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Wo bleibt die Bööggin?

Keine dummen Scherze mehr in geschlossenen Veranstaltungen.

Wer meint, er könne im engeren Freundeskreis angeheitert oder nüchtern sexistische, rassistische, exkludierende, postkolonialistische Vorurteile transportierende Scherze machen: aufgepasst. Trägt das jemand dem Qualitätskonzern Tamedia zu, dann steht nicht nur der Böögg im Feuer, sondern auch der Scherzkeks.

Es gehört zum Brauchtum, dass vor der Verbrennung des Winters die Zünfter sich in geschlossenen Veranstaltungen bespassen. Wenn man entre nous ist und der Alkohol nicht rationiert wird, kommt es zu gewissen Enthemmungen. Das ist völlig normal und erlaubt. Weder bei solchen Gelegenheiten noch im eigenen Schlafzimmer muss man damit rechnen, dass Geschehnisse an die Öffentlichkeit gezerrt werden.

Ausser, man engagiert den falschen Kameramann. Dann passiert Folgendes: «Der Vorfall wurde von dieser Redaktion publik gemacht.» Das liegt immerhin im Streubereich der Wahrheit; «diese Redaktion» veröffentlichte Material, das nicht für die Veröffentlichung bestimmt war und ihr zugespielt wurde. Und regte sich fürchterlich über den Inhalt auf:

«In der zweiten Hälfte des dreiviertelstündigen Showblocks betritt ein Mann die Bühne, dessen Gesicht schwarz angemalt ist. Er trägt eine schwarze Kraushaarperücke, einen Bastrock und hält einen grossen Knochen in den Händen.»

Falls jemandem die Widerwärtigkeit dieses Auftritts nicht klar sein sollte: «Das wird in der Fachsprache Blackfacing genannt. Die Kritik daran: Privilegierte Personen machen sich über eine Gruppe lustig, die in der Gesellschaft Diskriminierung erfahren hat.»

Gnadenlos fährt der Tagi in seiner Rekonstruktion fort: «Neben dem Geschminkten stehen ein als Frau verkleideter Mann mit blonder Perücke sowie eine Frau ganz in Schwarz und mit Federschmuck. Während des Gesprächs steckt sich der schwarz angemalte Mann den Knochen zwischen die Beine. Lacher im Publikum.»

ZACKBUM resümierte damals: Merke: wer Blackfacing macht, ist nicht wirklich lustig. Wer sich darüber erregt, ist wirklich lächerlich.

Die Tagi-Redaktoren David Sarasin, Jan Bolliger und Corsin Zander waren damals ausser sich und hofften auf einen Riesenskandal: «Das ist mehr als bloss ein misslungener Scherz. Damit schaden sie Zürich – das Sechseläuten hat noch immer eine Ausstrahlung weit über die Stadtgrenzen hinaus.» Aber ein paar Monate später mussten sie frustriert vermelden: «Skandal-Auftritt am Zunft-Ball: Blackfacing am Sechseläuten hat keine juristischen Konsequenzen».

Damit versanken die Herren erschöpft in tiefer Weinerlichkeit und Betroffenheit. Deshalb übernimmt nun Sascha Britsko: «Zürcher Zünfte wollen nicht mehr diskriminieren», titelt sie. Womit sie unterstellt: Früher wollten die das? Sonst schreibt sie Meldungen zusammen oder verbreitet harte Kritik an allen Diversanten, die doch der Ukraine tatsächlich Verhandlungen empfehlen, Titel «Sind Sie noch ganz bei Trost

Nun aber kehrt sie ins Lokale zurück. «Die Zünfte haben neu einen Leitfaden gegen Diskriminierung». Auch das hat sie nicht selbst rausgekriegt, sondern sie zitiert in guter Sitte und Tradition das «Regionaljournal» von SRF. Gut so: «Damit wolle man gegen Rassismus, Ausländerfeindlichkeit und Sexismus vorgehen, sagt das ZZZ dem «Regionaljournal»», echot Britsko.

Damit folgen die Zürcher Zünfter den Basler Fasnächtlern, welch seltene Kollaboration. «So steht im Leitfaden beispielsweise, dass diskriminierendes Verhalten wie Beschimpfungen nicht zum Geist des Sechseläutens passe». Damit ist ZACKBUM vollumfänglich einverstanden. Beschimpfungen müssen nicht sein.

Allerdings will das Zentralkomitee der Zürcher Zünfte (ZZZ) seinen «Leitfaden» nur als Empfehlungen verstehen: «Wir können und wollen nicht befehlen, sondern einzig empfehlen, damit das Sechseläuten weiterhin ein fröhliches und von kommerziellen und politischen Einflüssen unabhängiges Fest bleibt», lässt sich der Mediensprecher des ZZZ zitieren.

