Wo Welten klaffen

Wie behandeln Schweizer Medien die Gewaltorgien in Deutschland?

Der «Blick» brauchte drei Anläufe, um das unkorrekte Wort «Migranten» aus dem Titel zu kriegen. Zunächst steigerte er sich sogar zu «Migranten-Mob», dann wurde es ein gender- und hintergrundneutraler «Silvester-Mob».

Seither bemüht sich das ehemalige Boulevardblatt, dem Abflussrohr in seinem Logo alle Ehre zu machen:

Eine Fernanalyse der Schweizer Polizeibeamten-Präsidentin mit der überraschenden Erkenntnis, dass allgemein der Respekt abnehme und solche Zustände auch in der Schweiz möglich seien. Dann die politisch korrekte Meldung, dass immerhin «45 der 145 verhafteten Chaoten Deutsche» seien. Wie viele davon mit Migrationshintergrund, darüber schweigt das Rechercheblatt.

Aber immerhin, der meistens am Schreibtisch anzutreffende «Ausland-Reporter» Samuel Schumacher riskiert einen Karriereknick mit der klaren Aussage: «Nach allem, was bislang über die Ausschreitungen in Deutschland bekannt ist, handelt es sich bei einem signifikanten Teil der Täterschaft um junge, männliche Migranten

Wie eigentlich meistens bietet Tamedia das kläglichste Bild von allen Schweizer Bezahlmedien. Es lässt den völlig verpeilten Berlin-Korrespondenten der «Süddeutschen Zeitung» schwadronieren, der das Problem, dass fast ausschliesslich ein Migrations-Mob tobte, so schön- und wegschreibt, wie es halt nur einem Gesinnungsjournalisten einfallen kann.

Während er in einem ersten Artikel den «Migrationshintergrund» der Krawallanten noch völlig ausblendete, zieht er sich in einem zweiten hinter die Formulierung zurück: «Das deutsche Innenministerium jedoch verwies darauf, dass es noch keine Übersicht zu den Verdächtigen gebe

Das bringt sogar die gutmütigen Tagi-Kommentatoren in Wallungen, die überwiegend Klartext äussern und sich solche Schönschreibungen verbitten. Es ist mal wieder erbärmlich, wie ein Bauchnabel-Journalist an der Realität (und an seinem lesenden Zielpublikum) vorbeischreibt – und dass Tamedia das Geschwurbel unkommentiert stehenlässt.

Aber zum Gutmenschentum gehört auch eine gewisse Flexibilität. Plus ein Schuss Lächerlichkeit. Denn der Tagi legt nach: «ARD-Video befeuert Debatte über Nennung von Täter-Herkunft», berichtet das Blatt der korrekten Denkungsart. Damit ist gemeint, dass in der Hauptausgabe der deutschen «Tagesschau» der zugeschaltete Berlin-Korrespondent um eine klare Aussage zur Herkunft der überwiegenden Mehrheit der Chaoten und Gewalttäter herumstolperte: «Von den Tätern zu sprechen ist in solchen Kontexten immer ein bisschen schwierig», erklärte der Journalist im TV», referiert der Tagi.

Dann wird’s echt lustig. Die sich daraufhin in Deutschland entwickelnde Debatte, wie es mit der Nennung von Nationalitäten im Zusammenhang mit den Gewaltorgien in Berlin stehe, wird vom Tagi ausführlich dargestellt. Allerdings verliert das Tamedia-Kopfblatt kein Wort darüber, dass auch der eigene Spar-Korrepondent von der «Süddeutschen» anfangs kein Wort zu diesem Thema verlor und auch in der nachgeschobenen Story um das Problem Migranten-Mob herumeierte.

Ganz anders CH Media, die sich immer mehr als wohltuende Alternative zum Gesinnungsbrei aus dem Hause Tamedia positionieren. Beispielsweise im St. Galler «Tagblatt» darf Cornelie Barthelme kommentieren. Sie ist seit 20 Jahren Berlin-Korrespondentin für verschiedene Tageszeitungen und nimmt mit norddeutscher Zurückhaltung, aber auch Klarheit Stellung. Sie hat die Sachkompetenz einer Journalistin, die nicht erst seit gestern per Google von den Problemen weiss: «Gerade in Neukölln aber hatte schon in den Nullerjahren der damalige Bezirksbürgermeister Heinz Buschkowsky (SPD) vor dem Totschweigen der Probleme durch den hohen Anteil von Migranten gewarnt.»

Auch Barthelme schreibt Klartext: «Dass am 1. Januar noch nichts bewiesen ist, auch am 2. und am 3. vieles und das meiste über die Identität der Täter noch im Vermutungsbereich, dass also nicht in den Zeitungen steht, es handle sich ganz eindeutig um nicht-deutsche Gewalt, führt zu den ebenfalls üblichen Vorwürfen gegen Politik und Medien, hier solle gelogen und totgeschwiegen werden. Heraus ist bis Dienstag spätnachmittags aber nur, dass mindestens 103 der Festgenommenen wieder frei sind. In der öffentlichen Wahrnehmung passt das zur Forderung von Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) nach Strafen «mit der ganzen Härte des Gesetzes» wie die Faust aufs Auge.»

Eine Steigerung nach oben ist hier höchstens noch in der NZZ zu konstatieren. Fatina Keilani, Redaktorin im Berliner Büro der NZZ, die alleine vom Namen her nicht wirklich sofort rassistischer Vorurteile verdächtigt werden kann, macht das, woran all die anderen Schweizer Journalisten (oder für Schweizer Organe schreibende deutsche Journalisten) nicht gedacht haben (oder sich nicht trauten): «ein forschender Spaziergang auf der Sonnenallee nach der Silvesternacht», überschreibt sie ihre Lokalreportage. Hier fanden die gröbsten Ausschreitungen des Migranten-Mobs statt.

