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Roshani im Zwielicht

Sind ihre Anschuldigungen haltlos und erfunden?

Schlechte Nachricht für alle, die bereits losgaloppiert sind. In erster Linie die «Zeit»-Mitarbeiterin Salome Müller, die «feministische Aktivistin» Franziska Schutzbach und alle die vielen Journalisten, die sich freudig sabbernd auf die Anschuldigungen der ehemaligen «Magazin»-Redaktorin Anuschka Roshani geworfen haben.

Völlig bescheuert wirkt in diesem Zusammenhang nun das Verwenden von anonymen Quellen, die mutig aus der Dunkelheit «es war alles noch viel schlimmer» gerufen haben sollen (wenn sie nicht schlichtweg erfunden wurden). Mit ziemlich abgesägten Hosen steht auch mal wieder der «Spiegel» da, der seiner ehemaligen Mitarbeiterin die grosse Bühne freimachte und eine vierseitige Klageschrift von ihr veröffentlichte. Deren Inhalt angeblich gnadenlos verifiziert worden sei.

Das alles steht nun in einem schiefen Licht, seit es Roger Schawinski gelungen ist, Einblick in den Untersuchungsbericht der Anwaltskanzlei Rudin Cantieni zu nehmen. Der Bericht über die Vorfälle im «Magazin» war schon von Tamedia als Zusammenfassung publiziert worden. In ihr hatten beide Protagonisten dieser Affäre kräftig eins über die Rübe bekommen.

Finn Canonica waren inakzeptable Verhaltensweisen vorgeworfen worden, Anuschka Roshanis Anschuldigungen hätten sich aber grösstenteils nicht erhärten lassen, zudem habe sie die weitere Zusammenarbeit mit der Kanzlei verweigert.

Beide Angestellten waren im Anschluss entlassen worden; zuerst der «Magazin»-Chefredaktor Canonica, dann die Anklägerin und Redaktorin Roshani.

Was Schawinski nun auf seinem Radio 1 aus dem ihm offenbar vorliegenden Gesamtbericht zitiert, ist starker Tobak:

«Zusammenfassend ergibt sich, dass auch die meisten Vorwürfe gegenüber Finn Canonica verneint werden mussten…Bossing gegenüber Anuschka Roshani scheidet aus, da es an der Zielgerichtetheit und Systematik über längere Zeit fehlt und gerade sie auch Privilegien genoss, die andere nicht hatten… Die Sonderbehandlung eines bezahlten Sabbaticals stellt eine Bevorzugung gegenüber anderen dar und schliesst ein gleichzeitiges Bossing gegenüber Anuschka Roshani eigentlich aus.»

Und: «Nicht bestätigt wurde (von Redaktionsmitgliedern) die Aussage, dass Finn Canonica bösartige höchst verächtliche Aussagen über Anuschka Roshani machte.» Dafür rückt nun ein weiterer Ex-Mitarbeiter ins Zentrum der Affäre: «Nachdem Prof. Dr. Peter Nobels Untersuchung im 2014 eine basale Lüge von Mathias Ninck zeigt, vorliegend Mathias Nincks Angaben nachweislich nicht stimmen, kann er nicht als glaubwürdige Quelle eingestuft werden.»

Ninck habe behauptet, Canonica habe eine Affäre mit einer Angestellten gehabt; diese Story wurde auch von Roshani im «Spiegel» erzählt und noch ausgeschmückt. Dazu der Bericht:

«Die Überprüfung von Mathias Nincks Angaben zeigen, dass schon die äusseren Eckpunkte seiner Schilderung nicht stimmen können.»

Der Bericht merkt weiter an: «Anuschka Roshani baut ihre Versionen ihrerseits stetig aus. Anreicherungen können Hinweise auf bewusste Lügen oder aber auf suggestive Einflüsse sein. Vorliegend fand mutmasslich eine Absprache von Mathias Ninck und eine Angleichung an seine Version statt.» Anscheinend soll Roshani solche Kontakte zuerst verneint, dann eingeräumt haben, um sich dann weiteren Antworten zu entziehen.