Apropos Diskriminierungen. Dass lauter Männer auf Pferden, die nicht um ihr Einverständnis gefragt werden, um einen brennenden Holzstoss herumreiten, wobei auch mal einer auf den Latz fällt, dabei komische Fantasieuniformen tragen und furchtbar wichtig tun: ist das vielleicht nicht diskriminierend? Und wenn zuvor jemand so geschmacklos ist, sich ein Baströckchen anzuziehen und das Gesicht schwarz anzumalen, ist das wirklich diskriminierend?

Nehmen wir mal an, ein Tagi-Redaktor findet es lustig, seine Angetraute nach vielen Ehejahren damit zu überraschen, dass er im Schlafzimmer den wilden Schwarzen gibt, ist das diskriminierend? Das ist vor allem etwas, was die Öffentlichkeit schlichtweg einen feuchten Dreck angeht.

Denn peinlich in diesem ganzen Umzug ist ausschliesslich der Tagi, der diesem Pipifax eine ganze Reihe von Artikeln widmet – und sich nicht bewusst wird, wie er sich Mal um Mal damit lächerlich macht.

Dabei ist die wahre Diskriminierung gar nicht adressiert, wie man heutzutage so schön sagt. Da sollten sich alle Beteiligten spontan unwohl fühlen und in sich gehen, dass ihnen das nicht aufgefallen ist.

Wie heisst die Figur schon wieder, die Jahr für Jahr verbrannt wird? He? Böögg. Genau. Und welches eindeutig zugewiesene Geschlecht hat diese Figur? Genau, DER Böögg. Dass das auf Alemanisch auch noch Popel bedeutet, macht es auch nicht besser, denn es ist DER Popel.

Der wie männlich. Wie exkludierend. Mehr als die Hälfte der Menschheit fühlt sich hier nicht vertreten. Zudem trägt der Böögg noch eine Pfeife im Gesicht. Raucher. Und das wird Kindern gezeigt. Wer behandelt deren Schäden? Und wieso gibt es nicht ein Jahr einen Böögg, das nächste Jahr eine Bööggin? Oder überhaupt mal 100 Jahre nur Böögginnen, um all das Unrecht wiedergutzumachen?

Dann kommt aber ein Hypersensibler und sagt: ich fühle mich sehr unwohl. Die Bööggin erinnere ihn unselig an die Hexenverbrennungen des Mittelalters.

Und dann? Nun, lieber Zünfter, liebe Freunde des Sechseläutens: dann ist fertig mit diesem diskriminierenden, rassistischen, ungesunden Brauch. Das wäre wenigstens mal eine konsequente Forderung. Aber eben, auch beim Tagi arbeiten zu viele Weicheier.

Wumms: Corsin Zander

Rechtsstaat, reloaded. Vorschriften, passend gemacht.

Die Verluderung des «Tages-Anzeigers» ist nicht aufzuhalten. Es scheint in der Redaktion ein sportlicher Wettbewerb zu herrschen, wer dazu das grösste Scherflein beiträgt.

In die Pole Position schiebt sich Corsin Zander. Der ist für eine strikte Einhaltung aller Gesetze, Regeln und Vorschriften, auch von ungeschriebenen. Wenn es um Scherze der Zünfter wie Blackfacing geht. Da kennt er nix: «Wenn Zünfter rassistische und homophobe Scherze reissen, lässt sich das nicht als Entgleisung im privaten Raum abtun

Entschieden lockerer sieht er die Sache, wenn es um eine Entgleisung im öffentlichen Raum geht. Genauer, um die illegalen Velo-Demos in Zürich. «Critical Mass» behauptet schlaumeierisch, das sei ja nur ein spontanes Veloaufkommen, keine Demo, und brauche daher auch keine Bewilligung.

Den Zielen stimmt er zu, dieser Behauptung widerspricht Zander energisch: «Diese Forderungen sind legitim. Aber wer sie auf diese Weise aufstellen will, braucht in der Stadt Zürich nach geltendem Recht eine Bewilligung.»

Nun hat die Polizei bislang einfach zugeschaut und den Verkehr geregelt. Das ist gesetzeswidrig, wie der Statthalter völlig richtig festhält. Denn unbehelligte Demonstrationen sind zu unterbinden. Punkt. Da wird es für Zander problematisch:

«Mögliche Folgen sind bestenfalls grossräumig gesperrte Strassen, schlechtestenfalls Gewalteskalationen

Was tun? Ganz einfach, wenn das Gesetz nicht passt, muss es passend gemacht werden. wäre doch gelacht:

«Wenn sich die buchstabengetreue Umsetzung des Gesetzes als problematisch erweist, müssen die Buchstaben geändert werden.»

Die Bewilligungspflicht, in der Allgemeinen Polizeiverordnung festgeschrieben, sollte so geändert werden,«dass Demonstrationen nur noch angemeldet werden müssen». Dazu habe der Gemeinderat den Stadtrat aufgefordert.

Zander frohlockt: «Die Polizei hätte auf diese Weise mehr Spielraum und müsste nicht mehr mit allen Mitteln eine Bewilligungspflicht durchsetzen. Der heutige Umgang mit der Critical Mass würde so rechtens.»

