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Heuchler Friedman

Ein neuer Tiefpunkt im Qualitätsjournalismus des Hauses Tamedia.

Andreas Tobler und Sandro Benini sind immer schnell zur Hand, wenn es um bissige und scharfe Kritik geht. Aber beim «deutschen Publizisten» Michel Friedman werden sie ganz handzahm und lassen den ungehemmt Flachheiten über die Schweiz, die Welt und vor allem über Moral verbreiten.

So stellen sie ihn vor: «Michel Friedman, zeitweiliger Präsident des Europäischen Jüdischen Kongresses, gilt als ebenso streitbarer wie brillanter Publizist.»

Er war auch mal Vizepräsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, hatte seine eigen Talkshow und fiel schon immer damit auf, aggressiv und gnadenlos mit seinen Gesprächspartnern umzugehen. Bis er im Skandal versank.

Wird er hier interviewt, dann sind Tobler und Benini watteweich und anschmiegsam, auch wenn Friedman mehrfach unter Beweis stellt, dass er von der Schweiz keine grosse Ahnung, aber eine sehr abschätzige Meinung hat: «… wenn ich noch etwas hinzufügen darf: Ihr Schweizer habt es euch da zu einfach gemacht mit eurem Saisonnier-Statut.» Darauf hingewiesen, dass es das schon lange nicht mehr gibt, fährt Friedman unbeeindruckt fort: «Lange ist relativ. In der Schweiz dürfen nur die Nützlichen kommen, und selbst die nützlichen deutschen Ärzte erfahren rassistischen Gegenwind. Die Schweiz ist mit Sicherheit nicht das Vorbild einer weltoffenen Gesellschaft für Menschen.»

Es wurde 2002 abgeschafft. Deutsche Ärzte erfahren keineswegs «rassistischen Gegenwind», und im Vergleich zu Deutschland ist die Schweiz mit einem doppelt so hohen Ausländeranteil und ohne brennende Asylantenheime allerdings eine weltoffene Gesellschaft.

Dann salbadert Friedman weiter über Schweizer «Doppelzüngigkeit» bezüglich Vermummung von Frauen in der Öffentlichkeit, Darauf hingewiesen, dass es in der Schweiz verboten ist, eine Burka zu tragen, windet er sich: «Ich habe nicht von der klassischen Burka gesprochen. Mir geht es um die Doppelmoral und die Heuchelei. Mir geht es darum, dass man nicht einerseits für die Frauenrechte im Iran oder in Saudiarabien kämpfen kann und andererseits, in unserer modernen Gesellschaft, wenn es ums Geld geht, die Augen zumachen darf.»

Schliesslich greift Friedman zu seinem Allheilmittel, wenn in der Defensive: der polternde Angriff: «Eine kurze Frage an Sie: Sie haben doch auch Menschenhasser, Extremisten, Islamophobe, Antisemiten in der Schweiz, oder? Was machen Sie dagegen

Richtig widerlich wird Friedman aber gleich am Anfang: «Mit der Aufklärung ist neben der Freiheit eine unglaubliche und zugleich wunderbare Idee, die in der Philosophie schon lange im Gespräch war, gedacht worden: die Gleichheit der Menschen. Daraus entwickelten sich Humanismus, Menschenrechte und Demokratie.»

Welch wohlklingende Worte. Welch hohl klingende Worte, wenn sie aus dem Mund von jemandem purzeln, der ein verurteilter Straftäter ist. Ein Kokser mit einem unseligen Hang zu osteuropäischen Zwangsprostituierten.

2003 musste Friedman deswegen von all seinen öffentlichen Ämter zurücktreten, seine damalige Partnerin trennte sich angewidert von ihm.

Nun könnte man darüber den Schleier der Verjährung senken, wenn Friedman nicht – nach längerer Schweigepause – wieder genauso unerträglich moralisiert und rechhabert wir vor diesem Skandal. Da er das tut, hätten ihn die beiden Cracks vom Qualitätsorgan «SonntagsZeitung» unbedingt fragen müssen, woher er eigentlich die Chuzpe nimmt, die Dreistigkeit, dermassen ungeniert Betragensnoten zu verteilen und sich selbst als Bauchnabel der moralischen Superiorität aufzuspielen.

In diesem Interview verbindet Friedman Wissenslücken mit unqualifizierten Angriffen, redet von einem längst nicht mehr existierenden Saisonnier-Status, behauptet rassistischen Gegenwind und spricht der Schweiz ab, eine weltoffene Gesellschaft zu sein.

Aber den Höhepunkt erreicht er, wenn er über «Doppelmoral und Heuchelei» herzieht. Ausgerechnet er, dessen Doppelmoral und Heuchelei gerichtsnotorisch ist.

Aber statt ihm jede Berechtigung zu solch unqualifizierten Moralurteilen abzusprechen, haben die beiden Tagi-Journalisten den Weichzeichner eingeschaltet und weisen lediglich sanft auf grobe Falschbehauptungen hin. Lassen gleichzeitig Friedman eine Aufführung hinlegen, bei der Tartuffe vor Neid erbleichte.

Anlass für das Gesülze ist eine Buchtournee, bei der Friedman auch am Schauspielhaus Zürich auftritt. Moderiert wird er dabei von Roger de Weck. Wetten, dass auch dieser Qualitätsjournalist die grossen dunklen Flecken auf der Weste des Autors geflissentlich übersehen wird und stattdessen mit ihm über «Fremdheit, Gemeinschaft und Ausgrenzung» palavert.

Mit einem Menschen, der schlichtweg jedes Recht auf Moralurteile verwirkt hat.

 

Ach du blödes Ei

Sandro Benini setzt den Tagi-Niedergang fort. Wenn auch auf höherem Niveau.

Vielleicht liegt es an den Kommentaren von Raphaela Birrer, Angela Barandun, Philipp Loser oder Andreas Tobler, dass dem Tagi die Leser in Scharen davonlaufen.

Vielleicht liegt es auch an einer verbohrten Grundhaltung, die Sandro Benini auf einem intellektuell und sprachlich durchaus höheren Niveau zum Ausdruck bringt. In seinem Essay rührt er einiges zu einem unbekömmlichen Brei zusammen.

Er beginnt damit, dass sich die Grenzen zwischen linkem staatlichem Interventionismus und rechter staatlicher Zurückhaltung aufgelöst hätten. Als Beweis führt er diverse Wahlkampfversprechen an, obwohl er wissen müsste, dass hier alle Politiker von links bis rechts so ziemlich alles versprechen.

Allgemeines Geschwurbel widerlegt man am besten konkret. Angesichts der CS-Katastrophe fordert die SVP, dass alle «too big to fail»-Banken in der Schweiz zerschlagen werden sollten, damit genau keine Staatsintervention mehr nötig würde. Lustigerweise wurde diese Motion von den Grünen und zunächst auch von der SP unterstützt, die dann aber auf dem Absatz kehrt machte und sie versenkte. Ist alles ein wenig komplizierter, als Benini es sich zurecht schnitzt.

Aber dieser Fehlstart ist nur die Einleitung zum Hauptthema, der angebliche «Woke-Warnartikel». Unter diesem Oberbegriff subsumiert Benini dann alle Schlagworte von Cancel-Culture, politische Korrektheit, Meinungsdiktatur, Gesinnungspolizei, Tugendterror und vor allem entrüstet er sich darüber, dass von «selbst ernannten» Moralwächtern die Rede sei.