Auch in einem anderen Punkt bekommt Ninck gröbere Probleme: «Mathias Nincks Vorwurf, Finn Canonica habe eine Frauenbrust mit nach oben gerichteter Brustwarze auf dem Pult gehabt und diese jeweils – begleitet von zweideutigen Aussagen – vor weiblichen Bewerberinnen gestreichelt, geht ins Leere. Der fragliche plastische Chirurg bestätigte schriftlich, dass er Finn Canonica erst im 2018 – nach Matthias Nincks Zeit – ein Brustimplantat schenkte. Implantate sind nicht als Brust zu erkennen und haben insbesondere keine Brustwarzen.»

Und dann der Hammer:

«Die Untersuchungspersonen gehen nach dem Gesagten von Absprachen zwischen Anuschka Roshani und Mathias Ninck aus.»

Wenn sich das erhärten lässt, kann das für beide Beteiligten ohne Weiteres strafrechtliche Konsequenzen haben.

Ein weiterer schwerer Vorwurf gegen Roshani: Diverse Beweismittel, welche Untersuchungspersonen angefordert hatten, wurden nicht eingereicht. Zum Vorwurf, Canonica habe Roshani die «Ungefickte» genannt, steht im Bericht: «Ins Auge springt vorab die Verwendung der Terminologie. So äusserte Michèle Roten ursprünglich, Finn Canonica habe die «Untervögelte» gesagt. Anuschka Roshani sprach später von die «Ungefickte», worauf Michèle Roten, die als Einzige den Ausdruck hörte, ebenfalls auf «die Ungefickte» umschwenkte. Unbestritten ist, dass Michèle Roten und Anuschka Roshani sich austauschten.»

Eine Parallele zwischen Ninck und Roshani scheint darin zu bestehen, dass beide entlassen, bzw. freigestellt wurden. Ninck kündigte dann 2015 von sich aus, nachdem der damalige Untersuchungsbericht der Kanzlei Nobel seine Anschuldigungen in der Luft zerrissen hatte. Ein weiteres pikantes Detail aus dem Bericht ist die Verbandlung zwischen dem Chefredaktor der «Schweizer Familie» Daniel Dunkel als VR des Verlags «Kein & Aber», dessen Gründer, Besitzer und Geschäftsführer Peter Haag ist, der Ehemann von Roshani. Haag wiederum soll die Tamedia-Verwaltungsrätin Pascale Bruderer mit einem von seiner Frau zusammengestellten Dossier über Canonica versorgt haben, das sie in den VR trug.

Auch die Behauptung von Roshani, sich seit 2007 bei zuständigen Stellen gemeldet und beschwert zu haben, ist laut Bericht nicht belegbar. Mündlich korrigierte sie dann, dass die Meldungen zwischen 2012 bis 2015 stattgefunden haben sollen, allerdings telefonisch. Dem HR von Tamedia liegen dazu aber keine Unterlagen vor.

Wohlgemerkt wurde dieser Bericht vor den Entlassungen von Canonica und Roshani abgeschlossen. Laut Tamedia soll er ihr zur Kenntnis gebracht worden sein, sie bestreitet das.

Wenn man es als belegt erachtet, dass sich Roshani in einer Blindbewerbung um die von Canonica besetzte Stelle des «Magazin»-Chefredaktors bewarb, sich ab März 2022 krank meldete («ohne ärztliches Attest», wie der Bericht anmerkt), schliesslich mit Kündigungsfrist bis Ende 2022 entlassen wurde, um dann im «Spiegel» die ganz grosse Keule hervorzunehmen, kommt der nicht voreingenommene Betrachter zu einer klaren Schlussfolgerung.

Es hat im Verhalten von Canonica offensichtlich schwere Schnitzer gegeben, die auf jeden Fall geahndet werden mussten, wie das auch der Bericht vorschlägt. Allerdings spricht er von Coaching und Abmahnung, nicht von Entlassung.

Nochmals in einem ganz schrägen Licht erscheint das Schweigen der Männer, also der übrigen «Magazin»-Redaktoren. Sie waren und sind offenbar zu feige, sich zwischen einer Bestätigung der Vorwürfe von Roshani und einem Dementi zu entscheiden. Entweder hätten sie sexuelle Ausfälligkeiten ihres Chefredaktors geduldet – oder sie müssten einer Frau widersprechen, die das Narrativ der sexistischen Machokultur bei Tamedia bedient. Herausragend feige ist dabei Daniel Binswanger, früher eng mit Canonica und als Chefredaktor a.i. der «Republik» nicht mehr Lohnabhängiger von Tamedia.

