No time to die but to cry
Darf man über etwas schreiben, das man nicht kennt? Natürlich, machen doch alle.
ZACKBUM bekennt: ewige Liebe zu James Bond. Natürlich ist Sean Connery unerreicht. Niemand danach hatte solche Augenbrauen und einen so brutal-männlichen Gesichtsausdruck, wenn es richtig zur Sache ging.
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Natürlich gab es eine Reihe von Fehlbesetzungen, von Roger Moore über Timothy Dalton bis Pierce Brosnan. Aber seitdem Daniel Craig übernahm, ist alles wieder gut. Mit einer solchen Unterlippe kommt wieder echtes Bond-Feeling auf.
So muss Bond schauen. Wenn man auf ihn schiesst und auch sonst.
Nun ist der letzte Bond mit Craig ein echter Hindernis-Bond. Schon längst abgedreht, schon längst angekündigt, dann kam Corona. Und blieb. Aber jetzt ist es soweit, der Film hatte offiziell Kino-Premiere. Und es gab schon Glückliche, die ihn tatsächlich gesehen haben.
Wir nicht. Na und? Die meisten Journalisten schreiben doch heutzutage über Dinge, die sie nicht gesehen haben. Nicht verstehen. Keine Ahnung davon haben. Aber das hindert sie doch nicht daran, ihre Meinung zur Weltpolitik, zur Wirtschaft, zu Pandemiefragen, zu Reden von Bundesräten abzusondern.
Meinung? Was heisst da Meinung; es werden Ratschläge erteilt, Forderungen aufgestellt, es wird kritisiert, zurechtgewiesen und gewarnt. Also tun wir das auch. Es gibt Stills, auf denen man Bond in einem Cordanzug sieht. Cord! Wenn etwas nicht geht, dann das.
Bond, Cord Bond? Suspenders Bond?
Das verlangt nach der Lizenz zum Töten. Denn Bond war der einzige Action-Held mit Lebensart. Gut, die Zeiten sind schon länger vorbei, als er Dom Pérignon trank, weil das vielleicht nicht der beste, aber einfach der klassische Jahrgangschampager ist. Seit Bollinger bezahlt, säuft er halt diese Sprudelbrause.
Wo ist sie hin, die Lebensart?
Die Zeiten sind auch vorbei, wo er einen Bösewicht mit dessen mangelhaften Weinkenntnissen überführte. Wir haben auch ertragen, dass sich Craig in viel zu eng und knapp geschnittenen Anzügen von Tom Ford mit den Bösewichtern prügeln musste. Bei Brosnan rissen es die Brioni-Anzüge auch nicht raus, so nebenbei.
Aber mit Ford wurde immerhin ein neues Preisniveau erreicht. Der Zweiteiler ist ab schlappen 3500 Franken erhältlich, der Dreiteiler für 4500. Soll’s noch ein Mantel obendrüber sein, legen wir nochmal knapp 5000 drauf. Dass Bond Omega-Uhren und schon lange keine Rolex mehr benutzt, auch da geht Geld vor Stil.
Aber all das kann man hinnehmen, genauso wie die Tatsache, dass es zu «geschüttelt, nicht gerührt» eigentlich keine Variante mehr gibt, die noch nicht ausprobiert wurde. Und «Bond, Pause, James Bond», das kann man wirklich nicht mehr hören. Leider ist dem Zeitgeist geschuldet das weiblich-gehauchte «ach, James» verschwunden.
Und die Bond-Girls?
Überhaupt ist sein Verhältnis zu Frauen zunehmend emanzipierter geworden. Keinen Klaps mehr auf den Hintern, keine anzüglichen Altherren-Witze mehr. Stattdessen seit Vesper Lynd echte Gefühle, gleichberechtige Geheimagentinnen an seiner Seite. Allerdings gab es bislang nur ein einziges Mal eine Oberbösewichtin; dieser Part ist weiterhin Männern vorbehalten. Auch mit wechselnden Erfolgen; an Gerd Fröbe und Curd Jürgens kommt wohl kein anderer heran, vielleicht noch Javier Bardem, aber nicht Rami Malek. Wenn man schon «Lyutsifer Safin» heissen muss, als sei «Octopussy» nicht schon schlimm genug gewesen.
Bond auf der Jagd von Modeverbrechern?
Anscheinend soll auch die Frequenz von One-Linern, also diese trockenen und knallharten Antworten in einem Satz, eher runtergefahren worden sein. Sehr bedauerlich. Aber immerhin, es wird kolportiert, dass Bond zu M sagt:
«Entweder ist Ihr Schreibtisch grösser oder Sie sind kleiner geworden.»