Dabei übersieht er geflissentlich, welche gefährlichen Ausmasse genau diese Haltung, beispielsweise an US-Universitäten, bereits angenommen hat. Die Beispiele sind Legion, wozu sie hier aufzählen. Bücher sollen umgeschrieben werden, Professoren müssen für Äusserungen wie «hallo, China man» um ihre Stelle fürchten, Auftritte an Universitäten müssen wegen Tugendterror abgesagt werden, Rastalockenträger und viele andere werden beschimpft, dass sie damit «kulturelle Aneignung» betreiben würden.

Es gäbe keine nennenswerte Cancel-Culture? Das sollte Benini mal dem Pink-Floyd-Gründer Roger Waters erzählen, dessen Auftritt in Frankfurt gerade gecancelt wurde. Neben anderen. Weil der Mann Meinungen hat, die dem, Achtung, Fake News, Mainstream nicht passen.

Von dem auch bei Tamedia seitenweise betriebenen Sprachwahnsinn, dem Gendersternchen, der inkludierenden Sprache, der Vergewaltigung der deutschen Orthographie und Syntax ganz zu schweigen. Vielleicht sollte sich Benini mal kundig machen, welchen Unsinn sein Kollege Andreas Tobler dazu schon publiziert hat – bei Tamedia. Auch Benini widerlegt sich selbst in seinem Pamphlet, weil er seine woken Reflexe nicht im Griff hat:

«Es stimmt, dass Wörter, die vor kurzem noch selbstverständlich waren (wie das N-Wort), heute tabu sind – zu recht.» Was meint er damit? Nigger, Neger, Nazi? Wieso kann er das Wort nicht ausschreiben? Ist es plötzlich toxisch geworden, vergiftet es den Leser?

Mit diesem Unsinn ist er nicht alleine. Konkretes Beispiel: in einer angeblich wissenschaftlichen Studie über die Verwendung des historisch unbelasteten Wortes «Mohr» schreiben die «Wissenschaftler» doch tatsächlich «M***», also sie verwenden den zentralen Begriff ihre Untersuchung gar nicht. Grotesk. Kein Wort der Sprache kann «tabu» sein.

Der Kampf um die Verwendung des Wortes Mohr als Hausbezeichnung wird in Beninis Tagi so dümmlich wie den geschichtsvergessenen Sprachreinigern zustimmend begleitet und kommentiert, nebenbei.

Was all diesen Sprachreinigern nicht auffällt: erstens ist die Sprache nicht die Wirklichkeit, sondern unser Mittel, sie zu beschreiben. Zweitens ist Sprachreinigung etwas zutiefst Diktatorisch-Faschistisches. Orwellsche Diktaturen wollen Begriffe verbieten, nationalsozialistische Sprachreiniger wollten das arische Deutsch von der Verschmutzung durch jüdisches Untermenschentum befreien.

Wer heute noch von «Tabu»-Wörtern spricht und das sogar begrüsst, steht knietief in diesem braunen Sumpf postfaschistischer Sprachreinigungsversuche. Sie gäbe es nicht? Sie gibt es innerhalb und ausserhalb von Tamedia. Vielleicht mal den Leitfaden, das Sprachreglement der ZHAW durchlesen. Vielleicht mal die diktatorischen Anwandlungen vieler Inhaber von völlig überflüssigen Gender-Lehrstühlen zur Kenntnis nehmen.

Wieso fällt einem bei diesen Zensurversuchen immer der Islam ein, der jede Abbildung Allahs und seines Propheten bei Todesstrafe verbietet? Genau wie deren angebliche Beleidigung durch kritische Worte. Vielleicht sollte Benini mal Salman Rushdie fragen ob Cancel-Culture existiert oder nicht. Ach, das sei dann bloss im fundamentalistischen Islam der Fall? Abgesehen davon, dass der seinen Anschlag im freisten Westen verübte: kennt Benini wirklich keine Dichterlesungen in Deutschland oder der Schweiz, die unter Polizeischutz stattfinden? Vielleicht sollte er auch mal mit Andreas Thiel sprechen.

Vielleicht will Benini aber einfach auch nicht aus seiner Gesinnungsblase (Achtung, auch so ein verdorbenes Wort) in die frische Luft heraustreten. Bloss reine Idiotie hingegen ist die Verwendung von Formulierungen wie «Publizisten und Politikerinnen». Der Versuch der Vermeidung des generischen Maskulins führt zu einem grammatikalischen Blödsinn.

All diese Anstrengungen, Indianerspiele, Winnetou, angeblich «verletzende» Textstellen zu «reinigen», widerspiegeln einen voraufklärerischen Sprachwahn, führen direkt zurück ins Mittelalter der kirchlich vorgeschriebenen richtigen Auslegung des angeblich geoffenbarten Wortes. Absurd, dass am Anfang des zweiten Jahrtausends noch solche Rückfälle stattfinden und verteidigt werden.

Nachdem sich Benini mit vielen Beispielen, aber doch kleinem intellektuellem Besteck an diesen Kritiken der Wokeness abgearbeitet hat, kommt er zum Schluss ziemlich abrupt zu seinem eigentlich Anliegen:

«Was die offene demokratische Gesellschaft tatsächlich bedroht, sind nicht die Woken, sondern Rechtspopulisten in Regierungsgebäuden, wie Orban oder noch vor kurzem Trump und Bolsonaro. Indem ein Teil derjenigen, die am lautesten über den Woke-Wahn ablästern, solch autoritäre Figuren verteidigen oder verharmlosen, steuern sie eine realsatirische Fussnote zum Kapitel «Verlogenheit» bei

Lustig, dass Benini sich über Politiker erregt, die allesamt in demokratischen Abstimmungen in ihr Amt kamen. Ob man deren Wirken kritisiert oder verteidigt, hängt schlichtweg von der politischen Position des Autors ab. Was daran eine «Fussnote zum Kapitel «Verlogenheit»» sein soll?

Verlogen sind all die Moralwächter, deren Verhalten ganz einfach dargestellt werden kann. Wenn jemand ein Argument formuliert, ob bescheuert oder bedenkenswert, gehen sie niemals auf das Sachargument ein. Sondern behaupten immer, dass dahinter eine bestimmte, verächtliche Haltung stünde. Genau diese Verwechslung macht Benini auch.

Um die Ärmlichkeit seiner Argumentation zu camouflieren,  zitiert er zwar fleissig Werke und Autoren. In keinem einzigen Falle geht er aber über die Unterstellung gewisser Haltungen oder Ideologien oder Positionen hinaus und ins Konkrete. A sagt B, das ist falsch weil C. Das wäre ein Essay, das den Namen verdient.

Stattdessen schwurbelt Benini pseudogelehrt mit Beispielen aus den vergangenen Jahren, um seine Grundthese zu  belegen, dass die Kritik an Wokeness bescheuert sei, weil es sie gar nicht gäbe.

Dieser Ansatz krankt an zwei Fehlern: natürlich äussert sich Wokeness bis zur Absurdität. Natürlich gibt es vor allem innerhalb von Tamedia einen klaren Kanon von erlaubten und verbotenen Meinungen. Natürlich sind auch hier Sprachreiniger und Sprachdikatoren unterwegs, hier werden von selbst ernannten (!) Sprachwächtern gute Wörter von Pfui-Begriffen unterschieden. Wer Pfuibäh verwendet, ist zudem ein Populist, ein Rechtskonservativer, gerne auch ein Hetzer, auf jeden Fall verlogen.

