Splitter und Balken

Gewaltorgien in Berlin und anderswo: Kreide fressen.

Man muss biblisch werden, um diesen Märchenerzählungen gerecht zu werden: «Warum siehst du den Splitter im Auge deines Bruders, aber den Balken in deinem Auge bemerkst du nicht?» (Matthäus 7,3)

Da hebt doch der stellvertretende Chefredaktor des Organs mit dem Regenrohr im Logo an: «Doch aus Angst vor dem Vorwurf der «Hetze» begnügt sich das Justemilieu mit dem marxistischen Klischee von den ausgebeuteten Modernisierungsverlierern.»

Zunächst mit Verlaub: «neues Justemilieu», wer hat’s erfunden? Genau, René Zeyer. Einfach for the record. Reza Rafi vom SoBli kritisiert, dass die Medien sich wieder einmal nicht getraut hätten, die Herkunft der überwältigenden Mehrheit der Chaoten und Gewalttäter zu benennen, die in der Silvesternacht in Berlin und anderswo gegen staatliche Hilfskräfte wie Sanitäter, Feuerwehrleute und auch Polizisten mit brutaler Wut vorgingen.

Er mokiert sich merkwürdig über die Berichterstattung von Radio SRF 1: «Mit sanfter Stimme berichtet der Moderator zur Primetime über die «Menschen» auf den Strassen der deutschen Hauptstadt, die sich zur Gewalt hinreissen liessen. Gut, dass es nicht Esel oder Schimpansen waren.»

Schliesslich warnt er: «Vom unehrlichen Umgang mit dieser Problematik und von der selektiven Berichterstattung darüber wird in der Schweiz auf Dauer nur eine Kraft profitieren: die SVP.»

Das ist ja aufrecht und tapfer, zudem ist die Kritik berechtigt. Rafi sieht also die Splitter im Auge der medialen Betrachter. Den Balken im eigenen hingegen übersieht er beim Kreidefressen. Oder hat er schon vergessen, dass das andere Blatt mit dem Regenrohr im Logo in drei Anläufen das Wort «Migranten» aus dem Titel der Berichterstattung kübelte? Von «Migranten» über «Migranten-Mob» zum politisch überkorrekt beschönigendem «Silvester-Mob». Hätte er das in seiner Kritik erwähnt, wäre sie um Welten glaubwürdiger geworden. So ist sie bloss dem allgemeinen Druck gehorchendes Geheuchel.

Kastratengesang aus der Dufourstrasse.

Wir wollten es eigentlich nie mehr tun, aber Frank A. Meyer bettelt geradezu darum, nochmal eingetopft zu werden.

Schnuppernase Meyer vor dem Brandenburger Tor.

Was müffelt denn in der Schweiz so stark, dass es dem Herrn mit der abgedunkelten Brille im fernen Berlin in die Nase sticht? «Schmutziges Geld, kriminelles Geld, kurzum Geld, Geld, Geld.»

Schlimm: «Daraus leitet die westliche Welt von Washington über Paris bis Berlin – neuerdings bis Kiew – das Schlüsselwort zur helvetischen Republik ab: Gier!»

Um die Kirche im Dorf zu lassen: Washington, echt jetzt? Die Kapitale des Landes, in dem die grössten Geldwaschmaschinen der Welt stehen, wo Drogenprofite im Milliardenbereich blütenweiss gemacht werden, wo die grössten Schwarzgeldbunker des Planeten unangetastet üble Gelder beherbergen? Paris oder Berlin, wo in Europa sich Geldwäscher wie im Paradies fühlen? Oder Kiew, die Hauptstadt des korruptesten Landes Europas?

Aber gut, Meyer ist Gast in Berlin, und bevor er in der «Paris Bar» oder im «Borchardt» keinen reservierten Platz mehr hat …

Aber der wirkliche intellektuelle Handstand mit anschliessendem Bauchplatscher kommt erst noch. Denn die Spur von reichen Russen führe nach St. Moritz, und Meyer wittert hier Unrat: «Sogar auf der schönsten Hochebene der Welt müffelt es also inzwischen nach Oligarchen

Oligarchen müffeln? Da scheint doch Handlungsbedarf im Bereich von kulturellem Rassismus vorhanden zu sein. Auf jeden Fall hoffen wir, dass ein frisch geduschter Meyer fortfährt: «Oligarchen, die in ihrer Heimat den Rechtsstaat bekämpfen, suchen das schützende Recht des Rechtsstaates Schweiz.»

Das ist nun eine Ansammlung von Widersprüchlichkeiten, die sich gewaschen hat. Oligarchen bekämpfen in Russland den Rechtsstaat? Wer zum Beispiel? Und gibt es also in Russland einen solchen? Das wäre den meisten Russen eher neu, der lupenreine Demokrat Putin wird sich hingegen bei Meyer persönlich bedanken (vorausgesetzt, der müffelt nicht). Und darf man nicht den Schutz des Rechtsstaats Schweiz suchen? Sollte der sich also seiner eigenen Prinzipien entledigen und für russische Reiche nicht gelten? Laut Meyer ja: «Weiterhin Gastgeber für Oligarchen spielen? Geht gar nicht

Ausgerechnet der «Citoyen» Meyer, der Loblieder auf die Schweizer Bundesverfassung und den mündigen Staatsbürger singt, will hier den Rechtsstaat Schweiz in die Tonne treten? Es reicht ihm wohl noch nicht, dass der Bundesrat als Exekutive Sanktionen fremder Länder in der Schweiz umsetzt, ohne Prüfung, ohne nachgewiesene Straftaten der Betroffenen Besitz beschlagnahmt, Einreiseverbote ausspricht, ohne dass dagegen ein Rechtsmittel möglich wäre?

Es ist ein naheliegender Stabreim, aber er hat ihn provoziert: Meyer müffelt. Nach Altherrenschweiss, wenn nicht nach Schlimmerem.

4 Kommentare
  1. peter weilharter
    peter weilharter sagte:

    … ach ja, auch ich hab lieber einen Balken (wenn auch nicht mit schwung) vor den Augen, als einen Splitter in selbigen. Mag ja Geschmackssache sein, aber allein der Gedanke.

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  2. peter weilharter
    peter weilharter sagte:

    Wenn er in Berlin lebt. Umgeben von Otto «normal Michls» gibt er nur den dortigen Common Sense wieder. Da wird Demokratie und Recht schon mal zur Verhandlungsmasse. «Das wird man doch noch sagen dürfen!» wird auch gern genommen …

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  3. Niklaus Fehr
    Niklaus Fehr sagte:

    Ich habe den Reza Rafi auch gelesen, und hatte den Eindruck, er wolle die Migrantenaufstände der Rapper Szene in die Schuhe schieben. Das Wort Migrant kommt im ganzen Text nie vor. Es ist mir schleierhaft, was er mit so einem Text bewirken will. Vermutlich nichts. Er muss einfach etwas schreiben und will sich nicht die Finger verbrennen. Ein trostloser Job.

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