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«Nach Redaktionsschluss»

Die Medien werden bekanntlich immer besser. Mit weniger Leistung. Mit mehr Staatsknete. Oder doch nicht?

Ausser Sandro Benini vom «Tages-Anzeiger» finden ziemlich viele Schweizer recht sensationell, was der Fussball-Nati gegen Frankreich gelungen ist. Der Sieg hatte aber einen schweren Nachteil: er erfolgte erst spät. Sehr spät. Zu spät:

«Achtelfinal gegen Frankreich. Steht die Schweiz erstmals seit 1954 im Viertelfinal einer Endrunde? Oder waren die Franzosen zu stark? Bei Redaktionsschluss dieser Ausgabe war der Match noch im Gang. Alles zur Partie finden Sie auf unserer Website.»

Denn so spät steht doch bei der «Basler Zeitung» kein Redaktor mehr in seiner Verrichtungsbox. Das würde ja Überstunden bedeuten, und vielleicht kostet es auch noch extra, die Druckmaschinen ein Bitzeli später zu starten. Das alles wegen des Einzugs der Fussball-Nati in die Viertelfinals nach einem Penalty-Krimi? Ach was.

Andere, sogar kleinere Blätter schafften es hingegen:

Das Langenthaler Tagblatt kann’s.

Sogar das «St. Galler Tagblatt», erst noch mit einem launigen Titel.

Auch das Mutterblatt dieses Mediendesasters konnte es vermelden:

In der Hektik die falsche Titelschrift erwischt, aber immerhin.

Nicht-Fussballfans können ihre Enttäuschung darüber beherrschen, dass es nicht mal alle Printmedien in der Schweiz schafften, einen späten Sieg noch mitzunehmen. Echte Fans verfolgten natürlich den Match live, und solche, die das nicht konnten, hielten sich im Internet auf dem Laufenden.

Was soll’s? Das soll’s: Es waren diese kleinen Extraleistungen, die dem Leser das Gefühl gaben: die reissen sich beide Beine aus für mich, die geben Gutzi, die gehen mit, die wollen mir eine Extra-Freude machen.

Auch die Bündner können, was die Basler nicht schaffen.

Natürlich wollten das einige – nicht alle – Journalisten heute noch, Ehrensache, dass man so ein Sportereignis mitnimmt. Aber: inzwischen haben die Erbsenzähler vollständig die Macht übernommen. Eiskalte Rechner wie Pietro Supino, von Kenntnissen völlig unbelastete Söhne wie Florian Wanner, «ich kann Resilienz»-Schwurbler wie Ladina Heimgartner.

Wenn Würstchen die Macht übernehmen, wird der Senf rationiert

Dass ihre Erfolgsbilanz sehr überschaubar ist, ist das eine. Dass ihr Einkommen umgekehrt proportional zu ihren Fähigkeiten in die Stratosphäre abgeschwirrt ist, das andere. Dass sie null Ideen haben, wie ihre Medienhäuser aus eigener Kraft aus dem selbstverschuldeten Schlamassel rauskommen könnten, ist das dritte.

Dass sie gleichzeitig behaupten, unverzichtbare vierte Gewalt zu sein und dem Staat mitsamt seinen Behörden kritisch auf die Finger zu klopfen, aber handkehrum mit übelster Lobbyarbeit im Parlament durchdrückten, dass der Steuerzahler sie mit ein paar Milliarden in den nächsten Jahren für ihr Versagen belohnen soll, ist das vierte.

Das ist so absurd, wie wenn die Corporate Communication einer Grossbank sagen würde: Wir sind zwar finanziell von unserem Brötchengeber abhängig, aber wir werden trotzdem kritisch seine Geschäftspolitik begleiten.

Solchen Stuss kann nur jemand erzählen, der seine Konsumenten, seine Leser wirklich für brunzblöd hält. Das kann nur jemand behaupten, der jede Sparmassnahme, jede neue Abmagerungskur für die Skelette, die früher einmal unabhängige Redaktionen waren, als Verbesserung des Angebots verkaufen will. Das würde sich nicht einmal der schmierigste Teppichhändler auf dem Basar trauen; immer kleinere und miesere Teppiche für gleich viel Geld anbieten.