Besonders ergiebig sind ihre Erkenntnisse nicht, aber auch ihr Bericht über Sprachlosigkeit, Ablehnung von Journalisten oder Verdrängung ist interessant. Sie begibt sich unerschrocken in ein «Albaner-Café» und reportiert: «Am Tresen steht eine junge, knochige Frau mit grossen Augen und eisigem Blick, mit der keine Verständigung möglich ist. Das Café war schon öfter Ziel von Razzien. Hier redet niemand mit der Presse.»

Kein Blatt vor den Mund nimmt im «anderen Blick» auch der Chefredaktor des NZZ-Büros in Berlin. «Wenn Politiker hilflos sind, aber entschlossen wirken wollen, dann kommen drei Mittel fast immer zum Einsatz: die Feststellung der eigenen Fassungslosigkeit, die scharfe Verurteilung und die Forderung nach einer Debatte», leitet Marc Felix Serrao seinen Kommentar ein.

Er hält mit klaren Zahlen dagegen:

«Die Gewalt mit Migrationshintergrund ist nicht unerwartet und plötzlich explodiert, wie die nun zur Schau gestellte Ratlosigkeit vieler Politiker insinuiert. Laut dem Bundeskriminalamt stellen Syrer, Afghanen und Iraker seit Jahren den grössten Anteil tatverdächtiger Zuwanderer in Deutschland, zuletzt lag er bei knapp 40 Prozent. Die Straftaten, um die es geht, sind vor allem «Rohheitsdelikte», also etwa Körperverletzung oder Raub.»

Er zögert auch nicht, Lösungsvorschläge anzubieten: «Was tun? Der erste Schritt wäre eine ehrliche Bestandsaufnahme. Die meisten Migranten und Deutschen mit Migrationshintergrund sind gesetzestreu; sie arbeiten und zahlen Steuern, und viele sind eine Bereicherung für das Land. Das bleibt wahr, wenn man zugleich feststellt, dass eine bestimmte Gruppe von Migranten ein immer grösser werdendes Problem darstellt. … Praktisch braucht es schnelle und abschreckende Strafen und eine Migrationspolitik, die die Interessen der Bevölkerung – der Einheimischen wie der gesetzestreuen Zuwanderer – in den Mittelpunkt stellt. Ganz konkret: Ein Land, das ein solches Problem mit jungen, ungebildeten Männern aus muslimischen Ländern hat, sollte aufhören, immer mehr von ihnen einwandern zu lassen.»

Aber davor schrecken seit 2015, seit den massenhaften Übergriffen auf der Kölner Domplatte, die meisten Politiker und die überwiegende Mehrheit der Medienschaffenden zurück. Also zieht Serrao das bittere Fazit: «Aber dazu wird es wohl nicht kommen. Schon die ehrliche Bestandsaufnahme hat in Deutschland kaum eine Chance. Dafür ist das öffentliche Gespräch über kriminelle Migranten zu verkorkst, zu angstbesetzt. Niemand will zu Unrecht als Rassist oder gar als Nazi gescholten werden, was hierzulande schneller als irgendwo sonst passiert. Also ist man lieber fassungslos. Oder man fordert eine Debatte, am liebsten «schonungslos» und mit «klarer Kante».»

Soweit sind die meisten Schönschreiben in der Schweiz nicht einmal. Dass aber das Verdrängen von Problemen, mit denen weite Teile der Bevölkerung konfrontiert sind, üble Auswirkungen hat und rechtsradikalen Brandstiftern wie dem AfD-Björn-Höcke Wähler und Zustimmung zutreiben – daher brandgefährlich ist –, zu dieser einfachen Erkenntnis sind all diese Schwurbler von Tamedia abwärts nicht in der Lage.

Fast wohltuend ist in diesem Kontext die «Republik». Ihr sind die Krawalle keinen einzigen Buchstaben wert.

Geeiertes zum Migrationshintergrund

Was schreibt man, wenn Ausländer Feuerwehr und Polizei attackieren?

Der «Blick» brauchte drei Anläufe, um von «Jung, männlich, Migranten» zur politischen Korrektheit zurückzufinden: «Böller auf Polizisten geschossen, Rettungskräfte mit Feuerlöscher angegriffen. Silvester-Mob sorgte für Randale in Deutschland».

Aus den Ereignissen der Silvesternacht auf der Kölner Domplatte haben die Medien offensichtlich nichts gelernt. Als damals ein Mob von Ausländern durchrastete, ignorierten die Massenmedien den Vorfall zunächst, danach wurde er kleingeschrieben, schliesslich wurden Übergriffe eingestanden, aber sogleich mit gewundenen Erklärungen versehen.

Offensichtlich in dieser Tradition sieht sich der Tagi heute noch. Zunächst titelt das Blatt: «Was habe ich euch getan? Ich weiss nicht, woher dieser Hass kommt». Es habe da «Gewalt gegen Rettungskräfte» gegeben. In diesem Artikel wird ausführlich über brutale Angriffe auf Beamte und Rettungskräfte geschrieben. Ohne mit einem Wort die Herkunft der Krawallanten zu erwähnen.

Zwischen diesem Artikel um 6.56 Uhr und einem zweiten um 18.11 Uhr liegen nicht nur rund 11 Stunden. Inzwischen musste der Berlin-Korrespondent der «Süddeutschen Zeitung», den aus Sparsamkeit auch Tamedia benutzt, offensichtlich widerwillig zur Kenntnis nehmen, dass sich die Indizien, Anzeichen, Belege verdichteten, dass es sich nicht einfach um eine buntgemischte Truppe von Idioten gehandelt hatte. Sondern fast ausschliesslich um, seien wir korrekt, Menschen mit Migrationshintergrund. Genauer: Männer aus fremden Weltgegenden.

