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Der«Stern» kann Boulevard

Auf und nieder, immer wieder. So macht man das.

1995 hatte der «Stern» noch eine verkaufte Auflage von 1,25 Millionen Exemplaren. 2008 fiel er erstmals unter die Millionenschwelle mit 961’000 im Schnitt. 2019 waren es noch 462’000. Und 2022 dümpelte er bei 336’000 vor sich hin. Noch ein Viertel des damaligen Absatzes. Das ist dramatisch.

Also versucht der «Stern» alles, um den unaufhaltsamen Abstieg zu bremsen. Dafür ist ihm alles recht, auch die klassische Boulevard-Nummer: Hochschreiben, bejubeln, dann beim Niedergang begleiten. Exemplarisch hat er das beim grünen Wirtschaftsminister Robert Habeck durchexerziert.

Noch nicht allzu lange her, dass sich der «Stern» dem so an die Brust schmiss:

Ein Bild von einem Mann. Vor lichtem Hintergrund aufgenommen, gerunzelte Denkerstirne, aber dennoch ein klarer Blick in die Zukunft. Dreitagebart, Wuschelfrisur, leicht rabaukige Motorradjacke, das ist kein grauer Politiker, das ist ein Star, ein Mann, aber nachdenklich, ein Leader, aber volksnah. Und dann die Ranschmeisse im Titel «unser» nächster Kanzler. Der Kanzler für jedermann, für den «Stern». Entsprechend auch der schleimige Text im Blatt.

Aber eben, darüber haben sich schon Legionen von A bis C Promis beschwert. Zuerst wird man gehypt, hinaufgeschrieben, in den Olymp gehoben, herrscht Kammerdienerperspektive von unten nach oben, wird angehimmelt, jeder Furz vergoldet. Aber dann, dann geht es abwärts. Die schlimmste Strafe für den Promi ist, dass er schlichtweg nicht mehr existiert. Er kann sich noch so um Aufmerksamkeit bemühen, anrufen, Privates offerieren, Exklusives, oder so peinliche Stunts machen wie Rigozzi, vielleicht noch am Dschungelcamp teilnehmen, aber das war’s dann auch.

Oder aber, der Promi gibt noch genügend her, dass man ihn auf dem Weg nach unten begleitet. So wie im Fall Habeck. Denn der «Stern» ist immer noch in erster Linie ein Bilderblatt mit zugeschalteter Textredaktion:

Das ist eigentlich die typische Heftmischung. Sex, Politik, Landschaft, Zukunft und eine verblühte Schauspielerin. Aber richtig wumms, vielleicht gar ein Doppelwumms, gibt’s auf dem Cover:

Das könnte nun jedes Demagogie-Handbuch zieren. Aus dem Dreitagebart ist unrasiert geworden. Statt optimistisch-verkniffen in eine ferne Zukunft, schauen die aufgerissenen Augen den Leser direkt an. Spielte zuvor ein angedeutetes Lächeln um die Lippen, sind sie nun zusammengepresst, die Mundwinkel leicht nach unten geneigt. Statt Rabaukenjacke ein dunkles Hemd. Damit es noch bedrohliche Stimmung gibt, ist die Lichtführung gedämpft, rechts ist das Gesicht verschattet. Als ob das noch nicht genug wäre, im Hintergrund tobt das Volk, lärmen Plakate und Schlagzeilen. Aber noch einen drauf, «Haben Sie Angst vor einem Attentat, Herr Habeck?», barmt der «Stern» den Mann an, der mal «unser nächster Kanzler» hätte sein können und sollen.

Das letzte Mal griff der «Stern» bei einer von ihm sehr ungeliebten Politikerin so in die Trickkiste:

«Der «Stern» wird hemmungslos und haltlos», kommentierte damals ZACKBUM. Gelbliches Antlitz, leicht von unten fotografiert, bedrohlich übergross, dazu «Hass» in Frakturschrift, wie man sie allgemein mit dem letzten Jahrhundert und den Nazis assoziiert.

