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Kafka hätte was draus gemacht

Aber er ist vor hundert Jahren gestorben, und seither ist die Welt ärmer.

Zunächst werfen wir einen Blick in den Zuschauerraum des «SonntagsBlick»:

Wer das als buntes Bilderblatt aufs Cover setzt, dem ist wirklich nicht mehr zu helfen. Pst, wir schleichen uns auch ganz leise raus und werfen einen Blick auf die NZZamSonntag. Was labt da das Auge?

Nun ja. Zunächst: Weiss auf Hellgrau und Orange, das kann vor allem der ältere Mitbürger auch ohne Sonnenbrille schwer lesen. «So werden Sie am sorglosesten Silver-Ager», das soll wirklich eine Aufmacherstory für die NZZaS sein?

Dann verschwendet Die NZZaS fast zwei Seiten auf die Frage «Warum machen wir nicht einfach mehr Schulden»? Vielleicht, weil’s blöd wäre? Weil man sie zurückzahlen muss? Weil es bei steigenden Zinsen mehr Schuldendienst gibt?

Dann aber wirft Andreas Mink, New York, einen ganz neuen Aspekt in die Wahldebatte: «Die Hoffnung der Demokraten, von Trumps Verurteilung zu profitieren, trügt. Viel wichtiger ist für Joe Biden der Preis eines Big Mac.» Das organisierte Erbrechen entscheidet die Präsidentschaftswahl, so weit sind wir gekommen.

Aber immerhin, ««Milei ist nicht verrückt» – sagen Schweizer in Argentinien». Das ist beruhigend, und wenn es erst noch Schweizer sagen, dann muss es doch wahr sein.

«Das Kauen des Krieges», das ist eine etwas gewagte Titel-Alliteration. Des Rätsels Lösung: Sudan ist einer der grössten Exporteure des Safts des Akazienbaums, mit dem Kaugummi hergestellt werden – und womit der grausame Bürgerkrieg dort finanziert wird.

Endlich mal Lebenshilfe at its best; zum Ausschneiden und Aufbewahren:

«Nichtbinär, trans, queer . . . Wie bitte?
Lexikon
Queer: Ist ein Überbegriff für Menschen, deren Geschlechtsidentität und Begehren nicht der Norm entsprechen. Der Begriff wird als positive Selbstbezeichnung verwendet.
LGBTQ: Steht für lesbisch, gay (schwul), bisexuell, trans und queer.
Nichtbinär: Sind Menschen, die sich weder ausschliesslich als Frau noch ausschliesslich als Mann identifizieren. Bekannte nichtbinäre Personen sind ESC-Star Nemo und die Autorenperson Kim de l’Horizon.
Trans: Bezeichnet Menschen, die sich nicht mit dem Geschlecht identifizieren, das ihnen bei der Geburt zugewiesen wurde.
Intergeschlechtlich: Steht für Menschen, deren Körper bei der Geburt nicht eindeutig den Kategorien «Mann» und «Frau» zugeordnet werden kann.
Agender: Bezeichnet Menschen, die sich keinem Geschlecht zugehörig fühlen.
Flinta: Steht für Frauen, Lesben, intergeschlechtliche, nichtbinäre, trans und agender Personen.
Tina: Ist die Abkürzung für Transmenschen, intergeschlechtliche, nichtbinäre und agender Personen.»

Hier bekommt der Begriff Idiotikon eine ganz neue Bedeutung.

Für einen seltenen kulturellen Tiefpunkt in der NZZaS sorgt der deutsche Autor Björn Hayer. Er nimmt sich als Zeitgeistsurfer der Frage an: «War der gefeierte Franz Kafka womöglich ein Frauenfeind?» Dafür zitiert er die naheliegenden und einschlägigen Stellen aus dessen Romanfragmenten, alleine der Name «Fräulein Bürstner», also wirklich.

Und dann dreht er aus der Erwähnung Kafkas, dass in der Einleitungszene vom «Prozess» auf dem Waschtisch der Hauptfigur ein Apfel liegt, eine veritable Locke auf der Glatze:

«Zum einen lässt sich die gesamte Szenerie – die Anspielung auf das Rotlichtetablissement, der Apfel als Symbol für den Sündenfall, die vermeintliche Promiskuität der Frau – als Reinszenierung einer durch weibliche Verführungskraft ausgelösten Verbannung aus dem Paradies lesen; zum anderen kommt Kafkas besonderes Sexualitätsverständnis zum Tragen, das sich in dieser Szene mehrfach bildlich verdichtet und in einem Hygienefetisch zum Ausdruck kommt

Und auch aus dem «Schloss» extrahiert Hayer: «Hinein in dieses Metaversum, das für Gott oder Werte wie Gerechtigkeit stehen könnte, gelangt man offenbar nur durch den Sex mit den Frauen.» Tja, wenn man «Vor dem Gesetz» nicht gelesen hat oder um der These willen einfach weglässt …

Nun ist über Kafka, das macht den Autor so unsterblich, bereits so ziemlich alles und auch dessen Gegenteil gesagt worden, ohne dass man die hermetisch geschlossenen Räume seiner Dichtkunst gänzlich erforschen konnte.

