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Abschied von Peter Buser

Die Trauerfeier hatte eine Würde, von der die Mainstream-Berichterstatter nicht mal träumen können.

 

«Oft sehen wir so viel Schmutz, dass wir am Glauben an das Reine verzweifeln könnten. Mozart hilft uns dann zurück.»

Es war ein Anlass für die Happy Few, der am Dienstagmorgen im Landhaus zu Solothurn stattfand. Die hatten sich versammelt, um Peter Buser zu gedenken, der Ende Juli im Alter von 84 Jahren verstorben ist.

«Die Ehrlichen sind oft unhöflich. Die wahren Unhöflichen sind aber die Unehrlichen.»

Tausend weisse Rosen als Symbol für seine Pracht und ausufernde Opulenz. Zoë Jenny trug aus seinen Gedichten und Aphorismen ausgewählte Texte vor.  Yury Revich und Benedict Klöckner,  zwei Weltklasse-Solisten, gaben dem Anlass zusammen mit einer begabten Pianistin und einer Balletteuse den klassisch-musikalischen Rahmen.

Elias Meier, Freund und Begleiter von Peter Buser, fand die richtigen Worte zu Mann und Werk. Der ganze Anlass wird zu gegebener Zeit im Internet zugänglich gemacht werden.

«Die La Fontaines und La Rochefoucaulds haben die Menschen in bester Absicht ins Bad der Jauche gestossen. Wenn man sieht, wie unsere Generation die Jauche liebt und in ihr teilnahmslos ersäuft, weiss man nicht, ob man die Erleuchter loben oder verdammen soll.»

Welch ein wohltuender Kontrast zu dem oberflächlichen Gewäffel um den angeblichen «Sexisten» Buser, geboren aus einer einzigen, launischen Antwort auf eine provokativ politisch-korrekte Frage.

Buser war nicht einfach, es war auch nicht einfach mit ihm. Aber er war reich. Nein, nicht im banalen Wortsinn, er war bereichernd. Man konnte herrlich mit ihm streiten, lachen – und sich furchtbar über ihn ärgern. Aber auch wieder mit ihm versöhnen.

Denn wem es noch um umfassende Bildung geht, um Gedichte, um Klassiker, um Musik, um Philosophie, der fand hier einen Gesprächspartner, der seinesgleichen suchte.

«Die Sprache ist launenhaft und unzuverlässig wie die Katze. Sie schmeichelt schnurrend und liebkosend um das Bein, dann kratzt sie unversehens mit gehärteter Pfote und faucht. Wenn man sie tagsüber zum Fangen von Mäusen brauchte, streunt sie auf dem Feld des Nachbarn. Nachts dann, wenn man verdiente Ruhe sucht, schleicht sie sich ins Bett und quält mit allerlei Gaukeln und Tändeln.»

Welche Bögen konnte man mit ihm abschreiten, wenn es gelang, seine Obsessionen in Schranken zu weisen. Belohnt wurde man durch Gedichte, eigene und auswenig zitierte der Klassiker, durch Musik, eigene und konzertreif auf dem Flügel gespielte seiner grossen Lieblinge Schubert, Mozart, Schumann.

«Wenn man Trakl liest, ergeht es einem wie bei gewissen Schubert-Stellen. Man kann nur noch an Gott glauben.»

Dieser Prachtband mit seinen Gedichten, Werken eines Starfotografen und einem Vorwort von Martin Walser symbolisiert perfekt, wer er war und was er wollte. Opulentes, Übergrosses, Gewagtes.

«Mich macht die Vollkommenheit dieser Universalpoesie ganz glücklich.»
Aus dem Vorwort von Martin Walser.

So verliessen die Trauernden zur Melodie des «Heimatvogel» von Buser die Trauerfeier. So wollte er es; ein beschwingter Abschied, kein trauriger. Mit weissen Rosen, von jedem Schmutz befreit, mit dem er gegen sein Lebensende beworfen wurde. Weil er zwar im Herzen ein Schweizer, ein Trimbacher geblieben war, aber zu gross für diese Schweiz geworden, zu ungestüm, zu wenig korrekt, unfähig zur Anpassung und Selbstverzwergung.

Oftmals lautstark und aggressiv – wie viele zu sensible Menschen.

