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Armer Knellwolf

Das ist bitter. Trotz Gratis-PR wird’s kein Bestseller.

Schon seit Wochen belämmert Tamedia seine Leser mit einem «Spionage-Podcast». Insgesamt 6 Folgen, bereits abgenudelt. Aber immer noch ein weiteres Bleigewicht auf der verunglückten Homepage. Gratis-Werbung satt für das neuste Werk von Thomas Knellwolf: «Enttarnt».

Sein vorheriges Enthüllungsbuch «Die Akte Kachelmann» steht inzwischen bei Amazon auf Platz 580’189 der verkauften Bücher. Zeit, einen neuen Bestseller loszuschicken. Aber leider, leider, «Enttarnt» hat es auch nur bis auf Platz 78’931 geschafft.

Und in der Schweizer Bestsellerliste Sachbücher ist es kurzzeitig bis auf Platz 4 gestiegen, aber inzwischen schon wieder auf dem Weg nach unten (Platz 12). Dazu muss man wissen, dass man bei Sachbüchern in der Schweiz mit ein paar Hundert Verkauften auf Platz eins vorstösst.

Das ist besonders bitter, weil Tamedia auch noch eine Podiumsveranstaltung organisierte und seinem Autor auch sonst jede Menge Möglichkeiten bot, Werbung in eigener Sache zu machen. Mit entschieden weniger Aufwand schaffte es selbst die Westentaschenphilosophin Barbara Bleisch mit ihrer «Mitte des Lebens» in die vordersten Ränge der Schweizer Bestsellerliste. Und bei Amazon ist sie immerhin auf Platz 1239 – Welten vor Knellwolf.

Dabei ist er doch «Bundeshaus-Korrespondent, mit Schwerpunkt Justiz und Nachrichtendienst». Als abgebrühter Kenner der Nachrichtendienste gibt er auch noch seine Threema-Adresse für Kontakte an. Falls ihm jemand ein Staatsgeheimnis flüstern möchte oder so.

Ganz bitter ist es zudem seinem Thriller «Lockdown: Wie Corona die Schweiz zum Stillstand brachte – Schicksale, Heldinnen und ein Bundesrat im Krisenmodus» ergangen. Ob es am überlangen Titel liegt? Als Taschenbuch ist es bereits im nicht mehr messbaren Verkaufsbereich angelangt, als Kindle liegt es auf Platz 996’471. Von wahrscheinlich 996’472 Angeboten.

Aus all dem darf man eins schliessen. Es sieht ganz so aus, als ob Knellwolf eine Karriere als Bestsellerautor verwehrt bliebe. Das wiederum bedeutet, dass er Tamedia weiterhin erhalten bleibt. Vorausgesetzt, Tamedia will das auch.

Dann müsste Knellwolf allerdings ein paar Synergien schaffen. Da würde sich ein Zusammenspiel mit Elif, der Kochfee von Tamedia, aufdrängen. Nach der Devise: minus mal minus gibt plus. Oder, naheliegend, der «Crime-Podcast» braucht auch dringlich Blutauffrischung. Die «Tages-Anzeigerin» eignet sich, Geschlechterdiskriminierung, weniger. Allerdings ist hier die Frage, ob die nach dem Abgang von Kerstin Hasse überhaupt noch weitergeführt wird und die Hörer mit brandheissen, aktuellen und originellen Beiträgen weiter erfreut:

Denn es gab doch tatsächlich Hexenverfolgungen in Europa, und wer kennt schon die Geschichte von Anna Göldi, nicht wahr.

«Alles klar, Amerika?» das ginge schon eher. Denn Nichtwissen ist bei Tamedia immer eine ideale Voraussetzung zum Mitmachen.

Aber genug der Gratis-Ratschläge; einem Berater würde Tamedia dafür schon mal mindestens so viel zahlen wie Bundesrätin Amherd ihrer pensionierten Beraterin. Da sagt ZACKBUM doch locker: bitte Angebote aufs Mail legen, wir sind diskret und käuflich.

 

Unser Sorgenkind am Samstag

In der NZZ ist vieles gut. Aber …

Gar nicht gut ist, wenn der Name Barbara Bleisch auftaucht. Denn die Westentaschenphilosophin hat eigentlich ihre langjährige Belästigungs-Kolumne bei Tamedia aufgegeben.

Doch das Aufatmen war nur von kurzer Dauer. Da sie unermüdlich in der öffentlichen Wahrnehmung vorhanden sein will, benützt sie jede Gelegenheit, Flachheiten zu publizieren. Leider ist die NZZ da willfähriger Helfershelfer. Aber Hand aufs Herz, wenn sich der Inhalt eines sogenannten «Essays» problemlos so zusammenfassen lässt, warum in Hegel und Kants Namen muss dann die NZZ zwei Seiten Feuilleton darauf verschwenden?

Wenn ein «Essay» so jämmerlich flach beginnt, wieso hatte da ein Verantwortlicher nicht ein Einsehen mit dem Leser?

«Wenn es zuweilen heisst, über Geschmack lasse sich nicht streiten, gilt das wohl auch für die Frage, was stört. Was die einen irritiert, juckt die anderen offenbar nicht im Entferntesten.»

Das ist von einer dermassen erschütternden Banalität, dass man Bleisch schon ein gut ausgebildetes Selbstbewusstsein attestieren muss, dass sie sich das traut.

