Wundertüte «B∫ick»

Alles ist relativ. Im Vergleich zu «watson» ist die Zeitung mit dem Regenrohr ein Intelligenzblatt. Andererseits …

Auch hier wollen wir den Blick aufs Gesamtbild (Achtung, Kalauer) für sich selbst sprechen lassen.

Das nennt man wohl ein buntes Allerlei zum Thema Corona. Etwas drohender Trommelwirbel, gemischt mit Altbackenem (verödende Innenstädte), einem Sprutz Politiker, der mal wieder in die Medien möchte und daher irgend was fordert; nicht immer Tadel aus dem Ausland zur Schweiz, auch mal Lob. Und natürlich abgeschmeckt mit dem «Aufreger». Chaos, Behörden, Wahnsinn.

Nun müssen wir sensiblere Leser (das gilt für alle Geschlechter, Altersklassen, Hautfarben und sexuelle Orientierungen, sowie Migrations- oder Urschweizer Hintergrund) auffordern, darüber hinweg zu blicken:

Die Grenzen zieht sie auch klar. Die fünffache Mutter erklärt im Interview mit RTL, wo dabei ihre Grenzen liegen. «Die Möppis zeigen okay, aber die Monika zulassen. Das geht nicht.» Wir haben dazu gleich drei Fragen:

  1. Wer ist Danni Büchner?
  2. Wie viel muss man zahlen, dass sie das nicht tut?
  3. Was will sie uns mit «Monika zulassen» sagen?

Das entsteht, wenn der Blattmacher insistiert und insistiert: Wir brauchen noch eine Story mit Nutzwert. Aber auch für Blödis. Nein, ja nicht Corona. Irgendwas, was jeden interessiert. Strassenverkehr? Sehr gut, dann einfach mal machen, will dann nur noch das Resultat sehen. Übrigens, wer kann – natürlich ohne Lektüre dieses Aufklärungsstücks – fünf Fehler aufzählen? Ja, bitte?

Wir finden, diese beiden Meldungen haben einen inneren Zusammenhang. Unsere Immobilien, teurer, reiche Ausländer. Sagt Christian Dorer. Schön, dass man sich seinen Kommentar dann gar nicht antun muss. Kapiert. Rechts hingegen, das ist ein Lenovo. Das wiederum ist eine chinesische Marke. Schlappe 50 Milliarden Dollar Umsatz, kaufte mal schnell grosse Teile von IBM, Motorola, und so weiter. Damit verdient Lenovo happig Geld. Macht Gewinn. Macht ihre Aktionäre froh. Die sind dann reiche Ausländer. Der Kreis zur Beschwerde Dorers schliesst sich. Aber: er fäustelt dagegen, rechts sorgt sein «Blick» dafür, dass es Lenovo noch besser geht …

Das hier nennt man den klassischen Nachzug. Ein Hundeschicksal, jöh, vor zwei Jahren im Kino (das sind so diese Lichtspielanstalten, in denen vor vielen Zuschauern, aber googelt es Euch doch). «Heute» im SRF, das nennt man den Aufhänger für einen Nachzug. Was Streuner Cody (Bildmitte) davon hält, entzieht sich aber den Kenntnissen des Hern rechts und auch links von ihm. Aber jöh ist immer, unter allen Umständen, auf jeden Fall im Boulevard-Journalismus gut. Jöh mit Tieren ist sehr gut. Jöh mit Hunden besser. Jöh mit Hunden und Happyend, eigentlich nicht zu schlagen.

Selbst für geübte Künstler in Übergängen wird’s hier ganz schwierig. Das ist nämlich eine Story, für die man den «Blick» über den Kopf streichen und abknutschen möchte. Gut, sie ist nicht auf dem Zürcher Mist gewachsen, aber immerhin musste man an der Dufourstrasse auf die Idee kommen, die Reportage des polnischen «Blick»-Partners Onet aufzunehmen.

Dieser Mann hat nämlich einen unvergleichlichen, einmaligen unfassbaren Mut bewiesen. Witold Pilecki tat in seinem leider viel zu kurzen Leben unvergleichlich mehr als die vor Kurzem hochgejubelte Widerstandsgruppe «Weisse Rose» mitsamt Sophie Scholl. Alleine deshalb muss seine Geschichte erzählt werden. Immer wieder. Pilecki wurde 1901 geboren, gründete im Zweiten Weltkrieg eine Widerstandsbewegung, kämpfte in der polnischen Untergrundarmee – und ging freiwillig ins KZ Auschwitz, um die Alliierten und die Welt über die dort begangenen Greueltaten zu informieren. Während seines Aufenthalts versuchte er, den Widerstand der Insassen zu organisieren. Als das keine Früchte trug und auch die Alliierten offensichtlich nicht daran interessiert waren, diese Vernichtungsmaschine zu zerstören, floh Pilecki 1943 aus dem KZ.

Anschliessend beteiligte er sich am Warschauer Aufstand gegen die Nazi-Besetzer, der in einem Gemetzel und Blutbad endete. Nach dem Sieg über den Hitler-Faschismus und der Befreiung Polens durch die Rote Armee hätte er alle Ehren der Welt verdient. Hätte er zur Legende für unvorstellbare Tapferkeit werden müssen, für unbedingte Hingabe und eine Todesverachtung im Kampf gegen das Böse, die unfassbar war.

Stattdessen wurde er 1948 wegen «Spionage» erschossen. Ein weiteres Opfer stalinistischer Greueltaten, dessen Paranoia und Mordlust. Ein Mann geht freiwillig ins KZ, überlebt das, kämpft unermüdlich weiter gegen die Faschisten – und wird dafür von den Kommunisten erschossen.

Schrecklich.

Witold Pilecki. Links als polnischer Offizier, rechts als KZ-Häftling.

Aber, wir sind gerecht: alleine für diese Story darf der «Blick» nun eine Weile Dummheiten über Dummheiten stapeln. ZACKBUM verzeiht.

 

 

 

 

NZZaS: kleines Zwischenhoch

ZACKBUM ist unparteiisch und so objektiv wie ein Objektiv. Daher Lob, wem Lob gebührt.

Die ersten Bünde der aktuellen NZZaS kann man überblättern. Nicht schlecht, nicht wirklich gut. Besser als die übrige Sonntagspresse. Das ist allerdings ein Kompliment wie: ein Burger von McDonald’s ist besser als kein Burger.

Aber dann kommt der Kultur-Bund. Von erschreckendem 10-Seiten-Umfang. Auf der letzten Seite noch Leserbriefe, Wetter und Impressum. Wo ist Jonas Projer, fragt man sich dort. Aber wer kennt schon alle Sitten des Hauses.

Aber vorher, da geht die Post ab. Es sind zwar zwei Leihstücke, aber das macht ja nichts; man muss auch richtig auswählen können. Zunächst Sophie Passmann mit einem Essay über die sozialen Netzwerke. Sie seien so wie «früher das Fischessen am Aschermittwoch: Statt Freiheit herrschen Kontrolle und Gruppenzwang».

