Schlagwortarchiv für: Newsquellen

Wo informieren?

Eine Liste gegen die Rastlosigkeit.

Immer mehr aufgeweckte Beobachter des Zeitgeschehens fragen sich, welchen Newsquellen sie eigentlich noch vertrauen können. Bzw., wo sie Food for Thought herbekommen, nicht durchgekauten Einheitsbrei. Auf eine Leserfrage hin hat unser Mitarbeit Felix Abt in einem Leserkommentar eine Liste zusammengestellt. Sie verdient es, hier ergänzt aufgeführt zu werden:

The Intercept – ohne Bezahlschranke, unabhängig, das erste Medium, welches über die weltumspannende NSA-Schnüffelei berichtete und die entsprechenden Edgar Snowden-Reports publizierte.

Consortium News –  ohne Bezahlschranke, unabhängig, gegründet von einem amerikanischen investigativen Journalist, der bekannt wurde für seine Rolle bei der Berichterstattung über die Iran-Contra-Affäre für Associated Press (AP) und Newsweek, einschließlich der Aufdeckung der psychologischen Operationen im Guerillakrieg (CIA-Handbuch für die nicaraguanischen Contras) und der CIA-Beteiligung am Contra-Kokainhandel.

Fair Observer –  ohne Bezahlschranke, unabhängig, ein Kunterbunt an Artikeln verschiedenster Ausrichtung, da die Beiträge nach dem Crowdsourcing-Prinzip entstehen: prinzipiell kann jeder Artikel einreichen. Man erhofft sich so eine länderübergreifende umfassende 360°-Perspektive.

Asia Times – teilweise mit Bezahlschranke, die wichtigste der [englischsprachigen] Regionalpublikationen, welche Asien abdecken.

Counterpunch – ohne Bezahlschranke, unabhängig, gegründet von investigativen Journalisten, gilt als eine der beliebtesten politischen Quellen in Amerika, war in einen Skandal verwickelt, als eine fiktive Journalistin, hinter der angeblich der russische Geheimdienst stand, Artikel publizierte (die inzwischen alle gelöscht wurden).

Off-Guardian – ohne Bezahlschranke, unabhängig, wurde im Februar 2015 ins Leben gerufen und hat seinen Namen von der Tatsache, dass seine Gründer, ehemalige Journalisten und Leser der britischen Zeitung «The Guarden» zensiert und/oder aus den Abschnitten «Comment is Free» des Guardian verbannt wurden. Ihre Redaktoren und Administratoren sitzen in den USA, Großbritannien und Europa.
Off-Guardian will sich dem offenen Diskurs und der freien Meinungsäußerung widmen und Artikel auf beiden Seiten eines bestimmten Themas publizieren.

The American Conservative – ohne Bezahlschranke, unabhängig, steht für einen Konservatismus, der unkontrollierte Macht in Regierung und Wirtschaft gleichermaßen ablehnt.

CovertAction Magazine – ohne Bezahlschranke, gegründet von einem ehemaligen CIA-Offizier, der zum Agenturkritiker wurde. Das Magazin hat sich spezialisiert auf illegale Regierungsaktivitäten, die in aller Regel geheim gehalten werden und von den Medien nicht thematisiert werden. Beiträge und Informationen stammen zu einem grossen Teil von ehemaligen CIA- und anderen Regierungsbeamten. Einer seiner Autoren ist John Kiriakou, ein ehemaliger CIA-Agent, welcher sich gegen Folterungen aussprach, selbst nie folterte, aber 30 Monate lange ins Gefängnis musste, weil er diese Praktiken öffentlich machte. Im Unterschied zu ihm wurde keiner der Folterknechte der CIA und des amerkanischen Militärs jemals bestraft.

The Atlantic – mit Bezahlschranke. Aber lachhafte 60 US-Dollar kostet das digitale Jahresabonnement; eine Investition, die sich lohnt.

