Das Ende einer Institution

Geht doch. Ein wunderbares Stück in CH Media.

ZACKBUM lobt gerne. Wir kommen nur so selten dazu. Daher ein grosses Bravo für Sabine Kuster. Ihr Artikel über das baldige Ende der Schweizer Traditionsmarke Stewi beweist, wie man aus einer trockenen Wirtschaftsmeldung ein kleines Bijou machen kann, ein funkelndes Stück beste Unterhaltung.

Vom Einstieg «Die Löcher im Boden sind überall, fast in jedem Schweizer Garten versteckt sich eins», über die Reflexion der Ursachen («Der Kult-Status von Stewi hat nicht gereicht, um die Firma über Wasser zu halten») bis zu haargenauen Beobachtungen: «Aber weder das Natel noch die Zyliss stehen so sehr für Schweizer Ordnung und Anständigkeit wie der Stewi: Natürlich machte es Sinn, die grossen Bettlaken an den hohen und langen äusseren Schnüren aufzuhängen und die Unterwäsche an den kurzen, innen liegenden. Andersrum wird es bis heute in einem anständigen Schweizer Haushalt in Blicknähe zum Nachbargarten kaum je gemacht

Dazu fein-ironische Bemerkungen, die lustig sind, sich aber nicht über jemanden lustig machen: «Ausserdem hat jeder Haushalt oft ein striktes Aufhänge-Regime: Im Viererhaushalt beispielsweise erhält jede Person ihre Seite, sodass die Wäsche effizient nach Person – sprich Kleiderschrank – abgehängt werden kann. Wer dies nicht beherrscht, dem wird das Kellertreppenfegen oder Kompostkübelleeren zugeteilt

Auch die Geschlechterfrage bleibt nicht aussen vor: «Oder wie viele Männer hängen heutzutage die Wäsche auf? Prozentual vermutlich doch mehr, als es aktuell Bundesrätinnen gibt.»

Schliesslich kennt Kuster auch die kleine Kunst der Schlusspointe, die auf den Anfang verweisen soll und noch einen kleinen Knaller bereithält:

«Wobei die Stewi-Löcher, die bleiben. Und natürlich das Wort. Schon 2017 sagte Stephan Ebnöther in einem Interview, die Jüngeren seien erstaunt, dass es eine Firma gebe, die so heisse wie der Stewi.
Was haben wir vergessen? Der Stewi taugt nicht als Karussell. Wir haben es vor Jahrzehnten schon ausprobiert.»

So etwas beglückt und zeigt, wie man mit nur drei Dingen grossartigen Journalismus herstellen kann. Ein Auge für ein gutes Thema. Schreibkraft. Und das Ziel, den Leser zu unterhalten, nicht zu belehren oder mit der eigenen Meinung zu belästigen.

Kann es denn ohne Kritik abgehen? Der Leser ahnt es. Der «Blick» vergibt das Thema mit einer News-Meldung und einem SDA-Ticker. Tamedia berichtet knochentrocken. Das «Zofinger Tagblatt» versucht’s mit einem etwas gewagten Titel: «Der «Wäschespinne» geht es an den Kragen». Und die NZZ? Schweigt vornehm und sagt sich: wann es berichtenswert ist, dass Stewi den Schirm zumacht, das bestimmen immer noch wir.

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