Man spürt förmlich die langen Finger, mit denen sich der um Gutmenschentum bemühte Journalist diese Unterzeile abringt:

«Nach Ausschreitungen in der Neujahrsnacht wird über die Herkunft der Täter diskutiert. Denn nach Aussagen vieler Einsatzkräfte wurden sie vor allem von jungen Männern mit Migrationshintergrund attackiert

Es wird darüber diskutiert? Nein, ausserhalb der SZ (und von Tamedia) ist man in Deutschland konsterniert und entsetzt, in welchem Ausmass diesmal die Lage ausser Kontrolle geraten ist – und welches Gewaltpotenzial in Idioten stecken muss, die ausgerechnet auf Retter und Helfer losgehen. Gerne auf Sanitäter und Feuerwehrleute, weil die unbewaffnet sind.

Wie kommt’s? Nun, da gibt es natürlich Oppositionspolitiker der CDU, für die das Wasser auf die Mühlen sei: «Und sofort wieder kam die Frage auf, ob diese brutalen Attacken auf Vertreter des Staats ihren Ursprung nicht auch in einer gescheiterten Integrationspolitik der Stadt hätten.»

Kam die Frage auf? Nein, wurde konstatiert. Oder vielmehr polemisiert, denn Heidtmann will weiterhin das Offenkundige leugnen: «Das deutsche Innenministerium jedoch verwies darauf, dass es noch keine Übersicht zu den Verdächtigen gebe

Allerdings muss auch er einräumen: «Polizisten, Feuerwehrleute und Sanitäter, die in der vergangenen Silvesternacht Einsätze hatten, berichten, vor allem von arabischstämmigen jungen Männern angegriffen worden zu sein.»

Aber vielleicht sind das ja alles Rassisten, zumindest scheinen sie nicht in der Lage zu sein, die Gesamtumstände, sozusagen mildernde Umstände, zu berücksichtigen. Auch der Bezirksbürgermeister des besonders gewalttätigen Quartiers um die Sonnenallee in Berlin räumt ein, dass auch er «beobachtet» habe, dass die Täter zum allergrössten Teil einen Migrationshintergrund hätten. «Doch ein Grossteil der Menschen in der Gegend, die ebenfalls familiäre Bindungen in andere Länder hätten, seien über den Gewaltausbruch zum Jahreswechsel genauso entsetzt wie alle anderen. «Man hat sich da gewissermassen selbst angegriffen. Das sind einige Idioten, die alle in Sippenhaft nehmen.» Viel wichtiger sei daher der Aspekt, «dass es sich um soziale Brennpunkte handelt», meint Hikel. Da sei es wichtig hinzuschauen.»

In Berlin ist mal wieder Wahlkampf, weil es die Behörden nicht geschafft haben, die letzte Wahl ordentlich durchzuführen. Schon das ist peinlich genug. Das wird aber von Aussagen wie dieser noch übertroffen: «Die nächste Generation, die in Berlin aufwächst, hat zu einem grossen Teil Migrationshintergrund, das sind unsere Jugendlichen. Ich werde die nicht aus der Gesellschaft herausdrängen.» Das Problem sei vielmehr eine zunehmende Verrohung insgesamt, zitiert Heidtmann die Spitzenkandidatin der Grünen für das Amt des Berliner Bürgermeisters.

Wer also einen Zusammenhang herstellt zwischen brutaler Gewalt, nicht integrierbaren ausländischen Jugendlichen und Rettungskräften, die sich von der Politik im Stich gelassen und verarscht fühlen, steht für Heidtmann schon mal unter latentem Verdacht, ein Ausländerhasser zu sein. Die gesamtgesellschaftlichen Zusammenhänge nicht zu sehen. Zu eindimensional einen Zusammenhang zwischen Herkunft und Gewaltbereitschaft sehen zu wollen. Ohne die psychosoziale Komponente genügend zu würdigen.

Dass solches Geschwurbel in Deutschland zunehmend auf Unverständnis auslöst, der Protestpartei AfD in Massen Wähler zutreibt, ist die eine Sache. Dass sich damit deutsche Medien immer mehr disqualifizieren und unglaubwürdig machen, die andere. Dass ein angebliches Qualitätsmedienhaus wie Tamedia diesen Unsinn ungefiltert und umkommentiert übernimmt, ist ein weiteres Armutszeugnis.

Vielleicht sollte sich Tamedia wirklich auf eine «News-Pause», Fitness-Tipps und die Kritik an Zitronenlikör konzentrieren. Da kann man den überlebenden Journalisten eine gewisse Kompetenz nicht absprechen. Aber sonst …

Und nein, das kann man sich weder politisch, noch journalistisch, noch sonstwie schönsaufen. Solche Berichterstattung ist einfach ein weiterer Sargnagel auf dem Weg der Medien in die Bedeutungslosigkeit und Irrelevanz, für die niemand mehr etwas bezahlen will.

 

Der Ausnahme-Journalist des Jahres: Wolfgang Koydl

Spricht schonungslos Klartext …

Von Felix Abt

Erfreuliche Ausnahmeerscheinung unter den deutschsprachigen Journalisten der Gegenwart:
Wolfgang Koydl (Foto:Imago).

Wenn es den Titel des Ausnahme-Journalisten des Jahres gäbe, dann hätte ihn für mich der 1952 in Tübingen geborene Journalist und Bestsellerautor Wolfgang Koydl verdient. Nach dem Studium an der Deutschen Journalistenschule arbeitete er zunächst für den «Münchner Merkur», dann für die britische BBC. Seither war er für die «Washington Post», «Die Presse», die Deutsche Presseagentur und von 1996 bis 2005 für die «Süddeutsche Zeitung» als Redakteur und Autor tätig – eine beeindruckende Reihe journalistischer Stationen. Seitdem schreibt er für Roger Köppels «Weltwoche» in der Schweiz, wo er auch lebt.

