Wieder da!

Gute oder schlechte Nachricht? Zwei Wochen vergangen. Nichts passiert. Alles beim Alten.

Zugegeben, es ist die volle Härte, wenn der 1. August auf einen Sonntag fällt. Da ist guter Rat teuer, was die Sonntagspresse eigentlich machen kann. Zu teuer, denn es wird nun ganz, ganz peinlich:

Weiss die «Sonntagszeitung» am 1. August 2021.

Da zieht es der Cervelat beim Fremdschämen die Haut ab, aber was will man machen, wenn sowieso die zum Dienst verknurrte C-Mannschaft am Gerät ist?

Wir denken uns mal schnell in eine Erfindung zurück.

Echt witzig, das muss gelobt werden, wird die SoZ auch. Allerdings dürfte das hier ihrer Corona-Kreische Marc Brupbacher das Letzte abfordern:

Die kennen nix, um sich im Gespräch zu halten …

Geht noch einer? Wo Markus Somm ist, ist auch ein Weg:

Warum gibt es eigentlich diese Kolumne?

Nicht nur am 1. August müssen wir uns das fragen. Wir fassen uns an den Kopf und wenden uns daher dem Blatt für die gehobene Stände zu. Richtig, der NZZaS.

Man merkt, spürt, sieht den Niveau-Unterschied sofort:

Diese Illustration hat doch ein anderes Niveau.

Ach interviewtechnisch bewegt sich die NZZaS auf einem eigenen Niveau:

Alt Bundesrätin, altes Foto, alter Text.

Pardon, nein, der Text ist neu. Also genau gesehen, alt Bundesrätin Leuthard hat alte Buchstaben neu sortiert. Spricht gesalbte Worte über die Schweizer Wesensart der Besserwisserei, weiss es dann allerdings klimapolitisch auch besser als ihre Nachfolgerin, unsere Atom-Doris. Der Cervelat schämt sich schon bei der SoZ fremd, nehmen wir hier doch eine weisse Socke, das modische Signal, an dem man den Aargauer erkennt. Die rollt sich nämlich runter vor Fremdschämen bei diesem Interview.

Aber, wenn eigene Texte schon nichts taugen, freut sich der Leser über ein Inserat ungemein:

Da ist mehr Zündstoff drin als im ganzen Rest der NZZaS.

Mit einem ganzseitigen Inserat wehrt sich der Geschäftsführer einer Firma gegen einen Bericht des «Beobachter», der im Dezember über ihn erschienen ist:

Illegale Praktiken oder beweisfreie Behauptung?

Das Inserat in der NZZaS kommt sehr professionell daher. Kein Wunder, es wurde von Profis gestaltet; von der Werbebude Rod. Zumindest sehr speziell, dass sich ein Kritisierter Monate später mit einem ganzseitigen Inserat meldet – und zum Gegenangriff übergeht, in dem er alle Vorwürfe zurückweist und deutlich macht, dass er einen Zusammenhang mit seiner Herkunft sieht – er ist Schweizer mit Migrationshintergrund, wie man korrektdeutsch sagt. Auch sehr speziell, dass die NZZaS ein solches Inserat abdruckt, in dem einem Mitbewerber mit Anlauf eins über die Rübe gehauen wird. Man ist auf die Fortsetzung gespannt.

Der Rest der NZZaS vom 1. August? Wirkt dagegen wie ein Feuerwerk – bei dem die Lunte nass geworden ist.

Gibt’s da nicht noch einen dritten Eidgenossen im Bunde? Doch, richtig, der «SonntagsBlick» ist immer noch da. Wir wissen zwar heute am Sonntag nicht, welche seiner Storys am Montag von Ringier persönlich gekübelt, geteert, gefedert, für Unsinn erklärt werden, wofür man sich ausdrücklich entschuldigen wird, dabei versprechen, es nie mehr zu tun. Aber wir wagen mal eine Auswahl, bei der wir davon ausgehen, dass sie für die Ewigkeit gemacht ist. Zunächst das Cover, grandios:

Der Bundespräsident will mal was Markiges sagen, das Blatt was Banales.

And the winner is: eindeutig der SoBli.

Alle drei Sonntagblätter haben es mit grossen Illustrationen versucht, dem 1. August noch etwas abzugewinnen. Eindeutig die Nase vorne hat der SoBli mit diesem Wimmelbild zum Uralt-Thema, welche Eigenschaften denn den Eidgenossen ausmachen.

Auf Somms Spuren: Frank. A Meyer.

Der Ringier-Mann für die gehobene Flachdenke grübelt hier über der Frage, wie billig man eigentlich in die Schweiz einwandern könne. Bekanntlich machten noch vor kurzer Zeit Eidgenossen wie Wilhelm Tell Ausländern das Leben in der Schweiz eher schwer. Heute aber sei das ganz anders, seufzt Meyer. Der Mann ist wirklich völlig frei von Selbstironie. Denn er tut das als ausgewanderter Schweizer von Berlin aus, wo er seit Jahr und Tag vor dem Brandenburger Tor steht. In Farben gekleidet, die die Natur eigentlich verboten hat:

Würden Sie diesem Mann ein Jacket abkaufen – oder einen Gedanken?

Aber gut, es ist schön, wenn man nach zwei Wochen Abwesenheit feststellen darf, dass sich gar nichts, aber rein gar nichts geändert hat. Daher können auch wir sagen:

 

 

 

Blattschuss: Lachappelle tritt zurück

Raiffeisen im Elend: Vincenz, Gisel, nun auch Guy Lachappelle. Was ist nur mit dem Führungspersonal dort los? Und mit den Medien?

Eigentlich sah es ganz gut für den VR-Präsidenten der Raiffeisen aus. Der Boss der drittgrössten Bank der Schweiz hatte drohende Schlagzeilen über sich niedergekämpft. Mit der Waffe der superprovisorischen Verfügung.

Guy Lachappelle erklärt seinen Rücktritt.

Damit wird präventiv eine Berichterstattung gerichtlich untersagt, wenn nur so ein «besonders schwerwiegender Schaden» abgewendet werden kann. Gemeint ist damit, dass die Wirkung der Veröffentlichung persönlichkeitsverletzender Aussagen, selbst wenn die nachher zurückgenommen werden müssen, nicht mehr wiedergutzumachen wäre. Selbst eine Gegendarstellung, eine Entschuldigung, eine Richtigstellung kann die Zahnpasta nicht mehr in die Tube zurückdrücken.

Deshalb muss der Betroffene – wenn er einen Richter davon überzeugt – die Möglichkeit haben, das präventiv zu verhindern. Superprovisorisch heisst dabei, dass die Gegenseite, ein Unikum in unserem Rechtsstaat, keine Möglichkeit hat, sich dagegen zu wehren. Das ist einem allfälligen ordentlichen Verfahren vorbehalten, das im Anschluss stattfinden muss.

Auch ZACKBUM ist mit diesem Themenbereich in Kontakt gekommen, mehr dürfen wir dazu nicht sagen. Aber Lachappelle selbst hat in einer gestern eilig anberaumten Pressekonferenz selbst die Insidern längst bekannten Vorkommnisse publik gemacht.

Eine Beziehung mit fatalen Folgen

Laut seiner Darstellung hatte Lachappelle im Jahr 2017 eine aussereheliche Beziehung. Nach deren schnellen Beendigung sei er von seiner Ex-Geliebten verfolgt worden. Die habe dann im August 2020 eine «wissenschaftliche Broschüre» über sogenannte «Toxic Leaders» veröffentlichen wollen, in der er sich als nur leicht verfremdetes Beispiel für ein solches Verhalten wiedererkannt habe. In der Psychologie verbirgt sich hinter diesem Modebegriff die sogenannte dunkle Tetrade, bestehend aus den (subklinischen) Persönlichkeitseigenschaften Narzissmus, Machiavellismus, Psychopathie und Sadismus. Die habe sich in jüngster Forschung als besonders geeignet erwiesen, um sozial unerwünschtes Verhalten vorauszusagen.

Deshalb habe er eine superprovisorische Verfügung dagegen erwirkt. Daraufhin sei seine Ex-Geliebte an den «SonntagsBlick» gelangt, der einen Artikel darüber plante. Auch diesen verhinderte er mit einer weiteren Superprovisorischen. Der SoBli beschwerte sich dann über einen angeblichen Vertrauensbruch, da Lachappelle den Inhalt eines vertraulichen Gesprächs mit dem SoBli als Begründung für seine Superprovisorische verwendet habe. Auch diesen Artikel nahm Ringier mit Ausdruck des Bedauerns wieder zurück.