Aber auch er schweigt, wohl um sich die Aussicht auf ein warmes Plätzchen nach dem möglichen Untergang seines jetzigen Brötchengebers nicht zu verscherzen. Was für ein Charakter.

Was allerdings Roshanis Anschuldigungen betrifft, kann ZACKBUM nur wiederholen: sollten sie sich als übertrieben, erfunden herausstellen, als Rache für gescheiterte Karrierepläne und eine Entlassung, dann ist die Dame als Journalistin erledigt und hätte der «Spiegel» neuerlich einen kleinen Fall Relotius an der Backe.

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PS: Die Ereignisse überschlagen sich mal wieder. Wie abzusehen war, wurde nach dem Prinzip «Ene, mene, muh» ein Sündenbock bestimmt. Supino kann’s nicht sein, die beiden Geschäftsführer retteten auch ihre Haut. Also wurde der arme Arthur Rutishauser degradiert und auf den Posten des Chefredaktors der «SonntagsZeitung» runtergstuhlt.

Gleichzeitig wurden die beiden Co-Chefredaktoren des «Tages-Anzeigers» gespült. Von deren Existenz merkte sowieso niemand gross was. Nun ist Marco Stäuble neu «Inlandchef». Also ist dieses Ressort von abnehmender Bedeutung. Priska Amstutz kommt ins Abklingbecken «neues Projekt».

Das ist noch nicht so schlimm (ausser für Arthur). Aber jetzt kommt’s: Raphaela Birrer wird die neue Quotenfrau-Chefredaktorin. Die «ausgebildete Lehrerin» auf Primarschulstufe fiel in der Vergangenheit mehrfach durch so unqualifizierte wie rechthaberische Kommentare auf, sonst aber durch nichts. Offenbar ist Tamedia die Mantelredaktion auch zunehmend schnurz. Denn auch Kerstin Hasse, die unsichtbare Frau mit Blödel-Tweets und starkem feministischem Einschlag, ist ebenfalls in dieser Chefredaktion.

ZACKBUM drückt allen verbleibenden Redaktionsmitgliedern sein Mitgefühl aus. Ihr Trost kann nur sein: die nächste Sparrunde kommt bestimmt. Vorher wird das aber auf die Leber gehen!

 

 

Wumms: Raphaela Birrer

Tagi verabschiedet sich von der Qualitätskontrolle.

Keine zu klein, Meinungsträger zu sein. Eingepfercht in seiner Verrichtungsbox, bei Tamedia zudem noch von lüsternen, sexistischen und demotivierenden Männern umzingelt, winkt die einzige kleine Freiheit im Kommentar.

Die «ausgebildete Lehrerin» auf Primarschulstufe Raphaela Birrer ist im Rahmen der Quotenfrauregelung in die Chefredaktion von Tamedia gespült worden. Sie wurde schon mehrfach mit Kommentaren verhaltensauffällig. Sie hat sich diesen oberlehrerhaften Ton bewahrt, mit dem der Diktator im Klassenzimmer aufmüpfige Kleine niedermacht. Allerdings wendet sie ihn beim falschen Objekt an.

Unsere Landesregierung konnte aufatmen, als Birrer gnädig konzedierte: «Der Entscheid des Bundesrats ist richtig – und schlicht alternativlos. Wir müssen uns in diesem Krieg entschieden auf die Seite des Rechts, der Freiheit und der Demokratie stellen.»

Wir wagen uns nicht auszudenken, wie Birrer reagiert hätte, wenn der Bundesrat nicht in ihrem Sinne entschieden hätte. Das hätte vielleicht Strafaufgaben abgesetzt.

Aktuell muss Birrer der SP den Tarif durchgeben. Da wagt es doch tatsächlich ein Pimmelträger, seinen Hut in die Arena zu werfen und für den Bundesrat zu kandidieren. Aber nicht mit Birrer: «Das Theater ist unerträglich», donnert sie schon im Titel. Um klarzustellen: «In der SP entbrennt ein Streit um die Gleichstellung im Bundesrat. Dabei hat die Partei keine andere Wahl, als Frauen zu nominieren.»