Ganz so weit ist der «Stern» bei Habeck noch nicht, die Gesichtsfarbe ist gesund. Aber auch der Minister ist leicht von unten fotografiert, die Augen im oberen Drittel des Covers, das gibt jedem Gesicht etwas leicht Bedrohliches. Dann noch in knalligen Lettern «Angst», et voilà.

Der Scherz für Insider war bei Weidel allerdings, dass der «Stern» schon mal grosse Probleme mit einer Frakturschrift hatte. Nämlich als er die Hitler-Tagebücher entdeckt haben wollte und nicht merkte, dass dem Fälscher dummerweise die Klebebuchstaben ausgegangen waren und er statt A.H. auf ein Tagebuch F. H. klebte, also Fritz Hitler statt Adolf.

Soweit ist es bei Habeck noch nicht. Aber Weidels Gesicht und Hass, Habecks Gesicht und Angst, das ist bester, übelster Boulevard.

Business Bullshit

Drei Gründe für CH Media Mitarbeiter, Angst zu kriegen.

Der Wannerclan steckt seine Claims neu ab. Florian Wanner, Leiter Regionale Elektronische Medien, bekommt auch noch «watson» in sein Portefeuille gelegt. Warum? Darum. Schliesslich hat er sich schon beim Kampf gegen die Abschaltung der UKW-Frequenzen als überlegener Stratege erwiesen. Ach nein, er hat sich lächerlich gemacht

Aber wozu in die Vergangenheit schweifen, die Aktualität liegt so nah. Denn Wanner geruhte, das ist immer sein Fehler, ein Interview zu geben. Für aufgeweckte Mitarbeiter von CH Media gibt es darin mindestens drei Gründe, echt Schiss um die Sicherheit des Arbeitsplatzes zu kriegen. Also nicht nur für die 150, die sowieso rausgeschmissen werden.

Denn versteht jemand diesen Business Bullshit, den der Manager, von Beruf Sohn, hier von sich gibt? «Das gibt insbesondere in der Vermarktung spannende Möglichkeiten zur Zusammenarbeit, aber auch im Ad-Tech-Bereich, in Sachen Audience Building und Content-Marketing können die beiden Organisationen voneinander profitieren.»

Nach dem Bodybuilding nun das Audience Building, aber auch den Ad-Tech-Bereich und natürlich das Content Marketing nicht vergessen. Aber «voneinander profitieren»? Das heisst «Synergien», kann doch nicht so schwer sein.

Zweiter Grund: «Wir fokussieren die Organisation stärker auf die drei Geschäftsfelder Regional-TV, Radio und Newsportale. Im redaktionellen Tagesgeschäft behalten wir den trimedialen Austausch, aber selbstverständlich kann man bei uns weiterhin Radio-/TV-/Online-Kombis buchen.» Aha. Na dann. Welchen Fokus hatte die Organisation denn vorher? Aufs Traubenernten, Schlossbewohnen und Dummschwätzen?

Dritter Grund: «Im Nachhinein ist man immer schlauer.» Diese Aussage, wenn man einen krachenden Fehler gemacht hat, ist an Banalität nicht zu überbieten. Wer ohne Regenschirm in die Traufe geriet, dem wird das ständig passieren, wenn er sagt, dass man im Nachhinein immer schlauer sei. Würde er aber etwas daraus lernen, beispielsweise den Wetterbericht konsultieren, dann bestünde Hoffnung, dass ihm das nicht immer wieder passiert.

Schliesslich müssen auch solche Flapsigkeiten zu denken geben, wenn Wanner auf die Frage, wie weit die Zusammenlegung der Newsportale gehe, antwortet: «Aber ja, bestimmt kann man auch noch die eine oder andere Story austauschen, ohne dass gleich der Einheitsbrei überläuft.»

Damit räumt er ja indirekt ein, dass schon jetzt Einheitsbrei verbreitet wird, ein Offenbarungseid im Newsbereich. Aber eben, leider kommen im Medienzirkus nur sehr wenige Manager in ihre Position, weil sie managen können. Andere Eigenschaften sind viel wichtiger.

Ins Hirn geniesst?

Stell dir vor, es ist Krieg und Tamedia schaut hin.