Sollte Benini wirklich noch Zweifel daran haben, dass es bei Tamedia so zu und hergeht, sollte er sich doch, statt irgendwelche Werke zu zitieren, in die Berichtserstattung über die Pandemie und vor allem über Kritiker an staatlichen Massnahmen vertiefen. Da sollte er sich mal die antidemokratische Haltung seines Politchefs anschauen, der doch tatsächlich forderte, dass endlich zwangsgeimpft werden sollte – ohne jegliche gesetzliche Grundlage.

Das alles wären Themen und Beispiele, denen man durchaus ein Essay widmen könnte. Aber dafür bräuchte es natürlich eine Zivilcourage, die heutzutage kein angestellter Redaktor mehr aufbringt.

Daher gilt auch hier, angesichts eines biblischen Feiertags:

«Warum siehst du den Splitter im Auge deines Bruders, aber den Balken in deinem Auge bemerkst du nicht. Oder wie kannst du zu deinem Bruder sagen: Lass mich den Splitter aus deinem Auge herausziehen! – und siehe, in deinem Auge steckt ein Balken! Du Heuchler! Zieh zuerst den Balken aus deinem Auge, dann kannst du zusehen, den Splitter aus dem Auge deines Bruders herauszuziehen!»

Oder noch einfacher: wer im Glashaus sitzt, sollte wirklich nicht mit Steinen werfen …

Benini als Ameti-Verteidiger

Der Tagi macht ein Pro und Kontra aus Ameti.

«Ich kann mir, politisch betrachtet, keinen von Ihnen schöntrinken.» Nüchtern betrachtet, sollte dieser Satz eigentlich die kurze und erfolglose Karriere der Co-Präsidentin der «Operation Libero» beenden.

Wer so etwas in einer TV-Diskussionsrunde zu zwei Bundesratskandidaten sagt, hat sich nicht nur selbst für jedes politische Amt disqualifiziert. Eine solch krude Beleidigung, schlimmer noch, ein so selten dämlicher Spruch müsste mehr Konsequenzen haben als das verlegene Grinsen von Sanija Ameti, als sie zu Recht von Hans-Ueli Vogt mit gewählten Worten niedergemacht wurde.

Hätten Vogt oder Rösti so etwas über Ameti gesagt, der Tagi hätte das als Aufmacher auf Seite eins geklatscht und sich vor Empörung nicht mehr eingekriegt. Arthur Rutishauser höchstpersönlich, oder, schlimmer noch, Andreas Tobler oder Philipp Loser hätten in einem Kommentar diesen neuerlichen Ausdruck einer Unkultur, einer Hetze, einer undemokratischen Rüpelei aufs schärfste verurteilt.

Aber so rum, was tun? Zunächst hoffte Tamedia, dass dieser üble Ausrutscher einfach verweht, verschwindet, kein Aufhebens verursacht. Als dem nicht so war, brauchte das Qualitätsorgan bis Donnerstagnachmittag um exakt 16.49 Uhr, um zu reagieren.

In höchster Qual, denn eine Verteidigung dieser Rüpelei ging ja auch nicht. Eine klare Verurteilung hätte beim woken Teil der Leserschaft zu gröberem «Unwohlsein» geführt. Was tun? Hach, ja keine Position beziehen, sondern ein Pro und Kontra machen.

«Nein», antwortet tapfer Sandro Benini auf die Frage, ob Ametis Aussage unverschämt und daneben war. Er versucht’s mit klassischer Sophisterei: ««Etwas schöntrinken» ist eine Metapher, die allenfalls beleidigend wäre, wenn sie sich auf Äusserlichkeiten bezöge.»

Dagegen habe Vogt die «beleidigte Leberwurst» gespielt, und weil Benini wohl selbst gemerkt hat, dass das etwas dünn ist, schob er noch hinterher, dass ja die SVP auch, und vom Gröberen, womit er in die Zielgerade einläuft: «Es fallen einem im Handumdrehen zwei Dutzend Politikerinnen und Politiker aus Vogts Partei ein, die für dessen im «Club» abgefeuerte Moralinkanonade die richtige Zielscheibe wären. Ameti ist es nicht.»

Das ist ungefähr auf dem gleichen infantilen Niveau wie der Schlötterli von Ameti. «Ich war’s nicht, und wenn doch, dann waren es die anderen auch», der beliebteste Spruch eines ertappten Primarschülers.

Es ist richtig, die SVP rüpelt auch, auf Plakaten und manchmal auch verbal. Aber Vogt und Rösti tun das nicht, also sind sie völlig legitimiert, Ameti in die Schranken zu weisen und darauf aufmerksam zu machen, dass solche dummen Sprüche einen Dialog, eine Debatte verhindern.

Wenn Benini dann noch behauptet, die Teilnahme von Ameti am «Club» beweise doch, dass sie durchaus zur Debatte bereit sei, unterbietet er noch infantile Gedankengänge. Denn sie wollte offenkundig in keiner Form eine Debatte, einen Meinungsaustausch, ein Ringen um mehr Erkenntnis. Sondern sie wollte ihren Auftritt nutzen, um geradezu autistisch ihre Argumente herunterzuspulen. Wobei sie so nervös war, dass sie auch schon mal Ukrainer und Russen verwechselte und davon faselte, dass einmal russische Panzer bei Kreuzlingen die Schweizer Grenze überrollen könnten.

Edgar Schuler ist es hoch anzurechnen, dass er sich dafür hergab, in diesem Schlammcatchen die richtige Position zu vertreten:

«Deplatziert, ungehörig, unanständig. Anders kann man Sanija Ametis Aussage im «Club» nicht bezeichnen. Akzeptiert würde so etwas, wenn überhaupt, höchstens auf dem Ballermann nachts um halb zwei.»

Allerdings muss man ihn da korrigieren: auch auf dem Ballermann erst um halb fünf, aber nur von Alkoholleichen.

Ich, ich, ich

Unseren täglichen Rassismus gib uns heute.

Der Lieblingssong vieler Journalisten muss «I and I» von Bob Dylan sein. Allerdings sind die meisten nicht gebildet genug, um den zu kennen. Auf jeden Fall nimmt die Betrachtung des Bauchnabels einen immer wichtigeren Bestandteil der täglichen Arbeitsimitation ein.

Dabei werden täglich neue Rekordversuche aufgestellt. Während der Journalist gemeinhin seinen eigenen Bauchnabel betrachtet und über dessen Befindlichkeit, Zustand, Grösse, Farbe und Veränderung seit gestern Auskunft gibt, stellt Sandro Benini im «Tages-Anzeiger» eine neue Perspektive in den Raum.

Ein Journalist betrachtet einen anderen Journalisten beim Betrachten dessen Bauchnabels. Konkret geht das so, dass Benini über eine Kollegin von «Finanz und Wirtschaft» schreibt – «die wie diese Zeitung zu Tamedia gehört». Diese Journalistin hatte getwittert: «Welcome to my Alltagsrassismus». Dieses merkwürdige Kauderwelsch entging nicht dem geschulten Augen Beninis, der sofort eine Story witterte, die man der Weltöffentlichkeit nicht vorenthalten kann.

Also bastelte er einen «Kopf des Tages» daraus, mit dem anklagenden Titel: «Sie hört pro Woche einen rassistischen Spruch». Denn sie sieht nicht wie ein reinrassiger Schweizer aus, wobei noch zu klären wäre, wie der aussähe. Seine Kollegin ist hingegen «Tochter einer Amerikanerin mit koreanischen Wurzeln und eines Schweizers jüdischen Ursprungs».

