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«Radio im Herz»

UKW abschalten, ja, nein? Noch wichtiger ist: Schawinski ja nicht abschalten.

Es ist mal wieder einer gegen alle. Roger Schawinski wehrt sich als einziger Betreiber eines Privatradios dagegen, dass beginnend im nächsten Jahr die Radio-Übertragung per UKW beendet wird.

Nicht nur vom Gebührensender SRG, sondern auch alle Privatradiobetreiber haben sich einverstanden erklärt. Alle? Ausser einem. Der bekommt nun die übliche Portion Häme ab. Im fortgeschrittenen Alter wolle er wohl nochmal zu seinen Anfängen zurück als der Radiopirat, der die Sendelandschaft in der Schweiz umgepflügt hat. Nostalgiker, aus der Zeit gefallen.

Das ist Häme, weil die Gegenargumente gegen seine Position sehr dünn gesät sind. Sandro Benini vom «Tages-Anzeiger» hatte sich die Mühe gemacht, in einem Artikel die Problematik und die widersprechenden Positionen aufzuzeigen. Zudem ist Benini ein bissiger, schneller und argumentativ keine Gefangenen machender Diskussionspartner, wie ich aus eigener Erfahrung weiss.

Er ist mit Roger Schawinski per du, wie ich übrigens auch. Das als Packungsbeilage. Es geht hier aber gar nicht in erster Linie darum. Es geht darum, dass Roger Schwaniski für seinen «Doppelpunkt» letzten Sonntag Benini eingeladen hat. Und zwar nicht, um ihn zu befragen und zu rösten, sondern um sich befragen und kritisieren zu lassen.

Die reine Hörfreude

Daraus entwickelten zwei Dinge. Zum ersten der wohl vergnüglichste Schlagabtausch zweier geübter Rhetoriker der letzten Monate, wenn nicht Jahre. Natürlich hatte Schawinski gewisse Vorteile, was profunde Kenntnisse von Technik und Geschäft betrifft.

Dass Benini Betriebskosten und Verbreitungskosten verwechselte, wurde ihm gnadenlos und mehrfach aufs Brot geschmiert.

Er wehrte sich damit, wieso ihn Schawi dann überhaupt eingeladen hatte, und hackte seinerseits immer wieder auf dem Argument herum, dass doch nicht alle anderen Trottel sein könnten, die mit der Abschaltung von UKW einverstanden seien, während nur Schawinski das Licht der Wahrheit sehe.

Es geht hier auch nicht um eine Darstellung sowie Würdigung der Argumente, die ausgetauscht wurden. Die kann (und sollte und müsste) jeder nachhören, der sich für die Umrüstungskosten, die Vor- und Nachteile von UKW, DAB/DAB+ und Internet interessiert.

Und da 58 Prozent aller Autos in der Schweiz kein DAB haben, zum Beispiel, werden zu diesem Thema sicherlich noch grosse Schlachten geschlagen werden. Schawinski macht den Anfang und hat angekündigt, dass er ohne weiteres zum Bundesverwaltungsgericht nach St. Gallen gehen wird, sollte dieser seiner Meinung nach unsinnige Entscheid nicht korrigiert werden.

Benini hielt tapfer mit seinem Argumentarium dagegen. Das wäre nun selbst für die Medien-Show ZACKBUM.ch höchstens eine Meldung wert. Und Meldungen machen wir nicht. Was es aber erwähnungswert macht: Wo, wo sonst gibt es einen solchen Schlagabtausch? Wo, wo sonst lädt sich der Chef einer Plattform seinen schärfsten Kritiker in eine Live-Sendung ein und lässt sich von ihm befragen und beharken?

Wo sonst können verschiedene Ansichten so spritzig, auch gnadenlos, aber humorvoll aufeinandertreffen? Wo sonst können Zuschauer live mitreden, und zwar ausführlich? Nirgends sonst. In den vielen, vielen Sendegefässen des Gebührenmonstrums SRG nicht. In den inzwischen miteinander verklumpten Privat-Radio- und TV-Stationen auch nicht.

