Höhen und Tiefen
NZZaS, die Zweite: ein paar Erhebungen im Flachland.
Der Gesamteindruck ist durchwachsen. Das Stück von Rafaela Roth lohnt immerhin die Investition von Fr. 7.10. Aber viel Beilage gibt es dann nicht fürs Geld.
Mit einer Ausnahme. Zoé Baches und Isabelle Wachter ist eine gute Doppelseite über eines der vielen Sanktionsopfer gelungen. Offensichtlich hat sich der Schweizer Vladislav Osipov bei der Redaktion gemeldet, um auf sein Schicksal aufmerksam zu machen.
Wie in vielen weiteren Fällen zeigt sich hier, dass die Sanktionen gegen reiche Russen (und ihr Umfeld) allesamt rechtsstaatlich fragwürdig und in Einzelfällen sogar grob illegal sind. Besonders stossend daran ist, dass die Schweiz faktisch ungeprüft sämtliche Sanktionen der EU und der USA übernimmt – wogegen Betroffene keinerlei Möglichkeit zu legalen Gegenwehr haben. Ein Unding.
Hier zeigen aber die USA, was Willkür und Wahnsinn sind. Gegen Osipov hat das FBI einen internationalen Fahndungsaufruf erlassen. Er sei flüchtig, es wurde ein Kopfgeld von einer Million Dollar ausgelobt. Dagegen hält Osipov fest, dass er seit zehn Jahren mit seiner Familie in Herrliberg lebe, zuvor sieben Jahre in Zürich. Von «flüchtig» und Aufenthaltsort unbekannt könne also keine Rede sein.
Die USA werfen ihm vor, er habe dem sanktionierten reichen Russen Viktor Vekselberg geholfen, die Sanktionen zu umgehen, den Besitz einer Yacht zu verschleiern und gar in den USA Bademäntel für diese Yacht gekauft zu haben.
Wie in solchen Fällen üblich, führte der Fahndungsaufruf dazu, dass Osipov sämtliche Schweizer Bankkonten gekündigt wurden. Nicht nur ihm, auch seiner Frau und seiner 15-jährigen Tochter. Die ZKB, die immer mit besonderer Feigheit gegenüber den USA auffällt, kündigte ihr Jugendsparkonto, auf dem sich laut Osipov vielleicht 500 Franken befanden.
Er sagt, dass er in völlig legalem Rahmen als Projektmanager für Firmen von Vekselberg tätig gewesen sei, was er regelmässig juristisch überprüfen liess. Die Verfolgung durch die USA führte dazu, dass er die Geschäftstätigkeit seiner Firma fast völlig einstellen musste und die Mitarbeiter entlassen. Er wird von den USA als «Transnational Organized Criminal» bezeichnet und öffentlich an den Pranger gestellt.
Statt Unschuldsvermutung Sippenhaft und vorauseilender Gehorsam Schweizer Banken, einmal mehr. Gutes Stück.
Womit das Lobenswerte durch wäre. Lustig höchstens, dass die NZZaS eine revolutionäre kommunistische Zelle in den Reihen der Jusos aufgespürt hat, die den Schweizer Staat umstürzen will, im Sinne Lenins. Inzwischen wollen die Revolutionäre, unter ihnen viele Juso-Funktionäre, eine eigene Partei aufbauen. Eher peinlich für die Jusos, die lauthals gegen Kontakte der Jungen SVP zur Jungen Tat krakeelen.
Wenn sich dann Peer Teuwsen in die Höhe eines Essays aufschwingen will und über «Das Ende der Leistungsgesellschaft» dilettiert, dann wünscht man sich wieder mal mehr Qualitätskontrolle bei der NZZaS. Denn eigentlich verkörpert er es selbst. Das gilt auch mal wieder ausgesprochen für das «NZZ am Sonntag Magazin». 6 Seiten über Schweizer Auswanderer; kommt davon, wenn der Stehsatz überquillt. Ein «Fotoessay» über Paris, das natürlich den Fotografen freut, den Leser weniger. Sieben Seiten dies und das; aber immerhin: die Fotos sind scharf und anständig ausgeleuchtet. Das dient als lange Einleitung zum kurzen Text einer Autorin, die erklärt, wieso sie nicht mehr in Paris lebt. Weil Saint-Germain-des-Prés halt nicht mehr so sei, wie es auch schon vor knapp zehn Jahren nicht mehr war, als sie dorthin zog.
Wir wollen das Magazin aber nicht beim geschmorten Lauch mit Haselnüssen verlassen, wo mit viel Aufwand Angekokeltes serviert wird. Sondern bei unserer Lieblingsrubrik «Konsumkultur». In all dem hier angebotenen Pipifax ragt mal wieder einer heraus:
Diese hässlichen Treter sind sogenannte Mules. Der Text dazu weist darauf hin, dass man in ihnen nicht rennen könne, da sie aus Satin sind, vertragen sie auch keinen Regen. Dafür kosten sie aber, die Inschrift «Prada» will ja bezahlt sein, schlappe 950 Franken. Immerhin pro Paar. Wobei das Magazin die giftgrüne Variante dem Leser darbietet – hoffentlich zur Abschreckung.
ZACKBUM findet dagegen: wenn schon, denn schon:
Dieser pelzige Unfall sind Mules aus Lammfell. Weil noch hässlicher, noch teurer: 1060 Franken, es gibt kein Schmerzensgeld zurück.