe für einen wahren Mastermind. Seine Bank stand auf einem Spielfeld, das mit Verboten und Unmöglichkeiten gespickt war. Was tun? Da gab es nur einen Ausweg: die Spielregeln ändern.

Mit Fantasie läuft’s wieder wie geschmiert.

Der einer neuerlichen Rettung der SUP sehr ablehnend gegenüberstehende Bundeszwerg: nach einer Herzbaracke ausser Gefecht gesetzt. Das störende Bankgeheimnis: muss weg. Nun wurden die Amis aber leider ungeduldig und stiessen immer finsterere Drohungen aus. Also Notrecht. Damit konnte das Schlimmste verhütet werden. Ein reitender Bote überbrachte der US-Botschaft zu Bern die gewünschten Daten auf einem Memory Stick, gleichzeitig wurde den US-Behörden der Codeschlüssel übermittelt.

Problem gelöst? Fast. Die fällige Busse wurde auf schlappe 780 Millionen Dollar runtergehandelt. Es blieb nur noch ein Problem. Die USA hatten nicht die etwas über 2000 ihnen ausgelieferte Kundendaten verlangt. Sondern alle, also über 50’000. Das ging nun beim besten Willen mit Notrecht nicht, und die offizielle Abschaffung des von der SUP geschleiften Bankgeheimnisses, das würde dauern.

Nach der Lösung ist vor dem Problem

Was tun? Die SUP stand schon wieder am Abgrund, und die Kräfte, die sie vor dem Fall bewahren könnten, wurden immer schwächer. Da kam der Mastermind auf seine nächste grosse Idee. Die SUP schmiss einfach alle ihre Ami-Kunden raus. Zwangsweise, und wenn Ihnen das nicht passt, schauen Sie mal ins Kleingedruckte.

Die anderen Schweizer Banken wunderten sich, wieso plötzlich Amikunden kleine Schlangen vor dem Kontoeröffnungsschalter bildeten. Aber während das Einwerben eines Schwarzgeldkunden locker mal über 100’000 Franken kosten konnte, hier schaute man einem geschenkten Gaul doch nicht ins Maul. Hätte man aber vielleicht tun müssen.

Den gleichzeitig mit dem Rausschmiss bei der SUP wurde eine sogenannte Leaver-List erstellt. Also Namen, Anschrift, Höhe des saldierten Betrags, wohin er überwiesen wurde. Teuflisch, aber effektiv. Die US-Steuerämter konnten ihr Glück kaum fassen. Die bei der SUP Schwarzgeld bunkernden Amis konnten ihr Pech nicht fassen.

Das geniale Sahnehäubchen war: so konnten die Amis die Wanderung der Schwarzgelder auf andere Schweizer Banken genau verfolgen. Der ganze Finanzplatz war kontaminiert, ohne es zu wissen. Schliesslich musste der letzte Konkurrent der SUB eine Multimilliardenbusse zahlen, die Waffengleichheit war wieder hergestellt.

Zurück aus der Fantasie in die reale Welt. Diethelm, wir werden Sie schmerzlich vermissen.

Und die Verantwortung, Herr Rohner?

Die Credit Suisse steht in einem Scherbenhaufen. Einem GAU, verursacht aus eigener Unfähigkeit.

Gleich einen Doppelschlag einstecken müssen, das ist wenigstens originell. Die UBS machte das damals scheibchenweise. Zuerst Vollgas in das Schlamassel von verwursteten und undurchschaubaren Wettscheinen auf US-Hypotheken, die zwar klingende Namen hatten, ellenlange Prospekte, auf die die Ratingagenturen schneller ein AAA draufhauten, als man 400 Seiten vom Schreibtisch wuchten kann.

Aber gegen Schluss der Party glaubten nur noch Arroganz-Banker wie Marcel Ospel daran, damit das Riesengeschäft zu machen. Der Schweizer Staat musste für die absaufende Bank ins Risiko gehen. Womit er beim zweiten Scheibchen, Steuerstreit mit den USA, bereits in Geiselhaft war und der UBS erlauben musste, das Bankgeheimnis zu schleifen.