Viele Jahre lang war Wolfgang Koydl Auslandskorrespondent, vor allem für die «Süddeutsche». Zu seinen Stationen gehörten Kairo, Istanbul, Washington, Moskau, London und Stäfa (Schweiz). Das mag ihm geholfen haben, ein großes Einfühlungsvermögen für andere Kulturen und Lebensweisen zu entwickeln, ein «Versteher» zu werden (was in den heutigen ideologiebesoffenen Woke-Zeiten verpönt ist) und nicht mit dem moralisierenden Zeigefinger durch die politischen und kulturellen Landschaften zu wandern. In einem Interview wurde er einst gefragt, was er aufgrund seiner langen und vielfältigen Auslandserfahrung Expats, also Auswanderern, empfehlen würde, wenn sie sich in einem fremden Land niederlassen. Seine Antwort: „Offene Augen, offene Ohren, offener Geist und offenes Herz.

Feine Ironie

Als Schweizer und Liebhaber von französischem Käse konnte ich von ihm Dinge über die Schweiz erfahren, die mir völlig unbekannt waren und die mich wirklich überrascht haben. Zum Beispiel zitierte er den französischen Präsidenten de Gaulle, der seinem Frust freien Lauf liess: «Wie kann man denn ein Land regieren mit 300 Käsesorten, die Schweiz hat zehnmal soviel Käsesorten und schafft es, sich besser zu regieren.» Mit seiner feinen Ironie kann Koydl bis heute selbst komplexe Sachverhalte auf unvergleichliche und sympathische Weise vermitteln. So sagte der mit einer Russin verheiratete Journalist einmal, in Russland gebe es viele engstirnige Regeln, an die sich aber niemand halte, während man sich in der Schweiz als einem Land mit ähnlich vielen und nicht minder engstirnigen Regeln die Regeln selbst mache. Noch eine Besonderheit der Schweizer: «Sie sind auch verantwortlich für die Entscheidungen, die sie treffen. Wenn etwas in einem Referendum, in einer Initiative beschlossen wird, dann waren es die Stimmbürger. Die anderen Europäer können sagen: Das war nicht ich, das waren die da oben

Als die Schweizer Stimmbürgerinnen und Stimmbürger im Februar 2014 die Masseneinwanderungsinitiative zur Begrenzung der bis dahin zügellosen Zuwanderung annahmen, war Koydl, der damals noch für die «Süddeutsche» berichtete, so ziemlich der einzige deutsche Journalist, der Verständnis für den Volksentscheid zeigte. “Wer in den Schweizern schon immer abgefeimte Hinterwäldler mit tiefsitzenden Ressentiments gegen alles Fremde sah, der fühlte sich von dem Votum bestätigt. Wer sich einen offenen Blick – und ein aufgeschlossenes Hirn – bewahrt hat, der sieht das Land plötzlich in einem neuen Licht: Hoppla, die können und machen ja was, was wir auch gerne täten», erklärte er damals.

Abschied bei «Süddeutsche» war absehbar

Allerdings muss ich an dieser Stelle kritisch anmerken, dass die Schweizer Karrierepolitiker und EU-Turbos das neue Einwanderungsgesetz wohl deshalb nie richtig umgesetzt haben, weil sie sich lieber im medialen Rampenlicht auf der internationalen Bühne mit den Grossen der Welt sonnen würden und zudem, als künftige Eurokraten in Brüssel, mit besseren Karrierechancen und höheren Einkünften rechnen können. Dort müssen sie sich dann auch nicht um den lästigen Willen des Volkes kümmern, wie daheim in der Schweiz. Aber das ist ein anderes Thema …

Auf die Frage, ob er für seine Haltung zu dieser Abstimmung Prügel beziehe, antwortete Koydl diplomatisch: «Ich bin sicher, dass sich einige Kollegen bei der Lektüre meiner Stücke an den Kopf getippt und gesagt haben, jetzt spinnt der Koydl wieder. Von Leserinnen und Lesern hingegen habe ich nur Zuspruch erfahren.»

Dass sein Abschied von der «Süddeutschen» anschließend nicht lange auf sich warten liess, hat wohl niemanden überrascht. Denn irgendwie passte Koydl nicht mehr in diesen zunehmend «woken» Gesinnungsjournalismusbetrieb. Er hat seine alten, moralinsauren Besserwisser-Kollegen enttäuscht – denn er schreibt genau, kurz und bündig, was ist und wer dahintersteckt, auch wenn das manchen aus ideologischen Gründen nicht gefällt und sie deshalb die Zusammenhänge lieber verschweigen oder zurechtbiegen wollen.

Schonungslos Klartext geschrieben

So redete und schrieb Kodyl auch schonungslos Klartext über die Korruption in der EU; über die nicht vom Volk gewählte «Sonnenkönigin von und zu Brüssel», Ursula von der Leyen; über die selbstzerstörerische Politik der deutschen Regierung; über die Vorgeschichte des Ukraine-Krieges, von der die russische Invasion am 24. Februar 2022 gar nicht zu trennen ist, die aber in den deutschsprachigen «Systemmedien» beharrlich zensiert wird. Und noch über vieles mehr, was parteiischen wie moralisierenden Mainstream-Journalisten keiner Erwähnung würdig erscheint.

