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Rasender Reporter Hossli

Auf dem letzten Titel von «Domo» verewigt, wer kann das schon von sich sagen.

Ist das ein Symbolfoto oder ist das keins:

Also der Herr rechts ist ein Uncle-Sam-Darsteller. Der Herr links ist Reporter-Darsteller? Schwer zu sagen, denn auf dem Cover der Hauszeitschrift von Ringier wird er nur als «unser Reporter» bezeichnet. Soll das etwa heissen, dass der ganze Verlag nur einen einzigen hat?

Immerhin, in ihrem letzten Editorial löst Chefredaktorin Katrin Ambühl das Rätsel auf: Es handelt sich um den «Leiter der Ringier Journalistenschule Peter Hossli». Der war ganz schön ausser Puste: «Es ist, als würde man fünf Bälle gleichzeitig jonglieren», sagt der Amerikakenner in seiner Reportage für DOMO».

Der Titel der Reportage zeigt dann, worum es eigentlich geht:

Was hat Hossli denn von seiner Reportage mitgenommen? «Es ist ein Rausch, der nicht endet. Am nächsten Morgen sind die Mails aus Zürich schon da. Bitte eine weitere Analyse zu Harris. Okay, da passiert Historisches, Pausen gibt es, wenn nichts mehr läuft».

Aber wie der Titel verrät Hossli auch hier, wer eigentlich das wichtigste Objekt und Subjekt seiner Reportagen ist: «Ein ehemaliger Kollege von der NZZamSonntag meldet sich. Das sei etwas vom Besseren, was er in den letzten 24 Stunden gelesen habe. Die kleine Wertschätzung stellt auf», und muss den Lesern der Hauszeitschrift übermittelt werden.

Auch in der Schlusspointe kommt eigentlich nur einer vor, gespiegelt an anderen.

«An einem wirklich freien Tag besuche ich Williamsburg in Brooklyn. Dort wohne ultraorthodoxe Juden. Fast alle Männer telefonieren mit einem alten Flip-Phone. Warum nicht Smartphones? Ein Ladenbesitzer erklärt es mir: «Unsere Telefone haben keinen Internetzugang. Wir wollen nichts wissen, und unsere Kinder sollen nichts wissen.»
Er will nichts wissen, weil der glaubt. Dieser Mann hat die gleiche Anzahl Chromosomen wie ich – und ist das Gegenteil von mir. Ich will alles wissen. Ein Bedürfnis, das dieser Sommer stillt.»

Trotz gleicher Chromosomenzahl ist also ein ultraorthodoxer Jude das Gegenteil von Hossli. Und will ihm auf die Nase binden, dass sie kein Internet benutzen und ihre Kinder keine Smartphones haben, offen oder versteckt. Nun ja.

Hossli hingegen wolle alles wissen. Aber wollen wir wissen, was er weiss? ZACKBUM musste sich schon mehrfach mit dem Wissensdurst von Hossli befassen. Das waren keine beeindruckenden Begegnungen mit einem herumgaloppierenden Hossli.

Aber je nun. Chefredaktorin Ambühl darf sich einen neuen Job suchen. Das Hausmagazin wird kurz spitz eingestellt, keine Abschiedsnummer, nix. Aus die Maus. also kann Hossli hier auch keine Selbstbespiegelung mehr betreiben. Aber solange er noch herumreisen darf und solange es die Ringier Journalistenschule noch gibt …

Gute Nachricht zuerst

Anlass zu leisem Optimismus im neuen Jahr.

ZACKBUM hat diverse Male beklagt, dass die Medienkolumne in der NZZaS eine Schande für die Zunft, die Medien und die Kolumne ist.

Das perlte an den Verursachern nicht ohne Reaktion ab. Alina Wanner keifte in einer Kolumne zurück und keilte so unanständig gegen ZACKBUM, dass die Sonntagszeitung eine Gegendarstellung in Form eines Leserbriefs veröffentlichen musste.

Aber nun hat das Elend sein Ende. Beat Balzli bedankt sich bei den beiden letzten Kolumnisten, ohne ihre Vorgänger zu erwähnen. Der schreibende Rentner und die noch nicht verrentete Schreiberin lassen zukünftig die Leser, die Medien und die deutsche Sprache in Ruhe.

Immerhin.

Das Ende einer Institution

Geht doch. Ein wunderbares Stück in CH Media.

ZACKBUM lobt gerne. Wir kommen nur so selten dazu. Daher ein grosses Bravo für Sabine Kuster. Ihr Artikel über das baldige Ende der Schweizer Traditionsmarke Stewi beweist, wie man aus einer trockenen Wirtschaftsmeldung ein kleines Bijou machen kann, ein funkelndes Stück beste Unterhaltung.