Als Kollateralschäden gab es weitere Massnahmen gegen die Berichterstattung über diese ganze Affäre. Aber die Ex-Geliebte hatte noch einen weiteren Pfeil im Köcher. Laut NZZ erklärte Lachappelle an der Pressekonferenz:

«Er habe aber selbst einen «riesengrossen Fehler» gemacht, in dem er in seiner Zeit als Chef der Basler Kantonalbank seiner früheren Geliebten auf deren Bitte ein bankinternes Dokument zur digitalen Transformation zugestellt habe. Es sei unklug gewesen, dieses Dokument herauszugeben. Die Frau habe dieses E-Mail an die Staatsanwaltschaft Basel-Stadt geschickt, verbunden mit einer Strafanzeige. Auch Medien hätten das Mail erhalten.»

Damit wurde für ihn seine Position unhaltbar und er kündigte seinen Rücktritt per Ende Juli von sämtlichen Ämtern an: «Ich habe einen sehr grossen Fehler gemacht und werde ihn bitter bezahlen müssen, aber ich stehe dazu.»

Über den konkreten Fall hinaus ergeben sich einige Fragen allgemeiner Art. Zentral ist die Beurteilung, wo die schützenswerte Privatsphäre einer Person des öffentlichen Interesses aufhört. Eine aussereheliche Beziehung als solche oder jede Form privater Beziehungen ist sicherlich Privatsache.

Privatsphäre von Fall zu Fall

Ausser, es kommen weitere Umstände hinzu. So stolperte der erfolgreiche und ansonsten unbescholtene Raiffeisen-CEO Patrik Gisel über die Unterstellung, er habe mit einer Verwaltungsrätin von Raiffeisen eine intime Beziehung geführt – als sie noch im Amt war. Da sie dann gleichzeitig eine Aufsichtsfunktion über ihn gehabt hätte, wäre das zumindest problematisch gewesen. Obwohl Gisel darauf bestand, dass die Beziehung erst nach dem Rücktritt der Dame begonnen habe, stellte er sein Amt zur Verfügung.

Von all den Verwicklungen und Verquickungen von Privatem und Geschäftlichem bei Pierin Vincenz ganz zu schweigen. Dass es immer wieder Raiffeisen trifft, mag wohl Zufall sein; eine Konstante ist aber unübersehbar.

In allen drei Fällen war es der gleiche Journalist, der mit angefütterten Unterlagen an die Öffentlichkeit ging. Bei Vincenz nicht als Erster, bei Gisel als Einziger und genau im richtigen Moment vor einer GV, wodurch Hektik ausbrach und Gisel den Hut nehmen musste. Und nun bei Lachappelle, der alle vorherigen Publikationsversuche niederkämpfte.

Echt super? Arthur Rutishauser (rechts).

Vor allem bei diesem Fall stellt sich die Frage, mit welchen Mitteln die Bewahrung der Privatsphäre verteidigt werden kann – und mit welcher Begründung in sie eingedrungen werden darf. Dass der Ständerat gerade die Hürde für die Erlangung einer Superprovisorischen niedriger gelegt hat, ist auch reiner Zufall, aber fatal.

Bedenkliche mediale Entwicklungen

Dass in allen drei Fällen die Unschuldsvermutung, die bis zum Vorliegen eines rechtsgültigen Urteils gelten sollte, bis zur völligen Lächerlichkeit vernichtet wurde, ist bedenklich.

Dass es sich bei allen drei Fällen bislang um blosse Anschuldigungen handelt – auch wenn Lachappelle fehlerhaftes Verhalten einräumt, ändert das nichts daran –, die dennoch zu gravierenden Konsequenzen führten, ist beunruhigend.

Dass sich die dünn und dumm gesparten Medien immer williger dazu hergeben, ohne die genauen Motive zu kennen, sich anonym – wie im Fall der Leaks und Papers – oder mit Absender anfüttern zu lassen, ist ihrem Ruf nicht zuträglich.

Gerade in der Grauzone zwischen vertretbarem öffentlichen Interesse an einer mächtigen Persönlichkeit und deren zu schützender Privatsphäre hat sich hier ein Kampffeld aufgetan, bei dem die Medien – Ankläger, Richter und Henker in einer Person – eine üble und anrüchige Rolle spielen. Ob es um den zu Unrecht beschädigten Ruf von Gunter Sachs selig, um die Vernichtung des Lebenswerks eines schweizerisch-angolanischen Geschäftsmanns geht, gegen den sich ebenfalls alle erhobenen Vorwürfe in Luft auflösten – oder um die drei Herren von Raiffeisen: immer wieder ist es der Oberchefredaktor von Tamedia, der seine Finger in der Affäre drin hat. Ebenfalls ein Fall von mangelnder Compliance, von fehlender Kontrolle.

Elendsjournalismus à la «Blick»

Null Vorbereitung, Interview zum Erschrecken, aschgraues Niveau.

Die Corona-Kreischen sind langsam durch. Nur im harten Notfall, kein Aufreger weit und breit zu sehen, greifen die Schweizer Qualitätsmedien noch zum «Experten, Virologen, Forscher», der warnt, unkt, den Teufel an die Wand und Leichenberge vor die Intensivstationen malt.

Auch die neue Todeswelle mit der Variante Delta ist eher abgenudelt. Was tun? In der Verzweiflung zeigt das Organ mit dem Abflussrohr im Titel, was dumpfbackiger Journalismus alles kann.

Dazu hat der «Blick» den «Verhaltensökonom Gerhard Fehr» ausgegraben. Gerhard who? Na, der andere Fehr. Der Bruder des ziemlich prominenten Ernst Fehr, in der Schweiz als Ökonom und Glücksforscher sehr bekannt. Damit hat es sich allerdings auch schon mit der Qualifikation des «Verhaltensökonomen».

Auf seiner eigenen Webseite weltberühmt …

Besonders bekannt ist er auch nicht, wie er auf seiner Webseite selbst bekannt gibt:

Aber in den Weiten des Web eher weniger …

Wie auch immer, keiner zu klein, um Interviewpartner zu sein. Denn der «Behavioral Designer» (what the f*** das auch immer sein mag) weiss natürlich, dass man ein knackiges Quote abzuliefern hat, wenn man schon mal die Chance dazu bekommt. Also sagt er:

«Wir überzeugen nur mit Diskriminierung».

Was meint er denn damit?

Zum Beispiel das: «Nur noch diejenigen, die geimpft sind, dürfen ins Restaurant oder in ein Konzert gehen. Systematische Diskriminierung ist nichts Neues, sie begegnet uns dauernd im Alltag. Beispielsweise können sich die meisten Leute nicht jeden Tag einen Restaurantbesuch leisten und sind dementsprechend wegen ihres Lohns davon ausgeschlossen.»

Ein beknackter Ratschlag nach dem anderen

Ausserdem rät er zur Aufforderung mit Termin, sich impfen zu lassen. Wer schwänzt, bekommt eine Busse. Schon nach diesem Blödsinn beginnt man, sich Sorgen um die Zukunft von Firmen zu machen, die sich allenfalls von diesem «Designer» beraten lassen. Denn den Ausschluss von einem Restaurantbesuch damit zu legitimeren, dass es schliesslich auch genügend Leute gäbe, die ihn sich nicht jeden Tag leisten könnten, das ist schon Gaga-Logik.

Aber hat Fehr wenigstens ein paar Zahlen im Griff? «Alle Nichtgeimpften sind jederzeit bereit, an einem Virus zu erkranken, an dem sie mit 0,5-prozentiger Wahrscheinlichkeit sterben werden.» Stimmt das?

Das ist absoluter, relativer und unwissenschaftlicher Quatsch. Die Schweiz zählt offiziell rund 700’000 Fälle von an Corona Erkrankten. Davon sind knapp 11’000 verstorben. Das wären 1,57 Prozent. Also falsche Zahl. Nun ist es aber so, dass es eine unbekannte, sehr hohe Dunkelziffer gibt. Also Menschen, die symptomlos infiziert sind und das auch nicht testen liessen.

Daher ist es wohl sinnvoller – und wird deshalb auch so gemacht –, sich mit der sogenannten Übersterblichkeit zu befassen. Das wiederum bedeutet: sterben aktuell mehr Menschen als in einem gemittelten Vergleichzeitraum in der Vergangenheit? Da ist die Antwort: nein, es existiert sogar eine Untersterblichkeit in der Schweiz.