Gerade kürzlich, vor Weihnachten, schrieb er darüber, wer 2022 das wohl mit Abstand grösste Weihnachtsgeschenk bekommt:

«Amerikas Parlamentarier haben ein Teil-Budget verabschiedet, das Rekorde bricht: 1,6 Billionen Dollar ist es schwer.
Viel Geld. Etwa für Soziales, für die Infrastruktur, für Gehälter schlecht bezahlter Beamter.
Leider nein. Der grösste Batzen dieses Etats – mit 858 Milliarden Dollar mehr als die Hälfte – geht in die Rüstung. Pardon, in die Verteidigung der offensichtlich von allen Seiten bedrohten Supermacht.
Das ist übrigens so viel, wie die nächsten elf Länder gemeinsam für Verteidigung ausgeben.
Das mit dem Wohlgefallen stimmt auch. Also, teilweise. Freuen können sich die Aktionäre von Lockheed, General Dynamics, Raytheon und Northrop. Amerikas grösste Rüstungskonzerne verdienen am Ukraine-Krieg so gut wie seit Jahren nicht.
Halleluja.»

Wolfgang Koydl schreibt ganz offen auch von diesen unbequemen Hintergründen, die durchaus geeignet sind, die Ereignisse in der Ukraine und die Rolle der USA dabei in einem anderen Licht erscheinen zu lassen. In Ermangelung von Kandidaten aus dem Elendsjournalismus der Mainstream-Medien ist der Ausnahmeautor Koydl daher für mich unangefochten der Journalist des Jahres.

Gute Vorsätze, Teil 2 Tamedia

Pause von der «News-Pause» und Eigenlob.

Wer im Glashaus sitzt, sollte nicht mit Steinen werfen. Für ein aus Geldgier des Besitzerclans fast zu Tode gespartes ehemaliges Qualitätsmedium ist diese neue Rubrik eine gefährliche Ansage:

Pause wovon?

Auch der Tagi kann da noch einen drauflegen. Wenn man schon wirkungslosen Bauchnabel-Journalismus betreibt, gönnt man sich auch diese Schlagzeile: «Journalistische Good News: Was unsere Berichterstattung bewirkt hat». Zunächst einmal: auf  die Orthographie ist keine Einwirkung festzustellen.

Aber was hat denn nun die Berichterstattung bewirkt? Mal der Reihe und der Bedeutung nach. Schweizer Kunden könnten neuerdings auf «ausländische Webseiten» des Reiseveranstalters TUI und des Möbelhändlers Kare zugreifen, «dank der Berichterstattung der «SonntagsZeitung»». Wahnsinn.

Und in der Tat. tui.com bietet zum Beispiel 7 Nächte im Hotel Mare Monte auf Kreta für 420 € an, Flug inkl. Auf der Schweizer Webseite kostet das gleiche Hotel CHF 441. Allerdings für nur drei Nächte. Länger hält man es dort allerdings wohl auch nicht aus …

Weitere Wirkungen? Bitte sehr: «Zu Jahresbeginn startete unsere Sportredaktion ein Grossprojekt: «Fit in acht Wochen». Das Ziel: Starthilfe für eine bessere Fitness und Gesundheit im Jahr 2022. Ernährungs- und Fitnessexperten standen mit Rat und Tat zur Seite. Es gab Speisepläne, Einstufungs- und Abschlusstests.» Nochmals Wahnsinn, nur: was hat das schon wieder mit Qualitätsjournalismus zu tun?

Oder das hier: «Gastro-Spezialistin Claudia Schmids böse Kritik am italienischen Zitruslikör Limoncello löste bei einer Italozürcherin mehr als einen Abwehrreflex aus: Auf unsere Polemik kündigte sie an, einen Qualitätslimoncello aus frischen Biozitronen aus Sizilien produzieren zu lassen. Der Chiarello-Limoncello soll ab Frühling 2023 erhältlich sein.» Wahnsinn, oder sagten wir das schon. Trinken wir uns dann schön.

So geht das dann weiter und weiter, bis sich der Tagi auch noch mit fremden Federn schmückt: «Im Mai 2020 machten die Tamedia-Zeitungen die Affäre publik. … Nach jahrelangem Mauern und Kritik an der Berichterstattung des «Tages-Anzeigers» zum Fall Maisano kam es zur Kehrtwende: Im Interview mit dieser Zeitung sagt der neue Spitalratspräsident, dass es damals Mängel gab und die Mortalität zu hoch war.»

Der Fall war zwar anderweitig publik gemacht worden, aber wer denkt schon ans Langzeitgedächtnis von ZACKBUM.

Also lautet der gute Vorsatz von Tamedia fürs Jahr 2023: In der Pause von der News-Pause ist Platz für schales Eigenlob. Das mag der Leser sicher.

Gute Vorsätze, Teil 1 «Blick»

Eine kleine Serie, wir starten mit dem Organ mit der Regenrinne im Logo.

Vielleicht ist ein Wunder geschehen, wahrscheinlicher ist aber ein Unfall in der Selbstzensur. Denn der «Blick», das einzige Boulevardblatt der Welt ohne Boulevard, scheint sich an alte Tugenden zu erinnern:

Sex sells, so ist das nunmal. Auch wenn die Themen nicht gerade taufrisch sind.

Doppelt gemoppelt hält besser:

Wenn wir den Begriff «Büsi» (wie in Busen, Blut, Büsis) weit fassen, kann man das hier gelten lassen:

Dann fehlt ja nur noch Blut, plus politisch unkorrekt. Wird geliefert:

«Jung, männlich, Migranten». Besser hätte das der Schweizer Urvater des Krachbum-Boulevards, Peter Übersax, auch nicht hingekriegt.

Will sich der «Blick» also wieder auf sein Erfolgsrezept zurückbesinnen? Mal schauen, wie lange dieser gute Vorsatz hinhält …

PS: Erste Zweifel sind erlaubt. Nachdem die Chefetage ihren Silvesterrausch ausgeschlafen hatte, griff sie schon mal leicht korrigierend in diese Titelschlagzeile ein:

Was einer aufmerksamen ZACKBUM– und «Blick»-Leserin nicht entgangen ist …

PPS: Inzwischen sind wir bei der dritten Version der Schlagzeile angelangt, endlich wieder politisch völlig korrekt: «Böller auf Polizisten geschossen, Rettungskräfte mit Feuerlöscher angegriffen. Silvester-Mob sorgte für Randale in Deutschland».