Keine Wahlfreiheit für die SP, eine interessante Forderung vom Spielfeldrand. Wieso denn das? Die Kandidatur von Jositsch zeige: «Selbstverständlich ist das numerisch gleichberechtigte Mitregieren der Frauen in der Schweiz offensichtlich noch nicht

Das begründet Birrer mit einem hoffentlich selbst gegoogelten Ausflug in die Geschichte: «Die Schweiz hatte bisher 121 Bundesratsmitglieder. Neun davon waren Frauen. Neun! Die SP stellte 14 Bundesräte. Drei waren Frauen

Das ist so brunzblöd, dass man versucht ist, den alten Kalauer aufzuwärmen, dass es deswegen doch auch Mitglieder heisse. Die absurde Forderung, eine geschlechtlich ausgewogene Mischung in Entscheidungsgremien herzustellen, zudem mit Verweis auf die Geschichte, ist schädlich und kontraproduktiv. Sie verhalf zwar Birrer zu einem Karrieresprung, mit ihren Kommentaren zeigt sie aber, dass sie oberhalb ihrer Gehaltsklasse angekommen ist.

Denn die Meinung eines Mitglieds (Pardon) der Chefredaktion des grössten Medienkonzerns der Schweiz sollte schon Hand und Fuss und Logik haben. Eine numerisch gleichwertige Vertretung aller gesellschaftlichen Schichten, sexuellen Orientierungen, Hautfarben und auch der beiden offiziellen Geschlechter ist schlichtweg sinnlos und unmöglich.

Die Forderung nach einer ausgewogenen Vertretung von Männlein und Weiblein schliesst die Diversen, die Queeren, die Schwulen aus. Und das wären nur einmal sexuelle Orientierungen. Wie steht es mit Dunkelhäutigen, Menschen mit Migrationshintergrund, Behinderten, Brillen- oder Bauchträgern? Und warum keine repräsentative Vertretung von Berufen; Bauern, Angestellte, wieso auch nicht Lehrer?

Hören wir nochmal O-Ton Birrer: «Aber der Zeitdruck ist nach Sommarugas überraschendem Rücktritt gross – da hätte der Umweg über männliche Pseudokandidaturen unnötig Ressourcen absorbiert. Denn diese Partei kann sich angesichts ihres Profils nicht erlauben, es ausgerechnet beim höchsten politischen Amt mit der Gleichstellung nicht so genau zu nehmen.»

Männliche Pseudokandidaten? Wir wagen uns für einen Moment vorzustellen, was in Birrer vorgehen würde, wagte ein zudem männlicher Kommentator von weiblichen Pseudokandidaturen zu faseln. Diesen verbalen Blutrausch möchten wir nicht erleben.

Also sagen wir mal so: Birrer selbst ist das beste Beispiel dafür, dass Karriere dank Geschlecht eine tragische Fehlentwicklung ist, die dringend korrigiert werden muss. Denn Tamedia hat’s ja auch sonst nicht leicht.

Neue olympische Disziplin

Wettkämpfe müssen nicht körperlich sein.  Es gibt eine neue geistige Übung.

Die Reihe wird lang werden. Wir eröffnen sie mit Raphaela Birrer. Die «ausgebildete Lehrerin hat auf Primarstufe unterrichtet» und «Publizistik, Politologie und Geschichte an der Universität Zürich studiert». Mit oder ohne Abschluss, man weiss es nicht. Auf jeden Fall ist sie im Rahmen der Frauenoffensive «seit 2022 Mitglied der Chefredaktion Tamedia. Zudem leitet sie seit 2019 das Inland-Ressort der Mantelredaktion».

Also nicht niemand; ihre Stimme hat Gewicht. Leider. Immerhin, der Bundesrat kann aufatmen. Die strenge Lehrerin ist gnädig mit ihm:

«Der Entscheid des Bundesrats ist richtig – und schlicht alternativlos. Wir müssen uns in diesem Krieg entschieden auf die Seite des Rechts, der Freiheit und der Demokratie stellen.»