Schnell kommt das übliche Namedropping à la Bleisch, denn sie weiss schon, dass ausschliesslich Banalitäten doch etwas an ihrem Ruf als «Philosophin» kratzen würden. Also macht sie diesen Untergriff:

«Wer hat sich nicht schon über ein lästiges Insekt im Schlafzimmer geärgert und mit einer Zeitung oder einem Hausschuh bewaffnet nach dessen Leben getrachtet? Umso erstaunlicher, dass Sokrates ausgerechnet dieses Tier adelt, indem er sich selbst und sein Philosophieren mit ihr vergleicht.»

Ein Insekt im Schlafzimmer, daran geknüpft ein Aufschwung zu Sokrates. Muss man können. Denn Sokrates soll sich doch tatsächlich mit einer Stechfliege verglichen haben. Auch ihm sind nicht alle Metaphern geglückt, aber macht doch nix.

Aber wo Sokrates ist, da ist der Mann im Fass auch nicht weit: «denken wir etwa an Diogenes von Sinope, der im 4. Jahrhundert v. Chr. lebte und bekannt ist für seine radikale Ablehnung sozialer Konventionen.» Dass von Diogenes so gut wie nichts direkt überliefert ist, hindert Bleisch natürlich nicht daran, den von Plutarch ein paar Jahrhunderte später überlieferten Spruch zu wiederholen. Obwohl das «geht mir ein wenig aus der Sonne» gegenüber der Frage Alexander des Grossen, was er denn für Diogenes tun könne, ungefähr so albgenudelt ist wie die Kleine Nachtmusik von Mozart oder der «Lettre à Elise» von Beethoven.

Zur Sicherheit legt Bleisch noch einen Namen drauf: «Auch Friedrich Nietzsches wortwörtlich explosives Bekenntnis «Ich bin Dynamit!» steht in dieser Tradition.» Wortwörtlich explosiv, aber hallo.

Aber irgendwie geht es hier scheint’s auch um Erkenntnis und so, und da darf natürlich einer nicht fehlen. Auch wenn er nur einen kurzen Gastauftritt hat. Wer? Na, Immanuel Kant natürlich, Dummerchen.

Und so mäandert es sich um den Begriff Störenfried herum und heraus. Aber hat die Dame eigentlich ein Anliegen, eine conclusio, wie sie sicher gerne sagen würde? Nun ja, sort of, wie der Engländer da sagt:

«Angesichts der Tatsache, dass in unserer Welt Hunger und Not, Entrechtung und Einsamkeit keineswegs der Vergangenheit angehören, dass populistische Zyniker in vielen Erdteilen nach der Macht greifen und wir die Klimakrise nicht im Ansatz hinreichend entschlossen angehen, ist keine sich duckende Herde gefragt, sondern gefragt sind Menschen, die den Blick heben und um sich schauen, nicht um in erster Linie die eigene Lage zu verbessern, sondern um für entschlossenes Handeln einzustehen.»

Also Menschen wie Bleisch. Die am Schluss gerne immer wieder auf Simone Weil hinweist. Wohl weil das auch eine Frau ist und auch jemand völlig Unbedeutender. Und als Absackerchen dann noch ein Allerweltszitat von Max Frisch, fertig ist die Katastrophe.

Hunger und Not, Entrechtung und Einsamkeit, furchtbar, und dann diese sich duckenden Herden, die aber überhaupt nicht gefragt sind. Gefragt sind hingegen, da wird es wieder dunkel, das Dichterwort, Menschen, die den Blick heben. Wozu? «Nicht um in erster Linie die eigene Lage zu verbessern, sondern um für entschlossenes Handeln einzustehen.»

Hä? Aus der duckenden Herde heben einige den Blick. Damit wollen sie nicht etwa die eigene Lage verbessern, obwohl man das mit Blicken vielleicht nicht unbedingt kann. Aber nein, ihr Blick soll für entschlossenen Handeln einstehen.

Das möchte ZACKBUM sehen. Bitte mit Foto. Der Blick, der für entschlossenes Handeln einsteht. Und selbst wenn man sich das schräge Sprachbild vorstellen könnte, worin bestünde denn dann das entschlossene Handeln?

Schreibverbot für Bleisch einfordern? Faule Eier auf die Fassade der NZZ werfen? Diogenes, Sokrates, Plutarch und Kant um Verzeihung bitten?

So ist’s halt immer mit der höheren Philosophie. Schwer verständlich ist sie. Eine Seite Kant ist nur was für Wildentschlossene. Zwei Seiten Bleisch, das hingegen ist nur was für Masochisten. Für Liebhaber des obskur Banalen. Für Freunde des Namedropping. Für Möchtegerns, die gerne auch mal sagen möchte:

Auf der Jagd nach einem Insekt im sokratischen Sinn könnte man auch Nietzsche explodieren lassen, wobei in der Kritik der reinen und der praktischen Vernunft Kant darauf hinwies, dass nur der erhobene Blick den Ausgang aus der selbstverschuldeten Mückenplage ermöglicht.

Damit kann man ungeheuer Eindruck schinden. Allerdings nur bei leicht unterbelichteten Zuhörern.

Westentaschen-Philosophin

Barbara Bleisch ist nicht wegzudenken.

ZACKBUM hatte sich zu früh gefreut. Als Bleisch die letzte Kolumne für Tamedia verfasste. Überheblich, wie wir sind, dachten wir, dass das nicht zuletzt an unseren unermüdlichen Versuchen lag, uns durch die Stolpertexte zu quälen und das Ergebnis unseren Lesern mitzuteilen.

Aber wie auch immer, die Dame ist zäh. Und sie weiss weiterhin, aus jedem Pipifax ein philosophisches Elaborat zu verbrechen. Wenn das jemand wie Peter Sloterdijk macht, ist’s wenigstens unterhaltsam. Der könnte über das Kochen eines Eis ein kleines Feuerwerk philosophischer Aperçus giessen.