Schliesslich wäre es noch sinnvoll, die Altersverteilung der Todesfälle in Betracht zu ziehen:

Hohe Sterblichkeit über 80, kaum je ohne Vorerkrankung …

Oder den Medianwert des Alters der an Corona Verstorbenen zu ermitteln. Der liegt mit rund 85 sogar leicht oberhalb der durchschnittlichen Lebenserwartung in der Schweiz. Also mit anderen Worten: der «Behavioral Designer» designt im luftleeren Raum, basierend auf Quatschzahlen, ein Vorgehen, das an Untauglichkeit nicht zu überbieten ist. Solche «Diskriminierungen» sind weder durchsetzbar, noch hätten sie einen nennenswerten Einfluss auf die Impfbereitschaft.

Ein Windmacher, vor dem gewarnt werden müsste

Das spielt aber gar keine Rolle, weil schon die Zahlen, die der Dampfplauderer verwendet, keinem zweiten Blick standhalten. Also mit anderen Worten ein Windmacher, vor dem ein seriöses Blatt seine Leser warnen müsste. Statt ihm widerspruchslos an den Lippen zu hängen. Ob das an der Qualifikation der Journalistin liegt?

Wir wollen uns weder über abbiegende Köchinnen, noch über Jungjournalistinnen wie Rachel Hämmerli lustig machen. Ganz im Gegenteil, solche Entscheidungen wollen wir mit Applaus begleiten. Aber: dass es beim «Blick» keinerlei Kontrollinstanzen mehr gibt, die einen solchen Unsinn dem Leser ersparen, das ist in Wirklichkeit Ausdruck des Elends des modernen Magerspar-Skelett-Koma-Journalismus.

Die Qualitätskontrolle beim «Blick», in flagranti ertappt.

 

Fassungslos, Part II

Wir haben lange gezögert, aber es braucht ein neues Gefäss: FASSUNGSLOS.

Lesen, staunen, verzweifeln. Das sind die drei Stufen auf dem Weg zur Medienenthaltsamkeit.

Das ist schön für die zwei. Hoffentlich beruht es auf Gegenseitigkeit. Immerhin kann man hier die Frage stellen: wer hat’s gefunden?

Ja, ZACKBUM verwandelt sich in ein richtiges Klatschorgan. Bei der Zeitung mit dem Regenrohr im Titel fragt man sich allerdings, ob das Rohr für eine lange Leitung steht. Denn es liess doch ein paar Tage vergehen, bevor es sich zu dieser Story aufraffte. Aber besser spät als nie, gell.

 

Wenn wir schon bei welterschütternden Enthüllungen aus zweiter Hand sind: Das hier hat der «Blick» der englischen «Daily Mail» abgeschrieben. Ein grosses Stück Klatsch-Journalismus nach der Devise: Diana verkauft immer. Bevor der Leser sich nicht mehr halten kann vor Spannung; das sollen die letzten Worte gewesen sein, natürlich auf Englisch: «Oh mein Gott, was ist passiert

Wir wussten es: «watson» hat Kontakt mit dem Jenseits. Das muss auch so sein, bei diesen jenseitigen Artikeln …

«watson» ist bekanntlich das Organ der Listicals. Das ist: es ist aufeinandergestapelte lauwarme Luft, aber es hat Struktur. Das gilt natürlich auch für die ewigen Sex- und Business- und Geld-Listicals. Bei diesem Titel hätte man sich aber diese Einsicht gewünscht: Wegen Orthographiehemmungen nie aNfangen Zu SchreiBeN.

Wenn wir schon bei Organen des höheren und tiefergelegten Schwachsinns sind: «bajour» schwächelt. Trotz Millionenunterstützung wird der eigene Output immer dünner. Für so viel Geld erfreut die Plumpsplattform ihre wenigen Leser mit immer mehr Agenturmeldungen.

Schon wieder Keystone-SDA als fleissiger Autor. Aber auch die Wissenschaftsplattform «Higgs» ist abschreibebar:

Selbst der Chef dort, Beat Glogger, greift zum Griffel:

Da muss man wenigstens nicht darauf hinweisen, dass auch das nicht auf dem eigenen Mist gewachsen ist.

Allerdings, ob es besser wird, wenn der notversorgte David Sieber ans Gerät geht und recycelt?

Auch diese tiefe Wahrheit muss mal wieder ausgesprochen werden. Bloss: warum eigentlich? Und wieso hier und jetzt? Und von dem?

Das gilt verschärft für das sogenannte «Highlight» im publikumsfreien «Nebelspalter». Dort frönt Markus Somm der längst vergangenen NZZ-Tradition des Samstags-Leitartikels. Man könnte den Tonfall pseudo-staatstragend, lächerlich-gehoben, Imitat-Burckhardt nennen:

Noch schmerzlicher als die Tatsache, dass diese hinter der Bezahlschranke der Weltöffentlichkeit verborgenen Zeilen kein Echo finden, ist die andere Tatsache, dass diese Thematik schon ziemlich erschöpfend debattiert wurde – vor ziemlich genau einem Jahr. Da sagten bereits eigentlich alle alles dazu, selbst der Autor dieser Zeilen:

Sag’s nochmal im Geheimen, spalte wieder den längst gespaltenen Nebel, trage Eulen nach Athen, oder einfach: kann man nicht häufig genug sagen. Oder sagte Somm das schon?

 

 

Gequälte Asylsuchende – oder Tagi-Leser?

Hier werden Fundstücke obduziert, um ihre Todesursache zu finden. Diesmal: der «Skandal» im Bundesasylzentrum Zürich.

Wir wollen nicht von solchen Peinlichkeiten reden:

Deutsche Autoren über ein deutsches Phänomen mit Schweizer Zierleiste.
Aber vielleicht besser als ein Stück von Hiltmann oder Zukker.

Aber davon, wie der «Tages-Anzeiger» ein Problem aus dem Nichts holt und hochzwirbelt. Sozusagen die Entcoronisierungsmassnahmen. Denn alle Medien wissen, dass Fussball-EM und Sommer dem Leib- und Magenthema vorläufig den Garaus machen.

Im Herbst dann vielleicht wieder der nächste Lockdown, aber wie will man newstechnisch bis dahin überleben? Da muss ein Skandal her, koste es, was es wolle. Offenbar haben die tapferen Tagi-Journalisten bei ihren Kollegen von der «Republik» abgeschaut, wie man ein Thema zum Skandal aufbläst Für dieses Soufflé braucht es die ewig gleichen Zutaten:

  • Ein emotional aufgeladenes Thema, hier das Bundesasylzentrum Zürich
  • Dumpfer Trommelwirbel und Kriminaltango am Anfang
  • Die «Zeugenaussagen» anonymer Denunzianten
  • Die dagegen geschnittenen Aussagen der Verantwortlichen, womit der Ausgewogenheit vermeintlich Genüge getan wurde
  • Eine Tatortbegehung mit möglichst trübem Blick
  • Jede Menge Demagogie, mit der verständliche Persönlichkeitsschutzmassnahmen («Beim anschliessenden Rundgang durch das Zentrum werden die Journalisten mehrfach auf das Filmverbot hingewiesen») zu fragwürdigen Zensurversuchen umgedeutet werden.

Mario Stäuble selbstkritisch über Tamedia. Aber nein, wer ist denn darauf reingefallen?

Dann noch der staatstragende Kommentar «Dieser Betrieb gehört duchleuchtet», fordert der Co-Klein-Chefredaktor Mario Stäuble. Meint er damit Tamedia, diesen sexistisch verseuchten Machoclub, der Frauen das Leben und Arbeiten unmöglich macht? Aber nein, er meint natürlich das Bundesasylzentrum in Zürich (BAZ). Warum? «Vieles hat sich seither offenkundig verbessert. Entscheidendes nicht.» Was denn? «Das Versprechen, man werde die Menschenwürde achten, wurde nicht richtig eingelöst.»

Was weiss Stäuble eigentlich von Menschenwürde? Beim Leser, zum Beispiel?

Aha, wie löst man ein solches Versprechen falsch ein? Wie äussert sich das? Geht es im BAZ zu und her wie in den Folterknästen der Länder, aus denen die Asylsuchenden stammen? Schüren die Angestellten des BAZ die offenbar immer wieder ausbrechenden Gewalttätigkeiten zwischen Asylsuchenden aus verschiedenen Kulturkreisen? Wird irgend jemand irgend ein Recht beschnitten? Nein.

Mit solchen Frontseiten schikaniert der Tagi seine Leser.