Aber nach kurzer und heftiger Gegenwehr und flotten Sprüchen («wir haben und wir sind enttäuscht») trat Ospel wenigstens zurück. Nachdem Oswald Grübel das Kunststück geschafft hatte, als erster und wohl einziger Banker sowohl CEO bei der UBS wie dann auch bei der Credit Suisse zu werden, zeigte er, was ein starker Abgang ist.

«Ist es schlimm», fragte er, als über den Fall Adoboli informiert wurde. «Ist es mehr als eine Milliarde?» Nach dem zweiten Ja meinte Grübel trocken:

«Das war’s dann.»

Nichts von «ich habe von nichts gewusst». Kein «ich klatsche diesen und jenen raus, aber der Chef muss am Steuer bleiben».

Heute nur noch Sesselkleber

Das waren noch Zeiten. Heutzutage bleiben «angespannte Weste» Axel Weber bei der UBS und «weisse Weste» Urs Rohner bei der CS auf ihren Stühlen als VR-Präsident sitzen, als wären sie mit Araldit drangeklebt.

Obwohl zurzeit die CS in der wohl grössten Bredouille seit ihrer Gründung als SKA steht. Die Finanzkrise und die Gewaltsbusse im Steuerstreit mit den USA konnte sie noch einigermassen wegstecken. Allerdings nur, weil sie reiche Scheichs dazu bewegen konnte, in sogenannte CoCos zu investieren. Zwangswandelanleihen mit dem Vorteil, nicht als Kapitalaufnahme, sondern als Aktienkapital verbucht werden zu können. Das Preisschild war allerdings happig: bis zu knapp 10 Prozent Zinsen, zudem streckte die CS Kredite vor, mit denen die Scheichs dann kauften.

Seither gibt es kaum einen gröberen Skandal, in dessen Umfeld die CS nicht auftaucht. Und nun noch das. Da müssten doch die Medien endlich ihrer Funktion als Vierte Gewalt nachleben und genauso harsch reagieren, wie sie es bei ein paar randalierenden Jugendlichen tun. Durchgreifen, nicht länger zusehen, Wiederholungen verhindern. Sagen sie tapfer – zu den kleinen Jugendunruhen von St. Gallen. Mit ein paar zehntausend Franken Sachschaden. Bei der CS drohen Verluste von bis zu 7 Milliarden.

Und was sagt die Vierte Gewalt dazu?

Natürlich fehlt es auch da an markigen Sprüchen nicht. «Auf den Bonus verzichten reicht nicht», donnert Beat Schmid von Tamedia seine Meinung von der Kanzel. Um dann doch nur auch einen rückwirkenden Bonusverzicht zu fordern. Was nach seiner Berechnung zu den 41 Millionen noch ein paar Dutzend drauflegen würde. Peanuts, lachhaft, wie da Banker sagen würden, angesichts dieser Riesenlöcher.

Auch der «Blick» wird pseudo-markig: «Urs Rohner war ein Verwalter des Niedergangs», schimpft Guido Schätti. Geradezu todesmutig, dem abtretenden VR-Präsidenten noch einen Tritt zu verpassen.

Noch samtpfotiger streichelt sein Kollege Daniel Zulauf von CH Media die Tasten: «Nach wie vor hervorragend sei seine Bank, behauptet der Chef der Credit Suisse» überscchreibt er seinen Kommentar, um dagegen zu stellen: «Die Aktionäre teilen dieses Urteil sicher nicht. Viele Mitarbeitende und Kunden dürften es auch nicht tun.»

Da wird Thomas Gottstein aber zusammenzucken, in sich gehen und Hand in Hand mit Urs Rohner auf dem Paradeplatz niederknien und um Verzeihung betteln.

Auch srf.ch konzentriert sich auf den einzigen Verantwortlichen, der sowieso das Ende seiner Restlaufzeit erreicht hat: «Urs Rohner und das Vermächtnis der «weissen Weste»», hier zählt Eveline Kobler die gesammelten, vergangenen Flops auf.