Bleisch hat’s immer einige Nummern kleiner. Und persönlicher. Denn, Publikum, staune und raune, sie ist 50 geworden, sogar 51. Dazu möchte man gratulieren, wenn sie diese banale Tatsache, die den meisten Menschen früher oder später widerfährt, nicht zu einer «Philosophie der besten Jahre» aufgepumpt hätte; 272 Seiten, zum Fenster hinausgeschmissene Fr. 35.90.

Aber es geht auch billiger, wenn man das Interview mit Bleisch in der NZZ liest. Zu lesen versucht, denn schon die erste Antwort schreckt doch ab:

«Ich stehe selber in der Mitte des Lebens und fand es immer interessanter, mich den philosophischen Fragen zuzuwenden, die mich persönlich beschäftigen. In der Philosophie ist die Mitte des Lebens ein unerforschtes Gebiet im Gegensatz zur Kindheit und Jugend oder zum Alter und Sterben.»

Und was hat ihr Gründeln in den philosophischen Tiefen der Lebensmitte ergeben?

«Die Enttabuisierung der Menopause war überfällig … Wenn Frauen befürchten, dass sie verblühen, meinen sie wohl vor allem ihr Äusseres, weil weibliche Schönheit oft nur mit Jugendlichkeit assoziiert wird … Man kann die Krise aber auch philosophisch verstehen, etwa im Sinne von Karl Jaspers: als Moment der Existenzerhellung … Auf dem Hochplateau gleichen viele ihre Ziele mit dem Gewordenen ab und ziehen Bilanz … Ich stehe vor diesen riesigen, uralten Gesteinsmassen und fühle mich winzig klein. Das hat etwas Beklemmendes, aber gleichzeitig Erhebendes, weil mein kleines Ich nicht mehr zählt und ich mich als Teil eines grösseren Ganzen erlebe.»

Menopause, Verblühen, Karl Jaspers, Beklemmendes und Erhebendes. Das ist dieses Pseudo-Geschwurbel, das alle Äusserungen von Bleisch ungeniessbar macht. Das ist nicht erhaben, nicht mal lächerlich. Es ist einfach flach.

Auf sie trifft nicht einmal der Satz zu: si tacuisses, philosophus mansisses. Denn selbst wenn sie geschwiegen hätte, wäre sie keine Philosophin. Obwohl sie das immer so furchtbar in den Vordergrund schiebt und es in keinem Text auslässt, irgend einen Philosophen zu erwähnen. Das ist dann immer «im Sinne von Kant, Foucault, Derrida, Blabla», was einem Schwulst Denktiefe verleihen soll.

Das lateinische Zitat ist frei vom römischen Gelehrten Boethius abgeleitet. In einem Dialog sagt ein Möchtegern-Philosoph, nachdem er eine wichtige Rede schwang: «Erkennst du nun, dass ich ein Philosoph bin?» Darauf antwortet der richtige Philosoph: «Ich hätte es erkannt, wenn du geschwiegen hättest.» Bei Bleisch müsste man sagen: Ich hätte es nicht einmal erkannt, wenn sie geschwiegen hätte.

Sommer mit Loch, Part II

Die «SonntagsZeitung» hat ein Problem? Das wäre gelinde untertrieben.

Ihr «Fokus» war früher einmal ein ernsthaftes Gefäss für Grossreportagen, Untersuchungen, Primeurs, gewaltige Stücke. Dann denaturierte es immer mehr zum Interview-Abfüllgefäss, wobei das Niveau der Interviewten (und der Fragen) immer mehr ins bodenlos Seichte abglitt.

In dieser Tradition steht auch die aktuelle Ausgabe. Nichts gegen den «Genusswanderer» Richi Spillmann. Aber will man wirklich auf zwei Seiten wissen, «warum er meist ein kaltes Plättli bestellt, wo es die beste Gerstensuppe gibt – und was er nicht mehr auf der Karte sehen will»? Eben.

Aber vorher ist’s auch nicht viel besser. Fällt dir keine andere Alternative zu einem leeren Blatt ein, dann gehe einer «neuen Umfrage» nach. Die zeige «enorme Zunahmen von homophoben, muslimfeindlichen und antisemitischen Teenagern in der Schweiz». Ja sage mal, echt jetzt? Und auch gleich noch mit Kästchen «Hier finden Eltern Unterstützung», und natürlich einem Interview mit der «Zentralpräsidentin des Lehrerverbandes».

Die wird mit knallharten Vorwürfen konfrontiert: «Man sei zu «woke». Daraufhin darf sie schwabbeln: «Mit solchen Aussagen läuft man Gefahr, dass die Schule sagt: Wir fassen heikle Themen gar nicht mehr an.» Ein anständiger Interviewer würde nun nachhaken und darauf aufmerksam machen, dass das wohl keine Antwort auf die Frage sei. Aber doch nicht Arielle Peterhans und Roland Gamp; war wohl zu heiss dafür.

Dann eine frohe Nachricht für alle Lohnabhängigen: «Mobben war noch nie so einfach». Davon können viele Männer bei Tamedia ein Lied singen.

Aber wenn alle Stricke reissen, dann liefert die SoZ wenigstens noch Nutzwert: «Wie viel Trinkgeld gibt man in anderen Ländern? Und wie gibt man es richtig?» Steht zwar in jeder Reiseapp, aber hallo, vielleicht gibt es ein paar ältere Leser, die sich diese Seite rausreissen und mitnehmen.