Wir ersparen es Benini, diesen Satz einem Spezialisten für Diversity, Gendern und der Beurteilung von Inklusionen sowie Exklusionen und rassistischen Untertönen zur Beurteilung vorzulegen. Wir schliessen aber gerne Wetten ab, dass der (oder die oder es) einige Ansätze für Kritik sähe. Alleine «koreanische Wurzeln, jüdischer Ursprung», also wirklich.

Wie auch immer, ihr Aussehen provoziert offenbar Dumpfbacken dazu, anzügliche Bemerkungen zu machen. Behauptet sie. Wie sie sich wohl jede attraktive Frau (und auch viele nicht attraktive) immer wieder anhören muss. Nur haben die in ihrem Fall bedauerlicherweise gelegentlich auch rassistische Konnotationen. Behauptet sie.

Das ist ein sicherlich ärgerliches Begleitbrummen im Leben. Aber wirklich berichtenswert in allen Kopfblättern des Tagi? Muss nun wirklich jeder (und jede) jegliche Form von Diskriminierung, Alltagsrassismus, alle dummen Sprüche, zu denen leider minderbemittelte Mitbürger in der Lage sind, in den Schrumpfzeitungen ausbreiten, die eigentlich wichtigere Themen zu behandeln hätten?

Ist solcher Pipifax wirklich einen Artikel wert? Als René Zeyer im Appenzell lebte, schmiss ein Bekannter meines Nachbarn jeden Sonntagmorgen den Rasenmäher an und mähte nicht nur dessen Magerwiese nieder, sondern auch meine. Als ich mir das verbat und darum bat, auch beim Nachbarn den Lärm wenigstens nicht um 8 Uhr morgens zu veranstalten, bekam ich die Antwort: «Bei uns in der Schweiz macht man das so

Wenn ich genauer darüber nachdenke, bin ich also auch ein Rassismusopfer. Ganz zu schweigen davon, was ich mir in der Schule anhören musste, als ich der schweizerdeutschen Krachlaute noch nicht mächtig war. Allerdings: sollte es mir in den Sinn kommen, jemals einen Tweet mit dem Titel «Welcome to my Alltagsrassismus» abzusetzen, wäre ich sofort bereit, mich psychologisch beraten und behandeln zu lassen.

Es ist eine zunehmende gesellschaftliche Erkrankung, ansteckender als Covid, Vogelgrippe und Schweinepest, dass sich jeder (und jede) als Opfer von irgendwas inszenieren muss. Fällt einem dazu trotz grössten Bemühungen nichts ein, kann man wenigstens stellvertretend leiden. Für die Schwarzen. Die Transen. Die Queeren. Die Frauen. Die Kinder. Die Ausländer. Die Inländer. Die Hybriden, Schwulen, Asexuellen, die People of Color, die Nachfahren von Sklaven, die Nachfahren von Sklavenhaltern, die Rastaträger, die sich kulturell aneignenden Rastaträger.

Die Moslems, Juden, Adventisten, Katholiken, Reformierten, Scientologen. Überhaupt für jede Minderheit. Für SVP-Wähler, Covid-Leugner, Verschwörungstheoretiker, Befürworter der Behauptung, dass Donald Trump der Sieg bei den Präsidentschaftswahlen geklaut wurde. Mohrenkopf-Esser, Trinker von koffeinfreiem Kaffee, Träger von Brioni-Anzügen. Denn auch all die sind Minderheiten; diskriminiert, verlacht, von Ausschliessung bedroht.

Keiner zu klein, diskriminiert zu sein. Jeder ist ein Opfer von allem und allen. Wer multiple Diskriminierungen vorweisen kann, ist dem einfach Diskriminierten deutlich überlegen. Väter sind Täter, Frauen sind benachteiligt und unterdrückt. Durch Sprache, in der Medizin, am Arbeitsplatz, durchs Kinderkriegen. Die blosse Zugehörigkeit zu irgendwas legitimiert das Leiden unter Diskriminierung. Das blosse Zusehen, sogar die Einbildung eines Leidens anderer reicht schon.

Eine Frau ist diskriminiert und Opfer. Eine dunkelhäutige Frau ist mehrfach diskriminiert und Mehrfachopfer. Eine lesbische, dunkelhäutige Frau mit Migrationshintergrund und Endometriose ist multipel diskriminiert und Fünffachopfer.

Dass angeblich von fürchterlicher Diskriminierung Betroffene, in deren Namen kräftig gelitten wird, sich häufig wundern, was offensichtlich wohlstandsverwahrloste Menschen sich einbilden, um etwas Farbe ins langweilige Leben zu kriegen, hält hierzulande niemanden davon ab, auch stellvertretend zu leiden. Wie Patti Basler. Wie diese Redaktorin der FuW. Wie so viele, wie viel zu viele.

Was noch fehlt: das Leiden an der Diskriminierung durch sich selbst. Zum Beispiel, ein Schwarzer, Pardon, eine Person of color, sagt zu sich selbst: als Schwarzfahrer bist du immer der Neger. Damit hat er sich selbst diskriminiert, exkludiert und das Ganze erst noch mit einem rassistischen Unterton und unter Verwendung eines Pfui-Worts. Und jetzt? Muss er sich vor sich selbst fürchten? Einen Sensibilisierungskurs besuchen? Hundert mal in sein Smartphone tippen: ich darf nie mehr Neger sagen? Patti Basler, stellen Sie sich das vor und helfen Sie!

Es ist so ein Elend in der Schweiz, dass es jedes Bürgerkriegsopfer der Dritten Welt, jede Mutter mit einem verhungernden Kind auf dem Arm in Afrika mit tiefem Schmerz und Mitgefühl erfüllen muss.

Wumms: Michèle Widmer

Nachtreten ist in. Aus der geschützten Werkstatt.

Michèle Widmer ist Redaktorin bei persoenlich.com. Das sei das «Online-Magazin für Entscheider und Meinungsführer». Seine Grundhaltung ist: ja keine Lämpen mit niemandem. Denn wir müssen ja vom Wohlwollen der Entscheider und Meinungsführer leben.

Als Meinungsventil führt perssoenlich.com einen Blog. Hier äussern sich Entscheider und Meinungsführer im Westentaschenformat. Auch Redakteure dürfen ganz gelegentlich zum Griffel greifen, wenn Matthias Ackeret mal gerade nichts zu sagen hat. Daher kaut Widmer ein Stück Konzernjournalismus aus dem Hause Tamedia wieder:

Die beiden Lohnschreiber Andreas Tobler und Sandro Benini hatten versucht, aus dem Abgang des Kolumnisten Henryk M. Broder bei der «Weltwoche» eine Massenflucht herbeizufantasieren. Aber wie es bei den Rechercheriesen von Tamedia und «Republik» üblich ist: steile These, beinharter Haltungsjournalismus – aber nichts dahinter.

Das wäre sicherlich Anlass für ein paar kritische Worte einer Redaktorin, die sich professionell mit Kommunikation und Medien befasst. Kritische Bemerkungen fallen tatsächlich, allerdings:

«Im Falle der Weltwoche lassen sie sich von einem Medium bezahlen, das Partei für Wladimir Putin ergreift. Sie verhelfen mit ihren Texten einem Medium zu Reichweite, das den Krieg in der Ukraine verharmlost. Ihre Kolumnen erscheinen nicht im luftleeren Raum, Leserinnen nehmen die Schreibenden als Weltwoche-Autoren wahr. Sie sollten sich die Frage stellen: Wo liegt meine Schmerzgrenze?»