«Die Vorschläge sowohl des Herrn Marx als auch des Herrn Nietzsche wären ja vornehmer und erhebender als die des Bergpredigers. Nur hat der erste jedes Personal verloren und der zweite schon gar nicht anwerben können, sodass wir ärgerlicherweise auf den letzteren zurückgeworfen sind. Wohl auf alle Zeiten.»

Seine Werke werden ihn – und natürlich seine Kritiker – überdauern. Das ist schön zu wissen.

«Schweig stille, mein Herze. Der Kopf sagt, dieses Gedicht sei etwas sprunghaft und von Herrn Mörike eher schlecht gefügt. Die Tränen kümmert es nicht.»

 

Rico Bandle und die Liederlichkeit

Über den Tod hinaus nachtreten: bei Tamedia verrutschen alle Massstäbe ins Nichts.

Der Banker, Mäzen und Lebemann Peter Buser ist 84-jährig gestorben. Er war ein grosser Liebhaber von Musik und Literatur, veranstaltete Konzerte auf eigene Kosten, spielte begnadet Klavier, gab freimütig Geld für ihm wichtig erscheinende Anliegen.

Aber wie formuliert Rico Bandle in seinem Holper-Deutsch:

«Damit hatte er sich endgültig ins gesellschaftliche Abseits gestellt: In einem TV-Beitrag wies der über 80-jährige Selfmade-Millionär Peter Buser eine blutjunge Freundin an, vor ihm auf den Boden sitzen. Als die Reporterin nach dem Grund fragte, sagte er: «Sie muss in einer untertänigen Stellung sein. Weil ich bin der Herr.»»

Schiefe Sprache, schiefer Inhalt, falsche Behauptungen: eine Duftmarke des Qualitätsjournalismus aus dem Hause Tamedia. Buser wies nicht an, die Freundin setzte sich mangels Platz in der Ecke des Flügels schräg vor Buser gegen die Wand gelehnt auf den Boden, sein launiges Zitat auf eine provokative Frage der Interviewerin lautete anders.

Ein richtiges Schmierenstück.

Ein Stück journalistischer Dreck halt, ein Nachruf nach der Art des Hauses. Schon im Lead glänzt Bandle mit Unsinn: «Der verstorbene Bankier war wegen Sexismus in Ungnade gefallen.» Bei Scharfrichter Bandle? Beim moralischen Gewissen Bandle? Oder bei wem?

Zu Lebzeiten wehrte sich Buser gegen solchen Quatsch, so musste sich der «Blick» bei ihm entschuldigen und eine Genugtuung zahlen. Bandle geht aber wohl zu Recht davon aus, dass ein toter Buser das nicht mehr tun wird, also ist eigentlich alles erlaubt.

Nun hat Bandle davon Wind bekommen, dass am Dienstag eine Trauerfeier für Buser in Solothurn stattfinden wird, bei der alle Aspekte des langen Lebens dieses Exzentrikers gewürdigt werden sollen. «Dabei erweist ihm eine Persönlichkeit die Ehre, von der man das nicht unbedingt erwartet hätte: Schriftstellerin Zoë Jenny wird Gedichte vorlesen.»

Leider mag Bandle nicht erklären, wieso man – also genauer er – das nicht unbedingt erwartet hätte, dass eine Schriftstellerin dem grossen Kenner und Liebhaber der Literatur eine Ehre erweist, zu der dieser missratene Schreiber nicht in der Lage ist. Er gibt noch weitere Zoten aus dem Privatleben Busers zum Besten: «Sein Schlafzimmer sei eingerichtet gewesen wie ein Bordell, erzählen Besucher.»

Die hätten erst mal seine Badezimmer in Zürich und Liechtenstein sehen sollen. Macht Ungnade, Wohnungseinrichtung und angeblicher Sexismus das Leben Busers aus? Auch wenn Bandle Busers Kunstveranstaltungen erwähnt, seine Aussage ist klar: wie kann man sich nur bei dieser Trauerfeier eines im Abseits stehenden Sexisten blicken lassen.

Da hat man dann mindestens Bandle Rechenschaft abzulegen, am besten sollte man wohl ganz darauf verzichten, bei der Trauerfeier für einen Sexisten aufzutreten. Das gilt wohl auch für Yury Revich und Benedict Klöckner. Aber die Namen dieser Weltklasse-Solisten sagen Bandle wohl nichts, daher erwähnt er sie weder, noch hat er sie angefragt, was sie sich denn dabei denken.