Könnte man mehr tun, gibt es Schwachstellen, Verbesserungsmöglichkeiten? Sicherlich, wo nicht. Da würde man gerne mal wieder was von der internen Untersuchung bei Tamedia in Sachen Protestschreiben hören. Stattdessen liest man aber über 20’000 Anschläge über eine Organisation, bei der «Mittäter» angeblich «Menschen schikanieren». Das soll Erinnerungen an Zustände im US-Folterknast Abu Ghureib, im rechtfreien Knast in der US-Militärbasis Guantánamo auf Kuba erwecken.

Denn schikanieren, das bedeutet jemanden absichtlich quälen, oftmals mit dem Zusatz «bis aufs Blut» verwendet. Ist das so im BAZ? Zumindest in diesem Artikel wird dafür kein Beispiel genannt. Es scheint Überforderung zu geben, Personalfluktuation, aber absichtliches Quälen? Das behauptet nicht einmal ernsthaft oder mit Beispielen belegt eine der anonymen Denunzianten in diesem Bericht.

Ein aus dem Asylzentrum herausgeschmuggeltes Foto?

Das hindert das seinen Ruf als ehemalig seriöses Recherchierorgan immer weiter schädigende Organ nicht, mit von der «Republik» abgekupfertem Tremolo loszulegen: «Recherchen zeigen nun, dass im BAZ nach wie vor problematische Zustände herrschen. Diese Zeitung sprach mit sieben ehemaligen und aktuellen Angestellten der städtischen Asylorganisation Zürich (AOZ). Sie sagen übereinstimmend, dass die Betreuungsverhältnisse ungenügend seien.»

Ungenügende Betreuungsverhältnisse, aha, Was sagt der Zürcher Sozialvorsteher Raphael Golta (SP)? Rückblickend auf die Zeit seit November 2019 sei damals vieles noch nicht rundgelaufen. Doch: «Die Kinderkrankheiten sind wir grösstenteils losgeworden.»

Der Tagi geht näher, bleibt dran – und schnappt wild um sich

Falsch, donnert der Tagi, das lässt sich widerlegen. Wie? Na, so: «Die Sozialpädagoginnen und Betreuer, mit denen wir sprachen, haben eine Verschwiegenheitserklärung unterzeichnet. Deshalb haben wir ihre Namen in diesem Artikel geändert und manche internen Informationen weggelassen.»

Ein super geänderter Name sagt das hier: «Matthias Kummermann verbrachte Ende 2020 als Zivildienstler mehrere Monate im BAZ. «Der Betrieb fühlt sich an wie ein überfordertes Start-up», sagt er. Die Zuständigkeiten seien unklar, es herrsche Chaos. Er habe in dieser Zeit zwei Sorten von Betreuerinnen und Betreuer kennen gelernt: «Die Gebrochenen und jene, die noch nicht gebrochen sind.»»

Die volle Härte, echt jetzt. Geht noch einer drüber? Natürlich neben einer Kriminaltango-Zeichnung braucht’s ja auch ein knackiges Titelquote; et voilà:

«Ich fühle mich als Mittäterin einer Organisation, die Menschen unterdrückt und schikaniert.»

Mal dir ein Bild – statt Realität.

Aber wir sind doch noch nicht im Irak, in Afghanistan oder auf Guantánamo, die Journalisten dürfen eine Tatortsbegehung machen. Sie erwähnen zuvor einige Selbstmordversuche und Gewalttätigkeiten zwischen verschiedenen ethnische Gruppen. Blöd nur: «14 Monate nach dem Vorfall – im Juni 2021 – ist es gerade ruhig im BAZ Zürich.»

Das liegt sicher daran, dass alle Insassen bis aufs Blut schikaniert wurden, ja keinen Rabatz zu machen, wenn Journalisten anwesend sind. Vielleicht kamen dabei ja auch Drogen zum Einsatz:

«Ein Mann liegt in einer Schaukel im Innenhof, sein Gesichtsausdruck wirkt apathisch, aus einer Boombox dröhnt Trap-Musik.»

Echt jetzt, Südstaaten-Hiphop im BAZ in Zürich? So weit geht dort die Indoktrination schon?

Gut, wir sind auch überzeugt: da muss durchgegriffen werden. Sofort. Rücksichtslos. Ohne zu zögern. So wie das Tamedia bei eigenen «problematischen Zuständen» auch vorführt.

 

 

Republikanische Spitzenleistung

Die tun was. Für das Geld der Verleger. 66’702 Anschläge. An einem sonnigen Samstag. Wahnsinn. Wenn man nur am Inhalt arbeiten würde …

Es ist wirklich nicht so, dass der «Republik»-Verleger nicht ab und an was für sein vieles Geld kriegen würde, das er in die Rettung der «Republik», Pardon, der Demokratie, steckt. Also zumindest quantitativ gibt es nur zu loben.

Samstag, 12. Juni. Zwischen 4.48 h und 5.00 h scheppert es nur so auf der Webseite des Organs der ungepflegten Langeweile. Alles schon wach dort? Eher nicht, das kann man so programmieren, und wozu hat man sich eine schweineteure Insellösung eines CMS geleistet.

Gut, fast 9000 Anschläge werden schon mal verbraucht, um die übrigen 56’000 anzupreisen. Vielleicht ein kleiner Overkill, aber wenn man schon die Tinte nicht halten kann …

Vorsichtige Annäherung an Wortgebirge

Wie wollen wir uns dem Gebirge nähern? Nun, mutig mit der Erstbesteigung des grössten Buchstabenhügels. Wissenschaft und Politik, ein «explosives Verhältnis, wie die Pandemie» zeige. Das ist nun ein Thema, das seit Beginn wissenschaftlicher Forschung beackert, umgepflügt, gesiebt, geschüttelt, gewürgt, kritisiert, exemplifiziert und überhaupt toter als tot geschrieben wurde.

Aber da gilt naürlich auch: wenn alle schon alles darüber gesagt haben, ist das doch kein Grund, dass Michael Hagner nicht auch noch 26’000 Buchstaben drüberstreut. Schliesslich ist er ETH-Professor für Wissenschaftsforschung, und so ein Essay rutscht ihm an einem langweiligen Beamtenvormittag in den Computer.

Er stellt nochmal die grundlegenden Fragen:

«Wie viel Diktat verträgt Forschung? Und wie viel Wahrheit Politik?»

Um dieses Spannungsfeld, wie wir Poststrukturalisten sagen, um diese interagierende Systeme, um mit Luhmann zu sprechen, an einem Beispiel zu exemplifizierne, wie es seit Popper Brauch ist, wärmt Hagner nochmal die Story auf, dass der ungarische Präsident Orbán über die Existenz einer von George Soros gegründeten und finanzierten Uni in Budapest nicht richtig glücklich war.

Oder um es ganz wissenschaftlich wie Hagner auszudrücken: «Es war unvermeidlich, dass die lebendige, über die Grenzen Europas hinaus orientierte Universität ein Pfahl im Fleisch des nationalistischen Minister­präsidenten Viktor Orbán werden würde. Und das keineswegs nur, weil der vom Rechtsaussen­populisten offen antisemitisch attackierte Soros die Institution weiterhin unterstützte.»

Denn, was wollte die Uni? Na, das, was sie «gemäss Universitäts­theoretikern von Wilhelm von Humboldt bis Jacques Derrida tun soll»: lehren und forschen. Bedauerlich nur, dass es die vereinten Anstrengungen von Humboldt (1767 – 1835) und Derrida (1930 – 2004) sowie so vieler Geistesgrössen dazwischen brauchte, um diese Erkenntnis aus den Bergwerken des geistigen Schürfens ans Tageslicht zu befördern.

Können wir irgend eines neuen Gedanken Blässe in diesem Essay erahnen?

  • «Soziologe Robert Merton»
  • «STEM-Fächer»
  • «der Bakteriologe und Wissenschafts­soziologe Ludwik Fleck»
  • Was ist eine Uni? «Eine Gemeinschaft der Forscher beziehungs­weise Dozentinnen, der Studenten und natürlich auch jener, die den Betrieb Tag für Tag ermöglichen. Ohne all diese Angehörigen ist die Universität – nichts.»
  • «War Immanuel Kants durchaus politische Schrift «Der Streit der Fakultäten» nun seine Privat­meinung oder eine Stellung­nahme des berühmten Königs­berger Philosophie­professors?»
  • «renommierte Historikerin wie Ute Frevert»
  • «der Boden für eine neue Differenzierung bereitet: jene von innovations­relevantem und innovations­irrelevantem Wissen, begleitet von einer forcierten Delegitimierung des letzteren».
  • Und dann noch die AfD, die Schweinebacken: «die andere Partei fordert genau das für deutsche Universitäten, was in Orbáns Ungarn gerade passiert: die Gender Studies als akademisch verankerte Disziplin auszumerzen.»
  • Während in der Schweiz die SVP ebenfalls die Axt an die Schweizer Geisteswissenschaften lege.

