Berset out, KKS in

Lustige Wendungen beim SoBli.

Der übrige Inhalt ist wie meist völlig unerheblich. Aber eine Personalie lässt aufhorchen. Bundesrat Alain Berset war durch die ganze Corona-Zeit hindurch die Knutschkugel der «Blick»-Familie. Kein Wunder, es stellte sich heraus, dass es eine Art Standleitung zwischen dem Ringier-CEO Marc Walder, der eher hysterisch auf die Pandemie reagiert hatte, und dem Gesundheitsminister gab.

Also fand der «Blick» mal prinzipiell alles toll, was Berset so einfiel und wurde brav mit Primeurs belohnt. Im Boulevard-Geschäft nichts Neues. Seit einiger Zeit aber wird Berset immer mal wieder abgewatscht, zuletzt für seinen angeblichen Wunsch, mal mit einem F/A-18-Kampfjet eine Runde zu drehen. Schon seine Hobbyfliegerei, die ihm eine unangenehme Begegnung mit der französischen Luftüberwachung einbrockte, wurde ihm um die Ohren gehauen; Motto: «Wasser predigen, Kerosin tanken».

Alte Boulevard-Regel: wir begleiten dich auf dem Weg nach oben und himmeln dich an. Anschliessend sind wir unterwegs nach unten auch dabei und treten nach.

Aber sobald der eine Star verglüht ist, braucht’s den nächsten. Und da hat sich der SoBli jemand ganz Merkwürdigen ausgesucht. Man kann die Wahl nur mit einer Übererfüllung der Quotenfrau-Regel erklären. Trommelwirbel, SoBli stellt vor: die mächtigste Frau der Schweiz:

Also die «mächtigste Frau in Bundesbern», zumindest. Karin Keller-Sutter (KKS)  habe eigenhändig ihren Parteichef Thierry Burkart gestoppt. Der habe wie «ein Zampano mit seinem Ansinnen hausiert», schreibt Mikrophonständer Reza Rafi launig. Nämlich mit der Rettung der Credit Suisse Schweiz. Aber: «Also fackelte die FDP-Bundesrätin nicht lange und stoppte ihren tollkühnen Parteichef

Nun setzt Rafi zu einer Lobeshymne an, bei der es wohl selbst Kim Jong Un leicht übel würde:

«Zuvor hatte sie (KKS, Red.) zwischen Washington, London, Brüssel und Riad die Fäden zusammengehalten, um die Weltwirtschaft vor einem Crash zu bewahren. Sie jonglierte in akzentfreiem Englisch zwischen Regierungen und Notenbanken, sie disziplinierte die Bankmanager mit ihren Ego-Spielen und Animositäten – und scheinbar nebenbei schaute sie in den Niederungen der Parteipolitik zum Rechten; Karin Keller-Sutter, in der Bundesstadt kurz KKS genannt, verliert auch in hektischen Phasen die Bundesberner Machtmechanismen nie aus den Augen.»

Das sei die «Patin der FDP»? Ach was, das ist Superwoman, sie hat die Welt vor einem Crash bewahrt, jongliert und diszipliniert und parliert, Wahnsinn. Superwoman wäre vielleicht sowieso besser gewesen, oder weiss Rafi nicht, was ein Pate, eine Patin in diesem Zusammenhang ist? Will er etwa die FDP mit der Mafia vergleichen? Ts, ts.

Wie legt man auf eine Schleimspur eine zweite? Kein Problem für Rafi: «Sie bringt sich an Fraktionssitzungen ein, betrachtet Themen aus taktischer Sicht, denkt über Dossiergrenzen hinweg. Kein anderes Bundesratsmitglied greift so stark in die eigenen Parteigeschicke ein wie sie.»