Kann man aus diesem nun doch nicht neuen Thema noch Neues herauskitzeln? Durchaus, wenn man kann. Schon alleine, um die Fallhöhe zu bestimmen, die hier zum Flachsinn existiert, der bei Tamedia, «Republik», CH Media das Wort Essay missbraucht, sollte man das lesen.

«Jede Botschaft auf Facebook, Twitter oder Instagram funktioniert als Ich-Botschaft. Es geht nicht um den Artikel, den ich teile, sondern die Gefühle, die ich beim Lesen des Artikels habe. Es geht auch nicht darum, wie der Inhalt des Artikels in der Welt funktioniert, sondern darum, wie die Tatsache dass ich den Artikel teile, mich im digitalen Raum positioniert. Ich, ich, ich.»

Ein Vorspiel zu einem grossen Essay

Das ist keine schlechte Ergänzung zu dem, was wir hier als das Betasten des eigenen Bauchnabels bezeichnen. Das Ich bekommt eine ganz neue, auch ausgeliehene Wichtigkeit. Früher war sich der Schreiber an «mein liebes Tagesbuch» bewusst, dass der Leserkreis doch sehr überschaubar bleibt. Er also etwas mit sich selbst ausmachen wollte. Heute, dadurch, dass diese Tagebücher öffentlich geworden sind, meinen leider allzu viele, dass ihre völlig unerhebliche, uninteressante persönliche Befindlichkeit zu irgendwas eine Bedeutung hätte. Indem andere Witzfiguren ein Smiley, einen Daumen oder gar einen Kommentar dazustellen.

Aber das ist nur ein Vorspiel zu einem wirklichen Essay. Das ist von Daniel Kehlmann (nur googeln, liebe Frau Zukker). Es ist gleichzeitig ein Vorabdruck, denn Kehlmann hat es zu einer Neuedition der «Stoffe» geschrieben. Nicht googeln, Frau Zukker, das ist oberhalb Ihrer Gehaltsklasse.

Als wär’s ein Stück von Dürrenmatt

Ich gebe zu: die «Stoffe» von Friedrich Dürrenmatt waren mir als Gesamtwerk zu monströs. Als er mir in seinem letzten Interview vor dem Tod sagte, dass ihn das Stoffe-Projekt irgendwie entwuchert war, er sich wohl noch länger, aber vergeblich darum bemühen müsse, es zu bändigen, es halt nicht zuletzt ein typischer, absurder Dürrenmatt geworden sei, da beschloss ich, «Turmbau» und «Labyrinth» so sein zu lassen.

Bis mir hier Kehlmann erklärt, dass das ein Fehler ist. Völlig überzeugt bin ich nach diesem Vergleich:

«Seine späte Prosa mit ihren Labyrinthen, Minotauren und unablässig lockenden Weltuntergängen hat wohl kaum einen engeren verwandten als den argentinischen Magier Jorge Luis Borges.»

Obwohl Borges in meinem privaten Götterhimmel der ganz Grossen hell leuchtet, wäre ich nie auf diesen Vergleich gekommen. Der aber sofort einsehbar und  richtig erscheint. Es wäre natürlich nicht ein Stück von Dürrenmatt und hier über Dürrenmatt, wenn es nicht eine Monstrosität enthalten würde.

Das ist der Anlass des Essays; eine Neu-Edition des Stoffe-Projekts. Fünf Bände, 2208 Seiten, erweiterte Online-Version. 483 Franken. Danke, Diogenes. Aber es gibt auch weniger umfassende Ausgaben der Stoffe. Und die müssen nun natürlich gelesen werden. Danke, NZZaS.

Jetzt alle: Rettet UKW

ZACKBUM darf das: unterschreibt diese Petition! Dann seid Ihr auf der richtigen Seite.

Wenn alte, weisse Männer Gas geben, dann bleibt all den Weltenrettern auf Twitter, den Rechthabern auf Facebook, den übrigen Privatradio-Verwaltern mal kurz der Mund offen.

In (natürlich nur altersmässig) absteigender Reihenfolge:

 

  1. Adolf Muschg mischt sich kraftvoll in die zunehmend inquisitorische öffentliche Debatte ein. Sagt einmal Auschwitz, und schon tobt der Bär, summen aufgeregt die Fliegen, ist keiner zu klein, Denunziant zu sein. Und niemand von diesem Pack merkt, dass es genau das tut, was Muschg kritisiert. Diese Dauererregten darauf aufmerksam zu machen, das ist ungefähr so sinnvoll, wie eine Eintagsfliege zu fragen: und was machst du morgen?
  2. Roger Schawinski ist der einzige Radiomacher in der Schweiz, der wieder eine Idee hatte. Seither macht er sein Talk Radio. Jeweils am Morgen die interessantesten Stunden des Tages. Mit Gästen, Experten, Politikern, Meinungsträgern – und seinen Hörern. Live, schnell, und Roger weiss jeweils nicht, was auf ihn zukommt. Das ist Radio. Alles andere ist Dudelfunk. Und nun hat Schawinski noch eine Idee: «Rettet UKW». Früher war Wimpel an der Auto-Antenne, heute ist virtuelle Unterschrift. Tut nicht weh, ist einfach, muss man machen.
  3. Da muss noch fragwürdiges Eigenlob drangeklebt werden, warum nicht. Am 11. März erschien der letzte Beitrag meiner zwei Mitstreiter, die sich dann vom Acker machten. Seither – mit nur zwei gelegentlichen Guest Stars – macht René Zeyer hier alles alleine. Im Schnitt drei Artikel pro Tag. Jeden Tag. Andere verbraten dafür Millionen. Ich mach’s aus Spass an der Freud. Grüngelber Neid und finsteres Schweigen ist mein Lohn. Aber Kollege Jürg Altwegg nimmt in der FAZ Notiz, was will man mehr:

 

«Für den Publizisten René Zeyer, der das medienkritische Portal „Zackbum“ betreibt, ist der Vergleich dagegen weder skandalös noch falsch. Zeyer springt dem Schriftsteller mit Raul Hilberg, dem Verfasser des Standardwerks über „Die Vernichtung der Juden in Europa“, zur Seite. Muschgs Argumentation entspreche Hilbergs Beschreibung von der Entstehung des Holocausts. Zeyer unterstreicht, dass Muschg die „schrecklichen Vereinfachungen“ der Cancel Culture kritisiert habe. Er zitiert den Schriftsteller differenzierter als die Ankläger: Es sei „das Interessenlose an den eigenen Widersprüchen“, das Muschg der Cancel Culture anlaste.»

So, das Karussell im Jahrmarkt der Eitelkeit steht wieder still. Dann tut was. Unterschreibt, verbreitet, spendet.

  • Wird ein schönes Gefühl werden: endlich mal bei den Siegern zu sein.

Der Mann, der das aufräumte

Markus Diethelm sagt beim Abschied leise tschüss. Mit ihm geht ein ganzer Giftschrank voller nicht erzählter Storys.

Er ist das dienstälteste Mitglied der Geschäftsleitung der UBS. Er ist seit 13 Jahren Chief Legal Councel, wie das im Banker-Sprech heisst. Der Chefjurist der Bank. Der Auf- und Abräumer. Wohl das einzige Mitglied der GL, das sein Salär wert ist.