Die Schmerzgrenze gegenüber Widmer liegt da, wo sie bereits eingangs mit einem Falschzitat arbeitet. Der Kolumnist Broder habe sich «zum Abschied öffentlich von den «Russlandverstehern» in der Weltwoche distanziert». Er verwendete aber das böse Wort von «Putinverstehern». Wobei beides absurd ist, denn der Versuch, etwas verstehen zu wollen, ist der Offenlegung wie bei Widmer, dass sie nicht viel versteht, deutlich überlegen.

Im Qualitätsmedium persoenlich.com darf Widmer unkontrolliert behaupten, die WeWo ergreife Partei für Putin, verharmlose den Krieg in der Ukraine. Beide Anwürfe erhebt sie ohne den geringsten Beleg dafür. Sie übernimmt einfach unreflektiert das Narrativ der Verleumdung. Auch ihr fällt nicht auf, dass die WeWo, die nun wirklich Diversität der Meinungen lebt, von Konzernjournalisten kritisiert wird, die nicht mal im Alptraum daran denken würden, in ihren Organen von der vorgegebenen Linie abweichende Meinungen zu veröffentlichen.

Bevor die Lohnschreiber von Tamedia sich mal trauen, ihren Big Boss Supino zu kritisieren, weil der Profitdenken und die Aufteilung des Konzerns in unabhängige Profitcenter über alles stellt, bevor sie mal ihren Oberchefredaktor Rutishauser wegen seinen kriegerischen Tönen im Ukrainekrieg kritisieren, sollten sie einfach etwas kürzer treten, wenn sie gegen ein Magazin austeilen, in dem man sogar dem Verleger und Chefredaktor mit Anlauf Contra geben kann.

Wir sind gespannt, wann Widmer mal einen Blogbeitrag verfasst, in dem sie harte Worte zu Blocher TV findet … Aber das liegt sicherlich deutlich unterhalb ihrer Schmerzgrenze.

Balken im Auge

Tamedia hämt gegen Köppels «Weltwoche». Ziemlich betriebsblind.

Andreas Tobler und Sandro Benini haben sich zusammengetan, um eine Breitseite gegen die «Weltwoche» abzufeuern:

Tobler hat eine lange Tradition als Köppel-Missversteher und -hasser. Er äusserte sich schon verständnisvoll zu einem angeblich künstlerischen Mordaufruf gegen den Chefredaktor, als es ein Brachial-Polemiker schick fand, «Roger Köppel tötet. Tötet Köppel Roger» zum Besten zu geben. Das Strassenmagazin «Surprise», das diese Schweinerei veröffentlichte, entschuldigte sich immerhin dafür. Tobler nicht.

Nun wollen Benini und Tobler den lautstarken Abgang des deutschen Publizisten Henryk M. Broder nützen, um eine Massenflucht aus der «Weltwoche» herbeizuschreiben.

Wie häufig, wenn Recherchierkünstler bei Tamedia (oder bei der «Republik») «recherchieren», wird’s allerdings schnell sehr dünn. Auch Claudia Schumacher habe «zwei Wochen nach Kriegsausbruch» bei der WeWo aufgehört. Ihre ausgeleierte Beziehungskolumne schreibt die begabte Selbstvermarkterin nun – bei Tamedia weiter.

Nun kann sie diesen Wechsel in wenigen Tagen gedeichselt haben. Oder aber, sie wollte schon länger eine grössere Plattform für ihre Plattitüden. Selbst sagt sie nichts, müssen die Autoren bedauernd festhalten. Aber man darf doch insinuieren …

Dann hätten wir den Kriegsreporter Kurt Pelda. Der habe im Juni zu CH Media «gewechselt», schreibe aber «weiterhin als freier Mitarbeiter» für die WeWo. Doch seine Artikel zeigten, dass er «Köppels Putin-freundlichen Kurs nicht mitträgt». Schon persoenlich.com versuchte, aus diesem Wechsel einen Tritt gegen Köppel herbeizuschreiben. ZACKBUM macht dann das, was diese beiden Recherchiergenies offensichtlich unterliessen: wir fragten bei Pelda nach. Und der gab Entwarnung. Aber wieso soll man sich durch unnötiges Recherchieren eine schöne Verleumdung kaputtmachen lassen.

Was kriegt Tobler, einer der übelsten Konzernjournalisten bei Tamedia, sonst noch gebacken? Zusammen mit Benini hat er eine Kollektion von tatsächlich fragwürdigen Köppel-Äusserungen zum Thema Putin und Russland zusammengestellt. Das wäre durchaus Anlass zu Kritik, aber der Tamedia-Thesenjournalismus will ja einen Massenexodus bei der WeWo herbeischreiben.

Leider wird man ausser bei Broder nicht fündig. Obwohl die beiden Schreibhelden inquisitorisch bei weiteren Kolumnisten der WeWo nachgefragt haben. Zuvorderst beim Genossen Peter Bodenmann. Aber im Gegensatz zu den beiden Tamedia-Inquisitoren sieht der es locker: «Wenn man im Zentralorgan der rechts vorherrschenden Dummheiten wöchentlich Widerspruch anmelden kann, muss man dies tun. Wo denn sonst?» Auch Peter Rothenbühler lobt die WeWo als «eine Insel», auf der immer noch möglich sei, was bei Ringier aus Gründen der «Diversity» untersagt sei. Kolumnist Zimi unterstreicht: «In der «Weltwoche» darf jeder schreiben, was er will.» Dem schliesst sich auch Jean-Martin Büttner an, der bei Tamedia aufs Übelste gekübelt wurde.

Den beiden Lohnschreibern im Dienste ihres Arbeitgebers kann man nur ein Jesus-Zitat vorhalten: «Warum siehst du den Splitter im Auge deines Bruders, aber den Balken in deinem Auge bemerkst du nicht?» Damit ist gemeint: In der WeWo muss man nicht mit dem Chefredaktor und Verleger übereinstimmen, um dort publizieren zu dürfen. In der WeWo darf man ihn sogar im eigenen Blatt scharf kritisieren. Das schätzen viele Autoren, die dort publizieren.

Bei Tamedia wäre es ein Ding der Unmöglichkeit, eine von der offiziellen Linie abweichende Meinung zu Russland, der Ukraine, Corona, der EU oder vielen anderen Themen zu publizieren. Weder Tobler noch Benini noch sonst jemand käme auch nur im Traum auf die Idee, einen kritischen Kommentar zu Supino, Rutishauser oder die Familie Coninx und ihre Bildersammlung zu schreiben.

In eigener Sache sind sie Eunuchen, aber statt zu loben, dass in der WeWo ein Kolumnist sogar auf zwei Seiten mit diesem und jenem abrechnen darf, um am Schluss seinen Abgang zu verkünden, regen sich die zwei Heuchler fürchterlich über die Ansichten des dortigen Chefredaktors auf. Das ist erlaubt, aber Köppel hätte sogar diesem Duo Infernal sicherlich die Möglichkeit zu einer Kritik in den Spalten der WeWo gegeben – hätten die beiden nur gefragt.

Stattdessen machen sie sich öffentlich lächerlich, indem sie den Abgang eines einzigen Kolumnisten zu einem Massenexodus hochschreiben wollen. Im gleichen Sinn und Geist wie die «Republik» mit ihrem Schwachsinn über die «Info-Krieger» ohne jeden Beleg. Es ist geradezu widersinnig: indem sie der WeWo ans Schienenbein treten wollen, erweisen sie der Reputation und Glaubwürdigkeit von Tamedia einen Bärendienst. Trost kann nur darin liegen, dass das Renommee dieser Blätter bereits dermassen angeknackst ist, dass es auf einen weiteren Anschlag auch nicht mehr ankommt.