The New Yorker – mit Bezahlschranke. Das Blatt, bei dem Journalisten noch Freiheiten und Privilegien der Tiefenrecherche geniessen, bei denen man in Europa nur grün vor Neid werden kann.

Mother Jones – die grosse, alte Dame des Muckraking-Journalismus, des Aufdeckungsjournalismus in der Tradition eines Upton Sinclair oder Lincoln Steffens. Finanziert sich weitgehend durch Spenden.

The Economist – das grosse englische Wirtschaftsmagazin, das dank eigener Stiftung selbstfinanziert ist. Und den guten, alten angelsächsischen Faktenjournalismus betreibt, weiterhin ohne Autorenzeile, denn Bauchnabelschau ist nicht in. Eigentlich alles hinter Bezahlschranke; wobei 175 Franken für ein digitales Jahresabo ist gut investiertes Geld.

Financial Times – Höchstens im Zweikampf mit dem WSJ an einem Konkurrenten zu messen. Deckte zum Beispiel im Alleingang den deutschen Wirecard-Skandal auf – während alle deutsche Medien sich einer Verleumdungskampagne anschlossen und Wirecard Prozesse lostrat. Mit einem Franken ist man für vier Wochen dabei. Wer sich dadurch anfixen liess, zahlt dann 399 Franken für ein Jahr. Die Hälfte einer Schweizer Tageszeitung – für den doppelten Wert.

Wall Street Journal – Auflage 2,2 Millionen; auf jeden Artikel wird normalerweise mehr Manpower verwendet als für eine ganze Ausgabe einer Schweizer Tageszeitung. Zusammen mit der FT die Benchmark für Wirtschaftsberichterstattung – und vieles mehr. Mit dem Schnäppchenpreis von 24 Franken ist man digital dabei – für ein Jahr.

 

Und auf Deutsch? Auf Deutsch senden wir das Pausenzeichen …

Die Taliban machen Medien

Wird die Pressefreiheit am Hindukusch verteidigt?

Hohle Solidaritätsadressen, absurde Forderungen, schale Bekenntnisse zu Unterstützung, Interviews mit abgehalfterten, greifbaren, aber kenntnisfernen «Spezialisten».

Das ist eigentlich alles, was die Schweizer Qualitätsmedien zu Afghanistan gebacken kriegen. Plus natürlich das fleissige Abschreiben und Kopieren von Abgeschriebenem und Kopiertem in der angelsächsischen Presse.

Also all das, was auch ein afghanischer Windhund verbellen könnte. Sobald es etwas anspruchsvoller, komplizierter, dafür interessanter und wichtiger wird, schaffen es unsere sogenannten Qualitätsmedien nicht einmal mehr, englische Quellen abzuschreiben.

Eines nach dem anderen verstummen afghanische Newsmedien.

Greifen wir die Themenbereiche heraus, die wohl für die Zukunft Afghanistans entscheidender sind als die ewigen Berichte über die Zustände am Flughafen von Kabul. Garniert mit den wie bei Corona aus allen Löchern hervorkommenden «Experten». Irgend etwas mit Orientalistik, Islam oder einem handgeknüpften Teppich am Hut haben – schon ist man «Spezialist» für Afghanistan.

So konnte man sich täuschen …

Dabei wären doch die wichtigsten Fragen:

  1. Wie finanzieren sich die Taliban und wie stabil sind ihre zukünftigen Einkünfte?
  2. Welche Formen von Widerstand gibt es im Land?
  3. Können auch die Afghanen weiterhin die sozialen Plattformen zur Organisation des Widerstands verwenden?
  4. Wie geschlossen sind die Reihen der Taliban; wie fundamentalistisch ist der Zirkel der Entscheider?
  5. Gibt es diesmal wirklich Taliban light, Fundamentalismus mit menschlichem Antlitz?