Indem die neutrale Schweiz auf Drängen des Auslands die EU-Sanktionen übernimmt, ohne Mitglied der EU zu sein. Also hat der Bundesrat nur knapp bestanden und muss nachsitzen: «Trotzdem hinterlässt der Entscheid einen schalen Nachgeschmack.»

Bevor dagegen eine Mundspülung helfen könnte, wieso denn das? Na, weil der Bundesrat eine Versammlung von Laueri ist: «In anderen westlichen Ländern haben die Regierungen angesichts der militärischen Gewalt Russlands rasch reagiert und radikale Massnahmen erlassen

 

Dagegen herrscht in Bundesbern Larifari: «Schuld an dieser Fehleinschätzung waren schlecht vorbereitete Departemente, aber auch eine kleinkrämerische Kultur im Bundesrat.» Da muss nun die Lehrerin ganz streng werden und Grundsätzliches erklären: «Die Schweiz darf nicht militärisch in Konflikte intervenieren. Ansonsten hat der Bundesrat Spielraum, die Neutralität der weltpolitischen Lage entsprechend auszugestalten. Davor schreckte er offensichtlich zurück.»

Ihr Angsthasen, donnert Birrer vom Katheter: «Die Schweiz ist in ihren zentralsten Werten zu wenig gefestigt.» Was kann man da tun? Strenge Erziehung, klare Kante, Nachsitzen und Strafaufgaben erledigen: «Hier muss – nicht nur im Umgang mit Russland – ein Umdenken stattfinden.» Die sieben Bundeszwerge müssen je hundert mal ins Reinheft schreiben: Wir müssen umdenken.

Denn sollte das nicht passieren, schwant Birrer ganz Übles, Abgründiges, Schlimmes. Sie sagt nur Russland, sie sagt nur China. Sie sagt nur «anderes Wertesystem», sie sagt nur «ein bewusst vom Westen abgegrenzter Normenraum», was immer das sein mag.

Eine Warnerin und Mahnerin, die Kassandra von der Werdstrasse

Sie warnt und mahnt, sollte dieses Umdenken nicht stattfinden, und morgen werden die Hausaufgaben abgefragt in Bundesbern – wehe, wer da schwänzt –, wer nicht umgedacht hat, bekommt’s mit dem Lineal zu tun. Denn: «Bleibt die Schweiz in diesem Kräftemessen unentschlossen, droht sie zerrieben zu werden

Kein Käsefondue mehr, stattdessen Reibekäse? Keine Neutralität mehr, stattdessen «entschiedene Stellungnahme»? Es gibt noch Hoffnung für die Schweiz. Aber nur, wenn die sieben Zögerer von Bern unter Führung der Weltstrategin Birrer entschlossen in die richtige Richtung marschieren.

Allerdings: Ob man wohl auch bei Tamedia schon davon gehört hat, dass auch Lächerlichkeit töten kann?

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Endlich: Tamedia packt die wichtigsten Probleme an

Es ist gut, dass wenigstens der zweitgrösste Medienkonzern der Schweiz weiss, wo aktuell der Schuh drückt.

Weniger Recherche, weniger Nachrichten, weniger Analyse und Einordnung. Dafür mehr Meinung. Keiner zu klein, Kommentator zu sein. Das ist der neue Spielplatz, das Frustablassbecken für Redaktoren.

Die Meinung gibt wenigstens einen Hauch alter Bedeutung zurück. Der Redaktor (mit Foto!) darf mal wieder allen Bescheid sagen. Probleme und Themen aufgreifen, die ihm am Herzen liegen. Auch wenn es ein einsames Herz ist, weil das sonst keinen interessiert.

Aktuell haben wir auf Newsnet einen seltenen Höhepunkt. Neuer Lockdown, komatöse Wirtschaft, drohende Ausgangssperre, Impf-Apartheit, wird der Abschaum bei der Inauguration des neuen US-Präsidenten wieder für Krawall sorgen? Wie geht Russland mit Oppositionellen um?

