Das Terrain wird planiert
War da nicht mal was von «alle wollen Geld vom Staat»?
Gleich vier Schreibkräfte wirft die «SonntagsZeitung» in die Schlacht, um zu barmen:
«Armutsbetroffene wissen oft nicht, dass sie eine Verbilligung bekommen könnten.» Gilt man als herzlos und von sozialer Kälte beherrscht, wenn man sich fragt: echt jetzt, zu dumm dafür?
Wenn Arthur Rutishauser halt mal nicht aufpasst … Der spiesst dagegen den armen Schweizer Aussenminister Cassis auf: «Das ist europapolitischer Selbstmord», donnert er ihm entgegen. «Anfängerfehler … man kann sich nur wundern, warum sich Cassis dies antut … Himmelfahrtskommando». Zack.
Aber gleich nebendran wird das Terrain für die nächste Attacke auf Steuergelder eingeleitet: «Wir haben kein Leben mehr», dürfen hier Betroffene jammern, die kaum mehr die Krankenkassenprämien zahlen können. Ein perfekt inszenierter Sozialporno, mit Fallbeispielen und allen Schikanen. Und wer die Message dann immer noch nicht kapiert hat, bekommt noch das Erklärstück «Das müssen Sie zur Prämieninitiative wissen».
Also eigentlich nichts, ausser, dass sie ein paar Milliarden kostet, geschickt auf den Mittelstand gezielt ist (die wirklich Armen – ausser, sie sind zu blöd – bekommen ja bereits Prämienverbilligungen) und dass schon ein MWST-Prozentchen mehr 3,2 Milliarden Franken in die Staatskasse spült. Also wer ja sagt zur 13. Rente, wieso sollte der hier nein sagen?
Was steht denn sonst noch so in der SoZ? Riesen-Symbolbilder, zum Beispiel:
Ist das wenigstens ein reales Opfer der Telefonbetrüger? I wo, das ist ein Getty Images Archivbild, der Ausdruck völliger fotografischer Beliebigkeit, reine Platzverschwendung.
Dann führt uns die SoZ weit weg, ganz weit weg. Genauer auf die Insel Gross Nikobar, zu den dort wohnenden Shompen. Hä? Doch, doch, wenn Sie von den Andamanen noch nie etwas gehört haben, direkt unter dieser Insel liegen die Nikobaren, darunter Gross Nikobar. Hier will Indien sein Hongkong hinklotzen, und da sind die Shompen ein wenig im Weg. Gilt man als herzlos und von interkultureller Kälte beherrscht, wenn man dazu sagt: schlimm, aber was genau geht uns das an?
Etwa so viel wie die Ansicht des «Ökonomen und Glücksforschers» Mathias Binswanger: «Die 13. AHV-Rente wird das Glücksgefühl der Rentner kaum steigern.»
Nichts Gehaltvolles im Blatt? Doch, glücklicherweise gibt es noch Bettina Weber. Die spuckt der Feierveranstaltung «Weltfrauentag» kräftig in die lila Betroffenheitssuppe: «Das mit der Solidarität ist so eine Sache, und das mit der weiblichen Solidarität erst recht. Denn die ist keineswegs so international, wie das die Gesänge an den Demonstrationen gerne glauben machen: Es kommt schon sehr darauf an. Für die Israelinnen, die am 7. Oktober von Hamas-Terroristen verschleppt wurden und seit Monaten unter grauenhaften Bedingungen gefangen gehalten und misshandelt werden, gilt die Anteilnahme zum Beispiel nicht. Es gab am 8. März jedenfalls nicht haufenweise Demos, die ihre Freilassung forderten, es gab auch keine Plakate und keine Sprechchöre.»
Ganz im Gegenteil, weiss Weber: «Vielmehr wurden etwa in Lausanne jene Frauen, die es versuchten, daran gehindert, aggressiv angegangen, bedroht und beschimpft. Während die Menge «Free Palestine!» skandierte, seien die verschleppten Jüdinnen mit Schimpfnamen verhöhnt worden, berichten geschockte Teilnehmerinnen.»
Aber Weber geht noch ein paar Schritte weiter: «Mental Load, Care-Arbeit, Doppelbelastung, Vereinbarkeit. Man fragt sich, warum das allesamt exklusiv weibliche Probleme sein sollen – und ob damit nicht uralte Geschlechterklischees zementiert werden.»
Weitere Müsterchen weiblicher Heuchelei?
«In Saudiarabien gilt die Todesstrafe, kaum ein anderes Land verhängt sie so häufig, und vor allem herrscht Geschlechter-Apartheid, denn Frauen brauchen einen Vormund und für alles die Erlaubnis wie ein kleines Kind vom Papi. Das hinderte die Sängerin und Feministin Alicia Keys aber nicht, dort am 8. März ihren «Women-to-Women»-Talk zu veranstalten. Es passte ja auch terminlich grad so gut, denn einen Tag später gab sie ein Konzert in Jeddah – vor den Mannen des Formel-1-Zirkus. Keys sagte über ihre Veranstaltung, es sei «inspirierend, sich mit wunderbaren Frauen auszutauschen, um grenzüberschreitende Narrative zu diskutieren».»
Fulminanter Höhepunkt der Abrechnung mit weiblicher Verlogenheit: «Der 8. März heisst Weltfrauentag. Zumindest war das mal so. Neuerdings aber sollen Frauen und Queers gemeinsam auf die Strasse gehen. Mit vereinten Kräften sei man stärker, wird argumentiert. Ist ja schon recht. Bloss haben doch die Queers schon den Christopher Street Day und die Pride. Und wenn nun der Frauentag als eine Art Sammelbecken für alle möglichen Opfer des Patriarchats herhalten muss, sagt man den Frauen das, was man ihnen seit Jahrhunderten sagt: Nehmt euch nicht so wichtig, jetzt habt euch doch nicht so, macht mal Platz, wir haben im Fall auch noch ein Anliegen. Deswegen ist ja oft nicht einmal mehr von «Frauen» die Rede, sie verschwinden im Begriff «Flinta» (Female, Lesbian, Intersex, Non-Binary, Trans und Agender).»
Von da an geht’s wieder bergab:
Und bergab:
Echt jetzt? Bewusstes Atmen? Achtsames Schlafen? Sich einmitten beim Pinkeln? Kopfkratzen entspannt? Meditatives blinzeln? Geradeauslaufen ist gesund?
Und was ist dann mit der Lektüre der SoZ? Macht die krank? Fördert Magengeschwüre? Lässt das Portemonnaie leiden? Betäubt den Verstand? Wir bitten um Aufklärung und atmen bis dahin bewusst durch.
Armutsbetroffene:
Wir können es auch ohne Beleidigungen aufschlüsseln.
Es ist tatsächlich so, viele sind schon überfordert einen Brief zu schreiben, zu lesen oder zu verstehen. Die Gründe sind vielfältig.
Und die Fallensteller bei Staat und Bund wissen das auch. Und ganz besonders jene bei den Versicherungen.
Mit ein paar weiteren Zeilen Code wären die Automatismen schnell geschaffen, Ämter entlastet und deren Angestellte für sinnvollere Aufgaben frei. Soweit das wünschbar wäre. Ist es aber nicht.