Da gibt es ein Meer von intelligenten Interpretationen, von Klaus Wagenbach aufwärts und abwärts. Aber so etwas Dümmliches gibt es eher selten. Um zu seinen flachen Thesen zu gelangen, muss Hayer zudem den riesigen Briefwechsel auslassen, den Kafka mit seinen Geliebten Milena und Felice unterhielt, und in denen erschöpfend und ausführlich sein Verhältnis zu Frauen von ihm selbst dargestellt und interpretiert wird. Ebenso in seinen «Tagebüchern».

Am Schluss rudert Hayer dann noch von seiner Fragethese zurück: «Ist der regelmässige Bordellbesucher Kafka also ein Frauenfeind? Obwohl die Etikette naheliegt, wäre dieser Schluss voreilig.» Was denn nun? Eine genderdebattenkompatible Frage, längst abgelutschte Textbeispiele, und am Schluss Rückzug auf ganzer Linie.

Man kann selbst über den faszinierenden, bannenden, nie zu Ende lesbaren Kafka Brunzlangweiliges absondern. Wenn man’s darf. Wieso das allerdings die NZZaS zulässt? Ein geradezu kafkaeskes Rätsel.

Das Terrain wird planiert

War da nicht mal was von «alle wollen Geld vom Staat»?

Gleich vier Schreibkräfte wirft die «SonntagsZeitung» in die Schlacht, um zu barmen:

«Armutsbetroffene wissen oft nicht, dass sie eine Verbilligung bekommen könnten.» Gilt man als herzlos und von sozialer Kälte beherrscht, wenn man sich fragt: echt jetzt, zu dumm dafür?

Wenn Arthur Rutishauser halt mal nicht aufpasst … Der spiesst dagegen den armen Schweizer Aussenminister Cassis auf: «Das ist europapolitischer Selbstmord», donnert er ihm entgegen. «Anfängerfehler … man kann sich nur wundern, warum sich Cassis dies antut … Himmelfahrtskommando».  Zack.

Aber gleich nebendran wird das Terrain für die nächste Attacke auf Steuergelder eingeleitet: «Wir haben kein Leben mehr», dürfen hier Betroffene jammern, die kaum mehr die Krankenkassenprämien zahlen können. Ein perfekt inszenierter Sozialporno, mit Fallbeispielen und allen Schikanen. Und wer die Message dann immer noch nicht kapiert hat, bekommt noch das Erklärstück «Das müssen Sie zur Prämieninitiative wissen».

Also eigentlich nichts, ausser, dass sie ein paar Milliarden kostet, geschickt auf den Mittelstand gezielt ist (die wirklich Armen – ausser, sie sind zu blöd – bekommen ja bereits Prämienverbilligungen) und dass schon ein MWST-Prozentchen mehr 3,2 Milliarden Franken in die Staatskasse spült. Also wer ja sagt zur 13. Rente, wieso sollte der hier nein sagen?

Was steht denn sonst noch so in der SoZ? Riesen-Symbolbilder, zum Beispiel:

Ist das wenigstens ein reales Opfer der Telefonbetrüger? I wo, das ist ein Getty Images Archivbild, der Ausdruck völliger fotografischer Beliebigkeit, reine Platzverschwendung.

Dann führt uns die SoZ weit weg, ganz weit weg. Genauer auf die Insel Gross Nikobar, zu den dort wohnenden Shompen. Hä? Doch, doch, wenn Sie von den Andamanen noch nie etwas gehört haben, direkt unter dieser Insel liegen die Nikobaren, darunter Gross Nikobar. Hier will Indien sein Hongkong hinklotzen, und da sind die Shompen ein wenig im Weg. Gilt man als herzlos und von interkultureller Kälte beherrscht, wenn man dazu sagt: schlimm, aber was genau geht uns das an?

Etwa so viel wie die Ansicht des «Ökonomen und Glücksforschers» Mathias Binswanger: «Die 13. AHV-Rente wird das Glücksgefühl der Rentner kaum steigern.»