Eine Oase in der Wüste

Seit Markus Gilli krankheitshalber «Talk täglich» und «Sonntalk» abgeben musste, stehen dort nicht nur Plastikwände zwischen den Diskussionsteilnehmern. Sondern das meiste, was dort geschwatzt wird, ist auch Plastik. Die «Arena» ist so zu Tode durchorganisiert worden, dass sie meilenweit von der einfachen Grundidee entfernt vor sich hinröchelt: ein paar Leute stehen um einen runden Tisch und geben sich Saures. Gelegentlich dürfen noch weitere Leute aus einem äusseren Zirkel was reinmopsen. Das war auch nicht immer eine Sternstunde der Rhetorik. Aber doch lebhaft, unterhaltsam.

Also kann man nur sagen: Ob weiterhin auf UKW, DAB/DAB+ und Internet übertragen wird oder nicht, dass ist sicherlich eine Debatte wert. Wenn Schawinski einmal abtritt, und er ist 75, dann ist guter Rat teuer. Denn er hat wirklich das «Radio im Herz», wie er sagt. Im Gegensatz zu den Managern, die die anderen Radiostationen leiten und noch nie eine eigene Sendung gemacht haben.

Die werden’s dann wohl genauso in den Sand setzen wie ihre Kollegen im Gebührensender SRG. Denn letztlich kommt es vor allem bei Radio nicht auf die Qualität des Dudelfunks an. Sondern auf den Wortinhalt. Und auf die Leidenschaft der Macher. Wie überall sonst auch.

Packungsbeilage: René Zeyer ist schon mehrfach in diversen Sendungen von Roger Schawinski aufgetreten.

Onanieren mit Parisern

Pardon, das ist nicht vulgär, sondern ein Zitat vom grossen Bertolt Brecht. Gut, den kennen die heutigen Kindersoldaten des Journalismus auch nicht. Aber man kann ja googeln.

Es war eines der Lieblingszitate meines Streitgenossen Niklaus Meienberg (auch googeln, bitte): «Es gibt Menschen, die onanieren. Es gibt Menschen, die vögeln mit Parisern. Und es gibt Germanisten, die onanieren mit Parisern.»

Das hat mich als studierten Germanisten hart getroffen, aber natürlich hatten Brecht und Meienberg völlig recht. Dieses Zitat kann man auch prima auf die aktuelle Journaille anwenden.

Die geht da sogar noch einen Schritt weiter, sozusagen. Sie greift sich reihum in den Schritt und massiert das Gemächt. Ohne Rücksicht darauf, wie peinlich das für die Zuschauer ist. Ein aktuelles Beispiel dafür, denn mehr würden bei Autor und Lesern wohl Würgereflexe auslösen.

Da schreibt der Leiter der Bundeshausredaktion der ehemaligen Qualitätsmedien aus dem Hause Tamedia eine sogenannte «Analyse zu St. Gallen». Für diesen Tiefflug über unbekanntem Gelände sollte man Fabian Renz die Verwendung des Wortes Analyse für seine Restlaufzeit als Journalist verbieten.

Unbelegtes Gefasel, eine Dummheit auf die nächste gestapelt. Sein Tagi-Kollege Marc Brupacher hatte schon zuvor auf Twitter etwas in die Debatte gerülpst. In seiner üblichen strahlenden Dummheit.

Journalisten loben Journalisten – öffentlich

Lässt sich das noch steigern? Locker. Kaum ist diese Schwachstrom-«Analyse» erschienen, dieser in Buchstaben gefasste Wackelkontakt mit der Wirklichkeit, enblöden sich andere Tagi-Mannen nicht, ihrem Kollegen an den, nein, so wollen wir das nicht formulieren. Obwohl, wie sollte man diesen Tweet von Sandro Benini sonst bezeichnen:

Man kann sich winden und wegdrehen, mehr nicht.

Häufig? So Kommentare von Laura de Weck, Barbara Bleisch, Peter Burkhardt und vielen anderen? Ein Tiefpunkt nach dem anderen. Während sich sogar das Kummer gewohnte Lesepublikum darüber lustig macht, setzt Brupacher noch ein kleines Highlight:

Du rubbelst mich, ich rubble dich, wir rubbeln uns.

Daraus kann man ableiten, dass Brupacher nicht der Ansicht von Benini ist. Aber wer alles Dumm-Kommentare schreibt, das verrät uns der leitende Tagi-Redaktor leider nicht.

Man muss sich schon fragen, welches Niveau hier noch nach unten durchbrochen werden kann. Tamedia gleicht immer mehr einem tiefergelegten Auto. Bodenabstand kaum mehr vorhanden, jede kleine Bodenwelle lässt das Blech wegfliegen.