Kleine Quizfrage für Schlaumeier: welches Wort fehlt nun völlig? Nein, nicht «Eier» …

Volle Härte im neuen Jahr

Am 31. ein Blatt für den 1. machen. Arme Leser …

Zugegeben, das ist die volle Härte. Am 31. 12., dazu noch ein Samstag, ein Sonntagsblatt machen. Da gibt es drei Möglichkeiten.

Ein Wunder passiert und ein Riesenkracher kann beschrieben werden. Ein Wunder passiert und die B-Mannschaft am Gerät wächst intellektuell und schreiberisch über sich hin aus. Kein Wunder passiert und der Leser leidet.

Es ist kein Wunder passiert:

Allerdings muss man zu dieser Schlagzeile sagen: Die Kompetenz der Blattmacher schrumpft viel schneller als bei vergleichbaren Produkten.

Geht da noch einer unten drunter? Das schafft nur ein Blatt, das hier seinen kurzen Auftritt hat:

Diese Initiative ist die Ergänzung zur Europa-Initiative, die auch noch nicht lanciert wurde. Von der Co-Präsidentin Sanija Ameti (hier zur «Chefin» mutiert), die ungern irgend ein Fettnäpfchen auslässt, an Bedeutung kaum zu unterschätzen ist und sich nicht einmal entscheiden kann, ob sie Muslima ist oder Atheistin. Oder vielleicht kennt sie auch diesen Unterschied nicht.

SoBli-Chefredaktor Gieri Cavelty kennt auch nichts und faselt: «Wenn die Organisation Operation Libero jetzt eine Volksinitiative zur Einführung einer weniger restriktiven Einbürgerungspraxis ankündigt, entspricht dies zeitgemässem republikanischem und demokratischem Denken.»

Wollen wir eine Prognose wagen, was mit dieser Initiative an der Urne passieren wird, sollte sie tatsächlich gestartet werden? Denn «Operation Libero» hat noch überhaupt nix «lanciert», sondern bettelt auf ihrer Webseite:

ZACKBUM ist verwirrt. Ist das nun die verkleidete «Einbügerungsinitiative»? Oder eine andere? Oder wohl oder nicht oder doch? Ist auch egal, denn die Antwort auf die Frage, was mit solchen Initiativen passiert, sollten sie es überhaupt an die Urne schaffen, beantwortet die «Chefin» gerne selbst, denn sie lässt nun wirklich kein Fettnäpfchen aus, so dass man sie (natürlich nur politisch) keinesfalls schöntrinken kann. Eine Initiantin, die den folgenden Satz sagt, liefert den Gegnern ihrer «Lancierung» ein Argument auf dem Silbertablett:

«Es ist eine Schande, wie man sich hinter dem Begriff Neutralität versteckt.»

Und tschüss.

Geht’s noch tiefer? Schwierig, wirklich sehr schwierig, aber Frank A. Meyer meldet sich auch noch zu Wort. Wir zählen auf kräftige Spenden, weil wir das dem Leser ersparen.

Noch ein letzter (ernstgemeinter) Beitrag aus den tiefen Niederungen des Verzweiflungs-Journalismus, der sich nur mit frühzeitiger Alkoholzufuhr am Samstagabend erklären lässt:

«Die Muskeln wachsen, aber die Hoden schrumpfen.» Man fragt sich allerdings, was für Zeugs die SoBli-Redaktion eingenommen hat, damit das Hirn schrumpft, aber vielleicht die Hoden wachsen.

Ein zu harsches Urteil? Nein, wer als Boulevardblatt aus diesem Todesfall eine Furz-News macht, ist nicht mehr zu retten:

Wir suchen (vergeblich) Trost bei der «SonntagsZeitung», die auf einer halben Seite zeigt, wie man eine Infografik nicht machen sollte:

Gibt einem Primarschüler Buntstifte in die Hand, und er macht’s besser.

Diese Schlagzeile hingegen muss dem harten Kern der «Atomkraft – nein danke»-Fraktion bei Tamedia ganz übel aufgestossen sein:

Da half dann höchstens noch schöntrinken.

Aber ein Jahresanfang ist immer die Gelegenheit für eine klare Prognose, sagte sich das C-Team von der SoZ. Was interessiert den Leser? Genau, wie sehen denn so die Aussichten für die Wirtschaft aus? Wenn alle in den Ferien sind, muss man dafür leider auf eine C-Wissenschaftlerin zurückgreifen. Die wagt sich dann mit einer knallharten Vorhersage aus der Deckung:

Es ist aber genauso gut möglich, dass wir das nicht tun. Denn nichts ist unmöglich, oder so.

Auch nur mit frühem und überreichlichem Alkoholkonsum lässt sich diese Schlagzeile erklären:

Während der «Spiegel» zur Ehrenrettung von Karl Marx schreitet, lässt die SoZ die Wirtschaftstheoretiker aus dem hohen Norden endlich das Werk der Widerlegung verrichten.

Was fehlt noch in der Misere? Prognose hatten wir, Flachsinn hatten wir auch, genau, wir hatten noch keinen Trend. Voilà:

Aber in Wirklichkeit ist die «neue Unverbindlichkeit» nur die alte Unzuverlässigkeit, Unhöflichkeit und Wurstigkeit, die schon immer einen nicht zu kleinen Prozentsatz der Menschheit unerträglich macht.