Was das Publikum beschäftigt, ist Pipifax für den Kommentator

Es mag ja sein, dass das Publikum diese Fragen beschäftigt. Aber wenn sich der Redaktor aus seiner Käfigtierhaltung im Newsroom in die Sphären der Gedankenfreiheit aufschwingt, lässt er solchen Pipifax weit hinter und unter sich:

 

Corona? Mutationen? Ach was, Salome Müller hat eine «neue Seuche» entdeckt. Auch das noch, was droht uns denn nun noch? «Sexistische Kommentare von Männern in der Öffentlichkeit». Jessas, echt jetzt? Ganz neu? Liebe Bauarbeiter, die Zeiten, als italienische Fremdarbeiter etwas südländische Lockerheit in die Schweiz brachten, indem sie ungeniert ihrer Bewunderung für vorbeilaufende Frauen zum Ausdruck brachten, sind vorbei.

Das war wohl auch vor der Geburt von Salome Müller, denn sie beklagt: «Wenn Frauen sich im öffentlichen Raum bewegen, müssen sie damit rechnen, sexistische Kommentare von Männern zu hören. Aggressive Zurufe. Beleidigungen.»

Gibt es Abhilfe?

Ich als Mann kann mich da für meine testosterongetriebenen Geschlechtsgenossen nur schämen. Und versichern, dass ich das noch nie getan habe. Aber wenn wir von Seuchen sprechen: Was ist dann mit der Genderisierung und Vergewaltigung der Sprache durch Sternchen aller Orten und weitere absurde Monstrositäten? Gut, nicht ablenken, zeigt Müller wenigstens Lösungswege auf?

Aber ja: «Erst wenn Männer von anderen Männern gemassregelt werden, wird sich etwas ändern.» Ach was. Also ich finde diese Position beinhaltet eine typische, postkoloniale Arroganz einer weissen Frau. Warum? Nun, in meinem zweiten Heimatland Kuba würde es eine Frau als Beleidigung empfinden, wenn ihre Attraktivität nicht Männer in der Öffentlichkeit würdigten. Würden andere Männer die massregeln, würden sie auf völliges Unverständnis und bösartige Vermutungen stossen.

Zurufe, Beleidigungen, und dann noch von der Arbeit abgehalten werden

Sozusagen in die gleiche Kerbe haut auch der nächste Kommentar: «Wir halten Frauen bewusst vom Arbeiten ab.» Ach was, also ich habe das noch nie getan. Ach so, Raphaela Birrer macht auch nicht mich verantwortlich, sondern «unser Steuersystem». Das setze «aus ideologischen Gründen einen Anreiz für verheiratete Frauen, möglichst wenig zu arbeiten». Das sehen viele Ehemänner auch so, allerdings nicht aus ideologischen Gründen.

Aber Scherz beiseite, würde diese steuerliche Bestrafung für Zweitverdiener abgeschafft, gäbe es bis zu «60’000 zusätzliche Vollzeitstellen», «300’000 Frauen würden ihr Pensum um jeweils 20 Prozent erhöhen», weiss die Autorin. Woher? Nun, natürlich aus «Studien». Zwei Dinge weiss sie aber nicht: Was für einen Sinn würden tausende von neuen Vollzeitstellen machen, wo dank Lockdown die Arbeitslosenzahlen in die Höhe schnellen werden, sobald Kurzarbeitsunterstützung ausgelaufen ist?

Und ob Birrer wohl schon mal vom Hausmann-Modell gehört hat, von Männern, die ihrer Frau den Vortritt in der Karriere lassen? Offenbar ist ihr dieses Modell zu emanzipiert und modern.

Der mächtigste Mann der Welt und der mächtigste Stellvertreter

Michael Meier ist ein Mann. Sehen wir grosszügig über diesen Makel hinweg, denn auch er äussert sich zu einem Thema, das uns alle umtreibt. «Eine neue Allianz zwischen Washington und Rom». Ach was, haben wir da etwas verpasst? Eigentlich nicht, Meier folgt nur den Spuren des «US-Publizisten Andy Roman». Nomen est omen, der sieht eine Vereinigung «politischer und religiöser Macht zu einer gemeinsamen Vision und Mission». In Sachen Klimaschutz, Armutsbekämpfung und Integration von Flüchtlingen. Nur: Andy Roman hat für einen Publizisten erschreckend wenig publiziert.

