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Feminismus fatal

Absurde Koalitionen zwischen Schleier-Feministinnen und harten Rechtsliberalen. Die Verhüllungsinitiative enthüllt aschgraue Abgründe.

Der streitbare Markus Somm («können sich einen anderen Stammgast suchen») ist gegen die Burka-Initiative. «Bewirkt nichts», meint er kurz und bündig in seiner Kolumne in der «Sonntagszeitung». Religionsfreiheit, viele für uns merkwürdige Kleidervorschriften wie die der orthodoxen Juden, geht nicht. Ob sich die SoZ eigentlich auch bald einen neuen Stammkolumnisten suchen muss, wenn Somm den «Nebelspalter» ins Internet wirft?

Der gleichen Meinung ist Nicole Althaus in der NZZaS. Das Mitglied der NZZ-Chefredaktion muss sich allerdings in eine Schlangenfrau verwandeln, um kurvig zum Ergebnis zu kommen, «dass ein solches Verbot nicht nur das Individuum unter dem Schleier betrifft, sondern liberale Werte unserer Gesellschaft tangiert». Aber auf der anderen Seite: «Letztlich will die Burka die körperliche Präsenz der Frau aus der Welt tilgen.»

Feministin erklärt ihre Haltung zur Vollverschleierung.

Nun kommt der Höhepunkt jeder Schlangenfrau-Darbietung; das Finale: «Ein liberaler Staat darf etwas nicht einfach deshalb verbieten, weil es manchen als unmoralisch scheint.» Mir erscheint der Vollpräservativ oder auch nur die Gesichtsvollverschleierung aber nicht als unmoralisch. Sondern ich stimme der wohl dienstältesten und intelligentesten Feministin Alice Schwarzer zu, die in der NZZ sagte: «Die Verschleierung der Frauen ist die Flagge des politischen Islam. Aber ist es das, was wir nach 200 Jahren Aufklärung und 50 Jahren Kampf um Gleichberechtigung in unseren Demokratien wollen?»

Deshalb spricht sich Schwarzer bedingungslos für ein Ja zur Initiative aus. Obwohl ihr das in Deutschland schon den absurden Vorwurf eingetragen hat, eine «Rechtsfeministin» zu sein. Zum viel grösseren Lager der Blöd-Feministinnen gehört hingegen Tamara Funiciello. Denn der SP-Nationalrätin und «Co-Präsidentin der SP-Frauen Schweiz» ist nichts zu blöd, um Aufmerksamkeit zu erregen:

Funiciello links (bzw. rechts), ohne BH, aber mit Megaphon.

Nicht als BH, aber als Gegengift zu Somm darf Funiciello auch eine Kolumne in der SoZ schreiben. Leider. Dort ist auch sie völlig einer Meinung mit Somm: Einerseits lehne sie die «Ideologie des radikalen Islamismus ab». Aber natürlich auch eine andere Ideologie: «Rechtsextreme Ideologien sind immer patriarchal, erzkonservativ, fremden- und frauenfeindlich. Genau darum sollten wir sie alle ausnahmslos bekämpfen.»

Frauen sollen doch anziehen, was sie wollen …

Dazu gehört dann auch diese Initiative, weil sie, furchtbar, aus SVP-Kreisen stammt. Und überhaupt: «Wir müssen Frauen das Recht lassen, anzuziehen, was sie wollen.» Dieser Meinung bin ich auch; vor allem, wenn Frauen Strapse und Nylonstrümpfe anziehen wollen. Nun wollen Frauen allerdings nicht eine Vollverschleierung tragen, sondern sie müssen es. In vielen islamisch beherrschten Ländern, obwohl das der Koran keinesfalls vorschreibt. Als Symbol dafür, dass sie Menschen zweiter Klasse sind, Besitz ihres Mannes, der als Einziger das Recht hat, sie anschauen zu dürfen.

Frau, Party, Männer anwesend, Alkohol: 28 Stockschläge im Iran. Ebenso für schleierfrei in der Öffentlichkeit.

Funiciello will wohl keinen Nikab tragen, was sie unter irren religiösen Regimes müsste, aber ihre ideologische Brille ist so nachtschwarz, dass sie blind vor der Realität steht. Stutenbissig alles hervorkramt, was man gegen die (leider) vorhandenen Feministinnen sagen kann, die selbstverständlich für diese Initiative sind. Schweizer Feministinnen seien uneins, kolportiere die (sicherlich männerbeherrschte) Presse. Quatsch, verkündet Funiciello, diverse Frauenorganisationen seien dagegen. Diesen Unsinn hätte man spätestens dann enttarnen müssen, «als man Alice Schwarzer einfliegen musste, um eine namhafte deutschsprachige Feministin zu finden, die sich für das Verbot ausspricht».

Grossartig, wie hier eine feministische Zwergin die langjährige Kämpferin für die Rechte der Frau anbellt.

Aber, es gibt immer noch Zeichen und Wunder, der Chefpolemiker gegen den Führer aus Herrliberg, der SVP-Drescher, der Köppel-Gegner, der reflexartig auf alles mit Pech und Schwefel reagierende Hausideologe Frank A. Meyer hat eine Kolumne im SoBli geschrieben, die es in sich hat.

Ein langjähriger Kämpfer gegen den frauenverachtenden Islam

Schon seit Jahren schreibt er gegen die Irrungen und Wirrungen von Feministinnen an, die das Unterdrückungssymbol des fanatischen Islamismus zur Selbstbestimmung der sich nicht unserer sexualisierten Gesellschaft aussetzen wollenden Frauen umlügen.

Bei «Genossinnen im Irrgarten» läuft Meyer zu grossen Formen auf. Wie es nur einer schreiben kann, der wirklich emotional und intellektuell engagiert ist und der die Sache kurz und knapp auf den Punkt bringt. In vier didaktischen Schritten:

  1. «In islamischen Diktaturen werden Frauen, die sich gegen die religiösen Kleidervorschriften zur Wehr setzen, eingesperrt und gefoltert, zur Abschreckung gern auch öffentlich ausgepeitscht. Selber schuld: Warum tun sie auch nicht freiwillig, was die Glaubenswächter befehlen!»
  2. «Kopftuchzwang? Burkazwang? Nach Auffassung der Linken, die sich hinter Frau Funiciello versammelt haben, sind das offenbar Fake News.»
  3. «So funktioniert der Unterdrückungstrick religiöser Dogmatik nun mal rund um den Erdball: Die korrekte Unterwerfung wird freiwillig vollzogen.»
  4. «Oder sollte die Gender-Verblödung schon so weit fortgeschritten sein? Wenn sie es aber wissen, weil sie ihre linke Kraft zur rationalen Analyse noch nicht verloren haben, dann lügen sie sich etwas vor. In der Politik jedoch wird aus dem Sich-selbst-Belügen leicht das Belügen anderer – der Bürgerinnen und Bürger.»