Entzugserscheinungen können grausam sein. Das weiss nicht nur jeder aufgehörte Raucher. Die Medien quälen sich bereits mit Corona-Entzug. Was tun, wenn dieses Thema wirklich wegfallen sollte?

Da muss natürlich Ersatz her. Irgend eine Krise, das ist immer gut. Krise? Quatsch, Krieg ist viel besser. In Afrika gibt es jede Menge Kriege, aber meiner Treu, das interessiert doch keinen, wenn sich dort Schwarze gegenseitig abmurksen. Und von «black live matter» hat man auch nix mehr gehört.

Vom «Blick» sogleich dankbar aufgenommen, hatte Tamedia einen Gedankenblitz. Natürlich, und erst noch naheliegend:

«In der Ukraine droht Krieg: Informierte Kreise in der Bundesverwaltung sehen die grösste Gefahr eines russischen Einmarsches für die Zeit um den 15. Februar.»

Wunderbarer Einstieg. Hätte er gelautet: Beni Gafner brauchte unbedingt einen neuen Artikel, um sein Plansoll zu erfüllen, das wäre entschieden schlaffer gewesen.

Aber «informierte Kreise», gleich ein fixes Datum, das haut rein. Natürlich folgt der Abbinder, dass auch eine Deeskalation dank Diplomatie möglich sei. So für den Fall, dass dummerweise am 15. doch kein Krieg ausbricht.

Was macht man nun angesichts dieser Kriegsgefahr? Si vis pacem para bellum. Okay, das ist Latein, kehren wir aufs Niveau Tamedia zurück: «Was droht bei einem Krieg in der Schweiz knapp zu werden?»

Da kann der «Blick» konkret werden:

Dafür erinnert Tamedia gleich an den guten, alten Notvorrat:

 

Also liebe Journis, man muss auch mal lernen, zu leiden ohne zu klagen. ZACKBUM ist ganz bei euch, wir fühlen den Schmerz. Thema weg, Loch, Depression, Alkoholismus. Arbeitslosigkeit. Worüber nur schreiben?

Dabei gibt es doch – in der Not – so viele andere Themen, als gleich einen Krieg herbeizuschreiben. Der eigene Bauchnabel, das konsequente Gendern, Ausgrenzung, Diskriminierung und immer noch Passanten tief verletzende Mohrenköpfe an Gebäuden. Und was ist eigentlich mit der Untersuchung des Protests von 78 erregten Tagi-Frauen passiert? Gibt’s da so nach fast einem Jahr mal Ergebnisse?

Apropos Ergebnisse, schreibt doch über Erlebnisse. Der schönste Absturz in der Kneipe. Wie es war, als ich nach Hause kam und meine Frau mit einem anderen im Bett ertappte. Mein letzter Velounfall. Wie mir im Restaurant eine angebrannte Pizza serviert wurde.

DAS wären News, die die Welt braucht.

 

CH Media lässt Mitarbeiter im Ungewissen

CH Media informierte am Donnerstag die Medien mit ihrem «Effizienzprogramm»: Bis Ende 2022 sollen 30 Millionen Franken eingespart werden. Bluten müssen alle. Grund ist für einmal nicht (nur) die Coronakrise und das serbelnde Werbegeschäft. «Die Weiterentwicklung des Bereichs Entertainment erfordern weiterhin hohe Investitionen», heisst es in der Mitteilung. Die im Herbst übernommene Fernsehgruppe 3+ reisst anscheinend noch tiefere Löcher als gedacht.

Im Unterschied zu anderen Medienkonzernen und ihren Sparübungen, lässt CH Media ihre Angestellten im Ungewissen. Die Stimmung auf der Redaktion muss momentan ziemlich mies sein. Auf die Frage hin, wie viele gehen müssen, weiss selbst die Medienstelle keine Antwort. «Der Grund ist, dass wir das noch nicht wissen. Auch die Geschäftsleitung nicht.» Die Geschäftsleitung soll keine Ahnung habe, wie viele Leute ungefähr gehen müssen? Weiss sie immerhin, wie viele Eier sie hat?