Konzern- oder Schmierenjournalismus nennt man das, üble Haltungs- und Gesinnungsschreibe, eine Schandtat, für die sich jeder anständige Redaktor eigentlich schämen müsste. Ausser, er arbeitet für Tamedia und ist in dieser Hinsicht völlig schmerzfrei.

 

Jagdszenen in der Schweiz

Das Vokabular wird kriegerischer und denunziatorischer. Von der NZZ abwärts.

Da interviewt doch die NZZ Peter Regli. Genau, den Apartheid-Regli. Den Aktenvernichter Regli. Den Crypto-Skandal-Regli. Den Fall Bellasi-Regli. Den umfassend disqualifizierten Regli, zu irgendwas irgendwas zu sagen. Sicherheitsrisiko? Das ist nicht die Schweiz, das ist der, der hier interviewt wird.

Wolfgang BorchertDraussen vor der Tür», Kindersoldaten: googeln) wusste, was der Vorwurf Defätismus bedeutet. 1944 wurde er von den Nazis deswegen zu neun Monaten Gefängnis verurteilt und dann zur «Feindbewährung» an die Front entlassen. Er starb 1947 an den Spätfolgen seiner Verwundungen.

Es gibt aktuell einige Wörter aus dem Vokabular der Übermenschen, die noch nicht wieder Einzug in den Sprachgebrauch gehalten haben. Noch nicht. Defätismus ist eines, Patriotismus hingegen erlebt bereits seine Wiederauferstehung. Nationalismus sowieso. «Für Führer und Vaterland» ist allerdings immer noch pfui.

Sehr im Schwang ist aber wieder «Feindpropaganda». Unter Adolf Nazi war es streng verboten, «Feindsender» zu hören. Insbesondere das Erkennungssignal der englischen BBC musste durchs Kopfkissen abgedämpft werden. Wehe, der Nachbar, der Denunziant, hörte es aus dem Zimmer nebenan.

Ein ähnliches Verhältnis entwickeln unsere freien westlichen Medien inzwischen zum Feindsender «Russia Today» (RT). Eigentlich gehörte der verboten, wie in der EU. Nun hat aber der Schweizer Bundesrat – zum Unverständnis vieler Kriegsgurgeln in den Medien – beschlossen, die Bundesverfassung («Zensur ist verboten») ernst zu nehmen. Gegen den Willen der Bundesrätinnen Amherd und Sommaruga, was ihr ewiger Schandfleck bleiben wird.

Wer tritt im Feindsender auf?

Nun wird nicht nur über die Propaganda dieses Feindsenders hergezogen, es wird auch genau beobachtet, wer sich dafür hergibt, bei ihm aufzutreten:

«Gastgeber Köppels war Thomas Fasbender, deutscher Journalist mit eigener RT-Sendung und viel Verständnis für Putin. Seit kurzem wird Fasbender auch als Moskau-Korrespondent von Köppels «Weltwoche» aufgeführt.» Eine Sternstunde des Recherchierjournalismus von Tamedia. Putin-Versteher Köppel, trat doch bei RT auf. Wo dieser Fasbender eine Sendung hat. Der wiederum für die WeWo nicht immer ganz dichte Analysen über Russland schreibt.

Wehrkraftzersetzung hätte man das früher genannt.

Kriegerisches Vokabular auch im Boulevard-Blödblatt «Blick»:

 

Wenn’s ganz blöd und lachhaft wird, darf einer nicht fehlen. Genau, Philipp Loser. Der gibt zuerst damit an, dass er doch tatsächlich Stefan Zweig gelesen hat. Was für ein Kulturbolzen. Von Arnold Zweig hat er aber sicher noch nichts gehört, obwohl sich dessen Lektüre auch lohnen würde.

Ausflug in die Hölle

Aber dieser Kurzausflug in die Niederungen des Trends zum Zweitbuch ist nur die Einleitung hierfür:

«Fast schon unverhohlen, wie man sich rechts der Mitte freut, endlich wieder über Krieg reden zu dürfen, über Sicherheitspolitik, Geostrategie, Panzer und Bomben. Ganz egal wo man in den Gender- und Identitätsdebatten der jüngeren Zeit steht: Müsste es nicht genau umgekehrt sein? Müsste es nicht unser aller Bedürfnis und Bestreben sein, in einer Welt zu leben, in der wir es uns leisten können, leidenschaftlich über den Genderstern zu streiten?»

Rechts der Mitte? Die öffentlich auftretenden Kriegsgurgeln stehen meistens links der Mitte, mit Verlaub. Zudem muss ZACKBUM hier kriegerisch widersprechen: nein, wir wollen keinesfalls, unter keinen Umständen – lieber tot als rot – in einer Welt leben, in der leidenschaftlich über einen Unsinn wie den Genderstern gestritten wird. So stellen wir uns die Hölle vor.

Da fehlt doch nur noch der eine Teil des die Qualitätssicherung vergeigenden Duos, die Reserve-Drittklass-Chefredaktion des «Tages-Anzeiger» in Form von Mario Stäuble. Der orgelt:

«Putins Krieg ist ein direkter Angriff auf Europas Sicherheit, auf die Freiheit, auf die Demokratie. Wo seine Ambitionen enden, weiss niemand mit Sicherheit. Sich auf ein harmloses Szenario einzustellen, wäre schlicht naiv. Also muss man den Schritt machen – und Putins Geldhahn zudrehen, auch wenn es schmerzt. Und auch wenn die Aussichten auf Erfolg ungewiss sind.»

Alles ist ungewiss, nur eines ist ihm klar: Geldhahn zudrehen. Glücklicherweise weiss er auch: wer hört schon auf Stäuble. Wer macht schon mit ihm den Schritt zum Geldhahn …

Apropos:

Was interessieren den Schweizer Leser die Ansichten des 82-jährigen ehemaligen deutschen Finanzministers? Ganz einfach, das Interview des Literaturkritikers der «Süddeutschen Zeitung» Willi Winkler fiel dort von Gabentisch und wird den Lesern der SoZ lauwarm serviert. Das Original erschien am 25. März in der SZ. Da ist dann der SoZ-Leser zweite Wahl zu erstklassigen Preisen. Die SZ kostet am Freitag Fr. 3.70. Die SoZ mit Aufgewärmtem Fr. 6.-, zwei Tage später.

Auch CH Media ist nicht frei von harschen Verurteilungen:

«Man würde von Schröder gerne wissen, wie er dazu steht, dass sein Freund Putin Kinderspitäler bombardieren lässt. Schröder sagt dazu natürlich nichts, lässt sich weiter von Putin bezahlen – und hat sich diskreditiert wie kein anderer Bundeskanzler vor ihm.»

Richtig, gegen den Putin-Versteher war selbst Alt-Nazi, NSDAP-Mitglied und Blockwart Kiesinger weniger diskreditiert. Das gilt natürlich auch für KZ-Baumeister Lübke. Aber was weiss Benini schon von deutscher Geschichte.

So rempelt Francesco Benini den deutschen Altkanzler an, während sein Bruder Sandro bei Tamedia den völlig von der Rolle gekippten Sandro Brotz verteidigt. Die Benini-Amok-Brothers in Fahrt.

Aber, man muss auch loben können, der gleiche CH-Media-Benini berichtet:

«Der FDP-Stadtrat ist in eine Einzimmerwohnung umgezogen, die in der gleichen Siedlung liegt.» Denn Filippo Leutenegger hat seine Vierzimmer-Wohnung einer ukrainischen Flüchtlingsfamilie überlassen.

