Ach du faules Ei

Die Schweiz als UBS: United Blödis of Switzerland.

Die Eidgenossenschaft, wie wir sie kennen, ist am 19. März untergegangen. Und als UBS wieder auferstanden. Als United Blödis of Switzerland. Keine Himmel-, aber eine Höllenfahrt.

Ein grosses Übel beseitigen, indem man es zum übergrossen macht? Eine Bank, die wankt, damit stabilisieren, dass sie in eine Bank transplantiert wird, die vor 14 Jahren wankte? 167 Jahre Tradition killen, um die Credit Suisse an eine Bank zu flanschen, die erst 1998 aus dem fatalen Zusammenschluss von SBG mit dem Bankverein entstand? Die falschen Manager bekamen das Sagen, und unter Führung eines grössenwahnsinnig gewordenen Marcel Ospel fuhr die neue UBS bereits 2008 und 2009 zweimal fast gegen die Wand.

Die kurze Geschichte der UBS ist also geprägt von (Fast-)Pleiten, Pech und Pannen. Zuerst hätte der neue Koloss «United Bank of Switzerland» heissen sollen. Weil auch damals mit heisser Nadel gestrickt wurde, fand man erst kurz vor Fusion heraus, dass dieser Name schon vergeben und geschützt war. Also blieb es beim Akronym UBS, das aber für nichts steht. Vom Basler Bankverein wurden die drei Schlüssel ins Logo übernommen.

Für das Geschäftsjahr 2008 vermeldete die Bank, bloss zehn Jahre nach ihrer Geburt, einen Reinverlust von knapp 20 Milliarden Franken, es waren über 80 Milliarden an Kundengeldern abgeflossen. Nur durch eine Finanzspritze der SNB und der Schweizer Regierung konnte verhindert werden, dass der frisch geschlüpfte Riese bereits ins Grab sank.

Dermassen in Geiselhaft geraten, bewilligten die Schweizer Behörden per Notrecht, dass die UBS am 18. Februar 2009 die ersten 300 Kundendaten an die USA auslieferte. Brutale Machtpolitik des grossen Imperiums; es hatte im Steuerstreit damit gedroht, sonst die UBS in den USA anzuklagen – das wäre vor jeder Gerichtsverhandlung das sofortige Todesurteil gewesen.

Damit sorgte die UBS dafür, dass die Schweizer Regierung einknickte und die USA ihre Gesetzgebung rechtsimperialistisch auch in der Schweiz durchsetzen konnten. Das Bankgeheimnis war Geschichte, die Rechtssouveränität der Schweiz hatte einen schweren Schaden erlitten. Die verantwortlichen UBS-Manager übernahmen nicht die geringste Verantwortung und zwangen dien Bundesrat dazu, ihnen per Notrecht eine weisse Weste zu verpassen.

Wie der hochrangige Mitarbeiter Raoul Weil 2014 bewies, hätte ihnen – Zivilcourage und Verantwortungsbewusstsein vorausgesetzt – nichts passieren können. Er stand einen Prozess in den USA durch – und wurde auf ganzer Linie freigesprochen.

2011 entstand neuerlich ein Milliardenverlust durch den Handel eines einzigen Mitarbeiters, der als Sanierer angetretene Oswald Grübel trat zurück; ein einziger Banker mit Verantwortungsbewusstsein. Im Liborskandal, der Manipulation des Referenzzinssatzes Libor, sozusagen der heilige Gral des Banking, zahlte die UBS eine Busse von 1,4 Milliarden Franken; um eine weitere Bussenzahlung von 2,5 Milliarden Euro kam sie herum, weil sie sich gegenüber EU-Behörden als Kronzeuge zur Verfügung stellte. In Frankreich wurde sie 2019 zunächst zu Zahlungen von 4,5 Milliarden Euro verurteilt; später senkte ein Appellationsgericht die Summe auf 1,8 Milliarden.

Im Skandal um den malaysischen Staatsfonds 1MDB marschierten fast 2 Milliarden US-Dollar im grössten Geldwäschereifall aller Zeiten über UBS-Konten in Singapur. Das ist ein kurzer Auszug aus der langen Liste von zwielichtigen und direkt kriminellen Handlungen, in die die UBS in ihrer kurzen Geschichte bereits verwickelt war.