Damit meint Zander, dass die Polizei und die Politik dem Druck von der Strasse nachgeben sollen. Wer sich das Recht nimmt, unbewilligt zu demonstrieren, soll nicht etwa in die Schranken gewiesen werden, sondern Recht bekommen. Das wird Fabian Molina und den Schwarzen Block und andere Chaoten aber freuen. Anmeldung genügt, schon kann der Saubannerzug losgehen. Erst, wenn es zu Sachbeschädigungen käme, dürfte die Polizei einzugreifen versuchen.

Faustrecht und Recht der Strasse statt Rechtsstaat. Dass der Gemeinderat eine solche gemeingefährliche Forderung aufstellt, ist seine Sache. Dass der Tagi so etwas begrüsst, ist bodenlos.

Gibt es denn in diesem Blatt, wo ein anderer Redaktor davon fantasiert, er habe ein seit Jahren öffentlich einsehbares Dokument «exklusiv untersucht», überhaupt keine Kontrollinstanzen mehr?

Darf man über Zünfter lachen?

Wieso denn nicht. Genau wie über den Tagi.

Für Aussenstehende sind die Zürcher Zünfter und ihre Tradition, auf Pferden um einen Holzstoss zu reiten, auf dem zuoberst eine weisse (!) Figur steht, eher unverständlich.

Bevor das geschieht, treffen sie sich zu exklusiven Veranstaltungen, bei denen der Zutritt wichtiger ist als das Gebotene. Das ist meist auf bescheidenem Niveau, insbesondere die Show-Einlagen. Man ist unter sich, der Alkohol fliesst, es wird gelallt und gelacht.

Nun hat der «Tages-Anzeiger» Abgründe ans Tageslicht gezerrt: «Ein schwarz angemalter mit einem Knochen in der Hand reisst an einem Zunftball Witze auf der Bühne. Dies zeigt ein Video einer geschlossenen Veranstaltung vor dem Sechseläuten.» Dabei ist das Blatt so erregt, dass es sogar die deutsche Rechtschreibung über Bord wirft. Denn es ist Furchtbares passiert:

«Blackfacing am Sechseläuten: Zünfter lachen in geleaktem Video über Minderheiten». ZACKBUM bittet sein Publikum, nun weder über den Tagi, noch über die Zünfter zu lachen. Denn beides sind Minderheiten. Als ginge es um den Ablauf einer hochwichtigen Versammlung, hebt der Tagi grossspurig an:

«Dieser Zeitung liegen Bilder, Videos wie auch der Ablaufplan der Veranstaltung vor. Ebenso ist der Abend aus Gesprächen mit anwesenden Leuten teilweise rekonstruierbar. »

Nun wird’s ganz schlimm; empfindsame Leser werden gebeten, hier abzubrechen: «In der zweiten Hälfte des dreiviertelstündigen Showblocks betritt ein Mann die Bühne, dessen Gesicht schwarz angemalt ist. Er trägt eine schwarze Kraushaarperücke, einen Bastrock und hält einen grossen Knochen in den Händen.»

Falls jemandem die Widerwärtigkeit dieses Auftritts nicht klar sein sollte: «Das wird in der Fachsprache Blackfacing genannt. Die Kritik daran: Privilegierte Personen machen sich über eine Gruppe lustig, die in der Gesellschaft Diskriminierung erfahren hat.»

Gnadenlos fährt der Tagi in seiner Rekonstruktion fort: «Neben dem Geschminkten stehen ein als Frau verkleideter Mann mit blonder Perücke sowie eine Frau ganz in Schwarz und mit Federschmuck. Während des Gesprächs steckt sich der schwarz angemalte Mann den Knochen zwischen die Beine. Lacher im Publikum.»

Bevor wir hier uns alle in Grund und Boden schämen, bricht ZACKBUM die Darstellung dieser Schaustellung ab. Wir können natürlich dem ausser sich geratenden Tagi-Redaktor Corsin Zander nur zustimmen: «Wenn Zünfter rassistische und homophobe Scherze reissen, lässt sich das nicht als Entgleisung im privaten Raum abtun

Keinesfalls, denn: «Das ist mehr als bloss ein misslungener Scherz. Damit schaden sie Zürich – das Sechseläuten hat noch immer eine Ausstrahlung weit über die Stadtgrenzen hinaus.» Die Zünfter schaden Zürich, schlimm. Aber eigentlich tut das der Tagi, der sich nicht entblödet, sich über ein ihm zugespieltes (nicht etwa «geleaktes») Video furchtbar aufzuregen.

Über die Qualität dieser Scherze lässt sich sicherlich diskutieren. Über die moralinsaure, verkniffene, denunziatorische Schreibe vom Tagi sicher nicht. Zünfter verkleiden sich, machen sich lächerlich, bedienen Stereotype, weigern sich, den Korrektheitsdiktaten von Tagischreibern zu entsprechen: bravo.

Merke: wer Blackfacing macht, ist nicht wirklich lustig. Wer sich darüber erregt, ist wirklich lächerlich.