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Wumms: Corsin Zander

Rechtsstaat, reloaded. Vorschriften, passend gemacht.

Die Verluderung des «Tages-Anzeigers» ist nicht aufzuhalten. Es scheint in der Redaktion ein sportlicher Wettbewerb zu herrschen, wer dazu das grösste Scherflein beiträgt.

In die Pole Position schiebt sich Corsin Zander. Der ist für eine strikte Einhaltung aller Gesetze, Regeln und Vorschriften, auch von ungeschriebenen. Wenn es um Scherze der Zünfter wie Blackfacing geht. Da kennt er nix: «Wenn Zünfter rassistische und homophobe Scherze reissen, lässt sich das nicht als Entgleisung im privaten Raum abtun

Entschieden lockerer sieht er die Sache, wenn es um eine Entgleisung im öffentlichen Raum geht. Genauer, um die illegalen Velo-Demos in Zürich. «Critical Mass» behauptet schlaumeierisch, das sei ja nur ein spontanes Veloaufkommen, keine Demo, und brauche daher auch keine Bewilligung.

Den Zielen stimmt er zu, dieser Behauptung widerspricht Zander energisch: «Diese Forderungen sind legitim. Aber wer sie auf diese Weise aufstellen will, braucht in der Stadt Zürich nach geltendem Recht eine Bewilligung.»

Nun hat die Polizei bislang einfach zugeschaut und den Verkehr geregelt. Das ist gesetzeswidrig, wie der Statthalter völlig richtig festhält. Denn unbehelligte Demonstrationen sind zu unterbinden. Punkt. Da wird es für Zander problematisch:

«Mögliche Folgen sind bestenfalls grossräumig gesperrte Strassen, schlechtestenfalls Gewalteskalationen

Was tun? Ganz einfach, wenn das Gesetz nicht passt, muss es passend gemacht werden. wäre doch gelacht:

«Wenn sich die buchstabengetreue Umsetzung des Gesetzes als problematisch erweist, müssen die Buchstaben geändert werden.»

Die Bewilligungspflicht, in der Allgemeinen Polizeiverordnung festgeschrieben, sollte so geändert werden,«dass Demonstrationen nur noch angemeldet werden müssen». Dazu habe der Gemeinderat den Stadtrat aufgefordert.

Zander frohlockt: «Die Polizei hätte auf diese Weise mehr Spielraum und müsste nicht mehr mit allen Mitteln eine Bewilligungspflicht durchsetzen. Der heutige Umgang mit der Critical Mass würde so rechtens.»

Damit meint Zander, dass die Polizei und die Politik dem Druck von der Strasse nachgeben sollen. Wer sich das Recht nimmt, unbewilligt zu demonstrieren, soll nicht etwa in die Schranken gewiesen werden, sondern Recht bekommen. Das wird Fabian Molina und den Schwarzen Block und andere Chaoten aber freuen. Anmeldung genügt, schon kann der Saubannerzug losgehen. Erst, wenn es zu Sachbeschädigungen käme, dürfte die Polizei einzugreifen versuchen.

Faustrecht und Recht der Strasse statt Rechtsstaat. Dass der Gemeinderat eine solche gemeingefährliche Forderung aufstellt, ist seine Sache. Dass der Tagi so etwas begrüsst, ist bodenlos.

Gibt es denn in diesem Blatt, wo ein anderer Redaktor davon fantasiert, er habe ein seit Jahren öffentlich einsehbares Dokument «exklusiv untersucht», überhaupt keine Kontrollinstanzen mehr?

Darf man über Zünfter lachen?

Wieso denn nicht. Genau wie über den Tagi.

Für Aussenstehende sind die Zürcher Zünfter und ihre Tradition, auf Pferden um einen Holzstoss zu reiten, auf dem zuoberst eine weisse (!) Figur steht, eher unverständlich.

Bevor das geschieht, treffen sie sich zu exklusiven Veranstaltungen, bei denen der Zutritt wichtiger ist als das Gebotene. Das ist meist auf bescheidenem Niveau, insbesondere die Show-Einlagen. Man ist unter sich, der Alkohol fliesst, es wird gelallt und gelacht.

Nun hat der «Tages-Anzeiger» Abgründe ans Tageslicht gezerrt: «Ein schwarz angemalter mit einem Knochen in der Hand reisst an einem Zunftball Witze auf der Bühne. Dies zeigt ein Video einer geschlossenen Veranstaltung vor dem Sechseläuten.» Dabei ist das Blatt so erregt, dass es sogar die deutsche Rechtschreibung über Bord wirft. Denn es ist Furchtbares passiert:

«Blackfacing am Sechseläuten: Zünfter lachen in geleaktem Video über Minderheiten». ZACKBUM bittet sein Publikum, nun weder über den Tagi, noch über die Zünfter zu lachen. Denn beides sind Minderheiten. Als ginge es um den Ablauf einer hochwichtigen Versammlung, hebt der Tagi grossspurig an:

«Dieser Zeitung liegen Bilder, Videos wie auch der Ablaufplan der Veranstaltung vor. Ebenso ist der Abend aus Gesprächen mit anwesenden Leuten teilweise rekonstruierbar. »

Nun wird’s ganz schlimm; empfindsame Leser werden gebeten, hier abzubrechen: «In der zweiten Hälfte des dreiviertelstündigen Showblocks betritt ein Mann die Bühne, dessen Gesicht schwarz angemalt ist. Er trägt eine schwarze Kraushaarperücke, einen Bastrock und hält einen grossen Knochen in den Händen.»

Falls jemandem die Widerwärtigkeit dieses Auftritts nicht klar sein sollte: «Das wird in der Fachsprache Blackfacing genannt. Die Kritik daran: Privilegierte Personen machen sich über eine Gruppe lustig, die in der Gesellschaft Diskriminierung erfahren hat.»

Gnadenlos fährt der Tagi in seiner Rekonstruktion fort: «Neben dem Geschminkten stehen ein als Frau verkleideter Mann mit blonder Perücke sowie eine Frau ganz in Schwarz und mit Federschmuck. Während des Gesprächs steckt sich der schwarz angemalte Mann den Knochen zwischen die Beine. Lacher im Publikum.»

Bevor wir hier uns alle in Grund und Boden schämen, bricht ZACKBUM die Darstellung dieser Schaustellung ab. Wir können natürlich dem ausser sich geratenden Tagi-Redaktor Corsin Zander nur zustimmen: «Wenn Zünfter rassistische und homophobe Scherze reissen, lässt sich das nicht als Entgleisung im privaten Raum abtun

Keinesfalls, denn: «Das ist mehr als bloss ein misslungener Scherz. Damit schaden sie Zürich – das Sechseläuten hat noch immer eine Ausstrahlung weit über die Stadtgrenzen hinaus.» Die Zünfter schaden Zürich, schlimm. Aber eigentlich tut das der Tagi, der sich nicht entblödet, sich über ein ihm zugespieltes (nicht etwa «geleaktes») Video furchtbar aufzuregen.

Über die Qualität dieser Scherze lässt sich sicherlich diskutieren. Über die moralinsaure, verkniffene, denunziatorische Schreibe vom Tagi sicher nicht. Zünfter verkleiden sich, machen sich lächerlich, bedienen Stereotype, weigern sich, den Korrektheitsdiktaten von Tagischreibern zu entsprechen: bravo.

Merke: wer Blackfacing macht, ist nicht wirklich lustig. Wer sich darüber erregt, ist wirklich lächerlich.