Als letzten Fangschuss erledigt Meyer dann noch das Argument, dass nicht der Nikab oder andere Kleidervorschriften das Problem seien, sondern «das Patriachat»:

«Folgerichtig muss man das Patriarchat verbieten. Und nicht, beispielsweise, das katholisch inspirierte Abtreibungsverbot in Polen bekämpfen

Immerhin, die Debatte hat bislang zwei gute Wirkungen. Viele Linke, viele linke Frauen outen sich mal wieder als ideologieverblendete Dummschwätzer, die den Kampf gegen das «Patriarchat» propagieren, statt sich konkret für Frauengleichberechtigung einzusetzen. Die zweite: Wenn Meyer mit diesem Furor weiterschreibt, kaufe ich mir wieder den SoBli.

 

Streitpunkte entfernt

Wenn’s mal fetzt im Schweizer Farbfernsehen, dann werden die Standpunkte rausgeschnitten. Zum Beispiel, wenn sich Reto Brennwald und Markus Somm nicht mehr mögen.

Das Sendegefäss «Standpunkte» wird von diversen Schweizer Medien bespielt. Darunter auch die «Sonntagszeitung». Man kann nicht unbedingt sagen, dass die Diskussionsrunde zum Strassenfeger taugt, aber sie hat auch Vorteile.

Wenn Reto Brennwald der Moderator ist, lässt man sich normalerweise aussprechen, und als alter «Arena»-Hase ist es sich Brennwald gewohnt, die Diskussion laufen zu lassen, aber dann einzugreifen, wenn man sich ineinander verbeisst oder jemand das Wort gar nicht mehr loslassen will.

Also wagte er sich letzten Sonntag an das nicht gerade taufrische Thema «Rahmenabkommen CH – EU: und jetzt?» Zum Austausch bekannter Positionen hatten sich politisch und gendermässig korrekt (wenn man Brennwald als moderierendes Neutrum sieht) der Euro-Turbo (oder müsste man heute Turbine sagen?) FDP-NR Christa Markwalder, sekundiert von Tiana Angelina Moser (GLP-Nationalrätin) als Befürworterinnen und Philip Erzinger, Geschäftsführer der «Allianz Kompass Europa» und als «Stammgast» Markus Somm, Historiker und Autor, versammelt.

Es entwickelte sich schnell ein munterer Schlagabtausch, in dem Markwalder die elder stateswoman zu spielen versuchte, Moser deutlich erhitzt mehrfach von Brennwald das Wort entrungen werde musste, Erzinger beachtlich souverän, sachlich, telegen den ablehnenden Standpunkt seiner Gruppierung zu Gehör brachte, und Somm schon bei seiner ersten Wortmeldung sanft-rabaukig mit schneidender Stimme eingriff.

Munterer Boxkampf, aber mit altbekannten Schlägen

Leider muss man zusammenfassend sagen, fast 60 Minuten, Erkenntnisgewinn nahe null. Man meinte zu sehen, wie bei allen teilnehmenden Profis im Hirn die schon x-mal verwendeten Tonbänder kurz sortiert wurden und dann abgespielt. Auch die üblichen Blutgrätschen – einer redet und macht den Fehler, kurz Luft zu holen, «ich möchte nur noch das sagen», «folgende vier Punkte möchte ich» oder «lassen Sie mich da eine direkte Frage stellen» – wurden von den debattengestählten Teilnehmern mehr oder minder elegant vorgeführt.

Soweit, so gähn. Aber, als der Moderator Somm das nächste Mal das Wort erteilen wollte, sogar eigentlich mit carte blanche und der Bemerkung, dass Somm nun schon länger nicht mehr drangekommen sei, kassierte Brennwald die schnippische Antwort:

«Sie wollen ja gar nicht, dass ich rede»,

mit der Somm am perplexen Moderator vorbei sein Wort an Moser weiterreichte, die sich nicht lange bitten liess.

Daraus wird sich keine wunderbaren Freundschaft entwickeln: Markus Somm (o.), Reto Brennwald.

Bei der Abmoderation und Bedankung wandte sich Brennwald natürlich zuletzt an seinen Stammgast, Schnitt, dann sagte Brennwald «Merci», offenbar auf eine Antwort, die der Zuschauer nicht mitbekam, und während des Abspanns konnte man sehen, wie Somm entgegen jeder Höflichkeitsregel als Einziger aufstand und grusslos hinausmarschierte.

Und tschüss: Markus Somm hat das Gebäude verlassen.

Seit Ueli Maurer mal im «Sonntalk» sogar mitten in der Sendung «kä Luscht» mehr hatte und zum Erstaunen der anderen Teilnehmer grusslos aus dem Bild verschwand, gab es solche Szenen eigentlich nie mehr.

Sozusagen erschwerend kommt hier hinzu, dass Somm deswegen «Stammgast» ist, weil er auch eine regelmässige Kolumne in der SoZ schreibt. Wie’s damit weitergeht, wenn wie angekündigt ab Mitte März sein neues Projekt «Nebelspalter» online geht, wäre auch eine spannende Frage.

Viele Talks werden zwar live aufgezeichnet, also ohne Schnitte, aber nicht gleichzeitig ausgestrahlt

Aber was ist denn hier passiert? Zunächst muss man wissen, dass nicht immer, aber fast Talks nicht live ausgestrahlt werden. Normalerweise nicht, um noch zensurieren zu können, sondern aus ganz pragmatischen Gründen. Zum Beispiel bei der «Arena», damit noch jeder Teilnehmer mit dem Zug nach Hause kommt und sich SRF so Hotelkosten spart.

Verfügbarkeit der Teilnehmer, des Aufnahmestudios und so weiter können auch eine Rolle spielen. Aber man redet dann von «zeitverschoben live». Also die Debatte wird so ausgestrahlt, wie sie aufgenommen wurde. Mit allen Versprechern, ähs oder auch Ausrastern.

Wie nun CH Media enthüllte, habe der Moderator nach der Sendung eine Mail an alle Teilnehmer geschickt, dass eine Szene herausgenommen worden sei, weil Somm und er darin «keine gute Falle» gemacht hätten.

Markwalder benützt natürlich die Gelegenheit, das scharf zu kritisieren und als bekannte Feministin zu fragen, ob das auch gemacht worden wäre, hätten sich zwei Frauen gefetzt. CH Media will zudem gehört haben, dass Somm bei seinem Abgang noch sagte, dass sich Brennwald nun einen neuen Stammgast suchen solle.

Was ist passiert, welche Freundlichkeiten wurden ausgetauscht?