Meldungen aus der Kathedrale des Kapitals

Und was meinen denn die Lordsiegelbewahrer der einzig kompetenten Meinung zu den Schweizer Finanzhäusern? Ende März urteilte die NZZ noch relativ milde: «Eine Risikopandemie macht der CS zu schaffen.» Also sozusagen eine Naturgewalt, und gute Besserung, liebe Bank. Schon harscher tönte es dann am 3. April: «Die Credit Suisse braucht einen Neuanfang. Ohne neue Köpfe und ein neues Geschäftsmodell geht es nicht.» Nun ist die NZZ verschnupft: «Der Befreiungsschlag der CS gelingt nur halbwegs.»

Aber wozu hat man immer noch Beziehungen: «Credit-Suisse-Chef Thomas Gottstein: «Was in den USA passiert ist, ist absolut inakzeptabel» Gleich zu dritt rückte die NZZ an, damit sich Thomas Gottstein richtig ausheulen kann. Dabei wird ihm mit der Einleitungsfrage schon mal die starke Schulter zum Anlehnen geboten: «Herr Gottstein, wie geht es Ihnen?»

Das war dann aber auch schon die einzige Frage, die etwas in die Tiefe ging. Deshalb antwortet Gottstein auch nicht darauf. Anschliessend darf er ungeniert den ewigen Bankertalk talken: «einmaliger Vorfall – unser operatives Geschäft läuft sehr gut – Gründlichkeit geht vor Schnelligkeit – wir prüfen alle Optionen – ich denke, wir haben starke Massnahmen getroffen – verlorenes Vertrauen zurückgewinnen – stolz, für diese Bank zu arbeiten.»

Einmal ganz sanft

Wortblasen aus einem Paralleluniversum, fürsorglich aufgefangen und publiziert von der NZZ. Warum nur gehen alle Leitmedien mit dieser Bank, die mehr einer Crash Site als einer stolzen CS gleicht, so pfleglich und sanft um? Dafür gibt es einen naheliegenden Grund. Schon mal überlegt, bei wem die grossen Medienkonzerne ihren Finanzhaushalt regeln? Von wem sie Events, Kundenbindungsveranstaltungen sponsorn lassen? Wer sie frank und frei mit Hintergrundanalysen, guten Tipps und furchtbar wichtigen off-the-record-Gesprächen versorgt?

Nein, die Alternative Bank ist es nicht.

Hier verrösten ein paar Milliarden, aber die bange Frage ist: Flächenbrand?

Diese Frage stellen sich «Tages-Anzeiger» und «Blick» beinahe gleichlautend: «Nach Krawallen in St. Gallen: Kommt es jetzt zum Flächenbrand?» (Tagi), «Corona: Werden die Jugendkrawalle zum Flächenbrand?» («Blick»). Der Kenntnisstand ist bei beiden Blättern gering, aber die Furcht gross: «War das der Anfang oder das Ende? Jetzt sind nicht nur in St. Gallen, sondern auch in Zürich und Winterthur weitere Krawalle angekündigt. Die Polizei ist gewarnt», sorgt sich der «Blick». Achtung, frei laufende Jugendliche. Gewaltbereit. Ausser Kontrolle. Unordnung, Unruhen, Chaos, Sachbeschädigungen! «Reisst euch am Riemen», befahl eine Spassbremse beim Tagi streng. Um diesen Flächenbrand gar nicht auflodern zu lassen, wird flächendeckend in allen Medien die Ordnungsmacht zum strengen Durchgreifen aufgefordert.

Und die CS? Dass da bald am Paradeplatz ein Krater gähnen könnte, wo das altehrwürdige Gebäude der SKA steht? Der vielleicht sogar mit Steuergeldern zugeschüttet werden muss? Ach, nicht mal ein «reisst euch am Riemen». Wackelnde Zeigefinger, leicht gerunzelte Stirnen, ein wenig Prügel für den, der sowieso abgeht, mehr ist da nicht. Eine feige Bande, die Journalisten heutzutage. Mutig nur in der Bekanntgabe des eigenen Leidens.