Wie legt man da noch eine drauf? Bitte sehr:

«Den grössten Triumph ihrer politischen Karriere feierte sie vor drei Wochen. Am 11. August verkündete UBS-Chef Sergio Ermotti (63), dass man die 109-Milliarden-Garantie nicht mehr nötig habe, die der Bund im März unter Keller-Sutters Federführung gesprochen hatte. Für sie war die Nachricht der Befreiungsschlag, nun geht sie als jene in die Geschichte ein, die im Credit-Suisse-Drama die Finanzwelt vor dem Schlimmsten verschonte. Die Kritik an ihr – das Durchregieren per Notrecht, das Verhökern der CS zum Schleuderpreis an die Rivalin, die Enteignung der Aktionäre – verblasst

Damit hat sich nun Rafi eindeutig als möglicher neuer Chefredaktor der nordkoreanischen Parteizeitung Rodung Sinmun in Spiel gebracht. So viel Realitätsverzicht, so viel Umdeutung, so viel Schönschreibung, so viel Lobhudelei, wird dort geschätzt.

Die Wirklichkeit in der Schweiz sieht anders aus. Mit ihrem berüchtigten Satz «this is not a bail-out» hat KKS dem Schweizer Steuerzahler möglicherweise Milliarden aus der Tasche gezogen. Der auf Geheiss des Bundesrats erfolgte 16-Milliarden-Abschreiber bei der CS hat eine Prozesslawine ausgelöst. Genau wie die ruppige Festlegung des Übernahmepreises auf Ramschniveau und damit eine gewaltige Minderung des Aktienwerts der CS.

Natürlich konnte Ermotti fröhlich Verzicht bekanntgeben; bei einem Sondergewinn von 25 Milliarden durch den Kauf zum Schnäppchenpreis platzt die UBS aus allen Nähten. Zudem macht Ermotti so gut Wetter für die Massenentlassungen und Filialschliessungen in der Schweiz. Das Handeln mit Notrecht, unter Zeitdruck, das Verscherbeln der CS, ohne Alternativen genügend zu prüfen, gar das nachträgliche Verändern von Notrecht-Verfügungen, rückwirkende Verordnungen, ein No-Go in jedem Rechtsstaat, das alles wird der Schweiz, der Regierung, insbesondere der Bundesrätin KKS noch schwer auf die Füsse fallen.

Nun ist klar, dass Rafi sich seine Meinung im Chefbüro abholt; genau, wie er ein liebedienerisches Interview mit dem Anwalt des Rammstein-Sängers machen musste, um schlimmere Folgen für eine Fehlleistung des «Blick» abzuwenden, greift er nun in die Harfe und lobt KKS in den Himmel.

Vielleicht wird man gelegentlich erfahren, welchen Interessen von Ringier das dient.

 

 

3 Kommentare
  1. Victor Brunner
    Victor Brunner sagte:

    Wahrscheinlich hat Rafi ein grosses Poster von KKS über seinem Bett! Wer so schreibt hat nicht alle Tassen im Schrank. Aber die Lobhudelei ist bestimmt der Beginn einer langen Freundschaft, mit Standleitung ins EFD und zur FDP Parteizentrale!

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  2. René Küng
    René Küng sagte:

    Keine Angst Frau Bernhard,
    zackbum kommt NICHT in den Medien.

    Und die Frau hinterm Herd tüftelt schon Millionenschwer (und unter gütiger Mithilfe ihrer ‹us friends›, den Silicon-Paten), damit ihre Kollegin bald ungestört jonglieren kann: Die MedienTodMessen von René Zeyer werden bald so schweineteuer (für Internet-news-Kuppler), dass die aus dem online-Angebot gestrichen werden (müssen).
    Ne, Zensur kennen wir nicht, sagen dann die Bundesrätinnen und kommen als wouke Seite 3 Ladies im Schleimspurrohr. Auf allen Seiten.

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  3. Slavica Bernhard
    Slavica Bernhard sagte:

    Ich habe etwas Angst vor der Zukunft von Zackbum: Die Medienshow von René Zeyer ersetzt die Sonntagspresse und bald die gesamte Schweizer Presse.

    Überhaupt, interessant ist heutzutage doch nur, was NICHT in der Zeitung steht und NICHT in den Medien kommt.

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