Irgend ein Anzeichen, dass des Gedankens Blässe über einer neuen Erkenntnis schwebt? Aber nein, damit will der Professor doch den «Republik»-Leser nicht an einem Samstagmorgen vom Beladen des SUV für den Ausflug in die Natur abhalten. Aber immerhin entlässt er uns mit einem Brüller in den Alltag:

«In einer früheren Version haben wir beim Akronym STEM das «M» der Medizin zugeschrieben, richtig ist die Mathematik. Wir bedanken uns für den Hinweis aus der Verlegerschaft.»

Das ist ungefähr so peinlich, wie wenn ein Autojournalist korrigieren müsste: In einer früheren Version habe ich das P in PS dem Pudel zugeschrieben, richtig ist das Pferd.

Von ganz oben nach ganz unten

Steigen wir aus der dünnen Luft höchster Wissenschaftlichkeit in die Niederungen dumpfster Kommentierung der aktuellen Politik:

«Die globale Mindeststeuer für Konzerne steht vor dem Durchbruch. Die Schweiz wird mittun müssen. Schlimm? Im Gegenteil.»

Von wem kann ein solcher Satz sein, an dem schlichtweg alles falsch ist? Genau, da kann es nur einen geben. Die schreibende Schmachtlocke. Der unermüdliche Zeichen- und Fanalsetzer. Der immer grandios alles Besserwisser. Der ewig erhobene Mahn- und Zeigefinger. Der one and only Daniel Binswanger. Was er uns dann mit 10’000 Anschlägen sagen will? Wir sparen uns die sonst verschwendete Lebenszeit.

Dann bliebe noch der 21’000-Riemen

«Obduktion einer vergeigten Kampagne. Wie konnte man eine derart klare Sache nur vermasseln?»

Die Rede ist vom CO2-Gesetz. Mitautor ist das political animal Constantin Seibt. Wollen wir es uns antun, wie er mit einem weiteren Sprachdurchfall einen Artikel vergeigt und vermasselt? Bei dem Wetter, das am Wochenende herrschte? Eben.

 

 

Vorsicht! Der Mann hört Stimmen

Lukas Bärfuss muss seine Medikamente abgesetzt haben. Seither flüstert es um ihn herum.

Diese Fehleinschätzung könnte von Nora Zukker sein: «Er ist der wichtigste zeitgenössische Schweizer Schriftsteller», trötet der «SonntagsBlick». Und erweist sich damit einmal mehr als das Blatt der Armen im Geiste; der Ungebildeten, Unfähigen und Möchtegerns.

Letzthin hat der SoBli eine unselige Vorliebe für letztklassige Schriftsteller entwickelt. Da wäre mal der «Zürcher Schriftsteller Thomas Meyer». Der nimmt angeblich «Stellung zu Lebensfragen». Duftnote:

«Mein neuer Freund furzt ständig. Nicht vor anderen Leuten, aber wenn wir zu zweit zu Hause sind. Ich finde das eklig. Er meint, das sei doch natürlich. Und er fühle sich halt wohl mit mir. Was soll ich tun?»

Der nötige Beweis, dass das nicht rabenschwarze Satire ist …

Das wollen wir eigentlich nicht wissen und eilen mit zugehaltener Nase zum nächsten Weltenlenker im SoBli. Richtig, da kann es nur einen geben:

«Wie im Strassenverkehr: Wer verkehrt fährt, ist auf die Vernunft der anderen angewiesen. Wer ist hier Geisterfahrer – die Schweiz oder die 27 EU-Nationen?» Mit diesem schiefen Bild fordert auch Frank. A. Meyer die Dichterkrone in der aktuellen Ausgabe des SoBli. Aber, leider, leider, sie bleibt ihm – genau wie die Anerkennung in intellektuellen Kreisen – verwehrt.

Quadriga, Lächeln, unmögliche Jacketfarbe: der Geisterfahrer im Bild. Ähm, im «Blick».

Denn unschlagbar meldet sich mal wieder der wichtigste Schriftsteller der Schweiz mit «einem Essay» zu Wort. Hier verlassen wir allerdings schnell den Bereich von Spass und Tollerei. Betreten stattdessen den dunklen Grenzbezirk zwischen fehlendem Genie und dräuendem Wahnsinn.

Offenbar ist es dem SoBli noch nicht aufgefallen, dass der Titel Schriftsteller nicht durch das Verfassen von sortierten Buchstaben verdient wird. Auch nicht dadurch, dass der wirkliche Schriftsteller Georg Büchner Opfer einer Massenvergewaltigung durch eine Jury wird, die in völliger Umnachtung nicht die Fähigkeiten, sondern die Gesinnung von Lukas Bärfuss mit dem gleichnamigen Preis entwürdigt hat.

Nichts. Ausser der hier Abgebildete ist der Nachbar …

Seither arbeitet Bärfuss daran, mit weiteren Sprachverbrechen die Jury inständig zu bitten, sich diese Fehlentscheidung doch nochmal zu überlegen. Der neuste Versuch: Der Essay «Das Flüstern». Schon der erste Satz beinhaltet eigentlich alles, was es braucht, um den Autor als Dumpfschwätzer zu entlarven:

«Ein Flüstern geht durch dieses Land, die Schweiz, und es wird lauter mit jedem Tag.»

Dürfen wir vorstellen: der gehende Flüsterer. Wer ihm begegnet, neige sein Haupt – oder wende sich mit Grausen ab. «Durch dieses Land, die Schweiz», dieses nachgeschobene, nachgestellte, verstellte Substantiv soll Dichterschwere und tiefes Grübeln simulieren. Löst allerdings nur den ersten Lachreflex aus. Der dann in immer lauteres Kichern übergeht. Denn erstens probiert Bärfuss diesen Manierismus (Nora Zukker, das ist eine Stilart im, ach nö, forget it) nochmal aus «wird lauter mit jedem Tag». Zweitens; wenn ein Geflüster immer lauter wird, was wird es dann?

Psychogene Taubheit? Schwerhörigkeit? Oder Schlimmeres?

«Anschwellender Bocksgesang» nannte das mal Botho Strauss (Nora Z..., aber wozu). Das war immerhin mal ein Dichterwort, hier ist es nur das Wort eines Leichtmatrosen des Gedankens, der nicht mal ein Sprachbild hinkriegt, ohne sich dabei lächerlich zu machen. Aber er ist so stolz auf diesen Einfall, diesen Durchfall, so verliebt darin, in dieses Wort, das nachgestellte, das bedeutungsschwangere, das aber in ständiger Fehlgeburt durch das Essay geistert, dass er davon nicht lassen kann. «Das Flüstern geht auch durch die Umweltverbände», «wir hören dieses Flüstern, wenn es um unsere Gesundheit geht». Nein, Lukas Bärfuss, nein, wer dieses Flüstern hört, ist nicht gesund, hat zumindest einen Gehörschaden. Ist es F44.6 (psychogene Taubheit), ist es F80.2 (Worttaubheit), ist es Schwerhörigkeit, autistisches Verhalten? Das müsste einer Differenzialdiagnose überlassen werden, aber ich bin zwar promoviert, ein Doktor, aber Mediziner, das bin ich nicht.

Grimmig, so schaut der Dichter auch hier, in diesem Foto.

Aber, wie weiter, geht es, mit dem Dichter, mit Bärfuss? «Selbst in den Gewerkschaften setzt langsam das Flüstern ein». Oh, liebe Gewerkschafter, stellt endlich die Megaphone ab, lauscht stattdessen auf das einsetzende, umhergehende, anschwellende Flüstern in euch. Denn «das Flüstern» wird eigentlich überall «lauter». Aber was flüstert es denn? Nun, zum Beispiel: «Migration ist nicht zuerst ein Schaden, nicht zuerst ein Problem.» Stimmt; das unterscheidet Migration vom Dichterwort eines Bärfuss.

«Bei jenen, die sich an die Neunzigerjahre des vergangenen Jahrhunderts erinnern, wird das Flüstern bisweilen zum lauten Rufen»; meiner Treu, das wird ja nun eine Apotheose, Aristophanes lässt grüssen (Lukas Bärfuss, das war ein griechischer, aber lassen Sie sich das vielleicht von Nora Zukker erklären).