Nichts Gehaltvolles im Blatt? Doch, glücklicherweise gibt es noch Bettina Weber. Die spuckt der Feierveranstaltung «Weltfrauentag» kräftig in die lila Betroffenheitssuppe: «Das mit der Solidarität ist so eine Sache, und das mit der weiblichen Solidarität erst recht. Denn die ist keineswegs so international, wie das die Gesänge an den Demonstrationen gerne glauben machen: Es kommt schon sehr darauf an. Für die Israelinnen, die am 7. Oktober von Hamas-Terroristen verschleppt wurden und seit Monaten unter grauenhaften Bedingungen gefangen gehalten und misshandelt werden, gilt die Anteilnahme zum Beispiel nicht. Es gab am 8. März jedenfalls nicht haufenweise Demos, die ihre Freilassung forderten, es gab auch keine Plakate und keine Sprechchöre.»

Ganz im Gegenteil, weiss Weber: «Vielmehr wurden etwa in Lausanne jene Frauen, die es versuchten, daran gehindert, aggressiv angegangen, bedroht und beschimpft. Während die Menge «Free Palestine!» skandierte, seien die verschleppten Jüdinnen mit Schimpfnamen verhöhnt worden, berichten geschockte Teilnehmerinnen.»

Aber Weber geht noch ein paar Schritte weiter: «Mental Load, Care-Arbeit, Doppelbelastung, Vereinbarkeit. Man fragt sich, warum das allesamt exklusiv weibliche Probleme sein sollen – und ob damit nicht uralte Geschlechterklischees zementiert werden.»

Weitere Müsterchen weiblicher Heuchelei?

«In Saudiarabien gilt die Todesstrafe, kaum ein anderes Land verhängt sie so häufig, und vor allem herrscht Geschlechter-Apartheid, denn Frauen brauchen einen Vormund und für alles die Erlaubnis wie ein kleines Kind vom Papi. Das hinderte die Sängerin und Feministin Alicia Keys aber nicht, dort am 8. März ihren «Women-to-Women»-Talk zu veranstalten. Es passte ja auch terminlich grad so gut, denn einen Tag später gab sie ein Konzert in Jeddah – vor den Mannen des Formel-1-Zirkus. Keys sagte über ihre Veranstaltung, es sei «inspirierend, sich mit wunderbaren Frauen auszutauschen, um grenzüberschreitende Narrative zu diskutieren».»

Fulminanter Höhepunkt der Abrechnung mit weiblicher Verlogenheit: «Der 8. März heisst Weltfrauentag. Zumindest war das mal so. Neuerdings aber sollen Frauen und Queers gemeinsam auf die Strasse gehen. Mit vereinten Kräften sei man stärker, wird argumentiert. Ist ja schon recht. Bloss haben doch die Queers schon den Christopher Street Day und die Pride. Und wenn nun der Frauentag als eine Art Sammelbecken für alle möglichen Opfer des Patriarchats herhalten muss, sagt man den Frauen das, was man ihnen seit Jahrhunderten sagt: Nehmt euch nicht so wichtig, jetzt habt euch doch nicht so, macht mal Platz, wir haben im Fall auch noch ein Anliegen. Deswegen ist ja oft nicht einmal mehr von «Frauen» die Rede, sie verschwinden im Begriff «Flinta» (Female, Lesbian, Intersex, Non-Binary, Trans und Agender).»

Von da an geht’s wieder bergab:

Und bergab:

Echt jetzt? Bewusstes Atmen? Achtsames Schlafen? Sich einmitten beim Pinkeln? Kopfkratzen entspannt? Meditatives blinzeln? Geradeauslaufen ist gesund?

Und was ist dann mit der Lektüre der SoZ? Macht die krank? Fördert Magengeschwüre? Lässt das Portemonnaie leiden? Betäubt den Verstand? Wir bitten um Aufklärung und atmen bis dahin bewusst durch.

Somm simmert

Die Schwätzerin und der Dampfkochtopf in der «SonntagsZeitung».

Irgendwie bilden die beiden ein Traumpaar. Auf der einen Seite Gülsha Adilji. Die versucht in krampfhafter Jugendsprache, nichtige Anlässe zu nichtigen Kolumnen mit nichtigen Worten umzuschreiben.

Diesmal hat sie sich den Weltfrauentag ausgesucht, der sich leider nicht dagegen wehren kann: «Nicht nur das System benachteiligt mich, auch mein endokrines System bzw. mein Zyklus fuckt mit meiner Laune, Resilienz, Schlafqualität, meinem Wohlbefinden, Energielevel etc., dazu kommen Traumata, die ein Mädchen halt so auf den Weg mitbekommt, die werden ihr ungefragt in den Lebensrucksack reingewürgt.»