Das sollte man bei der Seite «Standpunkte» eher unterlassen. Hier vertritt Min Li Marti die ferienabwesende Jacqueline Badran mit dem «Korrigendum», das meist weitgehend aus Korrekturbedürftigem besteht. Wir wollen ja über ihn schweigen, aber wenn Historiker Markus Somm ein Ausschnittchen aus der langen, komplizierten und von beiden Seiten nicht gerade freundlich geführten konfliktiven Beziehung zwischen Polen und Russland nimmt, ohne ein Wort über die Folgen von Brest Litowsk zu sagen, dann wird er mal wieder zur Schande seiner Profession, zum oberpeinlichen Renegaten, der bis ins höhere Alter öffentlich Abbitte für jugendliche linke Verirrungen leisten muss. Zum Fremdschämen.

Zur Höchstleistung von SZ-Knobloch, die mal kurz das Model Bella Hadid als angebliche Antisemitin abwatscht, hat sich ZACKBUM bereits geäussert.

Aber auch die SoZ hat eine kleine Sternstunde, die besteht im Interview mit der Bankenprofessorin Anat Admati, die kein Blatt vor den Mund nimmt, gewaltig mehr Eigenkapital fordert und schlichtweg festhält: «Die UBS ist ein untragbares Risiko für die Schweiz».

Aber auch hier, wie gewonnen, so zerronnen. Das nächste Interview führen Alexandra Kadves und Andreas Tobler mit der Westentaschenphilosophin Barbara Bleisch. Vorbei die Hoffnung, von ihr nie mehr etwas in Tamedia lesen zu müssen. Aber das Sommerloch muss wohl grauenerregend gähnen. Wer sich dieses Stück antut, ist stärker als ZACKBUM und geniesst unsere Bewunderung. Oder auch nicht.

Aber, geben wir’s zu, das wollten wir doch immer schon mal wissen:

Blöd nur: so ein Text kommt jeden Sommer. Garantiert. Zwischen dem Badi- und dem Glacetest. Unglaublich gähn.

Dann aber, ist das ein Blick in die Zukunft von Tamedia, ein echt abkühlendes Thema:

Dann sind sie wenigstens eine Zeitlang nicht so einsam. Der Text ist es übrigens auch nicht; hier rezykliert die deutsche Autorin Shoko Bethke, was sie schon im «ND» oder in der «taz» breitschlug. Aber Schweizer Medien zahlen zweifellos besser als deutsche, verständlich.

Dann erhebt aber wieder der Klimawandel sein hässliches Haupt, ZACKBUM vermisste ihn schon:

Es geht doch nichts über ein knackiges Getty Images-Symbolbild über einem Text der Klimakreische Joachim Laukenmann. Apropos, wow ist eigentlich Corona-Kreische Marc Brupacher? In den Ferien oder Hitzschlag?

 

 

Wenn die NZZ gründelt,

dann bräuchte es etwas mehr Niveau …

Die gute Nachricht war, dass die Westentaschenphilosophin Barbara Bleisch bei Tamedia aufgegeben hat. Dafür hat aber die NZZ den Hosentaschenphilosophen Peter Strasser. Der versucht immer wieder, vor sich hin zu geistreicheln. Allerdings die Voraussetzungen …

Das ist natürlich eine ganz gewichtige Frage, so knapp hinter «woher komme ich, wer bin ich, wohin gehe ich?». Zunächst muss Strasser beklagen, wie schon so viele vor ihm (und so viele nach ihm), dass die Zeiten nicht mehr so sind wie früher: «Die systematische Enthemmung von Hass und Gewalt, die sich heute an allen Ecken und Enden der Welt manifestiert, wirft erneut die Frage nach dem Bösen auf. Sie schien in Zeiten des Fortschritts obsolet geworden.»

Welche Zeiten des Fortschritts meint er da wohl? Die Zeiten der Aufklärung, die in Blutbädern im Namen des Guten endeten? Gar die Zeiten des letzten Jahrhunderts, wo es bis heute unerreichte Enthemmungen von Hass und Gewalt gab?

Aber das «laufende Kant-Jahr» plus «die gegenwärtige Weltlage» gebe Anlass, «wieder ausführlicher über das Böse nachzudenken». Das mag sein, allerdings ist ein wenig Biologismus à la Lorenz, der unvermeidliche und wenig ausgelotete kategorische Imperativ von Kant und die unvermeidliche «Banalität des Bösen» bei Hannah Arendt vielleicht eine gar dünne Suppe. Dass Cesare Lombroso vom «geborenen Verbrecher» fantasiert hatte, ist zwar richtig. Dass er den allerdings an körperlichen Merkmalen wie eine besondere Schädelform oder zusammengewachsene Augenbrauen identifizieren wollte, schuf nicht nur die Grundlagen für die wahnhaften Rassentheorien der Nazis, sondern ist blühender Unsinn.

Auch der Abstecher zu Kant, gespiegelt an einer geschmäcklerischen Kritik Goethes, gerät doch arg kurz. Denn wohl kaum ein moderner Philosoph hat sich so umfangreich mit dem Problem des Bösen und des Guten beschäftigt, um zur pessimistischen Aussage zu kommen: «Aus so krummem Holze, als woraus der Mensch gemacht ist, kann nichts ganz Gerades gezimmert werden

Vor etwas dickeren Brettern schreckt Strasser allerdings zurück, deshalb lässt er Hegel beiseite: «Das Gute ist überhaupt das Wesen des Willens in seiner Substantialität und Allgemeinheit – der Wille in seiner Wahrheit; – es ist deswegen schlechthin nur im Denken und durch das Denken.» Darüber müsste man nun ein Weilchen nachdenken, um es auch nur umrissartig zu verstehen.