Das ist wirklich toll, Filippo.  Aber, lieber Francesco, ob der Mut wohl reichen täte, Deinen Besitzer und Brötchengeber und Kriegsgurgel Peter Wanner zu fragen, ob er sich davon nicht ein Scheibchen abschneiden könnte?

So in seinem Herrensitz, seinem Schlösschen im Aargau, umgeben von eigenen Rebbergen? Der hat ja bislang nur bekannt gegeben, dass er dann vielleicht mal in Zukunft, nach dem Krieg, was für den Wiederaufbau der Ukraine spenden werde. Wenn er das bis dahin nicht längst vergessen hat.

Schliesslich ist Wanner doch für «klare Kante», will gerne einen Dritten Weltkrieg riskieren, plädiert dafür, sich von atomaren Drohungen doch nicht in die Knie zwingen zu lassen. Da vermisst man etwas den Kampfesmut von Francesco Benini. Denn wes Brot ich ess

Aber: Vielleicht wäre im Wanner-Schloss noch ein Zimmerchen im Gesindetrakt, im Kutscherhäuschen oder gar im Herrenhaus frei. Nur so als Idee. Könnte doch einer der beiden Beninis mal anregen. Ausserdem baut sich Big Boss Supino gerade einen schönen Herrensitz mit vielen Zimmern hin …

 

 

 

Die Brotz-Bronca

Spanisch für Krakeel, Gefuchtel und Geschrei.

Endlich mal eine Ablenkung vom Überthema. SVP-Nationalrat Thomas Aeschi sagt etwas Blödes. Aus einer mutmasslichen Vergewaltigung durch zwei afrikanische Flüchtlinge mit ukrainischem Pass, begangen an einer ukrainischen Flüchtigen, macht er einen Indikativ Plural. Und damit wird’s zum rassistischen Schwachsinn.

Das wiederum bringt die Grünen in die Gänge. Ihre NR-Präsidentin hat’s verschnarcht, Aeschi zu rügen, dafür boykottiert die Fraktionschefin die «Arena», weil dort auch Aeschi auftreten durfte. Politischer Schwachsinn.

Sandro Brotz, notorischer SVP-Basher, nimmt sich dann Aeschi zur Brust:

«Was Sie gesagt haben, ist rassistisch. Punkt. Ausrufezeichen.»

Das wiederum löst eine neuerliche Debatte aus. Über Brotz mangelhafte Kenntnisse der Interpunktion? Nein, ob er so oberlehrerhaft einen Politiker zusammenfalten darf oder nicht.

«Ein reines Schmierentheater», so teilt der Politchef von Tamedia in alle Richtungen aus. Denis von Burg watscht gerecht alle ab. Aeschi: «unappetitliches Süppchen» gekocht. «Arena»-Boykott von Aline Trede: «undemokratisch und auch nicht klug.» Schliesslich: «Brotz hat auf billige Weise Quoten gebolzt.»

Michèle Binswanger wäscht dann Brotz nochmal die Kappe: «Der Moderator auf Abwegen» bestätige «jedes Anti-SRG-Klischee». Nicht nur in der Sendung, auch auf Twitter betrachte Brotz gerne seinen eigenen Bauchnabel: «Eitelkeit ist zwar ein in Journalistenkreisen weitverbreitetes Laster. Aber diesmal ist Brotz zu weit gegangen.»

Brotz tritt den Beweis für alle Vorwürfe an

Als wolle er ihren Vorwurf beweisen, haute Brotz auf diesen kritischen Artikel von Tamedia gleich eine Salve von Tweets raus. Als beleidigte Leberwurst. Er räumte zwar ein, dass ihm Binswanger Gelegenheit zur Stellungnahme gab, auf die er aber 24 Stunden lang nicht zu reagieren geruhte. Aber: «Dann hast du deinen Text rausgehauen. Ohne mit mir zu reden. Ich kann damit umgehen. Bin mir deine „Recherche“ im Weltwoche-Stil gewohnt. Du magst finden: Brotz teilt aus, dann muss er auch einstecken. Fair enough. Nur hat das nichts mehr mit Journalismus zu tun.»

Tschakata. Also der Herr Journalist mag nicht antworten, aber dann beschwert er sich darüber, dass man nicht mit ihm habe reden wollen und will seinerseits Binswanger damit beleidigen, dass sie im «Weltwoche-Stil» recherchiere, was immer das sein mag. Also wer nicht geduldig wartet, bis Brotz dann doch ein Momentchen in seinem übervollen Terminkalender findet, betreibe keinen Journalismus mehr. Was für ein Haudrauf, der Moderator.

Apropos, keiner geht auf den «Weltwoche»-Kommentar des ausgewiesenen Recherchierjournalisten Alex Baur ein, der konstatiert: «Doch bei diesem Exzess geht es um mehr als Parteilichkeit: Sandro Brotz stellt sein Ego über seinen Auftrag

Weitere Journalisten beteiligen sich an der Schlacht

Auch die NZZ mischt sich ein und kritisert kühl einen «politisch aufgebauschten Rassismus-Streit». Katharina Fontana stösst den NZZ-typischen ordnungspolitischen Zwischenruf aus: «Die Rassismusdiskussion, die seit ein paar Tagen läuft, trägt so hysterische wie heuchlerische Züge.» Aeschi ist daneben, die Reaktion der Grünen ebenfalls, und Brotz, nun, «das öffentlichrechtliche Fernsehen scheint neuerdings auch ein Tribunal zu sein».

Haben wir uns dann alle wieder beruhigt? Keinesfalls, es fehlt noch Sandro Benini aus dem Hause Tamedia. Er nimmt sich Kollegin Binswanger zur Brust und stellt schon im Titel klar:

Denn: «Hinter der Kritik an Brotz steckt die Vorstellung, ein Moderator müsse ausserhalb der Sendung funktionieren wie ein Kaffeeautomat: möglichst geräuschlos in einer Ecke stehen und nur etwas absondern, wenn man ihn drückt – aber dann immer genau die gleiche Menge in identischer Qualität und immer mit der gleichen Temperatur.»

Much ado about nothing, hätte Shakespeare gesagt, wäre ihm dieses Gezänke überhaupt eine Bemerkung wert gewesen. Medienschaffende äussern sich zu Medienschaffenden, die sich wiederum zu Medienschaffenden äussern, was dann von anderen Medienschaffenden bewertet wird.

Am Schluss ist dann auch die SVP sauer und will bis auf Weiteres nicht mehr in der «Arena» auftreten.

Ach so, eigentlich ging es um den Krieg in der Ukraine. Aber der ist doch lange nicht so wichtig wie die Betrachtung des eigenen und fremder Bauchnäbel.

 

 

 

 

Es darf gelacht werden

Aufgabenstellung: Artikel, sinnlos oder unnütz. Es folgt die Qual der Wahl.

Vielleicht hätte ZACKBUM das Gegenteil als Kriterium verwenden sollen. Das wäre dann aber ziemlich schwierig geworden. So mussten wir uns in der Qual der Wahl für jeweils ein Beispiel aus dem überlebenden Mediensumpf entscheiden. Dafür kamen «watson», «20 Minuten», «Blick», Tamedia, CH Media, nau.ch, die NZZ und das glaubwürdigste Organ der Schweiz in die Kränze.

Ach, Rätselfrage? Also wirklich, bei dem Organ handelt es sich natürlich um die «Republik».