War das ein kalkulierter Eclat? Wer hat die Entscheidung getroffen, hier mit der Schere einzugreifen? So dynamisch-eloquent die beiden Streithähne auch vor Kamera und Mikrophon sind, hier werden sie, höflich formuliert, sehr schmallippig. Somm reagiert nicht auf eine Anfrage, Brennwald verweist an die Medienstelle von Tamedia.

Die waltet ihres Amtes: In der Sendung sei es zu einer kurzen Auseinandersetzung zwischen den beiden gekommen, die «unangemessen» vom eigentlichen Thema abgelenkt hätte, es «wurde entschieden», die «irrelevante Sequenz» zu entfernen. Natürlich als «absoluter Ausnahmefall». Auf die wiederholte Nachfrage, wer das entschieden habe, gab’s keine Auskunft.*

Kam es zu einer wüsten Beschimpfung?

Sicher ist: die beiden müssen ziemlich zur Sache gegangen sein, wenn die Ausstrahlung so stark vom Rest abgelenkt hätte. Wurden Schimpfwörter ausgetauscht? «Nussknackergesicht» gegen «Vollmondfresse»? «Mietmoderator» gegen «Nebelspalter-Clown»? Man weiss es nicht; zu Handgreiflichkeiten kam es offenbar nicht, da beide Herren auch nach der geschnittenen Sequenz nicht derangiert aussahen.

Also müssen wir darauf warten, bis ein ungetreuer Mitarbeiter der Produktionsfirma die Schnipsel nachliefert; kleine Empfehlung: einfach auf YouTube stellen. Oder ZACKBUM.ch schicken.

 

*Anmerkung der Redaktion: Anderthalb Stunden nach Erscheinen des Artikels ging noch eine Stellungnahme von Reto Brennwald ein, der zuvor an die Medienstelle verwiesen hatte: «Die Programmverantwortung liegt bei mir. Da die kurze Auseinandersetzung mit Markus Somm nichts mit dem Thema zu tun hatte, schlug ich vor, sie wegzulassen, womit Markus Somm einverstanden war.» Am Donnerstagmorgen antwortete Markus Somm, dass es nichts zu sagen gebe.

Ex-Press XXIII

Blasen aus dem Mediensumpf.

Wir wissen nichts Genaues, aber anpinkeln ist immer eine gute Idee.

 

Humorloser Tages-Anzeiger

Geraune ist die neue Währung im Gesinnungsjournalismus bis zur Besinnungslosigkeit. Und anpinkeln. Ein Meister dieser Kunst ist der Kulturredaktor Andreas Tobler vom kulturlosen «Tages-Anzeiger». «Hass ist keine Meinung», meinte Tobler hasserfüllt, als er über den deutschen Musiker Naidoo herzog. Aber er ist ein typischer Angstbeisser.

Als er sich mit Roger Schawinski anlegte, Plagiat und unsaubere Zitiermethode unterstellte, bot ihm der an, das vor offenem Mikrophon auszufechten. Tobler lehnte feige ab.

Als man von ihm wissen wollte, wieso er die Schlingensief-Imitation «Roger Köppel tötet. Tötet Köppel Roger.» verständnisvoll als «Theatermord» verharmloste – kniff er.

Wenn er nicht kneift, schreibt er ab.

Bei der WoZ im Fall der Sammlung Bührle; «Instagram löscht SVP-Video», verbellt er eine Meldung des Katzenvideo-Organs «watson». Wenn man ihm Gelegenheit zur Stellungnahme geben will, richtig, kneift er.

Bei Tobler brodelt der Bodensee – oder nicht

Jetzt hat sich der lebende Beweis, dass es im Hause Tamedia wirklich keine Kulturredaktion mehr braucht, des «Nebelspalters» angenommen. «Kampf um Satirezeitschrift», titelt er. Was für ein Kampf? Egal: «Züchtet Somm ein rechtsgerichtetes «Biest»?», fragt er dann bang. «Brodelt es am Bodensee?», so leitet er seinen wie mit der Klosettbürste geschriebenen Schmähartikel ein.

Dann benützt er fleissig das beste Hilfsmittel eines Denunzianten: den Konjunktiv in allen Abwandlungen. «Stimmung scheint angespannt, könnte für gröbere Konflikte sorgen, sei telefonisch nicht erreichbar, scheint für Gesprächsstoff gesorgt zu sein.» Wo der Konjunktiv abtritt, kommt der Vermutungsjournalismus:

«Die Befürchtung, Teil eines radikalen Umbaus zu werden, ist stark verbreitet.»

Dann werden 2 von 200 freien Mitarbeitern zitiert, die nicht mehr für den «Nebelspalter» arbeiten wollen. Und schliesslich wird ein Zitat von Andreas Thiel vergewaltigt, damit «Biest» in den Titel kann. Selbst aus der Liberalität Somms, der kein Problem damit hat, sich im eigenen Organ karikieren zu lassen, macht Tobler noch eine Sottise: «In der Zeitschrift wird er verspottet.» Das wäre nicht einmal bei Tobler innerhalb von Tamedia möglich.

Ach, übrigens: weder Mannschaft, noch Inhalt, noch Ausrichtung ist bislang mehr als nebulös bekannt. Man könnte ja auch auf das Erscheinen warten. Aber warum nicht schon vorher unken.

 

Hinterlistige SonntagsZeitung

Ende September 2020 titelte die SoZ: «Rassismus-Vorwürfe an der HSG». In bester Boulevardmanier legte sie los: «Ein ehemaliger Student und Anwalt packt aus.» Er sei abgezockt, ausgegrenzt, in eine persönliche Krise gestossen und abserviert worden. Logisch, als Brasilianer. Garniert wurde das mit den üblichen «anonymen Quellen», die von einem «institutionellen Rassismus» sprachen.

Die HSG zuckte auf Anfrage damals zusammen, nahm die ihr vorher unbekannten Vorwürfe «sehr ernst» und versprach eine Untersuchung. Die fand statt, dauerte vier Monate und kam zum Ergebnis: Alle namentlich erhobenen Vorwürfe liessen sich nicht verifizieren, alle anonymen erst recht nicht. Da diese externe Expertenkommission durchaus prominent besetzt war, fällt es schwer, ihr bezahlte Weisswäscherei vorzuwerfen.

Auf die Anfrage, ob die SoZ nun auch ausführlich dieses Untersuchungsergebnis publiziere, wich man aus; man habe zwar Einblick verlangt, aber keinen bekommen. Und die im Artikel aufgeführten Ankläger, bzw. Opfer seien nicht einmal kontaktiert worden. Was für eine Untersuchung sei denn das.

Allerdings: Das war eine vertrauliche Untersuchung, ohne Einblicksrecht für die Medien. Und die angeblich «Betroffenen», von denen nur einer namentlich bekannt wurde, sind nicht kontaktiert worden, weil sie ihre Vorwürfe niemals, mit oder ohne Namen, der HSG mitgeteilt hatten.