Stattdessen verliert sich Strasser lieber in der altbekannten Typologie der psychopathischen Persönlichkeiten; im Wesentlichen unterschieden als solche, die im Wissen um das Böse ihres Tuns handeln – und solche, denen diese Fähigkeit abgeht.

Daran geistreichelt er dann herum: «Das radikale und das strategisch Böse verkörpern zwei Arten der Unmoral, die ineinanderfliessen und dabei doch unterschiedlich wahrgenommen werden.» Es ist immer super, wenn man zur Begriffserklärung (radikal oder strategisch) ein weiteres Kriterium (Unmoral) herbeizieht, das man verabsäumt zu definieren. Daraus entsteht dann erkenntnistheoretischer Brei, philosophischer Dünnpfiff.

Ergänzt um das Beklagen garstiger Zustände: «Kriege und Konflikte prägen das Bild der heutigen Welt, statt Völkerverständigung herrscht Völkerfeindschaft.» Im Gegensatz zu welcher Welt? So ausserhalb des Paradieses? Dann schmeisst Strasser, weil das immer gut kommt, noch einen Sprutz Habermas in seinen Brei:

«Wenn aber Europa und die USA sowie jene Länder, welche die «Kontur des Westens» (Habermas) mitformen, die Freiheit ihrer demokratischen Gesellschaftssysteme und die humanen Errungenschaften der Aufklärung aufrichtig in die Zukunft retten wollen, dann dürfen sie vor den Gewalten des Bösen, wie und wo immer sich diese manifestieren, nicht zurückweichen

Die humanen Errungenschaften der Aufklärung in die Zukunft retten? Dafür seien nur die Länder Europas, die USA und ganz wenige weitere auserwählte fähig? Welch ein Rückfall in platten Eurozentrismus.

Aber all das ist nicht das Schlimmste an diesem Essay. Das verbirgt sich im letzten Satzteil. Diese «westliche Kontur» (meine Güte, wie kann man den armen Habermas mit seiner intelligenten Diskursethik nur so flachklopfen) ist vereinfacht gesagt das Gute. Das muss den «Gewalten des Bösen» entgegentreten. Die verkörpern sich in eigentlich allen anderen. insbesondere in Russland, China, der arabischen Welt.

Ob allerdings «das Bessere» (was ist denn das schon wieder?) siegen werde («nicht zuletzt dank neuer innerer Geschlossenheit und wiedererlangter militärischer Stärke»), das sei dann «eine Frage, auf die es zurzeit keine Antwort gibt».

Aber die alles entscheidende Frage bei einer Abhandlung über das Böse, die lässt Strasser  weg. Unbeantwortet. Was dieses Essay zu einem ärgerlichen Flop macht. So sehr er sich auch bemüht, ein paar Gedankensplitter zum Bösen zusammenzutragen: wie definiert sich dann eigentlich das Gute? Ausserhalb religiöser Wahnvorstellungen gibt es keine absolute Sicherheit darüber.

Noch wichtiger: gibt es eine Grenze, wo das Gute (vorausgesetzt, wir können uns auf eine kursorische Definition einigen) ins Böse umschlägt? Heiligt der gute Zweck die bösen Mittel? Ist es nicht vielmehr so, dass meistens nicht im Namen des Bösen, sondern im Namen des Guten unvorstellbare Gräueltaten vollbracht wurden? Ist das vermeintliche Wissen um das absolut Gute nicht gleichzeitig Ausdruck des absolut Bösen? Ist das nicht die dunkle Seite der Aufklärung, die Philipp Blom in seinem brillanten Essay «Gefangen im Panoptikum» glänzend dargestellt hat?

Das sei allen, die durch diese brackigen Gewässer voller philosophisch Abgestandenem gestolpert sind, herzlich zur Lektüre empfohlen.

 

Juhu: Bleisch hört auf

Es war ein harter Kampf, aber es hat sich gelohnt.

Als Erster zeigte Pascal Hollenstein Wirkung. Nach ausführlicher und wiederholter Kritik an seinem unseligen Wirken als publizistische Leiter nach unten hatte der Wannerclan endlich ein Einsehen: zackbum, weg war Hollenstein.

Die Westentaschenphilosophin Barbara Bleisch war auch zäh. Unbeleckt von jeglicher Kritik machte sie Mal auf Mal Ausflüge in die Niederungen der Banalphilosophie, ohne Rücksicht darauf, dass sie einer eigentlich ehrenvollen Tätigkeit einen Bärendienst (oder sagt man heute Bärinnendienstin?) erwies.

Immer wieder sorgte sie bei Fachleuten wie bei Laien mit ihren Kolumnen dafür, dass sich ein Gefühl ausbreitete, als beisse man in ein nasses Handtuch, während eine Kreide auf der Tafel quietscht. Auch hier musste ZACKBUM Kärrnerarbeit leisten, sich aufopfernd durch manche Kolumne quälen, immer wieder den Herrn um mehr Hirn bitten.

Vergeblich.

Aber dennoch hat der Herr ein Einsehen. Bleisch hat diesen Dienstag ihre letzte Kolumne für Tamedia verfasst. Auch sie beinhaltet wieder Flachdenken in Reinkultur, beim Titel angefangen. Es ist von erhabener und ewiger Wahrheit, dass sich so ab Mitte Dezember das Jahr dem Ende zuneigt, was dem scharfen Auge der Alltagsbeobachterin Bleisch nicht entgangen ist. Und was sie dem staunenden Publikum auch mitteilen muss.

Etwas unsicher wird sie allerdings bei der Zeitangabe am 13. Dezember: «In knapp drei Wochen ist Silvester.» Knapp daneben ist halt auch falsch, aber vielleicht sollte das eine indirekte Anspielung auf Einsteins Relativitätstheorie sein. Zum Abschied lässt Bleisch nochmal voll Rohr tiefe Weisheiten und Wahrheiten auf die Leser plätschern:

«Was uns zu schaffen macht, ist nicht, dass die Zeit vergeht, sondern dass wir es sind, die vergehen, und unser Dasein ein Ablaufdatum hat.»

Wie immer so gegen Mitte ihrer Kolumne fällt ihr auf, dass sie noch keinen Namen eines Philosophen genannt hat. Also muss Martin Heidegger dran glauben. Der hat als alter Nazi zwar so ziemlich alles verdient, aber auch noch von Bleisch kurz uneigentlich zitiert werden? Das ist vielleicht zu viel der Strafe.

Davon wollen wir uns die Feierlaune nicht verderben lassen: es war die letzte Kolumne von Bleisch. Wie meint sie noch richtig: «Wenn Sie den Text zu Ende gelesen haben werden, werden rund 120 Sekunden Ihrer Lebenszeit verstrichen sein.» Das mag sein, aber diese 120 Sekunden kamen einem wieder wie eine endlose Quälerei vor.

Erhabener Quatsch

Westentaschen-Philosophie im Qualitätskonzern Tamedia.

Der normale Tamedia-Journalist ist nur durchschnittlich peinlich. Gut, es gibt Ausnahmen wie Loser oder Tobler, aber auch sie kommen nicht über die Kategorie «schweres Fremdschämen» hinaus. Die Gazetten sind allerdings, mangels Eigenleistungen, und wirklich alles kann man auch nicht aus München übernehmen, von Kolumnitis befallen.

Also keiner zum klein, Kolumnist zu sein. Das gilt auch für keine. Das gilt besonders für die Westentaschen-Philosophin Barbara Bleisch. ZACKBUM ist sich sicher: hätte sie ein anderes Geschlecht, sie wäre schon längst entsorgt worden. Das hätte allerdings zur Voraussetzung, dass es noch ein Qualitätsmanagement und/oder einen minimalen Qualitätsanspruch gäbe.

Da es den nicht gibt, wird der zahlende Leser hiermit gequält:

Schon der Titel ruft: lies mich nicht. «Post-Ferien-Kater»? Abgesehen von der geholperten Form: kann man im Zeitalter der korrekten Genderei überhaupt noch Kater verwenden?

Aber gut, der Leser ist vorgewarnt, wer sich dennoch auf den Text einlässt, wird nicht enttäuscht: der Adrenalinspiegel steigt, man greift sich an den Kopf, man ist kurz belustigt, dann ernsthaft beleidigt. Und fühlt sich bemüssigt, Schmerzensgeld einzufordern. Jeder ist selber schuld, wenn er auch noch den ersten Satz übersteht: «Seit Montag hat uns die Scholle wieder.» Nein, sie meint damit nicht den Goldbutt, sondern ein Stück Erde. Als ob die Leser alle Bauern wären.

Dann lässt sich die Schande für den Begriff Philosoph darüber aus, dass alle Ratschläge, wie man am Arbeitsplatz Ferienstimmung bewahren könne, nichts nützen. Erkenntniswert bis hier: null. Unterhaltungswert: minus eins. Aber dann wird’s noch schlimmer, denn Bleisch erinnert sich auch in dieser Kolumne plötzlich daran, dass sie ja eigentlich als «Philosophin» schreiben sollte. Und die Hälfte des Platzes hat sie schon mit luftleeren Allgemeinplätzen gefüllt.

Nun aber, der Aufschwung: «In der Philosophie ist in diesem Zusammenhang von der Kategorie des «Erhabenen» die Rede.» Wow. Erhabenheit hat zwar null und nix mit einem «Post-Ferien-Kater» zu tun, aber nach einem Blick in Wikipedia unter das entsprechende Stichwort kann Bleisch mit Namen klimpern: «Erhabenheit hat, wie man beispielsweise bei Edmund Burke oder Immanuel Kant nachlesen kann ..

Denn worum geht’s? Erhabenheit habe «mit der Erfahrung überbordender Quantität zu tun: mit der unendlichen Weite des Ozeans, der überwältigenden Tiefe einer Schlucht, der gigantischen Grösse eines Dschungels, dem endlosen Sternenhimmel über uns». Ist doch praktisch, dass in Wikipedia die Entwicklung des Begriffs von der Antike bis Burke und dann ab Kant dargestellt wird. Leider hat Bleisch aber nicht weitergelesen, was Kant denn über den Ozean sagt:

«So kann der weite, durch Stürme empörte Ozean nicht erhaben genannt werden.»

Ups.

Dass sie dann Hegel, Schiller, Adorno und das Erhabene in der Musik aussen vor lässt – es sei ihr verdankt, denn mehr erträgt der philosophisch ein wenig gebildete Leser wirklich nicht.

Aber Bleisch hat ja im Holper-Titel noch Rezepte versprochen; wunderbar, dass sie noch ganz am Schluss sich daran erinnert. Da muss der Leser noch ein letztes Mal ganz stark sein, tief einatmen, Nase zuhalten und durch:

«Wer in den Ferien dem Gefühl des Erhabenen auf der Spur war, wird im Alltag die Ehrfurcht vermissen, die einen beim Anblick schneebedeckter Alpenketten, weiter Täler und endloser Ozeane erfüllt. Zurück im Büro helfen dann am ehesten ein Paar Kopfhörer und Beethovens Fünfte, gern brechend laut. Mit einem guten Beamer lässt sich abends ausserdem die Wohnung mit David Attenboroughs atemberaubenden BBC-Naturfilmen fluten. Beides reicht vielleicht nicht ganz an die Erhabenheit in wilder Natur, dürfte die Dimensionen aber zumindest kurzfristig wieder zurechtrücken und den Ferienkater vertreiben.»