Er ist all das, was Urs Rohner gegenüber am Paradeplatz nicht ist. Daher wurde die UBS zwar auch stark gerupft, von der Finanzkrise eins bis heute. Aber sie hat’s überlebt, nicht zuletzt wegen diesem Mastermind. Nun beginnt Diethelm mit seinem Abgang. Überlegt, geplant, leise. Wie immer.

Man muss sich die damalige Situation nochmals vergegenwärtigen. Wegen den irren und hochfliegenden Plänen des damaligen UBS-Bosses Marcel Ospel, die UBS zur Nummer eins machen zu wollen, musste die Bank mit einer gewaltigen Staatshilfe vor dem Bankrott gerettet werden.

Während sich Journalisten schon mit Lobliedern lächerlich machten, wie die UBS elegant durch die Krise gesteuert sei, musste sie gleich die nächste Hiobsbotschaft verkünden. Ein rachsüchtiger Ex-Mitarbeiter hatte sich den US-Behörden als Whistleblower angeboten. Beihilfe zur Steuerhinterziehung. Vor Ort, in den USA.

Nach der Krise ist vor der Krise. Alte Bankerweisheit

Jetzt reicht’s, sagten die Amis. Wir wollen alle Kundendaten von US-Steuerpflichtigen, die die UBS beherbergt. Sonst – ziehen wir der Bank den Stecker raus. Durch den Ausschluss aus dem Dollar-Clearing. Nach der schlimmen Krise die noch schlimmere.

Was tun? Diese Kundendaten waren durch das Schweizer Bankgeheimnis geschützt. Und durch heilige Schwüre der UBS. Selbst wenn die Bank wollte, jeder, der sich an einer solchen Datenherausgabe beteiligte, machte sich in der Schweiz gleich doppelt strafbar. Und ein Banker mit Vorstrafe, das ist dann doch undenkbar.

Nur Christoph Blocher hatte damals den Mut, die einzig richtige Lösung vorzuschlagen: ein führender UBS-Banker müsse in die USA reisen. Mit den Kundendaten im Gebäck. Sich anschliessend in der Schweiz verantworten. Das sei dann wenigstens einmal von Verantwortung nicht nur quatschen, sondern sie auch übernehmen.

Ein Fall für Diethelm.

Jetzt muss ich ausdrücklich festhalten, dass wir den Bereich der Fantasie betreten, dass von hier an Übereinstimmungen mit tatsächlichen Ereignissen oder Personen rein zufällig und nicht beabsichtigt wären.

Was alles so sicher nicht passiert ist …

Nehmen wir also an, der Chief Legal einer Schweizer Grossbank hat ein grosses Problem auf dem Schreibtisch. Gerade hat der Schweizer Steuerzahler ungefragt viele Milliarden Franken für diese Grossbank, nennen wir sie SUP, ins Feuer gestellt. Und nun muss sie bereits das zweite, ganz grobe Problem bekannt geben.

Was noch erschwerend hinzukommt: der dafür zuständige Bundeszwerg, der schon der Staatsnotrettung nur widerwillig zugestimmt hatte, machte Anstalten, diesmal der Bank zu sagen: «pfeift Euch eins, es reicht mit Hilfe von uns.» Selbstverständlich wollte keiner des Kaders es auf sich nehmen, Freiheit, Ruf und Karriere aufs Spiel zu setzen. Das Bankgeheimnis, das hatte der Bundeszwerg gesagt, das sei so stabil, daran würden sich alle die Zähne dran ausbeissen.

Die Bankführung um den allmächtigen Oberopel war gelähmt, was sie auch nach seinem Abgang blieb. Also die Aufgabe für einen wahren Mastermind. Seine Bank stand auf einem Spielfeld, das mit Verboten und Unmöglichkeiten gespickt war. Was tun? Da gab es nur einen Ausweg: die Spielregeln ändern.

Mit Fantasie läuft’s wieder wie geschmiert.

Der einer neuerlichen Rettung der SUP sehr ablehnend gegenüberstehende Bundeszwerg: nach einer Herzbaracke ausser Gefecht gesetzt. Das störende Bankgeheimnis: muss weg. Nun wurden die Amis aber leider ungeduldig und stiessen immer finsterere Drohungen aus. Also Notrecht. Damit konnte das Schlimmste verhütet werden. Ein reitender Bote überbrachte der US-Botschaft zu Bern die gewünschten Daten auf einem Memory Stick, gleichzeitig wurde den US-Behörden der Codeschlüssel übermittelt.

Problem gelöst? Fast. Die fällige Busse wurde auf schlappe 780 Millionen Dollar runtergehandelt. Es blieb nur noch ein Problem. Die USA hatten nicht die etwas über 2000 ihnen ausgelieferte Kundendaten verlangt. Sondern alle, also über 50’000. Das ging nun beim besten Willen mit Notrecht nicht, und die offizielle Abschaffung des von der SUP geschleiften Bankgeheimnisses, das würde dauern.

Nach der Lösung ist vor dem Problem

Was tun? Die SUP stand schon wieder am Abgrund, und die Kräfte, die sie vor dem Fall bewahren könnten, wurden immer schwächer. Da kam der Mastermind auf seine nächste grosse Idee. Die SUP schmiss einfach alle ihre Ami-Kunden raus. Zwangsweise, und wenn Ihnen das nicht passt, schauen Sie mal ins Kleingedruckte.

Die anderen Schweizer Banken wunderten sich, wieso plötzlich Amikunden kleine Schlangen vor dem Kontoeröffnungsschalter bildeten. Aber während das Einwerben eines Schwarzgeldkunden locker mal über 100’000 Franken kosten konnte, hier schaute man einem geschenkten Gaul doch nicht ins Maul. Hätte man aber vielleicht tun müssen.

Den gleichzeitig mit dem Rausschmiss bei der SUP wurde eine sogenannte Leaver-List erstellt. Also Namen, Anschrift, Höhe des saldierten Betrags, wohin er überwiesen wurde. Teuflisch, aber effektiv. Die US-Steuerämter konnten ihr Glück kaum fassen. Die bei der SUP Schwarzgeld bunkernden Amis konnten ihr Pech nicht fassen.

Das geniale Sahnehäubchen war: so konnten die Amis die Wanderung der Schwarzgelder auf andere Schweizer Banken genau verfolgen. Der ganze Finanzplatz war kontaminiert, ohne es zu wissen. Schliesslich musste der letzte Konkurrent der SUB eine Multimilliardenbusse zahlen, die Waffengleichheit war wieder hergestellt.

Zurück aus der Fantasie in die reale Welt. Diethelm, wir werden Sie schmerzlich vermissen.

Schawinski und die Radio-Zwerge

Wer keine guten Argumente hat, verspritzt Häme und zielt auf den Mann. Ein weiteres Trauerspiel der Medienmanager.

Eine Ausnahme sei lobend erwähnt. Sandro Benini bemühte sich bei Tamedia um eine einigermassen ausgewogene Darstellung des Problems, der beiden Positionen und liess nur eine leise Präferenz erkennen, dass doch nicht alle anderen falsch lägen, nur Roger Schawinski recht habe.