Ein typischer Fall, wie man einem Studienversager auf den Leim kriecht, der der HSG noch eine reinwürgen will, weil man ihm klar bedeutete, dass er den Masterkurs wohl nicht bestehen wird.

 

Unanständige NZZaS

Alt Bundesrat Moritz Leuenberger ist dafür bekannt, dass er sich für einen begabten Worteschmied hält, der auch als Satiriker bestehen kann. Leider oftmals in eigener Sache. Etwas verschwurbelt wollte er in einem Interview mit der NZZaS tiefgründelnd der Frage nachgehen, ob Lügen in der Politik manchmal legitim seien. Nach einem längeren Exkurs auf die Frage, ob er denn selbst schon gelogen habe, plauderte er munter weiter: «Kommt eine Geisel frei, ist wohl meist bezahlt worden.» Das abzustreiten, sei eine legitime Lüge.

Manchmal sollte es die Aufgabe des Journalisten sein, zumindest in seriösen Blättern, einen unter Aufmerksamkeitsmangel leidenden, schon immer an der Welt und an vielem leidenden Ex-Bundesrat vor sich selbst zu schützen. Aber wenn man einen Mitarbeiter beschäftigt, der vorher auf dem Boulevard seine Brötchen verdiente, ist’s mit solchem Anstand vorbei.

Schwafelnde NZZaS

Felix E. Müller ist eigentlich pensionierter Chefredaktor. Aber wenn Sparzwang auf Mitteilungsdrang trifft, dann werden natürlich auch Rentner reaktiviert. Denn sowohl in der NZZ wie in der NZZaS wurden die Medienkritiker nach Hause geschickt. Aber ein wenig darf’s schon sein, und bei Müller kann man sich sicher sein, dass er garantiert nicht seinen ehemaligen Brötchengeber und Zahler einer üppigen 2. Säule kritisieren wird.

Das ist sowieso nicht seine Sache, ob er sich als Fachexperte für Auslandreisen verdingt oder einem Bundesrat ein liebedienerisches Grossinterview schenkt: Müller weiss, wo er nett sein muss. Da natürlich auch Kritik an den anderen grossen Medienhäusern als NZZ-Konzernjournalismus gewertet werden könnte, wird das Personal rar, über das man herziehen könnte.

Roger Köppel ist immer ein sicherer Wert, Markus Somm war’s mal und wird’s wieder, Christoph Blocher war’s auch mal, wird’s aber immer weniger, aber die SVP im Allgemeinen und Christoph Mörgeli im Speziellen ist auch immer eine Sottise wert. Neuerdings auch René Zeyer.

 

Eiernde CH Media

Das Zitat des Monats kommt von CH Media. Da werden namenlose «PR-Profis» zitiert, die sich gleich selber in die Pfanne hauen, ohne es zu merken: «Anonyme Stimmen hätten im Kampf um die Deutungshoheit keine Glaubwürdigkeit», sagen die anonymen PR-Blödis.

 

Vorverurteilung

Auch für Markus Somm gilt die Unschuldsvermutung nicht.

Als Tamedia auch noch die «Basler Zeitung» schluckte, hielt sich das öffentliche Bedauern in engen Grenzen. Im Gegenteil, endlich ist er weg. Der Schriftleiter von Blochers Gnaden. Das Sprachrohr der SVP. Der schlimme rechtsbürgerliche Finger. Der Streiter an Köppels Seite.

Zudem habe Markus Somm ja die BaZ auch finanziell in den Boden gefahren, die Auflage fast halbiert, also in einem Wort: ein rechter Hetzer hat versagt, gut, dass er verstummt.

Dass gleichzeitig die grosse linke Alternative, das Auffangbecken für viele gefrustete BaZ-Redaktoren, die mit Millionen einer Pharma-Erbin gepäppelte «TagesWoche» elend verröchelte, nach Intrigen, Auflagenbeschiss, Blubbern in der eigenen Gesinnungsblase, das machte weniger Schlagzeilen.

Das haben die Basler nun davon

Auch nicht, dass Basel heute einerseits mit der Einheitssosse aus Zürich zugeklatscht wird, andererseits in «Bajour» schon wieder ein Medium hat, dass keine 2000 zahlende Leser findet und ebenfalls eingehen wird, wenn die neuerlich gespendeten Millionen versiegt sind.

Während nicht zuletzt dank dem grossen Portemonnaie von Blocher die BaZ saniert, ihre Pensionskasse gerettet wurde und das Blatt zum ersten Mal seit Jahren schwarze Zahlen schrieb.

Abgesehen davon, dass die «SonntagsZeitung» – zum grossen Unverständnis vieler angeblich am Widerstreit der Meinungen interessierter Linken – Somm eine Kolumne gab, herrschte allgemeines Aufatmen. Jetzt ist im Duopol auf dem Zeitungsmarkt, mit CH Media und Tamedia, wieder Ordnung und Anstand eingekehrt. Aber auch gähnende Langeweile, weiterer Auflagenschwund, ein zum Skelett abgemagerter Journalismus, was dem Leser als Konzentration auf das Wesentliche verkauft werden soll.

Wer stört noch die Friedhofsruhe der Einheitsmeinung?

Da stört den Konsens nur noch die NZZ, die dementsprechend schrill beschimpft wird; sie schmeisse sich den deutschen Rechten an den Hals, sei AfD-nah, also im strengen Verdacht, rechtspopulistische Hetze zu betreiben.

Zunächst: Ich habe in der BaZ unter Somm über 100 Artikel veröffentlicht. Niemals, kein einziges Mal bekam ich dafür Direktiven, Anweisungen, wurde Kritik selbst an Somm zensuriert. Der regelmässige Mitarbeiter der BaZ, der leider verstorbene grosse Helmut Hubacher, lobte die Liberalität von Somm, seine Bereitschaft, mehr noch, sein Bedürfnis nach Debatte. Ich schreibe auch gelegentlich für die «Weltwoche» und die NZZ. Dort herrscht der gleiche Esprit.

Ich schreibe schon lange nicht mehr für Tamedia oder CH Media. Nicht, dass ich’s nicht ab und an versuchen würde. Aber seitdem sich der Oberchefredaktor von Tamedia fast eine ganze Seite lang über mich öffentlich geärgert hat, weil ich ihn zu kritisieren wagte, bekomme ich nicht mal mehr einen Lacher als Antwort, wenn ich einen Artikel anbiete.

Bei CH Media ist es mehr so, dass sich sowieso schon zu viele Redaktoren in der Zentralredaktion in Aarau auf den Füssen stehen. Und beim zunehmenden Schrumpfen wäre es ein ganz falsches Signal, von aussen selbst saftige Skandalgeschichten anzukaufen. Das gilt übrigens auch für den «Blick».