Was ist eigentlich das Gegenteil von erhaben? Vielleicht lächerlich, erbärmlich, niedrig. Oder aber, wir haben ein neues Antonym entdeckt, um es mal hochstehend bis hochtrabend auszudrücken. Das Gegenteil von erhaben ist «Bleisch-Kolumne».

Wumms: Barbara Bleisch

Schreibalter null? Ein echter Versuch.

Barbara Bleisch ist Philosophin. Das verpflichtet zum Philosophieren. Nur: womit – und worüber? Auf die Gefahr hin, frauenfeindlich zu wirken: womit ist schwer erkennbar. Worüber: «Stimmrechtsalter null? Es gibt gute philosophische Argumente, selbst Kinder wählen und abstimmen zu lassen», meint Bleisch.

Nämlich welche? Zunächst eine Frage: «Während im Abstimmungskampf zur Debatte stand, weshalb wir das Stimm- und Wahlrecht auch Jugendlichen zugestehen sollten, lautet die philosophische Frage, was uns eigentlich legitimiert, andere von diesem grundlegenden Recht auszuschliessen.»

Vielleicht die Tatsache, dass Kleinkinder nicht unbedingt die Voraussetzungen mitbringen, um über den bilateralen Weg abzustimmen? Ach was, meint Bleisch, da müsse man nur etwas mehr in «politische Bildung investieren». So im Stil: liebe Kinder, heute reden wir mal über das Proporzsystem, Pumuckl kommt dann später vorbei.

Dann gäbe es noch das mit Rechten und Pflichten. Aber hallo, auch Kinder haben Pflichten. Was ist denn mit der Schulpflicht, merkt Bleisch an. Dann wird es allerdings etwas dunkel, das Philosophenwort: «Sie haben Strassen und Parkplätze zu räumen, auch wenn ihnen der Freiraum fehlt zum Spiel.» Kinder räumen Parkplätze?

Während sie sich so an den Kleinsten abmüht – vielleicht mal an die erwachsene ausländische Wohnbevölkerung gedacht? Müsste man Bleisch nicht einer gewisse Fremdenfeindlichkeit – gehobener Xenophobie – verdächtigen?

Wie immer gegen Schluss ihrer philosophischen Exkurse auf Kindergartenniveau fällt es Bleisch auf, dass sie noch gar keine Philosophen erwähnt hat. Also noch schnell Benjamin Kiesewetter zitiert (doch, DER Kiesewetter, Sie philosophischer Banause), und zur Sicherheit noch einen John Stuart Mill nachschieben. Hat der denn etwas über Kinderstimmrechte gesagt? Nicht direkt, aber «der liberale Vordenker» preise «den Wert exzentrischer Ideen». Na dann.

Die Schlusspointe: «John Stuart Mill war übrigens ein Verfechter des Wahlrechts für Frauen – eine Idee, die zu seiner Zeit als komplett absurd abgetan wurde.» Bevor Bleisch noch für den Führerschein ab Alter null plädiert, fragt sich ZACKBUM allerdings, ob es nicht Sinn machen würde, eine Schreibreifeprüfung einzuführen, unabhängig vom Alter …

Hilfe, mein Papagei onaniert

Niveau: liefergelegt. Denkapparat: ausgeschaltet. Banalyse statt Analyse.

«Mörderischer Diktator. Kriegsverbrecher. Wahnsinniger. Potentat. Diktator. Cäsaren-Wahn. Kreml-Herrscher. Machthaber. Kriegsverbrecher. Wahnwelt. Kriegshetzer. Amok. Irrer. Verrückter. Verbrecher. Stalin. Alleinherrscher. Vor Machthunger irr. Super-Macho. Rasend vor Wut.»

Blütenlese eines Tages.

Der US-Politologe Francis Fukuyama hat ein Thesenpapier mit 12 Punkten zum Überfall auf die Ukraine veröffentlicht. Er behauptet eine Niederlage der russischen Truppen und den Machtverlust für Putin sowie die Wiedergeburt der Freiheit.

Deshalb werden diese Thesen weitherum positiv gewürdigt. Dazu muss man wissen, dass sich Fukuyama 1992 unsterblich lächerlich machte, als der das «Ende der Geschichte» verkündete. Damit meinte er, dass nach dem Zusammenbruch des sozialistischen Lagers und der Auflösung der UdSSR nun ein nicht mehr weiterzuentwickelnder weltweiter Zustand einer liberalen kapitalistischen Gesellschaftsordnung ausgebrochen sei.

Die Sammlung der abwertenden Qualifikationen eines Tages und der begeisterte Zuspruch zu den Thesen eines krachenden Versagers widerspiegeln aufs schechteste den Zustand der modernen Massenmedien.

Wenn wir noch ergänzen, dass die Westentaschenphilosophin Barbara Bleisch im Hause Tamedia über Banalitäten dilettieren darf, die sie unter den umwerfend originellen Titel stellt «Frieden ist mehr als die Abwesenheit von Krieg», dann wird es schwer vorstellbar, wie das publizistische Niveau weiter gesenkt werden könnte.

Aber: Es wird möglich sein. Garantiert.

Westentaschen-Philosophie

Barbara Bleisch ist eine Schande für die Philosophenzunft.