De mortuis nihil nisi bene. Falls Bandle kein Latein kann (Buser beherrschte ein Dutzend Sprachen, darunter Latein und Griechisch): Man muss über Tote nicht nur Gutes sagen. Aber ein Mindestmass an Anstand sollte man vielleicht doch bewahren. So man hat.

Damit Bandle noch mehr Anlass zur Erregung hat: auch René Zeyer wird an dieser Trauerfeier teilnehmen. So viel Respekt muss sein. Sollte Bandle das auch tun wollen, könnte es ihm allerdings passieren, dass er unsanft ins Freie befördert würde. Schmierfinken sind nicht erwünscht.

 

Vom Zauberberg ins tiefe Tal der Niedertracht

Es sollte ein Zusammenspiel zwischen Sport und Kultur werden. Zwischen dem HC Davos und dem Buser World Music Forum. Es wurde ein Foulspiel.

Am 30. November 2019 war die Welt in Davos sehr in Ordnung. An einer gemeinsamen Pressekonferenz stellten der Präsident des HC Davos, der Stadtpräsident und Peter Buser eine kulturelle Zusammenarbeit vor.

«Eine Partnerschaft, die den Sport und die Kultur zusammenbringt, die Synergien nützt und sich gegenseitig ergänzen soll.» Klassische Konzerte auf Weltniveau, am WEF und am Spengler Cup. PR für die Stiftung, in die der Mäzen und Musikliebhaber Buser später sein Vermögen einbringen will. Viel Geld für den HC Davos, insgesamt rund 12,5 Millionen über die nächsten 8 Jahre verteilt.

Es herrschte eine Stimmung, als ob eine Fortsetzung zu Thomas Manns Zauberberg in Planung sei. Die Hürden schienen klein und leicht überwindbar. Der VR-Präsident Gaudenz Domenig, Of Councel bei einer renommierten Anwaltskanzlei, hatte den Vertrag aufgesetzt. Der Stadtpräsident von Davos versprach, sich um den Bau eines Konzerthauses zu kümmern, das zu diesen Anlässen aufgestellt werden sollte. Und Buser war so begeistert, dass er gleich mal über drei Millionen Franken überwies.

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Fouls im Eishockey:

  • Beinstellen (tripping); Hoher Stock (high sticking); Haken (hooking), Angriff gegen das Knie (kneeing); Spielverzögerung (delay of game); unkorrekte Ausrüstung (z.B. spielen mit gebrochenem Stock).

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Von da an ging’s bergab. Schon wenige Tage später nahm das «Sportpanorama» von SRF diesen Paukenschlag einer Zusammenarbeit zum Anlass, um den Menschen Peter Buser zu porträtieren. Er gewährte Eintritt in eine seiner Wohnungen; sein Pied-à-Terre am Zürichberg. Es wurde gefilmt und gefilmt, schliesslich wurde Buser gebeten, doch an seinem Flügel etwas vorzutragen.

Das tat er, und eine seiner jungen Begleiterinnen setzte sich neben ihn auf den Boden; in dieser Ecke der Wohnung hat es keinen Platz für weitere Sitzgelegenheiten. Das war für die Reporterin von SRF endlich eine Szene, die sie ausschlachten wollte. Wer denn diese Dame sei, mischte sie sich nassforsch in Busers Privatleben ein, und warum sie denn auf dem Boden sitzen müsse.

Zwei Sätze, hingeworfen. Riesenauswirkungen

In offenkundiger Verkennung der aktuellen Lage in Sachen Sexismus, Korrektheit und Frauendiskriminierung, antwortete Buser auf eine für ihn offensichtlich eher dumme Frage mit Ironie. Das sei früher seine Sklavin gewesen, aber inzwischen sei sie zur untergebenen Frau aufgestiegen, dabei aber emanzipiert.

Für ihn eine vielleicht etwas provokative Antwort auf eine übergriffige Frage. Aber seit diesem Satz war alles andere vergessen. Sein Mäzenatentum, seine Liebe zur Musik, seine Grosszügigkeit in allen Richtungen, seine umfassende Bildung. Selbst der Respekt davor, dass jemand einfach mal so 12 Millionen Franken ausgeben möchte, um die Welt mit klassischen Konzerten zu bereichern.