Nun fehlt eigentlich nur noch eine Spur Schleichwerbung gewürzt mit Geschmacklosigkeit. Bitte sehr:

Ist das nicht putzig, wenn der Tourist pro Tag 80 Franken ausgeben kann? Aber da Bangladesch nicht gerade ein touristischer Hotspot ist, «empfiehlt sich eine organisierte Privat- oder Gruppenreise, zum Beispiel mit dem Zürcher Spezialreiseanbieter Insight Reisen». He, ist das nicht verdeckte Werbung? I wo, was heisst da verdeckt: «Die Reise wurde unterstützt von Insight Reisen». Was aber die unbestechliche Redaktion der SoZ niemals davon abgehalten hätte, eine solche Reise nach Bangladesch echt scheisse zu finden und das auch in einem Artikel kritisch darzustellen.

Geht da noch einer drunter? Aber immer; zur Pensionierung des Reisejournalisten Christoph Ammann spendiert die SoZ ihm eine Jubelseite. Das hat der erblindete Redaktor durchaus verdient. Der Leser eher weniger.

Himmel hilf. Oder vielleicht die «NZZamSonntag»? Leider nein:

Wie wär’s zur Versöhnung für den stolzen Preis von Fr. 7.10 mit einem Feuerwerk an spannenden und gut geschriebenen Storys auf hohem intellektuellen Niveau? Wär› doch was, aber vielleicht doch erst 2024.

 

Feierabend

ZACKBUM wünscht geruhsame Festtage.

Das gilt für seine Leser, Fans, Feinde, die Medienleute und überhaupt alle.

Nach rund 1800 eigenen Beiträgen auf ZACKBUM, nach insgesamt 2780 Artikeln seit Start am 25. Juli 2020, macht die letzte überlebende kritische Medienkontrolle der Schweiz Pause.

Wir wünschen allen ganz viel Gans und sehen uns am 3. Januar 2023 in alter Frische wieder.

Sollte zuvor die Medienwelt dringend unseres Eingreifens bedürfen, werden wir selbstverständlich unseres Amtes walten.

Go down with a smile

Zum Ende der «Medienwoche».

Es ist bezeichnend für den Zustand der Medienkritik in der Schweiz, dass nach 12 Jahren die «Medienwoche» eingestellt wird.

Es ist bezeichnend für den Zustand der «Medienwoche», dass gegen den Schluss nur noch zweitklassige und drittrangige Autoren dort publizierten. Wo ein Marko Kovic zu den ständigen Artikelschreibern gehört, ist es mit der Qualität nicht weit her.

Nun hat die Redaktion die letzte Folge ihrer Serie «The Good, The Bad and The Ugly» veröffentlicht. Eine Anspielung auf den grossartigen Western von Sergio Leone. Daher antwortet ZACKBUM mit einem Zitat von Joker aus «Batman».

Nick Lüthi war der Mastermind hinter der «Medienwoche», einer der wenigen verbleibenden Medienjournalisten der Schweiz. Immerhin hat die «Medienwoche» das Ableben der regelmässigen Medienseite (samt Entlassung des zuständigen Redaktors) bei der NZZ überlebt. Und den Niedergang des einstmals rührigen Magazins «Schweizer Journalist». Vom kläglichen «Edito» soll hier gar nicht die Rede sein.

Ausgerechnet in einer kriselnden Branche, die Plattformen für regen Meinungsaustausch, Reflexion, Analyse und Kritik bräuchte, gibt es nur noch wenig Gelegenheitsschreiber über Medien und – ohne Überheblichkeit sei’s konstatiert – ZACKBUM als Instanz und Medienkontrolle.

Immerhin, denn ZACKBUM entstand nicht zuletzt als Reaktion auf den sich abzeichnenden Niedergang der anderen Medienorgane.

Etwas merkwürdig mutet die Begründung der Einstellung an; weiterwursteln sei keine Option gewesen: «Kommt dazu, dass die Finanzierung in der bisherigen Form sowieso nur noch drei bis fünf Jahre gesichert gewesen wäre. So spontan wie die MEDIENWOCHE vor zwölf Jahren aufgetaucht war, so überraschend verschwindet sie nun auch.»

ZACKBUM wäre begeistert, wenn seine Finanzierung für die nächsten bis zu fünf Jahre gesichert wäre. Offenbar macht es am Schluss den Unterschied aus, ob man mit Herzblut oder als Lohnschreiber zur Sache geht.

Wumms: Edgar Schuler

Spätes Bekenntnis zum Gendern.

Edgar Schuler hat’s nicht leicht. So musste er eine ganze Zeitlang den morgendlichen Newsletter gestalten – im Wechsel mit Salomé Müller, einer der Initiantinnen eines Brandbriefs erregter Tagi-Frauen, die sich über Sexismus, Diskriminierung und demotivierende Arbeitsatmosphäre beklagten. Belegfrei und wirkungslos. Müller ist längst abgeschwirrt, Schuler bleibt.

Als sich Bruchpilotin Sanija Ameti von der «Operation Libero» keinen SVP-Bundesratskandidaten «schöntrinken» wollte, fand er das unerhört.

Jetzt aber wirft er der Landesregierung «Arbeitsverweigerung in der Genderdiskussion» vor. Sie setze «kein Zeichen für eine moderne Gesellschaftspolitik. Wie mutlos, wie schade», kanzelt er die Bundesräte ab. Sie seien «weit weg vom Volk», behauptet Volksversteher Schuler.

Wie das? Der «Lame Duck»-Bundesrat habe eine «Abfuhr für die amtliche Anerkennung des dritten Geschlechts» beschlossen. «Wo lebt dieser Bundesrat», fragt sich der Tagi-Redaktor. Ist er von Elon Musk schon auf den Mars geschossen worden? Nach Kabul disloziert? Auf jeden Fall entgehe der Landesregierung, dass «diese Debatte» über mehr Geschlechter «längst geführt» werde. Zwar nicht an Stammtischen, aber «überall dort», wo man sich mit «Geschlechtsidentität und Gleichstellung» beschäftige. Also zum Beispiel beim Tagi.