Absurd, realitätsfern, ohne Steuergelder zum selbstverschuldeten Untergang verurteilt

Das kann nur jemand verzapfen, der bei seinen Regionalzeitungen das Regionale vernachlässigt, auch das Kantonale; so tut, als ob in Basel, Zürich, St. Gallen, Luzern, Aarau oder Bern politische Entscheidungen gleich aufgenommen würden. Und deshalb, wie Wirtschaft, Politik, Kultur – und Sport – von einer Zentralredaktion zugesosst werden kann. Wobei immer grössere Brocken aus «Kooperationen», zum Beispiel mit der «Süddeutschen Zeitung», übernommen werden.

Also immer weniger Angebot für gleich viel Kohle, für immer weniger zahlendes Publikum, dessen gelichtete Reihen mit Säcken voller Steuergeld nachgefüllt werden sollen. Damit’s wieder besser wird? Ja wie denn? Werden die einfallslosen, nur auf Gewinn bedachten Manager als Vertreter der Besitzerclans so schlauer? Fallen ihnen plötzlich Lösungen ein, auf die sie in den letzten 20 Jahren nicht kamen?

Absurd. Deshalb ist das Berichts-Desaster über den Einzug der Schweiz ins Viertelfinal auch für Nicht-Fussballfans ein weiteres Fanal. Soll dieses Rundum-Versagen wirklich mit Milliarden versüsst werden? Mit Milliarden für Multimillionäre? Für Kunstsammler, Aston-Martin-Fahrer, Yacht-Besitzer, denen ihre Aufgabe als vierte Gewalt so was von egal ist? Ausser, sie können damit hausieren gehen?

Schawinski und die Radio-Zwerge

Wer keine guten Argumente hat, verspritzt Häme und zielt auf den Mann. Ein weiteres Trauerspiel der Medienmanager.

Eine Ausnahme sei lobend erwähnt. Sandro Benini bemühte sich bei Tamedia um eine einigermassen ausgewogene Darstellung des Problems, der beiden Positionen und liess nur eine leise Präferenz erkennen, dass doch nicht alle anderen falsch lägen, nur Roger Schawinski recht habe.

Das brachte ihm dann am Sonntag eine Einladung in Roger Schawinskis «Doppelpunkt» ein, wo er den entschiedenen Gegner der Abschaltung aller UKW-Sender in der Schweiz befragen, kritisieren, beharken durfte, und natürlich auch selber einige Körpertreffer einstecken musste.

Dass die federführende SRG und die BAKOM-Bürokraten keinen Anlass zur Beunruhigung sehen, ist klar. Nachdem sie 20 Jahre lang ziemlich viel Geld ausgegeben haben, um DAB sowie DAB+ den Schweizern beliebt zu machen, probieren sie es nun mit Gewalt. Denn immer noch verfügen 58 Prozent aller Autos nicht über DAB, benützt nicht einmal die Hälfte aller Radioempfänger diese Übertragungstechnologie.

Die Zukunft ist völlig klar. Natürlich VOIP, Streaming und Internet

Die Zukunft liegt im Internet; sobald 5 G überall erhältlich ist, kann man auf DAB wohlgemut verzichten. UKW benützen auch noch die Mehrheit der Automobilisten in Zentraleuropa, die wären dann in der Schweiz plötzlich in einem schwarzen Loch. Verkehrsdurchsagen, Unterhaltung? Sendepause.

Noch putziger: laut europäischen Vereinbarungen muss jedes Land, auch die Schweiz, in längeren Tunneln die Versorgung sicherstellen – mit UKW. Also, es gibt schon ein paar Argumente auf der Seite von Schawinski. Weniger, dass der alte Radiopirat in der Abendsonne seiner Karriere nochmal Pizzo Goppera wiederholen möchte. Nochmal einer gegen alle geben.

Die Radio-Zwerge haben keine Botschaft.

Aber diesmal im Kampf für eine veraltete Technologie, gegen eine neue, moderne, die halt ein 75-Jähriger nicht mehr so ganz versteht. Nun ist dieser 75-Jährige aber noch viel fitter bei solchen Fragen als die managenden Durchschnittslangweiler, die bei den inzwischen verklumpten privaten Sendestationen das Sagen haben. Oder – durchaus Nordkorea ähnlich – qua Geburt in diese Position gerutscht sind. Da wird’s dann richtig peinlich.