Wie es sich im Boulevard-Journalismus gehört, dem auch SRF immer mehr frönt, rannte die TV-Equipe natürlich zum Präsidenten des HC Davos, spielte ihm die Szene brühwarm vor und stellte die inquisitorische Frage, was er denn dazu sage. «Wir wussten, dass er eine schillernde Figur ist», ruderte Domenig herum, «dass er extremer ist, als wir gedacht haben, das scheint der Fall zu sein.» Was ein Anwalt halt so sagt, wenn er überraschend in die Eier getreten wird.

So ein Mist, dachte Domenig sicherlich, über 12 Millionen Franken, dachte er. Über drei Millionen schon eingesteckt, dachte er.

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  • Stockschlag (slashing); Stockstich (spearing); Stockendstoss (butt-ending); Bandencheck (boarding), Cross-Check (auch Stock-Check); Check von hinten (checking from behind); Check gegen den Kopf (checking to the head).

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Wie von SRF erhofft und von Domenig befürchtet, erhob sich der übliche Proteststurm. Geht es um die kostenlose Verurteilung eines sinnvollen Projekts, ist die SP immer vorne dabei. Hier in Person des Nationalrats Jon Pult: «Blanker Sexismus. Darf keinen Platz haben», dekretiert er. Die Medien, die üblichen Schaumschläger sahen die Gelegenheit, noch Action in die eher ruhige Vorweihnachtszeit zu bringen.

Domenig trifft eine Entscheidung

Imageschaden, Reputationsschaden, Forderungen, moralische Entrüstung. Nur ein Sportjournalist hält dagegen. Buser habe keine Straftaten begangen, keine fragwürdigen Geschäfte wie Waffenhandel getätigt, keine Produkte verkauft, die beispielsweise mit Kinderarbeit hergestellt wurden, er rufe nicht zu Straftaten auf und verherrliche auch nicht Gewalt, Rassismus oder Sexismus. All das unterscheidet ihn von einigen Sponsoren, die nicht mit solch «billiger Empörung» abgestraft werden.

Domenig versuchte noch verzweifelt, sich auf die letzte Bastion zurückzuziehen, dass man ja schliesslich nicht mit Buser, sondern mit seiner Stiftung einen Vertrag geschlossen habe. Obwohl er einräumen musste, dass Buser faktisch die Stiftung ist und er die finanziellen Garantien übernimmt.

Noch verzwickerter wurde Domenigs Position, als sich Buser erkundigte, wann er endlich mit den versprochenen ersten Gegenleistungen rechnen könne, zum Beispiel so etwas Banales wie das Logo des Forums im Stadium anzubringen.

Inzwischen musste Domenig aber eine definitive Entscheidung getroffen haben. Denn er machte das, was jeder schlechte Anwalt tut. Er versteckte sich hinter Vorwänden. Dieses Logo könne noch nicht angebracht werden, weil der Verein noch nicht ordentlich ins Handelsregister eingetragen sei. Dass dieser Eintrag am Tag des Vertragsabschlusses beantragt wurde, dass er mit der üblichen bürokratischen Verzögern dann erfolgte, was soll’s.

«Wir können keine Werbung für eine Stiftung machen, die es nicht gibt», spaltete Doming noch ein Haar, dann versank er in tiefes Schweigen. Das noch tiefer wurde, als Buser forderte, mangels jeglicher vereinbarter Gegenleistung ihm seine Anzahlung zurückzugeben.

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  • Ellbogencheck (elbowing); zu viele Spieler auf dem Eis (too many men on ice); Unsportliches Verhalten (unsportsmanlike conduct; Übertriebene Härte (roughing), unerlaubter Körperangriff (charging ); Schiedsrichterkritik (misconduct); Halten (holding).

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Da stellte Domenig seine Ohren auf Durchzug; weder von einer Rückzahlung, noch von Nichterfüllung könne die Rede sein. Im Gegenteil, der Vertrag sei weiterhin gültig, und Buser schulde noch rund 8 Millionen Franken, die nun fällig seien.