UBS: Die Bank, die’s kann

Prioritäten setzen. Das lernt jeder Anfänger im Grundkurs Management.

Grosse Ehre:  Ich darf mich sozusagen in eigener Sache verteidigen. «Die Ostschweiz» hat vor Kurzem meinen Artikel veröffentlicht «Mindestens drei Massstäbe». Darin vergleiche ich die Handlungen der Verwaltungsräte und Geschäftsleitungsmitglieder von UBS und Credit Suisse mit dem Fall Vincenz. Ich werfe dabei jenen Bankführern vor, dass sie eine katastrophale Leistung abliefern, dafür üppig bezahlt werden und mit weisser Weste, sowie wohlgefüllten Taschen, abschwirren.

Besonders kritisch betrachte ich den VR-Präsidenten der UBS. Er kam zur Bank, weil er als ehemaliger Chef der Deutschen Notenbank über ein europäisches Netzwerk zu verfügen schien, zudem vom Fach sei. Allerdings fiel er – ausser durch sein exorbitantes Gehalt und Einstandsgeschenk – in seiner fast neunjährigen Amtszeit nicht weiter auf.

Axel Weber geht ans Gerät

Nun sah er sich, wie Urs Rohner damals bei der Credit Suisse, dazu verpflichtet, sich um die Nachfolge von Sergio Ermotti als CEO zu kümmern. Und präsentierte den CEO der holländischen ING-Grossbank. Da Axel Weber sich von Anfang klar für ihn aussprach, war das Ergebnis der Suche klar: Ralph Hamers wurde gekrönt und trat sein Amt auch schon an.

Allerdings: Die ING hatte gerade eine sehr hässliche Verwicklung in einen riesigen Geldwäschereiskandal mit einer Rekordbusse von 775 Millionen Euro beigelegt. Hamers war ungeschoren davongekommen, er habe von nichts gewusst. Das genügte Weber.

Aber inzwischen ist klar: Hamers ist Objekt einer Strafuntersuchung in Holland. Die möglicherweise in einer Anklage enden wird. Spätestens dann wäre er als CEO der UBS nicht mehr tragbar. Zudem hat Knall auf Fall die Vorzeigefrau im VR der UBS, die für Corporate Governance zuständige Professorin Beatrice Weder di Mauro, den Bettel hingeworfen. Sie steht nach neun Jahren für eine Wiederwahl nicht mehr zur Verfügung.

Begründungslos, und so ansatzlos, dass die UBS mitsamt der Mitteilung des Abgangs nicht einmal einen Nachfolger präsentieren konnte. Zu allem Elend hängt noch das Damoklesschwert einer 4-Milliarden-Busse in Frankreich über der Bank.

Feuer im Dach, aber man muss Prioritäten setzen

Also genau der richtige Moment, um sich über einen angeblich «in jeder Hinsicht unsorgfältigen und ehrverletzenden Artikel» zu beschweren. Und das auf allen Kanälen. Drohender Anruf eines Anwalts beim Chefredaktor von «Die Ostschweiz», mir wird bedeutet, dass die UBS sehr, aber sehr ärgerlich werden könne, wenn ich nicht darauf hinwirke, dass der Artikel vom Netz genommen wird.

Während ich so bearbeitet wurde, deutete der Anwalt an, dass Fürchterliches passieren könne, aber wenn der Artikel subito verschwinde, dann habe man ja Zeit für Verhandlungen. Ausserdem würde man dann gerne eine Liste aller Beanstandungen am Artikel rüberwachsen lassen. Um des lieben Friedens willen nahm die «Ostschweiz» den Artikel mal vom Netz.