Das brachte ihm dann am Sonntag eine Einladung in Roger Schawinskis «Doppelpunkt» ein, wo er den entschiedenen Gegner der Abschaltung aller UKW-Sender in der Schweiz befragen, kritisieren, beharken durfte, und natürlich auch selber einige Körpertreffer einstecken musste.

Dass die federführende SRG und die BAKOM-Bürokraten keinen Anlass zur Beunruhigung sehen, ist klar. Nachdem sie 20 Jahre lang ziemlich viel Geld ausgegeben haben, um DAB sowie DAB+ den Schweizern beliebt zu machen, probieren sie es nun mit Gewalt. Denn immer noch verfügen 58 Prozent aller Autos nicht über DAB, benützt nicht einmal die Hälfte aller Radioempfänger diese Übertragungstechnologie.

Die Zukunft ist völlig klar. Natürlich VOIP, Streaming und Internet

Die Zukunft liegt im Internet; sobald 5 G überall erhältlich ist, kann man auf DAB wohlgemut verzichten. UKW benützen auch noch die Mehrheit der Automobilisten in Zentraleuropa, die wären dann in der Schweiz plötzlich in einem schwarzen Loch. Verkehrsdurchsagen, Unterhaltung? Sendepause.

Noch putziger: laut europäischen Vereinbarungen muss jedes Land, auch die Schweiz, in längeren Tunneln die Versorgung sicherstellen – mit UKW. Also, es gibt schon ein paar Argumente auf der Seite von Schawinski. Weniger, dass der alte Radiopirat in der Abendsonne seiner Karriere nochmal Pizzo Goppera wiederholen möchte. Nochmal einer gegen alle geben.

Die Radio-Zwerge haben keine Botschaft.

Aber diesmal im Kampf für eine veraltete Technologie, gegen eine neue, moderne, die halt ein 75-Jähriger nicht mehr so ganz versteht. Nun ist dieser 75-Jährige aber noch viel fitter bei solchen Fragen als die managenden Durchschnittslangweiler, die bei den inzwischen verklumpten privaten Sendestationen das Sagen haben. Oder – durchaus Nordkorea ähnlich – qua Geburt in diese Position gerutscht sind. Da wird’s dann richtig peinlich.

Wer etwas sagt, aber nichts zu sagen hat …

So machte Florian Wanner, von Beruf Sohn, aber auch Leiter Radio von CH Media, den Fehler, ein Interview zu geben. CH Media hat sich den grössten Brocken an Privat-Sendern zusammengekauft. Also ist sein Wort sicherlich wichtig.

Gleich mit seiner ersten Antwort auf die Frage, was er denn von Schawinskis Kampf gegen die Abschaltung von UKW halte, machte er sich’s im Fettnäpfchen bequem: «Ich musste schmunzeln und war nicht überrascht. Es ist eine schöne Geschichte für ihn. Er war der Erste unter den Privaten – und möchte offensichtlich auch der Letzte sein.»

Da hat er’s ihm aber gegeben. Nun kommt jedoch der wirklich blöde Teil für Wanner Junior; was hat er denn für Argumente gegen Schawinski? DAB+ sei eine gigantische Fehlinvestition, sagt der. «Kann man sicher kritisch hinterfragen», sagt Wanner. Man spare kaum etwas durch die Abschaltung, da die Infrastruktur längst abgeschrieben ist: «Der Unterhalt ist günstig, aber es würden Neuinvestitionen kommen», sagt Wanner. In Irland betrage der Anteil von DAB+ kümmerliche 0,5 Prozent. «Ich kenne die Situation in Irland nicht», sagt Wanner, er sehe das auch nicht aus der Perspektive «kleiner Regionalsender wie Radio 1».

DAB sei sowieso höchstens eine Übergangstechnologie. «Diese Aussage hat einen Wahrheitsgehalt», sagt Wanner. Aufschrei in der Bevölkerung, ausländische Automobilisten? Ja, das seien sicher Themen, meint Wanner. Und nachdem er das Interview frei von Argumenten durchgestanden hat, kommt noch der Knaller am Schluss. Ob er denn einer der Manager und Bürokraten sei, über die Schawinski herzieht.

Seine Antwort fürs Poesiealbum:

«Nein. Ich sehe mich als vorwärtsgerichteten Medienmanager, welcher Chancen nutzt.»

Das muss ihn offenbar dermassen auslasten, dass er vor der Debatte mit Schawinski im Clubhouse von persoenlich.com kniff. Vielleicht wurde ihm doch gesagt, dass ein HSG-Studium und Mitglied eines Familienclans zu sein, nicht unbedingt ausreiche, um eine Debatte mit Schawinski zu bestehen.

Wer etwas sagt, aber vieles ungesagt lässt …

Wenn es um Untergriffe geht, ist Kurt W. Zimmermann immer vorne dabei. Wie er schon gegen den designierten NZZaS-Chefredaktor Jonas Projer mit erfundenen und ausschliesslich auf «anonymen Quellen» beruhenden Verleumdungen zu Felde zog, erfindet er in seinem Nachruf für Peter Schellenberg in der «Weltwoche» ein Zitat von Schawinski. Schelli und Schawi hätten sich nicht leiden können, holt Zimmi aus. Schawinski habe Schellenberg «grossspurig» mit seinem Tele 24 herausgefordert und getönt, «dass «der Schellenberg hier bald einmal auf Knien angekrochen kommt». Bald darauf war aber Schawinski auf den Knien und sein Sender gescheitert.»

Das ist etwas launig vom ehemaligen Tages-Anzeiger-Manager Zimmermann, der als frischgebackenere WeWo-Kolumnist über das «gescheiterte Privat-TV-Projekt» von Tamedia herzog. Wobei er es unterliess, zu erwähnen, dass er höchstpersönlich für das Scheitern von TV3 verantwortlich war, ebenso für alle Flops, die er in seiner Kolumne dafür verantwortlich machte.

Offenbar besteht spätestens seither eine Antipathie gegen Schawinski, gespeist aus grüngelbem Neid. Bei diesem Niveau der wenigen verbleibenden Medienkritiker, das wollen wir nicht unterdrücken, kann es eigentlich zukünftig nur noch …

 

«Radio im Herz»

UKW abschalten, ja, nein? Noch wichtiger ist: Schawinski ja nicht abschalten.

Es ist mal wieder einer gegen alle. Roger Schawinski wehrt sich als einziger Betreiber eines Privatradios dagegen, dass beginnend im nächsten Jahr die Radio-Übertragung per UKW beendet wird.

Nicht nur vom Gebührensender SRG, sondern auch alle Privatradiobetreiber haben sich einverstanden erklärt. Alle? Ausser einem. Der bekommt nun die übliche Portion Häme ab. Im fortgeschrittenen Alter wolle er wohl nochmal zu seinen Anfängen zurück als der Radiopirat, der die Sendelandschaft in der Schweiz umgepflügt hat. Nostalgiker, aus der Zeit gefallen.

Das ist Häme, weil die Gegenargumente gegen seine Position sehr dünn gesät sind. Sandro Benini vom «Tages-Anzeiger» hatte sich die Mühe gemacht, in einem Artikel die Problematik und die widersprechenden Positionen aufzuzeigen. Zudem ist Benini ein bissiger, schneller und argumentativ keine Gefangenen machender Diskussionspartner, wie ich aus eigener Erfahrung weiss.