Eine Million als money for nothing

Angesichts seines Alters (84) und ohne grosse Lust, in jahrelange Streitigkeiten zu versinken, machte Buser ein grosszügiges Angebot: er verzichte auf eine Million Franken, wenn die fehlenden 2,4 Millionen bis am 10. Mai 2021 überwiesen würden.

Immerhin, eine Million für nichts, für absolut nichts, ein mehr als generöses Angebot. Es sieht aber nicht so aus, als ob der HC Davos darauf eingehen wollte.

Gerne hätten wir hier die Stellungnahme von Domenig wiedergegeben. Er hatte Gelegenheit, zu zwei ausführlichen Fragenkatalogen Stellung zu nehmen. Die benützte er auch termingerecht und sehr ausführlich. Aus seinen Antworten zu den ersten Fragen ergaben sich Nachfragen, die er ebenfalls und noch ausführlicher beantwortete. Aber leider verstosse ich eigentlich schon gegen diese Anordnung, wenn ich zitiere:

«Ich erlaube Ihnen nicht, direkte oder indirekte Zitate aus meinen schriftlichen Stellungnahmen zu verwenden.»

Das ist bedauerlich, bei der Mühe, die er sich gegeben hat. Aber bei aller Mühwaltung: wohl nur ein abgebrühter Anwalt kann es für anständig, erlaubt, vereinbar mit Treu und Glauben halten, über 3 Millionen Franken einfach einzusacken – ohne einen Handschlag dafür getan zu haben. Und darauf hinzuweisen, dass die restlichen 8 Millionen weiterhin fällig seien.

Wir erlauben uns nicht, dieses Verhalten so zu qualifizieren, wie es redlich verdient wäre.

Wappler und das Papperlapapp

Was kann Natalie Wappler? Falsche Frage. Was ist Wappler? Richtige Antwort: eine Frau. Sonst noch Fragen?

Der Genderwahn macht vor nichts Halt. Als Natalie Wappler im März 2019 ihre Stelle als neue Direktorin von SRF antrat, seit 2020 zudem als stellvertretende Generaldirektorin SRG, waren die Medien des Lobes voll. Frau, Führung, Erfahrung, strategische Kompetenz, genau das Richtige in Zeiten des Wandels.

Rainer Stadler, damals noch amtierender Medienredaktor der NZZ und als unkaputtbar geltend, verteidigte Wappler sofort, als ihre Aussage, der Schweizer Gebührensender solle «keinen Meinungsjournalismus machen», für Aufregung unter den meinungsstarken Mitarbeitern sorgte.

Im August 2020 kommentierte Stadler noch das «Transformationsprojekt», das Wappler enthüllt hatte. Mehr Digitales, weniger Lineares, war ihr Schlachtruf. Stadler legte noch den Finger auf das grosse Problem: umso digitaler SRF wird, desto mehr kommt der milliardenschwere Koloss ins Gehege mit den privaten Verlegern, da er sie immer deutlicher konkurrenziert.

Friede, Freude, aber kein Eierkuchen

Danach passierte Stadler das, was auch immer mehr SRG-Mitarbeiter zu fürchten begannen: Er war Geschichte, abserviert, Ende Medienkritik. Heute zur Lachnummer verkommen, wenn der Pensionär Felix E. Müller, die schreibende Sparmassnahme, sich selber widerspricht.

Verbirgt sich hinter diesem Lächeln das «Fallbeil vom Leutschenbach», wie Wappler genannt wird? (Screenshot SRF)

Es blieb einigermassen friedlich, bis Wappler die übliche Leier anstimmte: Umbau geht nicht ohne Abbau, alte, ans Lineare gewöhnte (und üppig bezahlte) Mitarbeiter können sich vom ruhigen Arbeiten in der geschützten Werkstatt bis zur Pensionierung verabschieden. Dieser Angriff auf fast verbeamtete Mitarbeiter sorgte für ersten Unmut.

Dabei hielt Kurt. W. Zimmermann völlig richtig fest: «Jeder Journalist wird bei der SRG von genau 1,97 Mitarbeitern aus dem Backoffice betreut.» Da gäbe es gewaltig Sparpotenzial. Aber nicht mit Wappler; sie weiss, dass man die Maschine nicht verärgern darf, wenn man sicher auf dem Stuhl sitzenbleiben will.