Hat das jemand verstanden? Nicht wirklich, aber das macht nichts, die Autorin selbst wohl auch nicht. Noch eine Kostprobe: «ALLE Mikrofone gehören an solchen Tagen vor die Gesichter von FLINTAS!» Auch nicht verstanden? Da kann ZACKBUM helfen; FLINTAS sind «Frauen, Lesben, inter, nicht-binäre trans und agender Personen». Immer noch keine Ahnung, was das sein soll? Tja, da können wir auch nicht mehr helfen.

Auf der anderen, bzw. auf der gleichen Seite: dem hier können wir erst recht nicht mehr helfen. Wenn er nicht gerade das Geld seiner Investoren mit dem Randgruppen-Blättchen «Nebelspalter» verröstet, darf er bei der SoZ wüten. Das ist dann nicht weniger merkwürdrig als das Gestammel von Adilji. «Moralischer Bankrott», donnert Markus Somm. Und erzählt nochmal die Geschichte nach, wie ein fudamentalistischer Wahnsinniger auf einen Juden eingestochen und ihn lebensgefährlich verletzt hat.

Da haben zwar schon so ziemlich alle alles drüber geschrieben, aber halt Somm noch nicht. Somm ist Historiker, also erzählt er nochmals die Geschichte des Mordes an einem Juden anno 1942 nach. Die wurde zwar auch schon x-mal erwähnt, aber eben noch nicht von Somm.

Aber dann betritt er doch etwas Neuland und ortet einen moralischen Bankrott. Bei dem 15-jährigen Messerstecher, seinem Umfeld, seiner Familie, bei denjenigen, die ihn zu dieser Tat angestachelt haben? Nein, Somm ist entschieden origineller:

«Dass junge Menschen, darunter auch manche Christen oder ehemalige Christen, an Demonstrationen teilnehmen, wo offen zum Genozid an den Juden aufgerufen wird – denn nichts anderes bedeutet der englische Code «From the River to the Sea», auch wenn semantische Appeaser sich auf den Kopf stellen – dass dies unter unseren Augen mit freundlicher Genehmigung einer rot-grünen Stadtregierung geschieht: Es ist ein moralischer Bankrott.»

Somatische, Pardon, semantische Appeaser, das ist wenigstens originell; genauer gesagt origineller Unfug. Aber immerhin.

Somms Bankrotterklärung besteht darin, dass er die Ausübung des Demonstrationsrechts, auch unter Verwendung von Slogans, die ihm nicht passen, aber nicht strafbewehrt sind, als Bankrotterklärung einer Regierung denunziert, die ihm auch nicht passt.

Aber lieber eine solche rot-grüne Stadtregierung als ein Somm, der bestimmen dürfte, welche Slogans erlaubt sind und welche nicht.

Somm läuft weiter Amok: «Wir, oder genauer: unsere Politiker und Behörden, bringen es offenbar nicht mehr fertig, eine der vornehmsten Staatsaufgaben, die Herstellung von Sicherheit für alle, zu garantieren.» Ob er wohl weiss, was er da schreibt? Das sei ein «Staatsversagen», behauptet Somm. Dass es der Staat nicht verhindern kann, dass Menschen zu Tode kommen, auch durch Gewalttaten? Nichtmal ein orwellscher Überwachungsstaat könnte das völlig ausschliessen, also ist die Behauptung, das sei ein Staatsversagen, Unfug. Oder ist jeder Ermordete in der Schweiz, jeder Verkehrstote, jedes Unfallopfer ein Staatsversagen?

Aber damit ist sein verbaler Amoklauf noch nicht zu Ende: «Wir haben es weit gebracht – mit unserer Naivität, unserer Schwäche, unserer Feigheit, die sich hinter menschenrechtlichen Ausflüchten versteckt, hinter bürokratischen Rücksichten, hinter dem elitären Unwillen, realistisch zu werden.»

Schwäche, Feigheit? Menschenrechtliche Ausflüchte? Was will der Mann denn? Stärke, Mut, weg mit den Menschenrechten? Er traut sich da nicht, konsequent weiterzugehen und flüchtet sich in die Geschichte: «Die drei Haupttäter (des Judenmords, Red.) von Payerne wurden 1943 mit lebenslänglichem Zuchthaus bestraft, einer galt als minderjährig (19) und erhielt 20 Jahre.»

Also wäre es laut Somm mutig, das Jugendstrafrecht über Bord zu werfen und den Messerstecher lebenslänglich wegzusperren, wenigstens aber für 20 Jahre? Wieso nicht gleich Kopf ab, das wäre doch wenigstens eine Ansage. Und wenn wir schon dabei sind: pädophile Straftäter gehören kastriert, Mörder hingerichtet, Auge um Auge, Zahn um Zahn.

Adilji und Somm auf einer Seite. Ein Alptraumpaar, eine wöchentliche Zumutung für den Leser.