Er ist mit Roger Schawinski per du, wie ich übrigens auch. Das als Packungsbeilage. Es geht hier aber gar nicht in erster Linie darum. Es geht darum, dass Roger Schwaniski für seinen «Doppelpunkt» letzten Sonntag Benini eingeladen hat. Und zwar nicht, um ihn zu befragen und zu rösten, sondern um sich befragen und kritisieren zu lassen.

Die reine Hörfreude

Daraus entwickelten zwei Dinge. Zum ersten der wohl vergnüglichste Schlagabtausch zweier geübter Rhetoriker der letzten Monate, wenn nicht Jahre. Natürlich hatte Schawinski gewisse Vorteile, was profunde Kenntnisse von Technik und Geschäft betrifft.

Dass Benini Betriebskosten und Verbreitungskosten verwechselte, wurde ihm gnadenlos und mehrfach aufs Brot geschmiert.

Er wehrte sich damit, wieso ihn Schawi dann überhaupt eingeladen hatte, und hackte seinerseits immer wieder auf dem Argument herum, dass doch nicht alle anderen Trottel sein könnten, die mit der Abschaltung von UKW einverstanden seien, während nur Schawinski das Licht der Wahrheit sehe.

Es geht hier auch nicht um eine Darstellung sowie Würdigung der Argumente, die ausgetauscht wurden. Die kann (und sollte und müsste) jeder nachhören, der sich für die Umrüstungskosten, die Vor- und Nachteile von UKW, DAB/DAB+ und Internet interessiert.

Und da 58 Prozent aller Autos in der Schweiz kein DAB haben, zum Beispiel, werden zu diesem Thema sicherlich noch grosse Schlachten geschlagen werden. Schawinski macht den Anfang und hat angekündigt, dass er ohne weiteres zum Bundesverwaltungsgericht nach St. Gallen gehen wird, sollte dieser seiner Meinung nach unsinnige Entscheid nicht korrigiert werden.

Benini hielt tapfer mit seinem Argumentarium dagegen. Das wäre nun selbst für die Medien-Show ZACKBUM.ch höchstens eine Meldung wert. Und Meldungen machen wir nicht. Was es aber erwähnungswert macht: Wo, wo sonst gibt es einen solchen Schlagabtausch? Wo, wo sonst lädt sich der Chef einer Plattform seinen schärfsten Kritiker in eine Live-Sendung ein und lässt sich von ihm befragen und beharken?

Wo sonst können verschiedene Ansichten so spritzig, auch gnadenlos, aber humorvoll aufeinandertreffen? Wo sonst können Zuschauer live mitreden, und zwar ausführlich? Nirgends sonst. In den vielen, vielen Sendegefässen des Gebührenmonstrums SRG nicht. In den inzwischen miteinander verklumpten Privat-Radio- und TV-Stationen auch nicht.

Eine Oase in der Wüste

Seit Markus Gilli krankheitshalber «Talk täglich» und «Sonntalk» abgeben musste, stehen dort nicht nur Plastikwände zwischen den Diskussionsteilnehmern. Sondern das meiste, was dort geschwatzt wird, ist auch Plastik. Die «Arena» ist so zu Tode durchorganisiert worden, dass sie meilenweit von der einfachen Grundidee entfernt vor sich hinröchelt: ein paar Leute stehen um einen runden Tisch und geben sich Saures. Gelegentlich dürfen noch weitere Leute aus einem äusseren Zirkel was reinmopsen. Das war auch nicht immer eine Sternstunde der Rhetorik. Aber doch lebhaft, unterhaltsam.

Also kann man nur sagen: Ob weiterhin auf UKW, DAB/DAB+ und Internet übertragen wird oder nicht, dass ist sicherlich eine Debatte wert. Wenn Schawinski einmal abtritt, und er ist 75, dann ist guter Rat teuer. Denn er hat wirklich das «Radio im Herz», wie er sagt. Im Gegensatz zu den Managern, die die anderen Radiostationen leiten und noch nie eine eigene Sendung gemacht haben.

Die werden’s dann wohl genauso in den Sand setzen wie ihre Kollegen im Gebührensender SRG. Denn letztlich kommt es vor allem bei Radio nicht auf die Qualität des Dudelfunks an. Sondern auf den Wortinhalt. Und auf die Leidenschaft der Macher. Wie überall sonst auch.

Packungsbeilage: René Zeyer ist schon mehrfach in diversen Sendungen von Roger Schawinski aufgetreten.

Vergewaltigung der Wirklichkeit

Das Lieblingswort des Politikers: Skandal! Anlass, Begründung, Sinn: völlig egal.

Wir können hier der Verbreitung eines Virus live zuschauen. Während es bei Covid-19 noch nicht ganz entschieden ist, ob er einem Labor entsprang oder durch tierische Übertragung: hier ist die Brutstätte und die Infektionskette völlig klar.

Entstanden ist die Erkrankung im «Tages-Anzeiger». Patientin Nummer 0 ist die redaktionelle Kindersoldatin Lisa Aeschlimann. Sie durfte auf die Seite 1 mit dieser Schlagzeile:

«Vergewaltigung wird in Zürich so selten bestraft wie in keinem anderen Kanton».

Der «Beweis»: «Wer im Kanton einer Vergewaltigung beschuldigt wird, bleibt in 12 von 13 Fällen straffrei.»

Das bedeute, dass jede Menge «mutmassliche Vergewaltiger» unbestraft frei herumliefen. Eine monströse Vergewaltigung des Rechtsstaats und der Wirklichkeit. Der Gipfel ist die Behauptung, dass im Kanton Waadt «61 Prozent der Beschuldigten» verurteilt worden seien, im Kanton Zürich «nur» 7,4 Prozent.

Das folgt dem alten Nonsens-Prozentrechnen. Schlagzeile: «Verdoppelung der Anzahl Vergewaltigungen! Steigerung um 100 Prozent!» Zum Beispiel von eins auf zwei.

Prozentzahlen sind gut, wenn reale Zahlen schlecht sind

Wohlweislich werden von Aeschlimann die realen Zahlen nicht verwendet. Die sehen nämlich so aus: Im vergangenen Jahr wurden 713 Vergewaltigungen angezeigt. Schweizweit. Im Jahr 2010 waren es 543, dann sank die Zahl bis 2015 auf 532, seither nimmt sie zu.

Im Jahr 2019 wurden in der ganzen Schweiz 81 Personen wegen Vergewaltigung verurteilt, davon 72 Erwachsene. Das ergibt eine durchschnittliche Verurteilungsrate von – rund 10 Prozent. Schweizweit.

Zum Vergleich: 2019 wurden insgesamt 31’677 Personen wegen Verstössen gegen das Strafgesetzbuch (StGB) verurteilt. Im Kanton Zürich waren es 12’453 Verurteilungen wegen Vergehen oder Verbrechen; 7060 Urteile ergingen gegen Ausländer, aber das wäre ein anderes Thema.