In diesem ganzen Elend eine gute Nachricht?

In diesem ganzen Elend verdichteten sich die Gerüchte zur Tatsache: Somm hat den «Nebelspalter» gekauft. Himmels willen, wird da und dort aufgeheult, nach der «Weltwoche» nun auch das. 145 Jahre Tradition, Bö, gezeichnet von einem sanften, selten bissigen Wohlfühlhumor, eigentlich nur noch aus Wartezimmern nicht mehr wegzudenken. Für die meisten ohne dritte Zähne gar nicht mehr auf dem Schirm.

Hätte doch einfach sang- und klanglos irgendwann verschwinden sollen, dann hätte man noch einige bewegte Nachrufe geschrieben, und tschüss. Aber jetzt das. Somm, Hummler, reiche Säcke, die mal so 100’000 Franken auf den Tisch legen können; mehr als der Durchschnittsschweizer im Jahr verdient.

Mit Müh und Not konnte Somm noch als Chefredaktor der NZZ verhindert werden, auch wenn man René Scheu als Feuilletonchef akzeptieren musste. Schon jaulen die ersten Karikaturisten als Karikatur ihrer selbst auf; sie seien vom bisherigen Besitzer brandschwarz belogen worden, sie seien nicht willig, die Garnituren für rechte Hetze zu zeichnen.

Somm hat natürlich völlig recht

Da hat Somm leider recht. Die Linken sind behäbig, unleidlich, denkfaul, unfähig zur Debatte geworden. Der weichen sie schon lange mit moralinsauren Totschlagargumenten aus, mit den ewig gleichen Etiketten, mit den ewig gleichen Klischees. Wer die Andacht der Gutmenschen stört, ihr Leiden an sich, der Welt, so viel Unrecht, so viel Schuld, der stört.

Im Sinne der Inquisition werden nicht Meinungen, sondern Meinungsträger bekämpft. Ab dem ersten Mal, ein Wiederholungstäter wie Somm ist natürlich vorverurteilt, bevor er überhaupt den Mund aufmacht. Was will er mit dem «Nebelspalter», wo soll die Reise hingehen, was haben die Financiers und er vor? Egal, das soll sicher eine überhaupt nicht witzige neue Speerspitze der rechtspopulistischen Hetzer werden. Sozusagen ein Zweizack mit dem anderen Gottseibeiuns.

Boykottieren, abbestellen, ignorieren

Es riecht nach Schwefel, nach etwas Teuflischem, nach üblen Absichten. Das weiss der liberale Gutmensch schon vorher und wendet sich mit Grausen ab, boykottiert, kann sich in einer solchen Umgebung nicht vorstellen, ist enttäuscht, erschüttert, kündigt das Abo, schreibt und zeichnet nicht mehr, so wie weiland beim Verkauf der BaZ.

Auch wenn der «Nebelspalter» wohl kaum ein «Le Canard enchainé» oder ein «Private Eye» werden kann: durchlüften und mit genügend Finanzen Schub geben, wunderbar. Ausbau statt Abbruch, wunderbar. Versuch, Irrtum, neuer Versuch. Wunderbar. Kein Gejammer, sondern Geklotze. Wunderbar.

Vielleicht haben ja ein paar linke Reiche noch Geld und Lust, ein weiteres Mal Millionen zu verrösten, indem sie ein aufrechtes, aber zum Scheitern verurteiltes linkes Experiment finanzieren. Den «Sommspalter», den «Hummibrummi», den «Frey-Anzeiger». Oder: Die «Republik», neu auch mit witzig.

Der Nebelspalter – eine Blattkritik

Das Cover der Novemberausgabe  ist ein Ablöscher. Doch der «Nebi» punktet dann doch noch. So muss Markus Somm wohl nicht alles neu aufgleisen.

Der Nebelspalter gehört neu Markus Somm. Somm zeichnet sich, zumindest im wöchentlichen Gespräch mit Roger Schawinski, nicht unbedingt durch Humor, eher durch Verbissenheit aus. Bekommt er dank dem Nebelspalter nun mehr Gelassenheit und positiven Wortwitz?

Der 55-jährige war von 2010 bis 2018 Chefredaktor und von 2014 bis 2018 auch Verleger der Basler Zeitung. Nach dem Verkauf der BaZ von Christoph Blocher an Tamedia musste er den Chefposten abgeben. Seither schrieb er in der Sonntags-Zeitung eher belanglose Kolumnen mit oft weithergeholtem historischem Bezug. Markus Somm ist Sohn von Edwin Somm (87), der CEO von ABB Schweiz war. Ob der Nebelspalter Hauslektüre war bei Somms? Kennt Somm die aktuellen Ausgaben, oder verklärt er eher die Vergangenheit? ZACKBUM.ch hat die Novemberausgabe angeschaut.

Edles Papier, grottenschlechtes Cover

Der erste Eindruck: 68 Seiten, festes Papier, der Einband sogar noch dicker. Wenn schon ein recht teures Heft (Einzelpreis 11 Franken 80), dann wenigstens edel aufgemacht.

Aber: Das Cover ist leider einfach nur schlecht. Der «lustige» Cartoon ist viel zu fein gezeichnet für ein Titelbild. Erst auf den zweiten Blick checkt man, worum es geht. Maskenpflicht im Himmel. Petrus gibt an der Pforte eine Maske ab. Geht so.

Machen die Textanrisse mehr Lust?

Das Wortspiel «Tor des Monats: Thomas Klür» ist so etwas von altbacken.

Kosmetik: Die Fassade bröckelt unaufhaltsam. Auch eher ein Altherrenwitz.

US-Präsidentschaft: Die erste Wahl, die nur Verlierer kennt. Könnte auch in der NZZ stehen.

Konzernverantwortung: Jetzt hat das Volk die Qual der Moral.  Ja gut, der geht einigermassen.

Fazit: Viel Moralin, fast kein Wortwitz. Gähn! Der Nebelspalter nennt sich selber «eine Schweizer Satirezeitschrift». Aber wo bleibt da der satirische Ansatz?

Im Fernsehen würde man wohl wegzappen. Aber weil der Nebelspalter doch schon 145 Jahre lang rauskommt, ist der Respekt zu gross.

Irre lange Vorlaufzeit der Inhalte?

Das Editorial von Marco Ratschiller lässt tief blicken. «Noch bevor sich die Corona- Pandemie auf der Welt ausgebreitet hatte, war für diese Ausgabe das Schwerpunktthema Exit vorgesehen». Ein Jahr Vorlaufzeit? Das wird Markus Somm wohl noch genauer anschauen. Und ja, das Thema Exit wäre so dankbar für einen rabenschwarzen Comic auf der Titelseite. Wo blieb der Mut von Chefredaktor Ratschiller? Ok, ok. Weiter unten im Editorial erklärt er, das Titelbild sei die BAG-konforme Parodie auf ein berühmtes Gemälde von Hieronymus Bosch. Ach so.