Nach der Abstimmung Kreide gefressen, inzwischen vergessen

Nach der historisch knappen Annahme des neuen Radio- und TV-Gesetzes mit 50,08 Prozent, gab sich die SRG noch einsichtig, schliesslich sei sie ja die «idée suisse» und sollte tun, was die Privaten nicht tun. Zum Beispiel gut gemachte Regionaljourrnale. Aber Wappler will die Konzentration auf Prime Time und Rückeroberung jüngerer Konsumenten durchs Digitale.

Schwächung, Abbau, Konzentration

Also werden die Regionaljournale geschwächt, Nischenthemen wie Philosophie, Religion, Literatur zusammengeholzt; in Randzeiten will das teure TV billig Radiosendungen einfach abfilmen. Die neue Alternative zum Testbild. Eher wahllos oder nach Belieben, sicher nicht aus finanziellen Motiven, wurden oder werden Sendungen wie «Schawinski», «Eco», «Sportaktuell» oder «Einstein spezial» gekippt.

Bei Roger Schawinskis Talkshows scheiden sich die Geister. Für die einen – auch für mich – eine muntere Balgerei, bei der (fast) alles erlaubt ist, um das Wort zu erobern, für andere eine unerträgliche Selbstdarstellung. Aber eigentlich alle sind sich einig, dass «Gredig direkt» peinlich direkt ins weichgespülte Nichts führt.

Der Stellenabbau bei SRF ist dabei eher ein Stellenaufbau, wie ZACKBUM bereits durchgerechnet hat. Dennoch glänzt SRF weiterhin mit Sendungen, die schlichtweg eine Einschaltquote von null haben. Das schaffte sonst nur CNN Money Switzerland, dass vor und hinter den Kameras mehr Zuschauer vorhanden waren als draussen im Lande. Schliesslich verheddert sich Wappler noch im neuen Kerngebiet. Play Suisse zeigt bedenkliche Schwächen beim Datenschutz, was das eigentlich völlig überflüssige Login betrifft.

Weg mit alten Zöpfen, aber wo wachsen neue Haare?

Nun könnte man sagen, dass es halt bei Umwälzungen immer etwas rumpelt, wenn eingefahrene Strukturen, Pfründe, Gewohnheiten aufgebrochen werden. Das mag so sein, aber: weg mit dem Alten ist ein guter Schlachtruf, allein, wo bleibt das Neue?

Multimedial und Multichannel, dieser Schlachtruf hat schon einen längeren Bart als der Weihnachtsmann. Aber alles Gequatsche von «Konsument dort abholen, wo er ist», «Sendungen anbieten, wenn er Bock darauf hat», und natürlich unvermeidlich: «das muss man heute einfach so machen», das ist das eine.

Das andere: wo bleibt das Innovative? Der neue Content? Der Inhalt für «idée suisse», die sorgfältig gemachte Reportage (nein, nicht zusammen mit anderen und abgekupfert), die hintergründig aufgearbeitete Erklärung von brennenden Themen? Die grossartige Synergie zwischen verschiedenen Kanälen, so oberhalb von «Näheres finden Sie auf srf.ch oder unserer App»?

Ist Wappler wirklich «die Medienmanagerin des Jahres»?

Die Umbenennung von «Glanz & Gloria» in «Gesichter & Geschichten» (da musste man dann kein neues Logo basteln) reisst es auch nicht raus. Vor allem, weil SRF auf diesem Gebiet weiterhin das Niveau einer Amateurliga ausstrahlt. Durch eine verfilmte, etwas rustikale Provokation des Mäzens und Kunst- sowie Frauenliebhabers Peter Buser verlor der HC Davos eine Spende von 12 Millionen Franken. Bereits überwiesene 3 Millionen will Buser nun zurückhaben,  ausserdem fordert er von SRF das gesamte Filmmaterial heraus.

Die verkürzte Darstellung aus 40 Minuten Material verfälsche seine Aussagen und stelle ihn als «menschenverachtende Person» dar. Inzwischen freut sich der Gebührenzahler darüber, dass SRF Anwälte mit der Sache befassen muss. Ein Detail? Nun, ein Gesamtbild besteht immer aus vielen Details. Und hier ergibt sich daraus kein schönes TV-Bild.