Wer etwas sagt, aber nichts zu sagen hat …

So machte Florian Wanner, von Beruf Sohn, aber auch Leiter Radio von CH Media, den Fehler, ein Interview zu geben. CH Media hat sich den grössten Brocken an Privat-Sendern zusammengekauft. Also ist sein Wort sicherlich wichtig.

Gleich mit seiner ersten Antwort auf die Frage, was er denn von Schawinskis Kampf gegen die Abschaltung von UKW halte, machte er sich’s im Fettnäpfchen bequem: «Ich musste schmunzeln und war nicht überrascht. Es ist eine schöne Geschichte für ihn. Er war der Erste unter den Privaten – und möchte offensichtlich auch der Letzte sein.»

Da hat er’s ihm aber gegeben. Nun kommt jedoch der wirklich blöde Teil für Wanner Junior; was hat er denn für Argumente gegen Schawinski? DAB+ sei eine gigantische Fehlinvestition, sagt der. «Kann man sicher kritisch hinterfragen», sagt Wanner. Man spare kaum etwas durch die Abschaltung, da die Infrastruktur längst abgeschrieben ist: «Der Unterhalt ist günstig, aber es würden Neuinvestitionen kommen», sagt Wanner. In Irland betrage der Anteil von DAB+ kümmerliche 0,5 Prozent. «Ich kenne die Situation in Irland nicht», sagt Wanner, er sehe das auch nicht aus der Perspektive «kleiner Regionalsender wie Radio 1».

DAB sei sowieso höchstens eine Übergangstechnologie. «Diese Aussage hat einen Wahrheitsgehalt», sagt Wanner. Aufschrei in der Bevölkerung, ausländische Automobilisten? Ja, das seien sicher Themen, meint Wanner. Und nachdem er das Interview frei von Argumenten durchgestanden hat, kommt noch der Knaller am Schluss. Ob er denn einer der Manager und Bürokraten sei, über die Schawinski herzieht.

Seine Antwort fürs Poesiealbum:

«Nein. Ich sehe mich als vorwärtsgerichteten Medienmanager, welcher Chancen nutzt.»

Das muss ihn offenbar dermassen auslasten, dass er vor der Debatte mit Schawinski im Clubhouse von persoenlich.com kniff. Vielleicht wurde ihm doch gesagt, dass ein HSG-Studium und Mitglied eines Familienclans zu sein, nicht unbedingt ausreiche, um eine Debatte mit Schawinski zu bestehen.

Wer etwas sagt, aber vieles ungesagt lässt …

Wenn es um Untergriffe geht, ist Kurt W. Zimmermann immer vorne dabei. Wie er schon gegen den designierten NZZaS-Chefredaktor Jonas Projer mit erfundenen und ausschliesslich auf «anonymen Quellen» beruhenden Verleumdungen zu Felde zog, erfindet er in seinem Nachruf für Peter Schellenberg in der «Weltwoche» ein Zitat von Schawinski. Schelli und Schawi hätten sich nicht leiden können, holt Zimmi aus. Schawinski habe Schellenberg «grossspurig» mit seinem Tele 24 herausgefordert und getönt, «dass «der Schellenberg hier bald einmal auf Knien angekrochen kommt». Bald darauf war aber Schawinski auf den Knien und sein Sender gescheitert.»

Das ist etwas launig vom ehemaligen Tages-Anzeiger-Manager Zimmermann, der als frischgebackenere WeWo-Kolumnist über das «gescheiterte Privat-TV-Projekt» von Tamedia herzog. Wobei er es unterliess, zu erwähnen, dass er höchstpersönlich für das Scheitern von TV3 verantwortlich war, ebenso für alle Flops, die er in seiner Kolumne dafür verantwortlich machte.

Offenbar besteht spätestens seither eine Antipathie gegen Schawinski, gespeist aus grüngelbem Neid. Bei diesem Niveau der wenigen verbleibenden Medienkritiker, das wollen wir nicht unterdrücken, kann es eigentlich zukünftig nur noch …