Vom Einstieg «Die Löcher im Boden sind überall, fast in jedem Schweizer Garten versteckt sich eins», über die Reflexion der Ursachen («Der Kult-Status von Stewi hat nicht gereicht, um die Firma über Wasser zu halten») bis zu haargenauen Beobachtungen: «Aber weder das Natel noch die Zyliss stehen so sehr für Schweizer Ordnung und Anständigkeit wie der Stewi: Natürlich machte es Sinn, die grossen Bettlaken an den hohen und langen äusseren Schnüren aufzuhängen und die Unterwäsche an den kurzen, innen liegenden. Andersrum wird es bis heute in einem anständigen Schweizer Haushalt in Blicknähe zum Nachbargarten kaum je gemacht

Dazu fein-ironische Bemerkungen, die lustig sind, sich aber nicht über jemanden lustig machen: «Ausserdem hat jeder Haushalt oft ein striktes Aufhänge-Regime: Im Viererhaushalt beispielsweise erhält jede Person ihre Seite, sodass die Wäsche effizient nach Person – sprich Kleiderschrank – abgehängt werden kann. Wer dies nicht beherrscht, dem wird das Kellertreppenfegen oder Kompostkübelleeren zugeteilt

Auch die Geschlechterfrage bleibt nicht aussen vor: «Oder wie viele Männer hängen heutzutage die Wäsche auf? Prozentual vermutlich doch mehr, als es aktuell Bundesrätinnen gibt.»

Schliesslich kennt Kuster auch die kleine Kunst der Schlusspointe, die auf den Anfang verweisen soll und noch einen kleinen Knaller bereithält:

«Wobei die Stewi-Löcher, die bleiben. Und natürlich das Wort. Schon 2017 sagte Stephan Ebnöther in einem Interview, die Jüngeren seien erstaunt, dass es eine Firma gebe, die so heisse wie der Stewi.
Was haben wir vergessen? Der Stewi taugt nicht als Karussell. Wir haben es vor Jahrzehnten schon ausprobiert.»

So etwas beglückt und zeigt, wie man mit nur drei Dingen grossartigen Journalismus herstellen kann. Ein Auge für ein gutes Thema. Schreibkraft. Und das Ziel, den Leser zu unterhalten, nicht zu belehren oder mit der eigenen Meinung zu belästigen.

Kann es denn ohne Kritik abgehen? Der Leser ahnt es. Der «Blick» vergibt das Thema mit einer News-Meldung und einem SDA-Ticker. Tamedia berichtet knochentrocken. Das «Zofinger Tagblatt» versucht’s mit einem etwas gewagten Titel: «Der «Wäschespinne» geht es an den Kragen». Und die NZZ? Schweigt vornehm und sagt sich: wann es berichtenswert ist, dass Stewi den Schirm zumacht, das bestimmen immer noch wir.

Juhu: Bleisch hört auf

Es war ein harter Kampf, aber es hat sich gelohnt.

Als Erster zeigte Pascal Hollenstein Wirkung. Nach ausführlicher und wiederholter Kritik an seinem unseligen Wirken als publizistische Leiter nach unten hatte der Wannerclan endlich ein Einsehen: zackbum, weg war Hollenstein.

Die Westentaschenphilosophin Barbara Bleisch war auch zäh. Unbeleckt von jeglicher Kritik machte sie Mal auf Mal Ausflüge in die Niederungen der Banalphilosophie, ohne Rücksicht darauf, dass sie einer eigentlich ehrenvollen Tätigkeit einen Bärendienst (oder sagt man heute Bärinnendienstin?) erwies.

Immer wieder sorgte sie bei Fachleuten wie bei Laien mit ihren Kolumnen dafür, dass sich ein Gefühl ausbreitete, als beisse man in ein nasses Handtuch, während eine Kreide auf der Tafel quietscht. Auch hier musste ZACKBUM Kärrnerarbeit leisten, sich aufopfernd durch manche Kolumne quälen, immer wieder den Herrn um mehr Hirn bitten.

Vergeblich.

Aber dennoch hat der Herr ein Einsehen. Bleisch hat diesen Dienstag ihre letzte Kolumne für Tamedia verfasst. Auch sie beinhaltet wieder Flachdenken in Reinkultur, beim Titel angefangen. Es ist von erhabener und ewiger Wahrheit, dass sich so ab Mitte Dezember das Jahr dem Ende zuneigt, was dem scharfen Auge der Alltagsbeobachterin Bleisch nicht entgangen ist. Und was sie dem staunenden Publikum auch mitteilen muss.

Etwas unsicher wird sie allerdings bei der Zeitangabe am 13. Dezember: «In knapp drei Wochen ist Silvester.» Knapp daneben ist halt auch falsch, aber vielleicht sollte das eine indirekte Anspielung auf Einsteins Relativitätstheorie sein. Zum Abschied lässt Bleisch nochmal voll Rohr tiefe Weisheiten und Wahrheiten auf die Leser plätschern:

«Was uns zu schaffen macht, ist nicht, dass die Zeit vergeht, sondern dass wir es sind, die vergehen, und unser Dasein ein Ablaufdatum hat.»

Wie immer so gegen Mitte ihrer Kolumne fällt ihr auf, dass sie noch keinen Namen eines Philosophen genannt hat. Also muss Martin Heidegger dran glauben. Der hat als alter Nazi zwar so ziemlich alles verdient, aber auch noch von Bleisch kurz uneigentlich zitiert werden? Das ist vielleicht zu viel der Strafe.

Davon wollen wir uns die Feierlaune nicht verderben lassen: es war die letzte Kolumne von Bleisch. Wie meint sie noch richtig: «Wenn Sie den Text zu Ende gelesen haben werden, werden rund 120 Sekunden Ihrer Lebenszeit verstrichen sein.» Das mag sein, aber diese 120 Sekunden kamen einem wieder wie eine endlose Quälerei vor.