Wir müssen das Panoptikum der Tamedia-Mitarbeiter erweitern. Also Zihlmann, von Burg, Brupbacher und Wiget, rüberrutschen, hier kommt noch Barbara Bleisch dazu.

Leider ist der Begriff «Philosoph» nicht geschützt, aber von Platon an rotieren alle Philosophen in ihren Gräbern, und lebende wenden sich mit Grausen ab, wenn «Philosophin» Barbara Bleisch das Wort ergreift.

Das tut sie regelmässig im «Tages-Anzeiger», der bekanntlich jegliche Qualitätskontrolle verloren hat, obwohl Wendehals Res Strehle in seinem Renten-Aufbesserungstool das Gegenteil behauptet.

Bleisch weiss nun, dass zu heftige Ausflüge in philosophische Gefilde regelmässig mit Bruchlandung und Totalschaden enden. Also probiert sie es mit Alltagsgesumms. Unter dem auch für Hardcore-Philosophen nicht leicht verständlichen Titel «Kundenzufriedenheit top, Umgang miteinander Flop» versucht sie sich dekonstruktivistisch an der Frage, welche Auswirkungen das Bewerten der Mitarbeiter durch die Kundschaft habe. Dabei hält sie erkenntnistheoretisch nichts zurück:

«Letztlich schadet dies der Freundlichkeit mehr, als es ihr nützt.»

Eine kleine Erkentnnis für Bleisch, eine grosse für Kunden und Mitarbeiter. So brabbelt sie sich durch die sowohl tiefen- wie oberflächenphilosophisch wichtige Thematik der Mitarbeiterbewertung. Eigentlich müsste das an die Seite der Fragen «wer sind wir, woher kommen wir und wohin gehen wir» gestellt werden.

Wo bleibt die Philosophie im Alltag?

Nun fällt Bleisch so im unteren Drittel ihres Versuchs, aus einem Flop ein Top zu basteln, ein, dass ihre Ausführungen vielleicht doch etwas philosophischen Tiefgangs ermangeln. In solchen Fällen gibt es nur eins: Zitiere einen Soziologen und runde das mit Kant ab.

Kann Bleisch Kant?

«Soziologe Steffen Mau spricht deshalb vom «metrischen Wir».» Wahnsinn, aber nun muss noch der grosse Königsberger dran glauben:

«Damit sind wir bei einem Paradebeispiel dessen, was Immanuel Kant in seiner «Metaphysik der Sitten» als Verletzung der Pflicht gegen sich selbst kennzeichnet: eine Form von Selbstentwürdigung, um im Kampf um die Sterne nicht zu verlieren.»

Aber hallo, wusste Kant (1724 bis 1804) bereits um die Möglichkeit, Dienstleistungsqualität per Sternchen zu bewerten? Bezieht sich darauf sein berühmter Satz: «Der bestirnte Himmel über mir und das moralische Gesetz in mir»? Da bleibt Bleisch etwas dunkel, aber sie erwähnt ja die «Metaphysik der Sitten». Es ist richtig, dass sich Kant hier mit der Tugendlehre befasst. Das wird’s ein bissl kompliziert, aber man kann vielleicht für den Leser, möglicherweise nicht für Bleisch, so zusammenfassen, dass Kant unter der Tugendpflicht gegen sich selbst die Vervollkommnung der eigenen Persönlichkeit versteht. Das ist für ihn eine sittliche Absicht.

Was ist Metaphysik? Was sind Sitten? Was weiss schon Bleisch?

Wichtig vielleicht noch, dass es hier nur um selbstgesetzte Zwecke geht, also innere, subjektive Massstäbe, ohne Zusammenhang mit anderen Subjekten. Oder schlicht: was Kant hier meint und wie Bleisch das anwenden will, hat miteinander ungefähr so viel zu tun wie ein Malergeselle mit Picasso. Nämlich nichts, überhaupt nichts, nicht mal im philosophischen Sinne ein Nichts.

Sollte man lesen. Dann verstehen. Dann schreiben.

Ist das peinlich? Das ist peinlich. Aber wer Tamedia-Leser ist, ist inzwischen weitgehend abgestumpft und schmerzfrei. Die wenigen Glücklichen, die Kant nicht für einen Mitarbeiter bei Aldi halten, sind entsprechend beeindruckt und nicken sinnig, wie man das halt so tut, wenn man etwas nicht kapiert, das aber nicht zugeben will.

Wie diese Bleisch banalen Alltag mit hoher und tiefer Philosophie verbindet, sagenhaft, murmelt der philosophisch nicht ganz unbeleckte Leser. Und merkt nicht, dass Bleisch zuerst sich selbst, dann aber auch alle, die diesen Flachsinn für tief halten, auf die Schippe nimmt.

Wer echt etwas zu knabbern haben will, kann gerne im Einleitungssatz des zweiten Hauptstücks herumturnen:

«Die größte Verletzung der Pflicht des Menschen gegen sich selbst, bloß als moralisches Wesen betrachtet (die Menschheit in seiner Person), ist das Widerspiel der Wahrhaftigkeit: die Lüge (aliud lingua promptum, aliud pectore inclusum gerere). Daß eine jede vorsätzliche Unwahrheit in Äußerung seiner Gedanken diesen harten Namen (den sie in der Rechtslehre nur dann führt, wenn sie anderer Recht verletzt) in der Ethik, die aus der Unschädlichkeit kein Befugnis hernimmt, nicht ablehnen könne, ist für sich selbst klar.»

Nicht leicht verständlich? Stimmt, aber das ist Philosophie schnell einmal. Aber flach und blöd, das ist sie eigentlich nie.