Aber wunderbar, der zweite Katholik nach Kennedy im Weissen Haus darf nun auch mit höherer Hilfe rechnen. Die Kirche wird ihre tiefen Schatullen öffnen, ihr Milliardenvermögen zur Armutsbekämpfung ausgeben. Klimaschutz spielt sich sowieso in höheren Sphären ab, wo die Kirche die Lufthoheit beansprucht. Und über so Kleinigkeiten wie das Abtreibungsverbot, die Anwendung von Verhütungsmitteln oder sexuelle Aufklärung, da wird man sich schon einigen. Aber eins ist sicher: Die Welt wird eine bessere werden. Gott vergelt’s.

Auch der lebenslange Kämpfer Ziegler darf nicht fehlen

Fehlt da noch etwas? Doch, ja, da fehlt noch Jean Ziegler. Der unermüdliche Kämpfer gegen das Unrecht auf der Welt, der damit trotz aller Kritik an ihm unsere Hochachtung verdient, wendet sich in einem Gastbeitrag an die Tamedia-Leser.

Wortgewaltig wie immer: «Wir müssen helfen, dem Martyrium der Gefangenen der Lager auf den griechischen Inseln ein sofortiges Ende zu bereiten.» Dabei muss Bundesrätin Keller-Sutter an die Tradition der Schweiz erinnert werden: «Ihre Hartherzigkeit ist der humanitären Tradition unseres Landes unwürdig.»

Gut gebrüllt, alter Löwe, dass er damit auch etwas Werbung für sein jüngstes Buch «Die Schande Europas» macht, sei ihm nachgesehen. Nur: auch dieses Schicksal interessiert zur Zeit in Europa kaum jemanden. Leider, lieber Jean.

Wird die Welt nun besser? Leider nein

Sind nun alle wichtigen Themen der Zeit kommentiert, Lösungen aufgezeigt, Forderungen gestellt, kann man sich zurücklehnen und hoffen, dass die Welt sich das zu Herzen nimmt und besser wird? Nun, es muss leider gesagt werden: nein. Denn selbst im gleichen Organ werden all diese wohllöblichen Ansichten konterkariert.

Erst noch von einer Frau. Wäre sie ein Mann, würde sie von Müller mindestens mit Gender-Sternchen beworfen werden. Eher noch mit Binnen-I gepiesackt. Denn Bettina Weber tut etwas, was in jeder anständigen Partnerschaft – ob binär oder non-binär – dazu führen muss, dass der Übeltäter auf dem Sofa schläft: Sie beurteilt eine Frau ausschliesslich nach Äusserlichkeiten!

Geht’s noch, geht’s noch schlimmer? Aber immer: «schlecht angezogene Männer mit Bärten und merkwürdigen Kopfbedeckungen» seien durchs Kapitol gezogen.

Politik ist in erster Linie eine Sache der richtigen Bekleidung

Da hat sie recht, wenn man das Kapitol stürmt, sollte man sich wenigstens anständig kleiden. Trost sucht Weber bei der First Lady. Die sei wenigstens «vermutlich» immer in eine Parfumwolke gehüllt; Thierry Mugler meint Weber zu erschnuppern, an den Füssen der First Lady will sie Louboutins mit «Killer-Absätzen» erspäht haben: «So viel Stiletto im Weissen Haus war noch nie, so viel Designermode auch nicht.»

Da spricht vielleicht der Neid, denn Louboutins, Parfum von Mugler und Designermode ist etwas oberhalb der Gehaltsklasse von Weber. Die zudem hoffentlich Birkenstock und keine Killer-Absätze in der Redaktion trägt.

Melania Trump als Gipfel

Am Schluss versucht Weber, mit einer feministischen Volte wieder Boden gut zu machen: Das Grossartige an Melania Trump sei «ihre trotzige Wenn-ihr-mich-nicht-mögt-ist mir-das-egal-ich-sehe-dafür-besser-aus-Attitüde.» Wie ihre Co-Unterchefredaktorin bei Kamala Harris schwärmt Weber wie ein Backfisch: «das war der Gipfel weiblichen Selbstbewusstseins.»

Man sieht; bevor der ganzen Welt gute Ratschläge gegeben werden: Es gibt zunächst noch viel zu tun bei Tamedia. Sehr viel. Ich bin bekanntlich kein Feminist, aber niemals würde ich eine Frau auf ihr Äusseres reduzieren. Selbst wenn sie eine so merkwürdige Frisur wie Müller hat.