Der erste kaum schlagbare Knaller aus dem Hause «watson»:

Gleich zum ersten Beispiel im familientauglichen Quiz:

Die richtige Antwort ist natürlich C (Ich will ihn heiraten! Lebt er noch?). Haben wir gelacht, dass Stalin als «gut aussehender Hipster, äh Diktator» angepriesen wird. Zu solchen Geschmacklosigkeiten ist nur «watson» in der Lage, in der Tradition seiner Kulturjournalistin des Jahres Simone MeierJuden canceln»).

Hier kommt die Konkurrenz «20 Minuten»:

Ja, gut, es handelt sich um einen «Paid Post», was immer das sein mag, denn mehr als die Hälfte der Leser erkennt das nicht mal als Reklame. Dennoch hat dieser als Artikel verkleidete Werbetext irgendwie die Aura von strahlender Dummheit.

Wir holen den Dritten im Bunde des Trio infernal an Bord; den «Blick».

Eigentlich ist gegen die Tätigkeit der finnischen Lehrerin nichts einzuwenden. Nicht mal, dass sie schon längst beendet ist. Dennoch sei die schüchterne Frage gestattet, welchen Sinn es macht, eine ellenlange Story über eine Finnin ins Blatt zu heben, die in Syrien IS-Kinder unterrichtet. Aber vielleicht wollte der «Blick» seinen Lesern näherbringend, dass Finnisch sauschwer zu lernen ist. Als nicht indogermanische Sprache. Ach so, das kann man googeln.

Weiter geradeaus im Flachland, nau.ch:

Gemein, und niemand lacht über das zu knappe Decolleté von Carmen «Roooobert» Geiss. Auch ein Artikel, ohne den man sich nicht gut informiert fühlte.

Nun müsste es eigentlich senkrecht nach oben gehen, wir kommen zu Tamedia. Fürs Gegenteil sorgt allerdings der meinungsstarke Sandro Benini, auch bekannt als Ressorthopper:

Man darf ja die Namen Immanuel Kant oder John Stuart Mill verwenden, um sich einen gelehrten Anstrich zu geben. Man darf sich auch in semantischer Auslegung des Wortes «versehrt» versuchen. Aber wenn man andere Polemiker so in den Senkel stellt, obwohl man selbst mit dem Morgenstern unterwegs ist, wird’s sinnlos: wer Vergleiche zum Totalitarismus ziehe, sei «historischer Ignorant oder ein Brandstifter». Sagt Feuermann Benini.

Drüben bei CH Media schwingt Bruder Francesco Benini die Kommentarkeule:

Leider wird auch diese Meinung, was die Schweiz tun und lassen sollte, weder die Schweizer Regierung, noch Peking wahnsinnig interessieren; also verpufft sie völlig klang- und belanglos im Nichts. Aber schön, hat Don Francesco es allen gegeigt. Schade, dass er nicht NZZaS-Chef werden durfte.

Nun aber auf in die Höhe, wo noch tief über Inhalte und Titel nachgedacht wird, also zur NZZ:

Man könnte nun den Ausdruck Pferdefuss für einen Börsengang noch knapp durchgehen lassen. Aber für einen IPO-Boom? Man stelle sich einen Boom vor, und dann bastle man einen Pferdefuss dran. Dann gibt man auf und befördert den Titel ins Reich des Sinnlosen.

Aber, nun wird die Luft dünn und eisig in der intellektuellen Höhe, last and least die «Republik» in ihrer schönsten Form:

Schwurbler ist eigentlich ein abwertender Begriff für alle, die mit der offiziellen Corona-Politik nicht so einverstanden sind. Aber wir zitieren nur vier Sätze der schreibenden Schmachtlocke, die diesen Begriff auf eine neue Ebene heben:

«Das Haupt­beispiel ist der unsinnige Begriff der «Eigen­verantwortung», der zum Mantra des offiziellen Covid-Diskurses geworden ist. Jedes Vorschul­kind begreift, dass er unbrauchbar ist, um die realen Dilemmata der Epidemie­bekämpfung zu erfassen.» – «Die Selbstapologetik zeigt sich auch in der verblüffenden Einseitigkeit der ethischen Bedenken, die nun allenthalben ins Spiel gebracht werden.» – «Wir reden von Triage, aber wir legitimieren unsere Passivität.»

Wer das versteht, ist offenbar auch in irrealen Lamettata, äh, dilemmatisch in Dilemmata zu Hause. Tata, tatä.

Unter Tagi-«Kollegen»

Wer abweicht, wird niedergemacht. Der kollegiale Stil der Qualitätszeitung.

Marc Brupbacher ist ein leitender Redaktor bei Tamedia. Er ist weder Virologe, noch hat er eine Ahnung von Epidemiologie. Das hindert ihn nicht daran, als Corona-Kreische öffentlich durchzudrehen. Der Bundesrat? «Komplett übergeschnappt.» Der Gesundheitsminister? «Mit dem bin ich fertig.» Uni-Koryphäen wagen es, eine von seiner abweichende Ansicht zu vertreten? «Nehmt diesen Dreck runter und entschuldigt euch.»

Ein Mann am Rande des Nervenzusammenbruchs, und keiner kümmert sich um seine Behandlung. Wer nicht seiner Meinung ist, «verfügt über die Hirnleistung eines Einzellers». Nun hat Brupbacher einen neuen Anlass zum Kreischen gefunden. Eine neue Mutation habe «das Potenzial, Delta wie ein Kindergeburtstag aussehen zu lassen», hyperventiliert er, ohne Rücksicht auf den Akkusativ.

Da haut es dem Kollegen Kurt Pelda auch den Nuggi raus: «Seit bald zwei Jahren sagt Brupbacher den «Weltuntergang» voraus. Panikmache der übelsten Sorte, von der Realität widerlegt.»

Das tut er nicht ungestraft, denn nun rollt Dampfwalze Sandro Benini herbei: «Sorry, aber das ist polemischer Unsinn», rempelt er Pelda polemisch nieder, «passt du dein Niveau schon mal deinem neuen Arbeitgeber an?»

Dazu muss man wissen, dass Pelda von Tamedia wieder zur «Weltwoche» zurückkehrt, wo man ihm offenbar mehr Freiheiten lässt. Die er schon jetzt ausnützt, indem er seine Meinung zu Brupbacher offen kundtut. Der wiederum seine herumposaunt. Was wiederum Benini, auch in leitender Funktion bei Tamedia, zu Tritten unter die Gürtellinie veranlasst.

Das ist das Niveau, auf dem die sogenannte Qualitätszeitung aus dem Hause Tamedia angelangt ist. Da wäre tatsächlich eine Niveausteigerung dringend nötig.

Eine öffentliche Keilerei wie eine Wirtshausschlägerei unter gut abgefüllten Krakeelern, bevor sie vom Wirt zur Ausnüchterung auf die Strasse geworfen werden.

Es geht gar nicht darum, wer hier recht oder nicht. Es geht darum, dass man selbst unter «Kollegen» kein Erbarmen kennt, wenn jemand den Gottesdienst der einzig richtigen Meinung stört. Solchen Fanatismus gab es zuletzt in der katholischen Kirche oder in kommunistischen Parteien.

Sind wir froh, dass weder Brupbacher noch Benini über deren Machtmittel verfügen. Sonst müsste man sich echt Sorgen um das Wohlergehen von Pelda machen, obwohl der Kriegsreporter ist.

Offenbar verbreitet Mike Müller ein ansteckendes Niveau («Frage an ein ungeimpftes Arschloch»). Will wirklich jemand so einen Komiker sehen? Will wirklich jemand diese Belferer mit B im Nachnamen lesen?