Achtung, Durchzug! Fenster schliessen

Denn nun legt Bärfuss auf den Tisch die Karten, als hätte er umzustellen gelernt die Worte vom alten Jedi-Meister Yoda, dieser Muppetshow-Puppe aus War Stars: «Sollten wir nicht einmal erfahren, was mit unseren Volksrechten, was mit unseren Sozialwerken, was mit unseren Institutionen, mit unserer Wirtschaft, Bildung und mit unserer Kultur geschehen würde, wenn die Schweiz – ja, wenn die Schweiz Mitglied würde in der Europäischen Union? Wäre es nicht an der Zeit, sich von allen Ängsten zu befreien, die stereotypen Vorwürfe des Landesverrats zu ignorieren»?

Die Zeit ist jetzt, der Ort ist hier: «Es öffnet sich gerade ein Fenster, es wird sich wieder schliessen, wenn ihr nicht dafür sorgt, dass dieses Flüstern eine Stimme bekommt, eine laute, in den Betrieben, den Schulen, den Wohngemeinschaften und den Einfamilienhäusern, in den Universitäten und den Hochschulen, eine Stimme ganz angstfrei und mutig:

die Schweiz als 27. Mitglied der Europäischen Union!»

Kommet herbei, ihr Menschen in diesem Land, der Schweiz, findet zum gemeinsamen Flüstern, zur Stimme, besinnt euch auf Mut und Angstfreiheit, «verpasst nicht noch einmal die Chance».

Ich aber erhebe die Stimme, die meine, vom Flüstern zum lauten ängstlichen, todesmutigen Ruf: wer kann Bärfuss heilen? Wer kann ihm vorher verbieten, die deutsche Sprache weiter zu schänden? Ist denn der SoBli nicht schon mit zwei anderen Schriftsetzern geschlagen, braucht es da wirklich noch einen dritten im Bunde? Ich weiss, den beigestellten Fotos von Bärfuss muss man entnehmen, dass er sich dagegen wehren würde, gegen das, mit diesen Metzgerhänden, den seinen, diesem grimmigen Blick im Antlitz, dem unrasierten. Aber um unser aller geistiger Gesundheit willen: stellt den Mann endlich ab! Bitte. Er soll doch einen zweiten Dichterwohnsitz in Paris haben. Die Franzosen halten das aus, bestimmt. Wir aber, wir nicht.

Tagi: minus ein Abonnent

Hier werden Fundstücke obduziert, um ihre Todesursache zu finden. Heute eine Abokündigung und ihre Geschichte

Es ist immer wieder der letzte Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt. K.L.* war 50 Jahre lang Abonnent und Leser des «Tages-Anzeiger». Das ist dann mehr als Gewohnheit, das ist schon Symbiose.

Wenn man sich aufrecht Mühe gibt, immer wieder Anlauf nimmt, auch treue Leser mit unglaublichem Schrott zu bedienen, dann reicht es dem geduldigen und treuen Schweizer:

«Aber irgendwann erträgt man gewisse Dinge einfach nicht mehr»,

schreibt K.L. an ZACKBUM.ch.

Als Erklärung dafür, wieso er sein Abo gekündigt hat. Die «gewissen Dinge» waren in diesem Fall ein Artikel auf Seite 10 des Tagi vom 7. Juni 2021. Unter dem irreführenden Rubrum «Hintergrund» wird hier eine Seite (also zwei Drittel, das andere Drittel ist ein aussageloses Riesenfoto) auf diese Behauptung verschwendet:

«Weisse Männer haben ausgedient».

Autor des Schmarrn, wie man in Bayern sagt, ist Christian Zaschke. Nach zehn Jahren Sportredaktor stieg er zum «politischen Korrespondenten» der «Süddeutschen Zeitung» in London auf, seit 2017 ist er «Korrespondent in New York». Das kann New York wegstecken, der Leser des Tagi verträgt’s weniger. Der Originaltitel über diesen Beitrag lautet übrigens «Geht doch». Aber da die sich immer noch in ihren Verrichtungsboxen stapelnden Tagi-Redaktoren auch Signale senden wollen, dass man sie dann im Fall ja nicht einsparen sollte, entstand dann der Schwachsinnstitel in Zürich.

Schon wieder ein neuer Trend entdeckt

Vielleicht haben da die Protestfrauen des Tagi auch ihre unselige Rolle gespielt. Auf jeden Fall behandelt das Stück die Behauptung, dass es in den USA einen «neuen Trend» gebe: «Immer mehr Frauen führen grosse Medienhäuser an». Für den Tieferleger Tobler reichen anderthalb Beispiele, um einen Trend auszurufen. Da legt Zaschke schon mehr drauf.

Aufhänger für sein Gesülze ist die Wahl von Sally Buzbee zur neuen Chefredaktorin der «Washington Post». Buzbee war zuvor Chefin von AP; und die Associated Press ist mit rund 4000 Mitarbeitern die wohl grösste Nachrichtenagentur der Welt. Da könnte man ihren Wechsel zur WaPo eigentlich fast als Abstieg bezeichnen. Und wieso soll das so bemerkenswert sein, dass via SZ eine ganze Seite beim nichtsahnenden, aber ständig gequälten Tagi-Leser landet?

Zaschke sieht das Problem und versucht, es aus dem Weg zu räumen: Das sei berichtenswert, «weil die Zeitung – zumindest in den höheren Etagen – als ziemliches Männerblatt galt». Das ist mal wieder eine Recherchier-Höchstleistung, für die der Leser gerne 581 Fränkli im Jahr (mit SoZ dann 751.-) zahlt.

Zaschke ist im Schreibrausch und gibt weitere Perlen seiner Recherche preis: ein ehemaliger Post-Mitarbeiter (diese «Republik»-Unart setzt sich immer mehr durch) habe mit Mitarbeitern der WaPo gesprochen, die ihm das bestätigten – anonym, versteht sich. Unter den immer noch existierenden Hunderten von Medienprodukten in den USA gibt es tatsächlich ein paar weitere, bei denen Frauen als Chefredaktor amtieren.

Na und? Bevor hier ZACKBUM.ch wieder dem Ruf nachlebt, ein Hort von frauenverachtenden Turbomachos zu sein, zitieren wir schnell die Wissenschaftlerin, die Zeschke nun dafür missbraucht, seinen Artikel mit Bedeutung aufzupumpen. Im US-Journalismus habe es schon immer das Streben nach Objektivität gegeben. Aber die «Medienkritikerin und Feministin Jennifer Pozner» weiss: «Nur: Welche Objektivität ist das? Es ist die Objektivität des weissen Mannes mit gutem Einkommen.»

So sieht der typische männliche Chefredaktor in den USA aus.

So von weissem Mann zu weissem Mann …

Ach dann, und was ändern Frauen daran? «Je mehr Frauen auf den entscheidenden Posten sitzen», sagt Pozner, «desto weiter wird die Perspektive.» Nun, Buzbee ist eine weisse Frau mit gutem Einkommen …

Dazu zählt Zaschke noch ein paar farbige Frauen mit gutem Einkommen auf. Aber immerhin, solche Unsitten können dann wohl abgestellt werden, beziehungsweise wurden schon abgestellt, bzw. solche Machotypen wurden bereits entlassen: Matt Lauer von NBC News, der an seinem Schreibtisch einen Schalter gehabt haben soll, mit dem er die Bürotür verriegeln konnte. «Unfassbar», sagt Pozner, «wie der Bösewicht in einem James-Bond-Film.»»

Kleines Problem: Jeder weiss, dass der Bösewicht bei James Bond eine fiktive Figur ist. Unfassbar ist hier allerdings, dass mit «gehabt haben soll» schlichtweg Kolportage-, Gerüchte-Journalismus betrieben wird. Also keinerlei Bemühen nach Objektivität erkennbar ist, obwohl Zaschke ein weisser Mann ohne gutes Einkommen ist.

Eine Tagi-Seite, beruhend auf einem Stellenwechsel einer Frau, garniert mit Konjunktiven, Unterstellungen, Behauptungen, anonymen Aussagen und der Meinung einer feministischen «Medienkritikerin», die sich brav mit einem starken Quote vernehmen lässt, wenn sie von Zaschke mit einem Ondit konfrontiert wird.

Immerhin, im Vergleich zu einer Seite 3 von Tobler ist das hier schon etwas gehobener. Aber von Journalismus, der ohne rot zu werden dafür Geld verlangen kann, ist das noch weit, aber sehr weit entfernt. Ungefähr so weit wie eine Leser-Blatt-Bindung durch einen solchen Schmarrn.

*Name der real existierenden Person der Redaktion bekannt.

Tobler, der Frauenversteher

Ob Andreas Tobler früher Automechaniker war? Vom Tieferlegen hat er viel Ahnung.