Bei 81 Verurteilungen in der ganzen Schweiz ist jede statistische Auswertung nach Kantonen schlicht und einfach – Müll. Man könnte genauso gut auch würfeln. Natürlich gibt es eine Dunkelziffer, die deswegen so heisst, weil es keine gesicherten Angaben gibt. Und schliesslich:

«Die meisten Sexualdelikte werden nicht von Unbekannten verübt, sondern von Partnern, Ex-Partnern, Bekannten und Kollegen. Rund 80 Prozent der Frauen, die sich im Jahr 2019 bei der Frauenberatung sexuelle Gewalt gemeldet haben, kannten die Täter schon vor der Tat. Rund 30 Prozent der bekannten Täter waren Ehepartner oder Partner des Opfers», sagt die «Frauenberatung sexuelle Gewalt».

Also ist es auch nicht so, dass sich Frauen als Freiwild für sexuelle Attacken fühlen müssen, wenn sie sich in der Öffentlichkeit bewegen.

Zusammenfassend ist das ein Stück Elendsjournalismus; eine an den Haaren herbeigezogene These, die Recherche besteht aus zustimmenden Zitaten interessierter Kreise, dann noch etwas Hokuspokus mit Prozentzahlen und das Fehlen rechtsstaatlicher Grundlagenkenntnisse: fertig ist der Skandal.

Politikerinnen sehen flugs «Verbesserungsbedarf»

Ist er fertig? Aber nein. Stolz kann Aeschlimann nachlegen: «Nun fordern Politikerinnen vom Regierungsrat Antworten». Denn auch sie haben den Tagi gelesen – und nichts verstanden. Also will «eine breite Allianz von AL- bis FDP-Politikerinnen» mit einer Anfrage im Kantonsrat wissen: «Es scheint, dass es im Kanton Zürich einen grossen Verbesserungsbedarf im Umgang mit Opfern von Sexualdelikten gibt.»

Was wurde unternommen, «um die Zahl der Anklagen zu erhöhen», wollen diese Scharfrichterinnen wissen.

Echt jetzt? Soll die Staatsanwaltschaft, wenn sie nach ihren Ermittlungen zum Schluss kommt, dass das Delikt nicht begangen wurde, lieber Anklage erheben, als dass ein «mutmasslicher Vergewaltiger» frei herumläuft? Muss man sogar Politikerinnen das Einmaleins erklären?

Bloss deshalb, weil eine Frau behauptet, sie sei vergewaltigt worden, liegt noch kein Delikt und kein Beweis dafür vor, sondern ist genauso nach belastenden und entlastenden Elementen zu suchen wie sonst. Nicht jede sexuelle Handlung ist zugleich eine Vergewaltigung, und das Strafrecht schützt auch den mutmasslichen Täter davor, leichtfertig eines Delikts bezichtigt zu werden.

Dummheit ist ansteckend, das war schon vorher bekannt. Aber im Zürcher Kantonsrat?

Pflichtlektüre: kennen Sie diesen Mann?

Selten bringt’s ein aktiver Journalist so pfeilgerade auf den Punkt. Was? Eigentlich alles. Sein Name: Matt Taibbi.

In der Schweiz herrscht Verlautbarungs-, Gesinnungs- und Nabelschau-Journalismus. Über ein Gendersternchen, über den feinen Hauch einer möglichen Diskriminierung, über Sklavenhandel wird viel mehr Energie, Buchstaben und Hirnschmalz verschwendet, als auf die wirklich wichtigen Dinge des Journalismus.

Wie das gehen könnte, wie das geht, erklärt Matt Taibbi. Natürlich kein Schweizer, sondern US-Reporter. Er verdient inzwischen bei Substack eine Viertelmillion Dollar im Jahr. Was er als Fehler bezeichnet, weil er sich auf eine Fixzahlung einliess. Sonst wären es noch viel mehr.

Seine Helden waren Henry Louis Mencken, Hunter S. Thompson oder Tom Wolfe. Wer ab Substack «hä?» sagt, sollte dringend an der Infofront aufrüsten. Wer intelligente Antworten auf intelligente Fragen zu den aktuellen Themen des Journalismus lesen will, sollte unbedingt «Aktivistischer Journalismus ist langweilig – aber er macht süchtig» lesen.

Zugegeben, da steht eine Bezahlschranke der NZZ davor. Aber da wir bei ZACKBUM bekanntlich nicht so schnell begeistert sind, hier aber Jubelschreie ausstossen, haben wir die NZZ angebettelt, dieses Interview übernehmen zu dürfen.

Wir sind so weit gegangen notfalls auf Wunsch auch kurz vor dem Eingang an der Falkenstrasse auf die Knie zu gehen. Wir hoffen auf huldvolle Gewährung, ohne Kniefall.

Damit wir hier mehr servieren können als dieses Appetithäppchen, die als Zitate durchgehen sollten:

 

«Doktrinärer Aktivismus ist ein Problem. Wenn ich die Storys eines bestimmten Mediums vorhersagen kann, weil ich seine politische Stossrichtung kenne, dann betreibt es für mich Propaganda.»

 

NZZ: Wahrheit ist eine Eigenschaft von Sätzen oder Propositionen – ist das nicht das Kerngeschäft von Journalisten?

 

  • «Das ist Richtigkeit, Fehlerfreiheit, aber die Wahrheit ist etwas Grösseres.»
  • «Die Wahrheit begreift womöglich nur ein grossartiger Künstler, wenn er etwas Schönes und Zeitloses schafft. Aber die journalistische Wahrheit entwickelt sich ständig weiter. Es ist beinahe unmöglich, sie genau zu fassen.»

Fortsetzung folgt – hoffentlich.

Der Mohr hat seine Schuldigkeit getan …

Zürich soll mohrenfrei werden. Und das sei gut so, findet der Tagi. Immerhin mal kein Genderthema.

Thomas Morus hätte das nicht lustig gefunden. Hä? Nein, ein kleiner Scherz. Denn die Sache ist ernst. Etwa nicht gewusst? Im Zürcher Stadtbild tobt weiterhin der Rassismus. Es kann doch nicht sein, dass es gelungen ist, endlich den Mohrenkopf zu vertilgen (also den Namen, wobei, es gibt da noch Widerstandsnester). Aber dass andererseits noch Inschriften an Zürcher Häusern prangen wie «Zum Mohrentanz» oder gar schlichtweg «Mohr», das geht natürlich nicht.

Das ist zwar eine dumpfbackige Meinung, aber immerhin eine klare. Edgar Schuler vom «Tages-Anzeiger» muss sich mit Salome Müller den Dienst am Tagi-Newsletter teilen. Das entschuldigt aber nicht alles. Denn er mäandert sich durch dieses Minenfeld, als wäre er eine Schlange, die plötzlich ihren eigenen Schwanz vor sich sieht.

Er finde es gut, dass es harsche Reaktionen auf den Beschluss des Stadtrats gebe, solche Schweinereien zumindest an städtischen Liegenschaften nicht mehr zu tolerieren. Aber: «Gut, hat sich die Stadt zu diesem Schritt entschlossen». Es ist zwar nur ein Trippelschritt für Zürich, aber ein grosser Schritt für alle, die sich tatsächlich vom Wort Mohr diskriminiert fühlen.