Auf Seite vier begegnet uns ein alter Bekannter. Miroslav Bartàk. Der Cartoonist mit Jahrgang 1938 ist seit ewig dabei beim Nebelspalter. Man kennt ihn auch von der Weltwoche. Nun wird die Bande dank dem SVP-Gespann Somm und Köppel noch enger. Für Simon Ronner und Co: Ja, Herr Somm ist offiziell FDP-Mitglied.

Beim Inhaltsverzeichnis ist speziell, dass der Code fürs E-Paper und fürs PDF-Archiv früherer Ausgaben abgedruckt ist. Achtung Spoiler!!! Ob es wohl viele Sparfüchse gibt, die einfach schnell in den Bahnhofkiosk pilgern und sich das Login «Masken» und das Passwort «Pflicht» merken?

Auf Seite 6 fällt die Rubrik «Wortschatz» auf mit dem Logo «Nebipedia». Max Wey doziert über den Begriff «Luftbuchung», wie das wohl nur ehemalige Korrektoren können. Witzig ist anders. Es wird wieder einmal klar: Das Wort korrekt kommt vom Wort Korrektor. Max Wey schreibt übrigens hin und wieder – für die Weltwoche.

Nun kommt also der «Tor des Monats». Swiss-Chef Thomas Klür. Das gezeichnete Portrait von Michael Streun ist gelungen. Die Würdigung von Marco Ratschiller weniger. Sie ist zum Teil anklagend, zum Teil ironisch gemeint. Für diesen Aufsatz bekommt der Chefredaktor eine Viereinhalb. Thema nicht ganz getroffen.

Erinnerungen an René Gilsi

Dafür ist «Die Geschichte zum Bild» von Daniel Kaufmann mit ziemlich beissendem Humor geschrieben. Ein Seitenhieb auf eine SRF-Rundschau-Reportage. Sehr gut.

Ganz in der Tradition der kritischbösen «Nebi»-Cartoons dann jener von Marina Lutz. Erinnerungen an René Gilsi (1905 bis 2002) werden wach. Gilsi war eine schweizweit geachtete Persönlichkeit, der mit seinen politischen Karikaturen Generationen von Nebi-Lesern prägte.

Gelungen ist trotz einer gewissen zeitlichen* Distanz  die Doppelseite über Joe Biden und Donald Trump mit einer Vorschau aufs 2021 im Sinne von «was wäre wenn». Gut gemacht, Ruedi Stricker.

*) die Dezembernummer kommt heute Freitag raus, die Novembernummer ist also bei dieser Blattkritik 0,9999 Monate alt.

Auch die ganzseitige Karikatur von André Breinbauer «Belarus: Leiden unter Lukovid» ist sehr ansprechend. René Gilsi hätte seine liebe Freude.

Erste Sahne die Bildergeschichte von Oliver Schopf. Knusper-CRISPR-Krone. Eine witzige Verballhornung der Wissenschaft. Macht wegen dem Zeichungsstil den Nebelspalter-Leser grad gefühlte zehn Jahre jünger.

Die Rubrik «Fertig lustig» von Hans Durrer ist dann eher wieder ein Mottenkisten-Text. Man googelt Tod, Zitate, berühmte Leute, Satire. Fertig.

Exit-Travel – so sollte Satire sein

Besser geraten der Text Exit-Travel von Hans Abplanalp. Er schöpft beim Thema Abschlussreise aus dem Vollen. Zur Auswahl stehen ein Militär-Trip zu den Talibans ohne gepanzerte Weste und Waffe, eine aktive Teilnahme an einer Steinigung oder ein Basketballmatch gegen Kim-Jong-un. Gewinnst Du das Spiel, musst Du nur zwei Jahre ins Arbeitslager.

Das Interview mit Bundespräsidentin Sommaruga ist ebenfalls noch ganz lustig. Zumindest um Längen besser als die ärgerlichen Fiktiv-Interviews von Andreas Thiel in der Weltwoche. Und: Das Sommaruga-Interview ist am Schluss sogar leicht selbstironisch.

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Frau Präsidentin des Bundes, vielen Dank für dieses Interview.

Von welchem Magazin sind Sie?

Vom Nebelspalter.

Gibt’s den noch?

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Sehr gut, Oliver Hepp. Sie dürfen bleiben.

Wiedersehen mit Horst Haitzinger

Und nun. Eine meiner Lieblingsrubriken. «Aus dem Nebelspalter-Archiv». Wobei. Seit René Scheu (NZZ) mir einen strukturkonservativen Geist, der gerade unter Medienkritikern notorisch zu sein scheint, attestiert hat, bin ich nachdenklicher geworden. Aber sei’s drum.

Denn endlich gibt’s ein Wiedersehen mit dem berühmten Österreicher Horst Haitzinger. Der 1939 geborene Karikaturist hat laut Wikipedia über 16000 Karikaturen veröffentlicht. Diesmal ist er vertreten mit zwei etwa 40-jährigen Beiträgen zum Fight zwischen Jimmy Carter und Ronald Reagan.

Ziemlich amüsant (ohne Ironie!) ist die Seite mit den amtlichen Mitteilungen. Diesmal ein Testament mit feinen Spitzen. Rheinmetall, Rolf Knie, Militär, Albert Anker, Christoph Blocher. Herrlich, wie auch die fiktiven Inserate. Ruedi Stricker, bitte mehr davon.

Nun folgen mehrere Seiten zum Thema Kosmetik. Politisch schön unkorrekt pinkfarbig gekennzeichnet, wirken die Textchen aber doch recht aufgesetzt. Interessanterweise setzen sich ausnahmslos männliche Autoren mit dem Thema auseinander. Fazit: verstaubt und aus der Zeit gefallen. Dazu passt ein Kellner-Kalauer, der auch irgendwo vorkommt.

Doch auf Seite 53 wird’s wieder frischer. Poetry Slam! Marguerite Meyer beschreibt, wie ein satirischer Text kläglich scheitert. Das macht sie super! Obwohl. Eine Seite darüber schreiben, dass einem nichts einfällt. Das kann man natürlich nur einmal.

In der Textbox wird dann klar, warum Marguerite Meyer nichts einfällt. Sie arbeitet beim Online-Magazin Republik. Das ist nun aber Realsatire. Denn die Medien kommen praktisch nicht vor im Nebi. Eine ironische Medienschau wie in der WoZ oder in der Sonntagszeitung sucht man vergebens.

Trotzdem scheint der Nebelspalter nun irgendwie an Fahrt aufzunehmen. Die Glosse von Thomas C. Breuer über das Bergell macht wegen den vielen Wortspielereien echt Freude. Auch die Kolumne von Lisa Catena, eine Carte blanche zum Thema «Experten», ist gelungen.