Die Seite 3 der «Süddeutschen Zeitung» war mal eine Institution. Anfang der 60er-Jahre des letzten Jahrhunderts erfunden, erschienen hier ohne Unterlass grosse Reportagen, vertiefende Stücke, mit einem Wort: die Anstrengung, Qualitätsjournalismus zu machen.

Im Rahmen der Spar- und Schrumpfmassnahmen bei Tamedia wurde diese Seite 3 auch bei den hiesigen Tageszeitungen eingeführt. Und zu Schanden geritten. Der neuste Anschlag auf eine ehrwürdige Tradition stammt vom bereits mehrfach einschlägig aufgefallenen Andreas Tobler. Auch so ein ungeheuerlicher Heuchler vor dem Herrn.

Als es um einen «künstlerischen» Mordaufruf gegen Roger Köppel ging, zeigte Tobler sehr viel Verständnis dafür. Feige wie solche Wadenbeisser meistens sind, wollte er zu einem ausführlichen Fragenkatalog von mir keine Stellung nehmen und schwieg verbissen. Überhaupt zeichnet er sich durch fehlendes Rückgrat, aber reichlich Feigheit aus. Wird er kritisiert, belfert er ein wenig auf Twitter herum; wird er auch dort ertappt, trollt er sich.

Tobler und Qualitätsanspruch: das ist wie Nitro und Glycerin

Braucht es Konzernjournalismus und Philipp Loser ist gerade unabkömmlich, springt Tobler gerne in die Bresche und hackt auf Jonas Projer ein:

«Als jetziger Chefredaktor bei einem Boulevardmedium wie Blick TV widerspricht Projer auch dem Qualitätsanspruch der «NZZ am Sonntag» – und der linksliberalen Positionierung des Blattes

Wohlgemerkt bevor der auch nur eine Andeutung machte, wie er die NZZaS gestalten will. Beim Wort Qualitätsanspruch im Zusammenhang mit Tobler hat man allerdings das Gefühl, hier spräche ein Blinder übers Farbfernsehen. Den Vogel an Arbeitsplatzsicherung und Lächerlichkeit schoss Tobler aber mit einem Dreiseiter über das richtige Gendern im Hause Tamedia ab. An der Seite der Protest-Rädelsführerin Aleksandra Hiltmann erklärte er  einfühlsam, wie das Inkludieren aller Randgruppen inklusive Frauen sprachlich stattzufinden habe. Als Muntermacher und zum Trainieren der Lachmuskeln unerreicht.

Ein wenig Künstlermord bei Köppel, das findet Tobler verständlich, fast verdient, kommt halt davon. Aber ganz anders sieht er das bei den «Frauenbeschimpfern». Da gerät Tobler in künstliche Rage, wenn ein Idiot in einem Livestream den unappetitlichen Spruch reisst, dass eine Frau ziemlich viele Männer oral befriedigt haben müsse, damit sie viele Preise für ihre Arbeit erhalten habe.

An Geschmacklosigkeit kaum zu überbieten, der Angriff richtet sich zudem nicht gegen eine Redaktorin der «Weltwoche», sondern gegen die Journalistin Patrizia Laeri. Offenbar im Zusammenhang mit der Debatte über die Zukunftsfähigkeit der auf der Blockchain-Technologie aufgebauten Kryptowährung Bitcoin. Da hatte Laeri anscheinend einen kritischen Beitrag der BBC geteilt, was ihr den Zorn eines gewissen SunnyDecree einbrachte.

Laeri betrachtet in ihrem Dok-Film verträumt Hansi Voigt beim Abschneiden von Pfefferminzblättern.
Was das mit dem Thema zu tun hat? Laeri fragen.

Den Amok enttarnt Tobler als den Schweizer Marco B., der anscheinend über eine grössere Fangemeinde in den asozialen Medien verfügt und – wie man sich auf seinem YouTube-Kanal vergewissern kann – entschieden schneller spricht als denkt. Es ist ja auch unfair, wegen eines Wirtschaftsthemas auf Laeri loszugehen; die hat gerade in ihrem Filmchen über Spiess-Hegglin & Co. unter Beweis gestellt, dass sie nicht einmal den Unterschied zwischen Umsatz und Gewinn kennt.

Ein Beispiel, zwei Beispiele, eine Welle

Nun wäre ja eine Attacke eines Halbschlauen gegen Laeri noch nicht ganz dem Niveau der Seite 3 angemessen. Also darf Laeri jammern:

«Früher waren es ältere Herren, die mich in E-Mails und Briefe beleidigten, heute sind es die Krypto-Jünger, die mich attackieren.»

Das sei allgemein eine Unsitte, assistiert Tobler, vor allem im Zusammenhang mit Kritiken an Bitcoin. Nun weiss aber selbst er, dass ein Beispiel nicht wirklich für eine Welle reicht. Also zerrt er noch Dorothea Baur, Beraterin für Nachhaltigkeit im Tech-Bereich, herbei. Die fühlt sich auch umzingelt von Krypto-Jüngern, die sie attackierten, wenn sie etwas Kritisches zum Energieverbrauch beim Herstellen der Kryptowährung poste.

Damit sind es schon zwei Beispiele. Eigentlich bräuchte es drei, aber schliesslich heisst es schon Seite 3, also was soll’s, sagt sich Tobler. Leider wird er auch auf diese Frage nicht antworten, daher bemühen wir uns erst gar nicht. Berechtigt ist sie schon: wieso verschwendet Tobler ausgerechnet jetzt eine ganze Seite, um Laeri die Chance zu geben, sich als sexistisch verfolgtes Opfer zu gebärden?

Solche primitiven Anrempeleien sind ja leider in vielen Gebieten der immer übler riechenden sogenannten sozialen Medien üblich geworden. Zudem ist der Rülpser von SunnyDecree tatsächlich widerlich. Aber es scheint sich um einen einmaligen Ausrutscher gegenüber Laeri zu handeln, offenbar hatte Tobler Mühe, auch nur ein zweites Opfer aufzutreiben, um das zu einer allgemeinen Tendenz hochzuzwirbeln:

«Doch die Ausfälligkeit des 32-jährigen Youtubers ist kein Einzelfall. Sein Ausraster ist vielmehr symptomatisch für einen Teil der Bitcoin-Szene, der sich wiederholt in aggressivem Verhalten ergeht, wenn Kryptowährungen kritisiert werden. Vor allem gegenüber Frauen.»

Tja, ein solcher Aufschwung ins Allgemeine müsste eigentlich von so etwas wie einer empirischen Untersuchung, vielleicht gar einer wissenschaftlichen Arbeit gestützt werden. So war das jedenfalls früher, und da hätte ein Tobler keinesfalls eine Seite drei vollschmieren dürfen, sondern höchstens ab und an die Aschenbecher bei Themensitzungen leeren.

Mordaufruf, na und? Frauen beschimpfen? Niemals

Also, einen Mordaufruf gegen Köppel findet Tobler künstlerisch ganz okay. Aus einem einzigen Beispiel eines verbal Entgleisten macht er hingegen eine ganze Welle von «Frauenbeschimpfern», mit viel Mühe zerrt er noch ein zweites Beispiel aus dem Hut, ohne dass es da konkret würde.

Warum macht er das? Laeri ist gerade mit ihrem Versuch, eine Drei-Frauen-Wirtschafts-Talkrunde auf YouTube zu installieren, kräftig auf die Schnauze gefallen. Ihr sogenannter Dok-Film könnte die goldene Himbeere, die saure Zitrone und den Preis der am dichtesten fliegenden faulen Eier abräumen, so schlecht ist der. Da kommt natürlich eine Opferinszenierung gerade recht, um einer absaufenden Karriere vielleicht einen Rettungsring zuzuwerfen. Da Tobler noch nie ein Recherche-Held war, ist davon auszugehen, dass ihm Laeri diese heisse Exklusivstory steckte.

Soweit, so schlecht. Aber wo sind auch hier die Kontrollinstanzen, die verhindern, dass ein solcher Schwachsinn ins Blatt kommt?

 

Scheinstarke Frauen – sackschwache Doku

Zum Fremdschämen peinlich, was Patrizia Laeri mit Rosanna Grüter abgeliefert hat.

Das Thema ist ernst, die Stimmung gedrückt. Zwei Frauen auf einer Mission spazieren durchs verregnete Zug. Patrizia Laeri wird gefragt: «Mit welchem Gefühl triffst du dich mit ihr?» – «Ich schäme mich fast ein bisschen.»