Es wird wieder einmal ein Zeichen gegen Rassismus gesetzt

Deshalb schreibt der Tagi, Überraschung, mal wieder von einem «Zeichen», das hier gesetzt werde. Ein Zeichen gegen und ein Zeichen für, logo. Der Sprachforscher Schuler weiss in seinem Kommentar:

«Aber der «Mohr» ist auch nicht mehr das unschuldige Wort, das es in den Ohren vieler einmal war. Der Begriff ist schlicht und einfach aus der Zeit gefallen. Er gilt heute zu Recht als rassistisch. Es gibt Betroffene, die sich zu Recht daran stören.»

Das war’s für dich, will Schuler gerne der sardischen Flagge sagen.

Allerdings: Mehr Unsinn kann man nicht in einen kurzen Absatz packen. Was soll am Wort «Mohr» jemals unschuldig gewesen sein? Es ist ein uraltes Wort, schon im Althochdeutschen, ja im Griechischen nachweisbar. Einfach für einen Bewohner Mauretaniens, Marokkos oder Äthiopiens.

Also für Mauren, wie die lateinisierte Form lautet. Für Spanier sind «los moros» die arabischen Eroberer Spaniens, unter deren Herrschaft ein gewaltiger kultureller Aufschwung erfolgte, bis sich das Leichentuch der christlichen Inquisition nach der Rückeroberung über das Land legte.

Auch die Sarden empfinden den Mohrenkopf in ihrem Wappen weder als aus der Zeit gefallen, noch rassistisch. So gelte er auch nur, schreibt Schuler vorsichtig, denn er hat wohl etwas gegoogelt und musste feststellen, dass diese heutzutage tödliche Anschuldigung keineswegs allgemein akzeptiert wird. Auch ausserhalb von rassistischen Kreisen nicht. Aber dieser Unsicherheit begegnet er mit einem doppelten «zu Recht». Die dümmste Leerformel einer Verstärkung.

Die einen stören sich an diesem, die anderen an jenem

Und wenn es Betroffene geben sollte, die sich daran stören: Wie steht es dann mit den Betroffenen, die sich daran stören, wenn dieser schöne, alte Begriff verschwindet? Es geht ja nicht darum, ein «Heil Hitler» von der Mauer zu kratzen. Oder sollte nicht auch die Plakette am Haus, in dem Lenin wohnte, ergänzt werden durch einige Hinweise auf die Auswirkungen seiner Revolution?

Noch übler treiben’s die Korsen mit ihrer Flagge.

Das ständige Umschreiben und Reinigen der Geschichte ist ein typisches Merkmal für totalitäre Staaten. Oder die Kirche. Nur solche Gebilde wollen nicht nur die Gegenwart und die Zukunft beherrschen, sondern auch die Vergangenheit. Die ist zwar leider vergangen, aber wie sie gesehen wird, das lässt sich doch wohl ändern.

Normalerweise tut das der Herrscher, der Diktator, die Partei, die Führungsspitze, unterstützt von den üblichen nützlichen Idioten, die selbst die absurdesten Begründungen erfinden, wieso ein Sieg plötzlich eine Niederlage war, ein wichtiger, aber in Ungnade gefallener Führer einfach aufhört zu existieren.

Das ist keine Geschichtsklitterung; so wurde der Mohrenkopf auch verwendet.

Hier in der Schweiz ist der Mohrenkopf zu einem Jekami geworden. Basler Gugge wie «Negro-Rhygass» oder alle, die irgendwie ein an Mohren erinnernde Sujets verwenden, wurden als ausgemachte Rassisten enttarnt. Von all den Lokalen, Orten, Gebäuden, die aus irgendwelchen teilweise längst vergessenen Gründen das Wort Mohr verwenden, ganz zu schweigen.

Mit «Rassismus!» erobert man locker die Meinungshoheit

In Zürich soll das «Kollektiv Vo Da» eine wichtige Rolle bei der «Sensibilisierung» gespielt haben: «Wir sind ein Kollektiv von Menschen vo da, die eines Tages beschlossen haben, sich zusammen zu tun,

um die Themen Diskriminierung und Rassismus gemeinsam öffentlich anzusprechen.»

Das ist lobenswert. Aber, mit Verlaub, soll man von solchen Meinungsträgern eines «Kollektivs», von einer völlig ahistorischen Stadtpräsidentin solche Eingriffe, Übergriffe einfach akzeptieren? Meinungsbildung durch öffentlichen Druck und unfundiertes Geschrei ohne geschichtliche Kenntnisse? Dem Zeitgeist geschuldet; wer weiss denn, welche Begriffe in 100 Jahren getilgt werden müssen?

Ich bin ein Berliner. Aber nicht so einer

Echt jetzt? Darf ich mich als gebürtiger Berliner nun auch dafür einsetzen, dass die Verwendung dieses stolzen Namens für eine zuckrige, mit Marmelade gefüllte, in Fett ausgebackene Kalorienbombe verboten werden muss?

Müsste klappen, denn wenn ich mich davon diskriminiert fühle, gilt das etwa weniger, nur weil ich ein älterer, weisser Mann bin? Es gibt schliesslich Ersatz; Krapfen zum Beispiel. Da ich keinen Zusammenhang zwischen mir und einem Krapfen sehe, kann man das mal machen. Vorläufig. Frau Stadtpräsidentin, kümmern Sie sich drum! Ich bin auch vo da und Stadtzürcher Bürger.

Und die Verantwortung, Herr Rohner?

Die Credit Suisse steht in einem Scherbenhaufen. Einem GAU, verursacht aus eigener Unfähigkeit.

Gleich einen Doppelschlag einstecken müssen, das ist wenigstens originell. Die UBS machte das damals scheibchenweise. Zuerst Vollgas in das Schlamassel von verwursteten und undurchschaubaren Wettscheinen auf US-Hypotheken, die zwar klingende Namen hatten, ellenlange Prospekte, auf die die Ratingagenturen schneller ein AAA draufhauten, als man 400 Seiten vom Schreibtisch wuchten kann.

Aber gegen Schluss der Party glaubten nur noch Arroganz-Banker wie Marcel Ospel daran, damit das Riesengeschäft zu machen. Der Schweizer Staat musste für die absaufende Bank ins Risiko gehen. Womit er beim zweiten Scheibchen, Steuerstreit mit den USA, bereits in Geiselhaft war und der UBS erlauben musste, das Bankgeheimnis zu schleifen.

Aber nach kurzer und heftiger Gegenwehr und flotten Sprüchen («wir haben und wir sind enttäuscht») trat Ospel wenigstens zurück. Nachdem Oswald Grübel das Kunststück geschafft hatte, als erster und wohl einziger Banker sowohl CEO bei der UBS wie dann auch bei der Credit Suisse zu werden, zeigte er, was ein starker Abgang ist.

«Ist es schlimm», fragte er, als über den Fall Adoboli informiert wurde. «Ist es mehr als eine Milliarde?» Nach dem zweiten Ja meinte Grübel trocken:

«Das war’s dann.»

Nichts von «ich habe von nichts gewusst». Kein «ich klatsche diesen und jenen raus, aber der Chef muss am Steuer bleiben».