Die Rubrik «Für Sie erlebt» ist ebenfalls recht witzig. Die freien «Nebi»-Autoren erzählen im Stil von Leserbriefen, was sie so erlebt haben. Alltagshumor, den man liebt in drögen Coronazeiten.

Gut gefällt auch die Rubrik «Leute von heute». Was aber im ganzen Heft auffällt: Auf den Mann, respektive auf die Frau wird selten gespielt. Politiker, Showstars, SRF-Mitarbeiter kommen ungeschoren davon.  Darum wirkt das Heft alles in allem recht unpersönlich. Liegt der Grund in der langen Vorlaufszeit? An der Beissheimmung?

Immerhin hat auf Seite 63 Andreas Thiel dann doch noch seinen Auftritt. Sein Portraitfoto mit neuer Frisur ist richtig sympathisch. Warum tritt er in der Weltwoche immer noch mit seinem Irokesenschnitt in Erscheinung? Auch sein Text ist besser als das ausgelutschte Frage-Antworten-Pingpong in der Weltwoche.

Die «letzten Meldungen» auf Seite 54 sind köstlich. Ob der nicht mehr genehme Uncle Ben auf der Reispackung oder die Frage, ob die «Mitte» immer noch Durchschnitt bleibe, Roland Schäfli hat das Handwerk der Satire verstanden.

Und dies noch aus der Rubrik «Das Allerletzte»:

Aldi-Werbung:«Meh als Aktivferien.» Wenn Deutsche glauben, Schwyzerdütsch zu können: «Meh wie Aktivferien», bitte!

Das Blattkritik-Fazit: Der Nebelspalter ist weniger angestaubt als befürchtet. Und Markus Somm darf sich freuen. Linksdrall hat das Blatt definitiv nicht. Ausmisten scheint also nicht angesagt. Ausser, Herr Somm will ein SVP-Kampfblatt daraus machen. Aber das hat er ja auch bei der Basler Zeitung dann doch nicht gewagt.

Kleine Markenlehre zum Nebi

Geeignet für Anfänger und Fortgeschrittene – und Zurückgebliebene.

Nun ist’s offiziell. Mit schreckensgeweiteten Augen, verstummt vorläufig, nehmen die Medien eine schreckliche Nachricht zur Kenntnis. Was vorher schon als Gerücht herumgeboten wurde, es ist wahr: Markus Somm, beziehungsweise die Klarsicht AG, übernimmt den nebelspalter.ch.

Ab da wird’s schon schnell kompliziert. Eigentlich kauft die Klarsicht AG natürlich den ganzen Nebelspalter. Aber: Die Printausgabe «erscheint bis auf Weiteres unverändert», auch der Redaktionsleiter darf auf seinem Stuhl sitzen bleiben.

Der bisherige Besitzer Thomas Engeli zieht in den VR ein und wird Herausgeber des gedruckten Nebelspalters. Markus Somm, der sich auch selbst beteiligt, wird Chefredaktor von nebelspalter.ch. Und, eigentlich auch unglaublich, Konrad Hummler soll VR-Präsident werden.

Tradition fortführen, nur: welche?

Als ehemaliger VR-Präsident der NZZ hat er Vorkenntnisse. Die scheinen ihn aber nicht davon abzuhalten, hier an Bord zu gehen. Zusammen mit angeblich über 60 Investoren, darunter ein paar bekannte Multimillionäre – aber die Familie Blocher nicht –, soll mit einer Kriegskasse von rund 7 Millionen «diese grandiose Tradition fortgeführt» werden, freut sich Somm.

Er hat in einer Roadshow mit PPP und Businessplan, rund 100 potenzielle Investoren mit dem nötigen Kleingeld abgeklappert; damals hiess das Projekt «Säntis». Es soll eine liberal bis konservative Gegenstimme werden, sei die Absicht. Also sozusagen eine gespiegelte «Republik», nur erfolgreich.

So weit, so gut (oder schlecht, je nach ideologischer Position). Auch die «Republik» hat ihren Namen nicht einfach aus der Luft gefischt. Sie hat wohl das Schwein, dass Uwe Nettelbeck bereits 2007 gestorben ist. Der hat nämlich von 1976 bis zu seinem Tod zusammen mit seiner Frau «Die Republik» herausgegeben. Von der Typographie über den Inhalt bis zur Alleinherrschaft keine Kopie, aber eindeutig in der Tradition der «Fackel» von Karl Kraus. So erschien sie auch unregelmässig, dünner oder dicker, je nachdem, wie’s dem Autor drum war.

Zu seinen Lebzeiten kämpfte Nettelbeck – auch da ähnlich wie Kraus – alle Versuche nieder, ihm den Markennamen wegzunehmen oder ihn zu kopieren. Womit wir wieder beim Nebelspalter wären.

Ein in Stein gemeisselter Markenkern

Der  ist – seit dem Hinschied von «Punch» – das älteste Satiremagazin der Welt. 1875 gegründet, hatte der Nebelspalter seine grosse Zeit in den 30er und 40er Jahren des letzten Jahrhunderts. Unter dem Langzeitchefredaktor Carl Böckli, der wie Wilhelm Busch sowohl als Zeichner wie als Texter herausragend begabt war, wurde der Nebi zur Institution. Schon 1933, ein Ehrenzeichen, wurde der Nebi im Deutschen Reich verboten.

Die Auflage stiegt in den 1970er-Jahren bis über 70’000 Exemplare, viele Karrieren von Karikaturisten oder Satirikern nahmen hier ihren Anfang oder fanden ihre Fortsetzung. Dann ging’s ziemlich steil bergab, bis auf heute noch knapp 18’000 Druckexemplare.

Nun ist jede Marke, vor allem eine so alte und ins Schweizer Bewusstsein eingebrannte Marke wie Nebelspalter, inhaltlich besetzt, geprägt, festgelegt. Erschwerend kommt noch hinzu – da er den Eintritt ins Internetzeitalter verpasst hat –, dass seine Leserschaft und auch die Kenntnis über ihn bei eher betagten Eidgenossen vorhanden ist. Jugendliche fragen höchstens ihre Eltern im Wartezimmer des Arztes, was denn das für ein Blatt sei.

Wofür steht der Nebi, was ist seine DNA?

Das Blatt steht für sanftere Satire als in «Titanic» oder dem auch verblichenen «Pardon», für schmunzelnde Ironie, für Karikaturen, Spottgedichte, Denkanstösse im Sinne Buschs. Wie es der bisherige Besitzer und neu Herausgeber Thomas Engeli formuliert, der Nebelspalter wisse um seine Wurzeln.