Man sieht sofort: Hier herrscht das Bemühen, aus Distanz und mit gebotener Neutralität das Thema «Sexismus in der Schweizer Medienszene» abzuhandeln. Am längst auserzählten und geschilderten Fall Jolanda Spiess-Hegglin.

Es geht wieder einmal um die grossen Dinge, um alles. Um einen «Beitrag zu einer gerechteren Welt». Es geht wieder einmal um ein Ereignis, das ein Leben veränderte und seit Jahren beschäftigt.

Im Kampf ist alles erlaubt

Also eigentlich zwei Leben, denn an diesem bedeutenden Ereignis an einer Zuger Politikerfete waren zwei Erwachsene beteiligt. Das Schicksal des einzigen wahren Opfers interessiert hier aber nicht; das ist ja ein Mann, und erst noch von der SVP. Was sich genau hinter einer verschlossenen Türe abspielte, wissen nur die beiden Beteiligten. Was sich sicherlich nicht abspielte:

«2014 wurde Spiess-Hegglin mutmasslich auf einem Polit-Event unter Drogen gesetzt und sexuell missbraucht.»

Wenn man schon eine gerechtere Welt will, dann müsste man mit solchen unbewiesenen Unterstellungen aufhören, die mit einem «mutmasslich» nicht besser, sondern höchstens noch abscheulicher werden.

Die verfolgende Unschuld: Jolanda Spiess-Hegglin.

Wenn man eine gerechtere Welt wollte, könnte es doch Sinn machen, wenn man nicht unkritisch, betroffen, widerspruchslos der Story einer der beiden Beteiligten folgt. Die sich zudem nicht mit allen Fakten, die über diesen Abend bekannt wurden, deckt.

Was unterscheidet einen Propaganda- von einem Dokumentarfilm?

Wenn man einen Dokumentarfilm drehen wollte, würde man vielleicht anderen, abweichenden, widersprechenden Meinungen von den 45 Minuten – na, fünf oder eine Minute? – einräumen. Aber in diesem Machwerk muss jede Minute mit Akklamation, Betroffenheitsgesülze und gegenseitiger Bestätigung gefüllt werden.

Spiess-Hegglin wird zu einer Märtyrerin hochstilisiert und mit Fragen angehimmelt: Woher sie denn die Kraft für ihren Widerstand nehme, wie sie als Phönix aus der Asche auferstanden sei, aus den «Trümmern ihres Lebens», wie es denn sei, schwurbelt Laeri mit betroffenem Gesicht, wenn sich «eine ganze Branche an einer Frau ergeilt?»

Die unschuldig Verfolgende: Patrizia Laeri.

Männer sind in diesem Bericht nur zugelassen, wenn sie feministisch sekundieren. Zunächst Spiess-Hegglins Mann, der seine Rolle als tapferer Nicht-wirklich-Betrogener an der Seite eines Opfers gefunden hat, sich auch zum zweiten Mal erst hier interviewen lässt und darauf verweist, wie wichtig sein erstes Gespräch mit Hansi Voigt gewesen sei.

Diese üble Medienfigur wurde auf ZACKBUM schon ausführlich gewürdigt. Diesmal empfängt er die vielleicht etwas overdresst zu ihm stöckelnde Laeri in seiner bäuerlichen Umgebung; als sie den Wunsch nach Pfefferminztee äussert, stürmt er durch eine Hühnerschaar in den Kräutergarten und schneidet höchstselbst ein paar Blätter ab, während sie ihm verträumt zuschaut.

Dann geht’s aber zur Sache, und Laeri, die sich selbst ja immer ausführlich und umfangreich als Wirtschaftsjournalistin lobt, hört sich widerspruchslos eine schwachsinnige Antwort auf ihre Frage an, wie viel denn alleine der «Blick» an Storys über Spiess-Hegglin verdient habe. Dazu sagt Fachmann Voigt, dass es ungefähr 300’000 Franken online plus 700’000 Franken im Print gewesen seien.

Im Ausgeben besser als im Zählen: Hansi Voigt.

Laeri nickt wieder betroffen, während Voigt einen doppelten Salto ohne Netz vollführt und dabei für den Zuschauer sichtbar schmerzlich auf die Schnauze fällt. Also diese «runde Million» sei der «Umsatz», also der «Bruttogewinn». Umsatz gleich Bruttogewinn? Hatte Voigt der armen Laeri etwa auch Drogen in den Pfefferminztee gemischt, damit sie einem solchen Schwachsinn widerstandslos zuhört?

Zudem vergisst sie, Voigt zu fragen, welchen Gewinn denn das damals von ihm geleitete Qualitätsmedium «watson» mit dem Fall Spiess-Hegglin gemacht habe. Aber item, die Nächste im Ringelreihen der Zeugen in diesem Fall ist die Anwältin Rena Zulauf, Pardon «DIE Medienrechtsanwältin», wie Laeri schwärmt. Man kennt sich, deshalb ist das gefilmte Intro der Begrüssung auf Du; sobald Laeri zum Interview schreitet, wird’s ein Sie, damit’s nicht zu streng nach Frauensolidarität riecht.

Auch die Anwältin darf unwidersprochen um die Wahrheit herumkurven

Zulauf darf dann unwidersprochen auch das erzählen, was man als Anwältin bei einer Gratis-Chance, Werbung in eigener Sache zu machen, halt so erzählt. Also erzählt sie nicht, dass sie mit ihrer letzten Berufung im Fall Spiess-Hegglin gegen den «Blick» auf ganzer Linie und vollständig baden ging. Alle von ihr appellierten Forderungen wurden nicht nur abgeschmettert, sondern finanziell schmerzlich sogar geschmälert.

Aber für solche Details ist in 45 Minuten auch kein Platz; wir kehren wieder zu Spiess-Hegglin und ihrem Verein «Netzcourage» zurück, über dessen Methoden, an Geld zu kommen, man auch dieses und jenes sagen könnte. Aber natürlich nicht hier, hier geht es um den unermüdlichen und preisgekrönten Kampf von Spiess-Hegglin, die leider bei Fragen, die von ZACKBUM oder anderen kritischen Medien gestellt werden, sehr schmallippig wird oder einfach nicht antwortet.Aber wenn’s um Soforthilfe, Präventionsarbeit und überhaupt alles geht, damit so etwas nie mehr passiert, da wird sie auskunftsfreudiger. Und zerrt sogar eine ihrer Töchter ins TV, damit sie zum schönen Ausklingen des Films mit der gemeinsam schaukeln kann.

Betrogener Mann, betroffene Frauen; am Küchentisch der Familie Spiess-Hegglin.

Aber selbst diesen Schluss versemmelt sich Laeri mit ihrer Eitelkeit. Die äusserte sich schon vorher, als sie doch ohne unter der Schminke rot zu werden, aus der Rolle der Präsentatorin der Doku in die Rolle einer interviewten Frau wechselt, die dann auch mal erzählen kann, welche sexistischen Zeiten sie schon selbst erlebte.

Auch das betritt, um es sexistisch neutral auszudrücken, Neuland in einer Doku. Dass Laeri dann ganz am Schluss mit gefährlich hohen Stiefelabsätzen an einem Graffiti über Feminismus vorbei ans Flussufer stöckelt, gedankenvoll in eine bessere Zukunft blickt, und stolz ist auf den Einsatz von Frauen wie Spiess-Hegglin (und natürlich auch auf sich selbst), das hätte sich nicht einmal Hedwig Courths-Mahler oder Utta Danella getraut (Nora Zukker, das sind zwei deutsche, aber lassen wir das).

Wir bei ZACKBUM hätten nie gedacht dass wir uns mal fremdschämen, weil wir so oft als Frauenverächter gescholtenen männlichen Triebtäter bei diesem Werk entschieden der Ansicht sind, dass die Sache der Frau wirklich Besseres verdient hätte.

Dass so etwas heutzutage tatsächlich auf 3sat ausgestrahlt wird, ohne dass eine zuständige Instanz alle Beteiligten vor dieser Peinlichkeit geschützt hätte, lässt nur zwei Erklärungen zu. Alle dort auch unter Drogen – oder ein abgründig fieser Macho hat sich eins gekichert und gesagt: das macht mich betroffen, das müssen wir genauso senden.

Wir haben uns durchgequält; wer viel Zeit, starke Nerven und nur rudimentär ausgeprägte Empathie für die Sache der Frau hat, der sollte es uns unbedingt gleichtun. Es sind zwar wohl die am sinnlosesten verrösteten 45 Minuten eines Menschenlebens. Aber man (Mann und Frau) weiss dann wenigstens, zu was Frauen fähig sind.