Schlimmer noch: «Dabei verweigert er sich ebenso sehr den klaren Tatsachen: Es gibt nun mal eine – zugegebenermassen kleine – Minderheit, die diskriminiert wird, wenn sie sich nur entweder der Kategorie Frau oder der Kategorie Mann zuordnen darf.»

Das sei «für eine Mehrheit der Menschen in der Schweiz kein akzeptabler Zustand mehr», fantasiert Schuler. Und beruft sich dabei auf eine Untersuchung des einschlägig bekannten «Forschungsinstitut Sotomo». Offenbar in der irrigen Meinung, dass sich keiner seiner Leser durch diese schwafelige und weitscheifende «Untersuchung» kämpfe.

Wer’s dennoch tut, liest diesen Satz:

«99,6 Prozent der Befragten bezeichnen sich entweder als Frau oder als Mann. Nur 0,4 Prozent … bezeichnen sich explizit als nicht-binär.»

Bei einer 9-Millionen-Schweiz sprechen wir also von allenfalls 36’000 Eidgenossen. Zählen wir noch die 20 Prozent ab, die unter 20 Jahre alt sind, kommen wir auf 28’800 non-binäre Schweizer. Und für diese angeblich diskriminierte Minigruppe, die psychologischen Beistand braucht, wenn ihr Non-binär-Sein nicht im Pass verzeichnet ist, geht Schuler auf die Barrikaden?

Wirft dem Bundesrat Volksferne vor, wo dieses Thema doch fester Bestandteil jedes Gesprächs beim Feierabendbier ist? «Sage mal», meint Heiri und bestellt noch ein Bier, «das ist doch ein Skandal, dass die in Bern oben die Non-Binären so diskriminieren.» – «», sagt Sandro und nimmt Heiri vorsichtshalber Bier und Autoschlüssel ab.

Mein lieber Schuler, was haben Sie nur geraucht, und gibt es das wirklich rezeptfrei?

 

Faschismus-Wermuth

Ob der SP-Führer weiss, wovon er redet?

Selbst Elon Musk musste erfahren, dass das mit Twitter so eine Sache ist. Und der ist ein Genie. Wie kommt’s dann heraus, wenn Cédric Wermuth twittert? Wir ahnen es: nicht gut.

Auf Englisch, damit die Weltöffentlichkeit auch davon erfährt, erklärt Wermuth mal kurz den Konflikt zwischen dem Mafia-Staat Kosovo und Serbien. Er wäre kein typisch linker Rechthaber mit erhobenem Zeigefinger, wenn er nicht Verhaltens- und Sprachregelungen verkünden würde. Wir haben seinen Tweet auf Deutsch übersetzt, wodurch er allerdings auch nicht verständlicher wird:

«Hören Sie bitte auf zu sagen „Der Konflikt zwischen Serbien und Kosovo könnte eskalieren». Es gibt keinen Konflikt «zwischen» zwei Seiten. Es gibt nur Vucic, Putin und serbische Faschisten, die das Selbstbestimmungsrecht des kosovarischen Volkes nicht akzeptieren und versuchen, Gewalt auszulösen

An diesem dummen Geschwätz stimmt schlichtweg nichts. Das sogenannte Selbstbestimmungsrecht der Kosovaren wird weder von der UNO, noch von einigen EU-Staaten anerkannt. Einfach schon deswegen, weil im Nachgang zum Jugoslawienkrieg die «Souveränität und Integrität» Serbiens garantiert wurde. So wie Russland die Integrität der Ukraine garantierte.

Die ehemalige SP-Aussenministerin Calmy-Rey müsste es als den wohl grössten Fehler ihrer Karriere bezeichnen – wenn sie ehrlich wäre –, dass sie die Schweizer Anerkennung des zutiefst korrupten Mafiastaats Kosovo durchgestiert hatte. Es genügt wohl zu erwähnen, dass der damalige Ministerpräsident sich vor dem Haager Kriegsverbrechertribunal wegen Massenmord zu verantworten hat.

Auch sein Nachfolger schert sich einen Dreck um EU-Vorgaben wie die Bildung eines Verbundes serbischer Gemeinden zum Schutz dieser Minderheit im Unrechtsstaat Kosovo.

Im Gegensatz dazu hat Serbien, das der historisch völlig ungebildete Wermuth wohl mit Kroatien verwechselt, unter der Führung des späteren Staatschefs Tito erbitterten Widerstand gegen die Nazibesatzer geleistet und seinen Partisanenkrieg mit grossem Leid und vielen Opfern bezahlt.

Aber für Wermuth ist das Wort «Faschisten», genau wie für seinen Kollegen und Dummschwätzer Fabian Molina, einfach ein Allerweltsschimpfwort. Beide twittern schneller als sie denken können. So forderte Wermuth schon mal forsch: «Flüge an Ziele, die in zehn bis zwölf Stunden mit dem Zug erreichbar sind, müssen künftig verboten werden.»

Aber das Verbot gilt natürlich nicht, wenn der Genosse mal schnell für ein unscharfes Foto mit dem Wahlsieger Olaf Scholz nach Berlin fliegt. Denn alle sind gleich, nur einige gleicher.

Das ist einfach demaskierte Heuchelei. Aber dermassen verantwortungslos mit dem Wort Faschismus umzugehen, das ist ein Hohn für alle Opfer des Faschismus. Die Nachkommen von Widerstandskämpfern gegen den Faschismus als Faschisten zu bezeichnen, das müsste eigentlich mindestens ein sofortiges Twitter-Verbot für Wermuth absetzen. Besser noch ein Politikverbot.

Aber was würde der arme Mann dann machen, er kann doch nichts anderes, hat noch nie gearbeitet und wäre, wie sein Kollege Alain Berset, ein Fall für das RAV, könnte er sich nicht mehr mit Dummheiten sein Politikergehalt verdienen.