Ängste, «der Nebelspalter könnte den Weg des pointierten Witzes und der politischen unabhängigen Schlagkräftigkeit verlieren und zum Sprachrohr einer einseitigen politischen Ausrichtung mutieren», seien unangebracht.

Wie um Somms Willen kann man da auf die Idee kommen, aus dieser Traditionsmarke mit festgelegtem, in Stein gemeisseltem Inhalt etwas anderes zu machen, als der Nebi immer war und ist?

Das wäre ungefähr so, wie unter migros.ch eine Weinhandlung zu eröffnen. Coca-Cola.ch als Webseite für vegane Ernährung zu führen. Oder aus baz.ch einen Witz- und Cartoonauftritt zu machen. Oder aus saurer.ch eine Plattform für alternative Verkehrsformen und für Velotausch.

Gibt es denn Vergleichbares, abgesehen vielleicht von der «Weltwoche»?

Nun mögen sich wohl einige gesagt haben: Wieso, «Le Canard enchainé» war doch auch als Karikatur- und Blatt für sanfte Parodie gestartet, und heute ist er eines der führenden Investigativ-Magazine, deckt immer wieder im Alleingang grosse Skandale und Staatsaffären auf.

Zudem erfreut er sich einer gewissen Schrulligkeit; noch bis vor wenigen Jahren lieferte die Mehrheit der Redaktoren ihre Manuskripte handschriftlich ab; die fortschrittlichen benützten immerhin eine Schreibmaschine. Überhaupt nicht schrullig ist die prinzipielle Unabhängigkeit, das Verbot, auch für andere Medien tätig zu sein, der tiefe Preis von knapp zwei Franken – und der Besitz durch die Gründerfamilie und die Redaktion.

Dass als Notgroschen über 100 Millionen Euro bereitliegen, schadet auch nicht. Deshalb hat die «angekettete Ente» (was nichts mit Zeitungsente zu tun hat) von Anfang an bis heute auf Werbung verzichtet.

Hoffentlich wächst man an der Aufgabe

Das kann ja nicht im Ernst Vorbild für einen neuen Nebelspalter sein. Erschwerend kommt noch hinzu, dass alleine der Name Somm, plus die Namen einiger Investoren, mal wieder bei vielen potenziellen Lesern oder Mitarbeitern die Nackenhaare aufstellt und für Ausschlag sorgt.

Also kann man zusammenfassend nur sagen: Eine grössere Aufgabe mit mehr Ballast beim Start hätten sich Somm und seine Investoren nicht aufbürden können. Man wünscht, wie man das auch bei der «Republik» tat, viel Erfolg und alles Gute. Und dass mein Pessimismus hier – im Gegensatz zur «Republik» – eines Besseren belehrt wird.

So will Somm den Nebelspalter umkrempeln

50 Prozent News, 50 Prozent Satire

Über Monate sprach er mit keinem Journalisten über sein Projekt, das damals noch «Säntis» hiess. Seit heute ist die Katze aus dem Sack und Somm redet. Endlich. Die Klarsicht AG, Winterthur, übernimmt den Nebelspalter. Im März soll das Abenteuer starten. Am liebsten im Zürcher Stadtquartier Enge, so Somm gegenüber ZACKBUM.ch. «Das wäre ideal, ich wohne an der Pfnüselküste.»

Sechs bis acht Journalisten will er bis dahin einstellen. Von manchen Journalisten erhielt er eine Zusage, von anderen Absagen. Auf das Trüppchen kommt zumindest viel Arbeit zu. Sie sollen auf der Online-Plattform Nebelspalter.ch «seriöse Recherche, News und Kommentar schreiben.» Und was ist mit Satire? «Das auch.»

Somm wird Chefredaktor von Print und Online. Der bisherige Chefredaktor Marco Ratschiller wird neu Redaktionsleiter der Zeitschrift, dient also unter Markus Somm. Das Magazin soll weiterhin erhalten bleiben. Auf der Redaktion herrscht allerdings Unsicherheit, wie ZACKBUM.ch in Erfahrung bringen konnte. Der Grund ist die Formulierung in der Medienmitteilung von Donnerstagmorgen: «Die Printausgabe erscheint bis auf weiteres unverändert.»

Nebelspalter wird Nachrichtenzeitschrift

Bis auf weiteres? Somm will am «Nebelspalter» jedoch festhalten, sagt er. Langfristig gesehen ist ein Konzeptwechsel denkbar: Die Monatszeitschrift wird hälftig mit News gefüllt werden. Die andere Hälfte könnte weiterhin mit Satire ausgeschmückt werden.

«Was verstehen Sie eigentlich von Satire?«  – «Wenig». Er nehme das sportlich. Als Frischling in der BaZ-Redaktion habe er als Chefredaktor früh kommuniziert, dass er von Sport nichts verstehe. Geklappt hätte es trotzdem. Oder vielleicht gerade darum. «Ich musste nicht plötzlich Fussballberichte schreiben.»

Den bisherigen Abonnenten soll der «Nebi» auch weiterhin zugestellt werden. Online werde ein Abo-Modell eingeführt. Zu den Financiers hält er sich weiterhin bedeckt. Irgendwann könnten deren Namen bekannt gegeben werden, so Somm, sofern alle einverstanden sind. «Wir prüfen das.» Die Ehrenwerten unterstützen Klarsicht mit rund 6 Millionen Franken. Er wolle langsam starten, der Break-even-Point soll in drei bis vier Jahren erreicht werden.

Etwas ist ihm aber doch wichtig: Keine Stiftung wurde angebettelt, vom Bund werden «Klarsicht» und der «Nebelspalter» kein Geld annehmen, «nicht einmal auf Druck». Sieh an, doch noch etwas Satire.

Nebelspalter.ch soll verkauft werden

«Viele Grüsse vom Bodensee»

Thomas Engeli, der Verleger der Satirezeitschrift, hat genug: «Ich bin nun 60 Jahre alt und überlege seit zwei Jahren, wie ich den Nebelspalter in die nächsten hundert Jahre führen kann.»

Wie der Verlag heute in einer Mitteilung schrieb, soll «unabhängiges» Kapital beschaffen werden, um den defizitären Online-Bereich «professionell ausbauen zu können». Der «Online-Einstieg im Tagesgeschäft» verlange ein Redaktionsteam und «viel Kapital». Er stehe deshalb im Kontakt mit möglichen Inverstoren.

Engeli «will» weiterhin Herausgeber der Printausgabe bleiben und alle Arbeitsplätze in Horn erhalten. Letzte Woche wurde bekannt, dass Markus Somm in Kontakt mit dem Verlag steht. Somm möchte dem Vernehmen nach die Online-Ausgabe übernehmen (Medienprojekt Säntis). Gegenüber ZACKBUM.ch wollte er sich nicht dazu äussern.