Heute nur noch Sesselkleber

Das waren noch Zeiten. Heutzutage bleiben «angespannte Weste» Axel Weber bei der UBS und «weisse Weste» Urs Rohner bei der CS auf ihren Stühlen als VR-Präsident sitzen, als wären sie mit Araldit drangeklebt.

Obwohl zurzeit die CS in der wohl grössten Bredouille seit ihrer Gründung als SKA steht. Die Finanzkrise und die Gewaltsbusse im Steuerstreit mit den USA konnte sie noch einigermassen wegstecken. Allerdings nur, weil sie reiche Scheichs dazu bewegen konnte, in sogenannte CoCos zu investieren. Zwangswandelanleihen mit dem Vorteil, nicht als Kapitalaufnahme, sondern als Aktienkapital verbucht werden zu können. Das Preisschild war allerdings happig: bis zu knapp 10 Prozent Zinsen, zudem streckte die CS Kredite vor, mit denen die Scheichs dann kauften.

Seither gibt es kaum einen gröberen Skandal, in dessen Umfeld die CS nicht auftaucht. Und nun noch das. Da müssten doch die Medien endlich ihrer Funktion als Vierte Gewalt nachleben und genauso harsch reagieren, wie sie es bei ein paar randalierenden Jugendlichen tun. Durchgreifen, nicht länger zusehen, Wiederholungen verhindern. Sagen sie tapfer – zu den kleinen Jugendunruhen von St. Gallen. Mit ein paar zehntausend Franken Sachschaden. Bei der CS drohen Verluste von bis zu 7 Milliarden.

Und was sagt die Vierte Gewalt dazu?

Natürlich fehlt es auch da an markigen Sprüchen nicht. «Auf den Bonus verzichten reicht nicht», donnert Beat Schmid von Tamedia seine Meinung von der Kanzel. Um dann doch nur auch einen rückwirkenden Bonusverzicht zu fordern. Was nach seiner Berechnung zu den 41 Millionen noch ein paar Dutzend drauflegen würde. Peanuts, lachhaft, wie da Banker sagen würden, angesichts dieser Riesenlöcher.

Auch der «Blick» wird pseudo-markig: «Urs Rohner war ein Verwalter des Niedergangs», schimpft Guido Schätti. Geradezu todesmutig, dem abtretenden VR-Präsidenten noch einen Tritt zu verpassen.

Noch samtpfotiger streichelt sein Kollege Daniel Zulauf von CH Media die Tasten: «Nach wie vor hervorragend sei seine Bank, behauptet der Chef der Credit Suisse» überscchreibt er seinen Kommentar, um dagegen zu stellen: «Die Aktionäre teilen dieses Urteil sicher nicht. Viele Mitarbeitende und Kunden dürften es auch nicht tun.»

Da wird Thomas Gottstein aber zusammenzucken, in sich gehen und Hand in Hand mit Urs Rohner auf dem Paradeplatz niederknien und um Verzeihung betteln.

Auch srf.ch konzentriert sich auf den einzigen Verantwortlichen, der sowieso das Ende seiner Restlaufzeit erreicht hat: «Urs Rohner und das Vermächtnis der «weissen Weste»», hier zählt Eveline Kobler die gesammelten, vergangenen Flops auf.

Meldungen aus der Kathedrale des Kapitals

Und was meinen denn die Lordsiegelbewahrer der einzig kompetenten Meinung zu den Schweizer Finanzhäusern? Ende März urteilte die NZZ noch relativ milde: «Eine Risikopandemie macht der CS zu schaffen.» Also sozusagen eine Naturgewalt, und gute Besserung, liebe Bank. Schon harscher tönte es dann am 3. April: «Die Credit Suisse braucht einen Neuanfang. Ohne neue Köpfe und ein neues Geschäftsmodell geht es nicht.» Nun ist die NZZ verschnupft: «Der Befreiungsschlag der CS gelingt nur halbwegs.»

Aber wozu hat man immer noch Beziehungen: «Credit-Suisse-Chef Thomas Gottstein: «Was in den USA passiert ist, ist absolut inakzeptabel» Gleich zu dritt rückte die NZZ an, damit sich Thomas Gottstein richtig ausheulen kann. Dabei wird ihm mit der Einleitungsfrage schon mal die starke Schulter zum Anlehnen geboten: «Herr Gottstein, wie geht es Ihnen?»

Das war dann aber auch schon die einzige Frage, die etwas in die Tiefe ging. Deshalb antwortet Gottstein auch nicht darauf. Anschliessend darf er ungeniert den ewigen Bankertalk talken: «einmaliger Vorfall – unser operatives Geschäft läuft sehr gut – Gründlichkeit geht vor Schnelligkeit – wir prüfen alle Optionen – ich denke, wir haben starke Massnahmen getroffen – verlorenes Vertrauen zurückgewinnen – stolz, für diese Bank zu arbeiten.»

Einmal ganz sanft

Wortblasen aus einem Paralleluniversum, fürsorglich aufgefangen und publiziert von der NZZ. Warum nur gehen alle Leitmedien mit dieser Bank, die mehr einer Crash Site als einer stolzen CS gleicht, so pfleglich und sanft um? Dafür gibt es einen naheliegenden Grund. Schon mal überlegt, bei wem die grossen Medienkonzerne ihren Finanzhaushalt regeln? Von wem sie Events, Kundenbindungsveranstaltungen sponsorn lassen? Wer sie frank und frei mit Hintergrundanalysen, guten Tipps und furchtbar wichtigen off-the-record-Gesprächen versorgt?

Nein, die Alternative Bank ist es nicht.

Hier verrösten ein paar Milliarden, aber die bange Frage ist: Flächenbrand?

Diese Frage stellen sich «Tages-Anzeiger» und «Blick» beinahe gleichlautend: «Nach Krawallen in St. Gallen: Kommt es jetzt zum Flächenbrand?» (Tagi), «Corona: Werden die Jugendkrawalle zum Flächenbrand?» («Blick»). Der Kenntnisstand ist bei beiden Blättern gering, aber die Furcht gross: «War das der Anfang oder das Ende? Jetzt sind nicht nur in St. Gallen, sondern auch in Zürich und Winterthur weitere Krawalle angekündigt. Die Polizei ist gewarnt», sorgt sich der «Blick». Achtung, frei laufende Jugendliche. Gewaltbereit. Ausser Kontrolle. Unordnung, Unruhen, Chaos, Sachbeschädigungen! «Reisst euch am Riemen», befahl eine Spassbremse beim Tagi streng. Um diesen Flächenbrand gar nicht auflodern zu lassen, wird flächendeckend in allen Medien die Ordnungsmacht zum strengen Durchgreifen aufgefordert.

Und die CS? Dass da bald am Paradeplatz ein Krater gähnen könnte, wo das altehrwürdige Gebäude der SKA steht? Der vielleicht sogar mit Steuergeldern zugeschüttet werden muss? Ach, nicht mal ein «reisst euch am Riemen». Wackelnde Zeigefinger, leicht gerunzelte Stirnen, ein wenig Prügel für den, der sowieso abgeht, mehr ist da nicht. Eine feige Bande, die Journalisten heutzutage. Mutig nur in der Bekanntgabe des eigenen Leidens.