Was nun aber bei keinem Geheimagenten geht, ist «ich habe gekündigt» so zu manifestieren, dass er in einem Jacket in einer Farbe zur Premiere in London erscheint, die sich wohl nicht einmal Frank A. Meyer trauen würde. Und das heisst was.
Bond als Witzfigur (links und rechts), neben Thronfolger-Witzfigur.
Also, wir sind zurzeit mehr geschüttelt als gerührt, machen uns auf alles gefasst, haben schon mal eine klare Meinung – und einen definitiven Ratschlag: Nein, eine Frau kann nicht der/die neue Bond sein. Aber selbst wenn, Cord mit Hosenträgern geht einfach nicht. Niemals. Never. Das ist kein Killer-Dress. Im Gegenteil, das killt.
Geht doch. Passt, sitzt und hat keine Luft.
Aber natürlich werden wir bei Gelegenheit ins Kino gehen und uns auch diesen Bond anschauen. Schliesslich haben wir schon alle 24 Vorgänger gesehen. Mehrfach.
Einspruch: Roger Moore war keine Fehlbesetzung, er brachte dank guten Drehbüchern noch etwas Humor und Ironie in die Filme, natürlich nie so gut wie Sean Connery, der ja auch ein hervorragender Schauspieler war. Moroe spielte immer wie in «Die Zwei». Nach Connery und Moore kamen nur noch farblose Hauptdarsteller. Craig mit seinem immer gleichen Gesichtausdruck kann kein Schauspieler mehr toppen. Gut hört er auf, mit ihm sollte auch James Bond endgültig aufhören. Die guten Buchvorlagen von Ian Fleming fehlen seit langem und immer mehr Gags, Stunts, Actionszenen machen keine guten Film. Auch wenn Universal das behauptet und den Film als Blockbuster vermarket.
Das Echo in den Medien war gewaltig, viele haben geschrieben, abgeschrieben, die meisten den Film bis gestern nicht gesehen. TAmedia, Ringier, NZZ, CH Media, SRG haben sich willig auf das Niveau Befehlsempfänger von Universal begeben und haben über das berichtet was ihnen zum Frasse vorgeworfen wurde. Kreativ waren wenige. Hans Jürg Zinsli von TA macht einen rührigen Artikel, erinnert an Totenrede, zum Langeweiler Craig, dessen einzige Kunst es war ohne schauspielerisches Talent gute Rollen zu bekommen. Priska Amstutz von TAmedia hat definitiv den Schnapplevel erreicht. Sie fragt im Editorial vom ZüriTipp wie lange es noch geht bis James Bond von einer Frau gespielt wird, immerhin stellt sie noch nicht die Frage nach eine/r non binären Person. Bei Amstutz drängt sich die Frage auf ob ihre Anstellung bei TAmedia soziale Gründe hat.
Der Film ist Beispiel wie heute die Medien funktionieren. Abschreiben, das zerkauen was ihnen zum Frass vorgeworfen wird. Kritisches ausklammern (Ist der Film wirklich so gut?), vielleicht gab es ja ein Ticket zur Premiere des Films in Zürich mit Apero und so, aber eher Prosecco als Bollinger, bestimmt kein Dom Pérignon wie Fleming es gewollt hätte. Das Hochjubeln des neuen Bond war ein weiterer Tiefpunkt in der Hofberichterstattung der Medien.
Ein Highlight gab es, ausgerechnet bei der für «geistigbeschränktentauglichen» Sendung G&G: Salar Bahrampoori! im Interview mit Martin Langanke aus Kreuzlingen, Double von Danial Craig in «No Time to die». Geradezu ein Aufsteller zu Studiogästen wie Sven Epiney, hat eine Lebensabo bei G&G, wenn er mit seiner Flamme das Publikum in seine neuesten Pläne einweiht. Mein Tipp an ihn: etwas weniger essen, mehr Bewegung, der gute Lohn bei SRG für mittelmässige Leistung beglückt die Hüften und das Gesicht!
Trotz des Disclaimers «ohne Ahnung, aber viel Meinung» finde ich Ihre Filmkritik sehr inhaltsreich. Die kleinen wichtigen Dinge des Lebens mit den grossen Zusammenhängen verbunden. Ganz grosse Linien gezeichnet. Herrlich. Ich habe mich köstlich amüsiert.