Wanners Wunschkonzert
Der Verleger von CH Media kritisiert geplante Medienförderung.
Peter Wanner hat das Wort ergriffen – und eine ganze Weile nicht losgelassen. Auf einer Zeitungsseite gibt er seine Meinung zur geplanten staatlichen Medienförderung bekannt. Er konstatiert eine Reihe von «Ungereimtheiten».
Insbesondere stört sich Wanner an der geplanten Unterstützung digitaler Medien. Der Entwurf wirke «überhastet und nicht zu Ende gedacht», beschwert sich Wanner. Denn es ist vorgesehen, nur digitale Bezahlmedien zu fördern. Damit werden «Reichweitenmedien» wie «20Minuten», «Blick», «Watson» und «Nau» aussen vor gelassen.
Eigenleistung und Service public
«Grossverlage wenden mehr auf und setzen auf eigen Journalisten», schreibt Wanner, damit würde auch CH Media einen «wichtigen Service public» erbringen. Das müsse auch bei der Unterstützung im Online-Bereich berücksichtigt werden. Es gebe zudem zwei «pure Onlineplayer», die es aus eigener Kraft geschafft hätten: «die «Republik» und «Watson», «zwei der aufsehenerregendsten Neugründungen im digitalen Bereich in den letzten Jahren».
Mit Verlaub: Die «Republik» muss alle Jahre wieder ihre Leserschaft um Millionen anbetteln, um sich ihren Wasserkopf und ihr Randgruppenprogramm leisten zu können. Und auf die Zukunft von «Watson» setzt das Joint Venture von AZ Medien und NZZ so sehr, dass dieses aufsehenerregende Millionengrab aus dieser Kooperation herausgehalten wurde.
Wer soll das bezahlen?
Was genau an der «Republik» oder an «Watson» Service public wäre, müsste dann erst noch begründet werden, bevor man Anspruch auf staatliche Unterstützung erhebt. Dass Wanner zudem bei seiner Aufzählung von Neugründungen «Die Ostschweiz» unerwähnt lässt, kann man wohl nur so erklären, dass die inzwischen dem «Tagblatt» von St. Gallen kräftig Konkurrenz macht.
Aber neben der Frage, wie Nachrichtenlieferanten zukünftig rentabel bleiben können, wie und mit welchen Mitteln ihnen mit Steuergeldern unter die Arme gegriffen werden soll, gibt es noch ein viel wichtigeres Thema: die Qualität des Gebotenen.
Der Fisch stinkt vom Kopf
Wanner ist stolz darauf, dass CH Media «rund 300 Lokaljournalisten» beschäftige. Bei dieser Anzahl fragt man sich natürlich, wieso die Beschwerden aus der Leserschaft, dass früher eigenständige Zeitungen einerseits mit Einheitssauce aus der Zentralredaktion in Aarau abgefüllt werden, andererseits die Lokalberichterstattung immer mehr vernachlässigen, immer lauter werden.
Aber Wagners grösstes Problem sind seine führenden Schreibkräfte. Seine Allzweckkolumnistin Simone Meier belästigt die Leser mit Unverständlichem und erlaubt sich die unglaubliche Geschmacklosigkeit, die Ermordung von 6 Millionen Juden durch Nazideutschland so zu beschreiben, dass sie halt «gecancelt» wurden.
Und sein publizistischer Leiter Pascal Hollenstein, bezeichnet Lokalausgaben als «alte Milchkühe» und Printausgaben als «Abfallprodukt», die man noch solange melken solle, bis die letzten Abonnenten der Printausgaben ausgestorben seien.
Publikumsbeschimpfung und Parteinahme
Diejenigen, die mit ihren Abonnenten auch das Gehalt von Hollenstein finanzieren, übel zu beschimpfen, ist sicher nicht die Vorbildfunktion, die ein publizistischer Leiter ausüben sollte. Sich zudem zum Sprachrohr einer Partei in einem langwierigen Rechtsstreit zu machen, noch viel weniger.
Nur Hollenstein kann das noch steigern; allerdings nach unten. Um seiner Funktion als Büttel einer Partei nachzukommen, hält er sich nicht einmal an eine gerichtlich angeordnete Sperrfrist. Damit will die Justiz vermeiden, dass einseitig und blitzschnell über Urteile berichtet wird. Durch das Ansetzen einer Sperrfrist und die allgemeine Veröffentlichung des Urteils zu diesem Zeitpunkt wird sichergestellt, dass alle Medien gleich lange Spiesse haben.
Primitivster Anstand fehlt
Dass man sich, auch wenn man als Partei natürlich schon vorher das Urteil kennt, daran hält, das verlangt der primitivste Anstand. Selbst die Boulevardzeitung «Blick», Partei in diesem Rechtsstreit, hält sich selbstverständlich daran. Die andere Partei, und ihr Megaphon Hollenstein, haben sich nicht daran gehalten. Sie wollten die Oberhoheit über die öffentliche Meinung mit einer Vorabmeldung erobern.
Wenn das ein übereifriger Jungjournalist machte – und nicht schon von seinem direkten Vorgesetzten zur Räson gerufen würde –, dann wäre das schon sehr peinlich. Wie soll man es bezeichnen, wenn das der publizistische Leiter des Medienkonzerns CH Media macht?
Anders gefragt: Wie kann Verleger Wanner ernsthaft auf die Qualität seiner Produkte hinweisen – bei diesem Personal?