Diese topseriöse, grundanständige, auf eine lange Tradition des Fine Swiss Banking zurückblickende Bank wurde von den überforderten Behörden und einem völlig überforderten Bundesrat dazu auserkoren, von einer Monsterbank zum Übermonster zu werden. Vom Dinosaurier, der «too big to fail» war, zum Übersaurier, der «too big to stay» ist, zu gross, um aufrecht stehen zu können.

Die Credit Suisse funktionierte bis zur Finanzkrise eins im Jahre 2008 einigermassen gut. Sie überstand das damalige Schlamassel sogar ohne Staatshilfe, geriet aber anschliessend dank eines unfähigen und geldgierigen Managements immer mehr in Schieflage. Geleitet von einer Niete in Nadelstreifen und mit weisser Weste, an dem teflonartig alle Skandale und Probleme abglitten.

Nach immer hektischeren Führungswechseln fuhr schliesslich ein Duo wie Plisch und Plum die stolze CS an die Wand. Es hätte diverse Rettungsmöglichkeiten gegeben. Am sinnvollsten wohl eine kurzzeitige Übernahme durch die SNB, Sanierung und Auswechslung des Führungspersonals, anschliessend neuer Börsengang. Die unbegrenzte Liquidität der SNB hätte diese Übergangsphase problemlos ermöglicht.

Stattdessen entschied man sich zur schlechtesten aller möglichen Lösungen. Der wankende Dinosaurier wurde dem anderen draufgesattelt, der in seiner kurzen Geschichte bereits selbst schon am Abgrund gestanden hatte und in der Anzahl Skandale der CS keinesfalls nachsteht.

Um sich zu vergegenwärtigen, was für eine Bedrohung für die Schweiz, ihren Finanzplatz, ihren Wohlstand, ihr Ansehen in der Welt da entstanden ist: die grösste Bank der Welt – immer nach der Bilanzsumme gemessen – bewegt rund 31 Prozent des Bruttoinlandprodukts ihres Heimatlands China. Die grösste US-Bank JPMorgan Chase steht für 16 Prozent des amerikanischen BIP. Wenn diese Banken wanken, dann ist Feuer im Dach. Es kann aber gelöscht werden.

Die mit der CS vereinigte UBS, die noch durch einen langwierigen und schmerzvollen und nach Aussage des UBS-VR-Präsidenten überhaupt nicht risikolosen Verschmelzungsprozess gehen muss, bringt aber über 200 Prozent des Schweizer BIP auf die Waage.

1’600 Milliarden im Vergleich zu 800 Milliarden. Sollte dieser Überriese Verdauungsprobleme kriegen, ins Stolpern geraten, weitere Skandale produzieren, dann wackelt aber das Matterhorn und der Gotthard bröckelt. Bereits zum Start wurde er mit Risikogarantien und Liquiditätszusagen von sagenhaften 259 Milliarden Franken überschüttet. Dagegen waren die 66 Milliarden für die UBS-Rettung ein Klacks.

Wie das zugelassen werden kann, wieso dieser Unfug beschlossen wurde, weshalb sich nur leiser Protest meldet, warum alle Versuche, diesen Riesen in beherrschbare Einzelteile zu zerlegen, zerredet und von der SP sogar sabotiert werden: unverständlich, unfassbar.

Ehrlicherweise müsste sich die Schweizerische Eidgenossenschaft offiziell umbennenen. In das, was sie nun ausmacht, wovon sie auf Gedeih und Verderb abhängt. Die wichtigsten Entscheidungen werden nicht mehr von den sieben Bundeszwergen in Bern getätigt, sondern im Wesentlichen von einem Mann, der gelegentlich an der Bahnhofstrasse in Zürich residiert: Colm Kelleher.

Dem ist es im Übrigen völlig wurst, wo er amtet. Er spricht kein Wort Deutsch, ihn interessiert die Schweiz überhaupt nicht, Swissness ist für ihn einfach ein nettes Asset, das man profitabel verwenden kann. Solange es läuft.

Damit er das Land besser versteht, in dem seine Bank regiert, sollte es sich einen neuen Namen geben: UBS. United Blödis of Switzerland. Und damit er es versteht, sollte man Kelleher erklären: Blödis, that’s Swiss German for dumbass. Or in Irish amadán.

2 Kommentare
  1. Gabriel
    Gabriel sagte:

    Warum nennen sie, Herr Zeyer, dies die schlechteste aller Lösungen, wenn sie doch von Herrn Dr. Geiser in ihrer eigenen Sendung Zaster und Desaster auf Kontrafunk vor zwei Wochen darüber belehrt wurden, dass es die beste der schlechten Lösungen sei?

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