Das grosse Rausschmeissen – reloaded
Alles eine Stilfrage. CH Media hat keinen Stil.
Stecker raus. Kurz und schmerzlos. Die zweite Generation Wanner tut das, was normalerweise erst die dritte Generation tut. So im üblichen Reigen des Familienunternehmens. Die erste Generation baut’s auf, die zweite verwaltet es, die dritte fährt es gegen die Wand.
Zurzeit wird im Schweizer Journalismus offensichtlich reihum Rausschmeissen geboten. CH Media fing damit an, dass mal 140 Stellen gekippt wurden. Dann zog Tamedia nach und setzte mal die Zahl von 92 in den Raum. Nun ist wieder CH Media dran, während Ringier zurzeit die Füsse stillhält.
Nun hat sich der Wannerclan entschieden, seine Today-Plattformen zu spülen. Denn nach der Reorganisation ist vor dem Exitus. Das scheint dort die nachhaltige Management-Strategie zu sein.
Von «32Today» zu 34 Kündigungen …
Noch Anfang dieses Jahres verkündete Florian Wanner, «Leiter Regionale Elektronische Medien» auf persoenlich.com, nachdem mal wieder «reorganisiert» worden war und die Todays an den anderen Flop «watson» geflanscht worden waren: «Das gibt insbesondere in der Vermarktung spannende Möglichkeiten zur Zusammenarbeit, aber auch im Ad-Tech-Bereich, in Sachen Audience-Building und Content-Marketing können die beiden Organisationen voneinander profitieren. Insofern kommt mit Watson und Today zusammen, was zusammengehört.»
Auf die Frage, ob mit sechs Today-Portalen in fünf Jahren nicht zu rasch und zu viel investiert worden sei, meinte Wanner schnippisch: «Im Nachhinein ist man immer klüger.»
Nun scheint ein anderer Wanner, obwohl das kaum vorstellbar ist, sogar noch klüger geworden zu sein. Denn statt «spannende Möglichkeiten in der Vermarktung» auszuspielen, ist nun Ende Gelände. Denn inzwischen haben die Wanners offenbar gemerkt: «Die Umsatzentwicklung ist rückläufig, und wir sehen keinen Weg, die Today-Portale in absehbarer Zeit kostendeckend zu betreiben. Deshalb mussten wir gemeinsam mit dem Verwaltungsrat die sehr schwierige, strategisch aber unabdingbare Entscheidung treffen, die sechs Newsplattformen zu schliessen.» Verkündet nun CEO Michael Wanner, während Florian Wanner ein wenig rumheult.
Ach ja, und nach der grossen Reorganisation vor 10 Monaten werden nun nochmal 34 Kündigungen ausgesprochen. Zack. Immerhin gebe es «22 Anschlussangebote». Das sieht dann meistens so aus: wir haben hier eine spannende Position im Lesermarketing-Callcenter. Ist natürlich mit einer deutlichen Gehaltseinbusse verbunden, aber heutzutage ist das immer noch besser als nix, oder? Und schau dir mal Kerstin Hasse an, die hat nix gefunden bislang.
Florian Wanner vergiesst dann noch ein paar Krokodilstränen: «Natürlich haben wir alles darangesetzt, möglichst wenige Kolleginnen und Kollegen entlassen zu müssen. Dass gleichwohl schmerzhafte Personalmassnahmen unvermeidbar sind, bedauern wir sehr.»
Tough luck, wie da der Ami sagt, wenn man unter dem Wannerclan arbeiten muss, beziehungsweise nicht mehr weiterarbeiten darf, nachdem doch noch vor wenigen Monaten alles wunderbar reorganisiert worden war.
Vielleicht sollten CH Media und Tamedia mal über ein Zusammengehen nachdenken. Dann kann der Blinde sich vom Lahmen führen lassen und den dabei stützen.