Die Liste der «Beanstandungen» war dann aber ein Zensur-Wunschkonzert, wie man es selten erlebt. Nach der einleitenden Bemerkung, dass der ganze Artikel «journalistisch in jeder Hinsicht unsorgfältig und ehrverletzend» sei, man zudem «besonders stossende Stellen» markiert habe, kommen dann insgesamt 8, darunter der Lead und ein ganzer Absatz, gelb markierter Stellen.

Ausriss mit gelb markierten Zensurwünschen.

Was für einen Anwalt schon ein starkes Stück ist – oder Ausdruck höherer Verzweiflung. Eine völlige Umkehrung der Beweislast. Anstatt zu begründen, was genau an diesen Stellen zu bemeckern wäre (damit man darauf reagieren könnte), besteht hier die ganze juristische Arbeit aus einer Rufschädigung mir gegenüber, plus einem gelben Wunschkonzert.

Weber hat sich offensichtlich höchst persönlich aufgeregt

Erschwerend kommt hinzu, dass die UBS gerade aktuell etwas grössere Probleme hat, als sich über angebliche Ehrverletzungen ihres VR-Präsidenten zu erregen. Da von allen im Artikel erwähnten Personen nur er als ehrverletzt leidet, ist der Schluss naheliegend, dass er sich höchstpersönlich aufgeregt hat und sein Gewicht in die Waagschale warf, dass gegen diese Majestätsbeleidigung etwas unternommen wird, aber zackzack.

Ich durfte dann die Organisation der Gegenwehr übernehmen. Also fragte ich beim Chef Corporate Communication der UBS an, wo genau das Problem liege. Gleichzeitig schrieb ich dem Anwalt, dass ich die pauschale Abqualifizierung meines Artikels auch als ehrverletzend ansehe. Zudem hätten wir, wie es sich gehört, gerne eine Begründung zu jedem Wunsch nach Streichung gesehen. Falls das nicht bis am nächsten Morgen vor 9 Uhr eingegangen sei, stellen wir den Artikel wieder online.

Um 8.15 Uhr klingelte mein Telefon. Seither weiss ich, wie ich meine Bedeutung einzuschätzen habe. Denn am Gerät war der General Counsel der UBS. Das einzige Mitglied der Geschäftsleitung, das alle Wirren und Katastrophen überstanden hat. Weil er der Mastermind hinter vielen cleveren Schachzügen der Bank ist.

GL UBS redet mit GL ZEYER: Kommunikation

Auf der Ebene GL der UBS, GL von ZEYER: Kommunikation flutschte es dann. Man zeigte sich gegenseitig kurz die Instrumente, um dann übereinstimmend zu finden, dass man es doch nicht eskalieren lassen wolle. Also einigte man sich auf höchster Ebene, beide Seiten boten die Hand für einen Kompromiss, und die Kuh war vom Eis.

Ich darf also konstatieren: Die UBS hat zurzeit mal wieder einige, ziemlich grobe Probleme. Personeller und finanzieller Art. Von all denen, wo noch der Deckel draufgehalten wird, ganz zu schweigen. Also sollten eigentlich der VR-Präsident, der CEO und auch der General Counsel ihre ganze Energie auf die Lösung der wichtigsten Probleme konzentrieren.

Wir brauchen eine neue Frau im VR, wir brauchen vielleicht einen neuen CEO. Wir brauchen eventuell dann auch einen neuen VR-Präsidenten. Und was ist eigentlich mit dieser 4-Milliarden-Busse in Frankreich?

Glasklar Prioritäten setzen: finde ich gut

Pipifax, meint die UBS. Zuvorderst der VR-Präsident, Anwälte, CC und auch der oberste Chefjurist setzen klar Prioritäten. Was machen wir in Bezug auf diesen Scheiss-Artikel von Scheiss-Zeyer in der Scheiss-Ostschweiz?

Ehrlich gesagt, würdigt das endlich meine Bedeutung. Das letzte Mal, schon eine Weile her, wollte mich die Credit Suisse totprozessieren. Und aktuell zeigt die UBS, dass in Krisensituationen nur glasklare Prioritäten Erfolg versprechen. Finde ich gut.