Fünf zentrale Fragen, ihre Beantwortung müsste die Aufgabe von Journalismus sein, der noch seinen Namen verdient. Im angelsächsischen Raum ist auch nicht alles Gold, was glänzt. Aber zumindest kopieren könnten doch Schweizer Medien wesentliche Informationsfragmente, die ja durchaus vorhanden sind.

Etwas Geschick beim Quellen suchen?

Aber einmal googeln, zweimal einen «Spezialisten» anrufen und dreimal auf CNN die ewig gleichen Szenen am Flughafen anstarren, das reicht für den nächsten Artikel in CH Media, Tamedia, im «Blick» und leider auch in der NZZ.

Blick durch den Feldstecher …

Nichts gegen das Bemühen von Andreas Babst aus Delhi, aus einer Distanz von rund 1000 Kilometern die Ereignisse in Kabul im Blick zu behalten. Aber schon eine kurze Recherche in den sozialen Medien fördert eine Unzahl von Berichten, Aufrufen, Informationen zutage, von denen man in der Schweiz nichts liest.

Wohlgemerkt ist das das Ergebnis einer kursorischen Suche; ZACKBUM würde nie behaupten, als Spezialist oder Kenner von Afghanistan qualifiziert zu sein. Aber ZACKBUM hat Helfer und Sympathisanten und kann auch selbst etwas besser als die «Berner Zeitung» recherchieren.

Jordan Bryon ist ein mutiger Journalist, der in Afghanistan ausharrt.

Leider ist das kein Anlass für Stolz oder gespreizte Federn. Es ist Anlass für Besorgnis, Trauer, Beelendung. Wir verfügen über Kommunikationsmittel wie noch nie in der Geschichte der Menschheit. Wer will, kann sogar live miterleben, wie es am Flughafen von Kabul zu und hergeht. Nur: ohne Einordnung, Hintergründe, ohne wenigstens einen Choral von Stimmen aus Afghanistan könnte man auch den Wetterbericht vom Hindukusch betrachten.

Weitere interessante Beiträge …

Zentral wichtig wäre im Moment, ein Netzwerk zu erstellen von solchen Quellen, damit man sich möglichst schnell einen Überblick verschaffen kann, der leider von den zu Tode gesparten Medien in der Schweiz nicht mehr geliefert wird. Unglaublich ist in diesem Zusammenhang auch, dass die SRG trotz ihrem Milliardenbudget ebenfalls nicht in der Lage ist, oberhalb von copy/paste und «es spricht der Kenner» etwas Sinnvolles zu backen; Geld und Manpower wäre doch eigentlich vorhanden.

Way to go für eine Ferndiagnose.

Stattdessen entblödet sich die «Tagesschau» nicht, ihren SRF-Korrespondenten in Amman (!) mit strengem, investigativem Blick zu fragen: «Was hören Sie denn aktuell von der Situation am Flughafen in Kabul?» Nicht einmal die Erdkrümmung verhindert eine Antwort von Jonas Bischoff, der noch zu kurz am Gerät ist, um die einzig richtige Antwort zu geben: «Ich weiss doch auch nicht mehr als Ihr am Leutschenbach.» Aber das traut sich sowieso niemand.

Zwei weitere afghanische Quellen, die noch nicht verstummt sind …

Plus «Arena», «Club» plus Weichspüler Urs Gredig, der dem armen Ulrich Tilgner keine Chance lässt, mal einen zusammenhängen Gedanken zu entwickeln? Allah sei’s geklagt; die Einzigen, die bislang moderne Kommunikationsmittel strategisch geschickt bedienen, sind – die Taliban.

Zumindest in den deutschsprachigen Medien, in den USA und im angelsächsischen Bereich sieht’s schon etwas anders aus, wie die «New York Times» oder die «Washington Post» beweisen.

Auch aus Australien kommt Berichterstattung, die man in der Schweiz nicht mal ignoriert.

Eine der Zeitschriften, die in einer eigenen Liga spielen, lässt schon mit dem Cover alles hinter sich, was dieser Tage im deutschsprachigen Raum erscheint: