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Wumms: Markus Häfliger

Der Tagi-Bundeshausredaktor vergaloppiert sich im Nixverstan.

ZACKBUM hat Häfliger schon ausgiebig gelobt. Also kann uns niemand Einseitigkeit vorwerfen, wenn wir ihn wegen dieses Kommentars tadeln müssen:

Es gelingt selten, dass in einem Titel und Lead alle Aussagen kreuzfalsch sind. Bravo. Zunächst geht es hier nicht um «die Finanzierung» dieser UNO-Organisation. Sie budgetiert jährlich 1,6 Milliarden Dollar, da wären 20 Millionen Franken lediglich eine Geste, ein Klacks, ein Tröpfchen.

Zweitens ist das kein Gebot der Menschlichkeit. So gesehen müsste man jede Hilfe in jedes Elendsloch der Welt als Gebot betiteln. Jemen, Sudan, Äthiopien, Myanmar, gibt es denn da keine Gebote der Menschlichkeit? Entweder gilt Menschlichkeit und ihre Gebote überall – oder nur punktuell, wenn gerade Menschen mit der richtigen Hautfarbe in der richtigen Gegend der Welt leiden.

Wer gegen die Zahlung von 20 Millionen an die UNRWA ist, verursacht keineswegs menschliches Leid in Gaza. Das menschliche Leid dort wird von der Hamas und von Israel verursacht und vergrössert, wobei der Ausdruck mutwillig durchaus angemessen scheint. Aber sicher nicht von Schweizer Bundesräten und «Parlamentarierinnen», wie es im absurden Korrektsprech von Tamedia heisst.

Die israelische Anschuldigung, dass mehrere UNRWA-Mitarbeiter an den Terrorakten der Hamas im Oktober beteiligt seien, hat sich als Propagandalüge entpuppt. Sie trägt zur unübersichtlichen Lage im Gazastreifen bei. Lässt Israel nicht genügend Lebensmittelconvoys hinein – oder versagen die Hilfsorganisationen bei der Verteilung? Baden Palästinenser fröhlich im Mittelmeer, statt zu leiden? Der Gazastreifen ist eine Blackbox, was einzig die Schuld Israels ist; die Netanyahu-Regierung lässt keine unabhängige Berichterstattung zu.

Aber selbst wenn solche israelischen Anschuldigungen nicht stimmen, so gibt es doch genügend Beweise, dass die Tätigkeit der UNRWA im Gazastreifen kontaminiert ist. Fundamentalistischen Terror verherrlichende Unterrichtsmaterialien, menschenverachtende Äusserungen von Mitarbeitern, die eindeutig nicht mehr von der Meinungsfreiheit gedeckt sind, offensichtlich hat die Leitung des Hilfswerks weitgehend die Kontrolle über das Denken vieler Mitarbeiter verloren.

Neutralität ist aber ein Wesensmerkmal jeder humanitären Organisation. Wenn zum Beispiel Swissaid als eine der wenigen internationalen Entwicklungshilsorganisationen immer noch im Reich der korrupten Ortega-Diktatur in Nicaragua tätig ist, dann wäre es unerträglich, wenn man ihr propagandistische Unterstützung dieses menschenverachtenden Regimes nachweisen könnte.

Wer ganz allgemein im Reich von Diktatoren oder religiösen Wahnsinnigen wie im Gazastreifen unterwegs ist, muss sorgfältig darauf achten, nicht mit ihnen gemein zu werden. Dass auch humanitäre Hilfe für die notleidende Bevölkerung auf der anderen Seite Regimes davon befreit, selbst für das Wohlergehen ihrer Untertanen besorgt zu sein, ist der hässlichste von vielen negativen Aspekten humanitärer Hilfe.

Sie ist eigentlich immer kreuzkontaminiert, vor allem als Nothilfe. Wenn irgendwo auf der Welt wieder eine Hungersnot droht und Transportmaschinen mit Nahrungsmitteln im Anflug sind, dann rettet das sicherlich Menschen vor dem Hungertod. Auf der anderen Seite zerstört es die bäuerliche Nahrungsmittelproduktion im Land, denn wer will denn noch für einen Sack Reis zahlen, wenn er ihn auch gratis bekommt? Es stabilisiert eine Bevölkerungsmenge, die im Land selbst in dieser Gegend niemals ernährt werden könnte, die nächste Hungersnot kommt so bestimmt wie das Brummen der Transportflieger.

In all solchen Widersprüchlichkeiten müssen sich Hilfswerke wie die UNRWA bewegen. Das ist ein Minenfeld, komplex, widersprüchlich und nur mit äusserster Vorsicht zu begehen. Genau daran hat es die UNRWA-Leitung über Jahre mangeln lassen.

Nun keilt Häfliger gegen all die, die gegen eine weitere Schweizer Unterstützung der UNRWA sind: «Solche Forderungen auf einem gemütlichen Sofa oder in einem getäferten Kommissionszimmer im Bundeshaus zu erheben und sich dabei moralisch gut zu fühlen, ist billig.» Wenn das billig ist, dann ist es ebenso schäbig, auf einem gemütlichen Redaktionsstuhl sitzend, die gegenteilige Forderung zu erheben und sich dabei moralisch besser zu fühlen.

Dann malt Häfliger in einfachen Strichen «das schiere Leid der Zivilbevölkerung. 2,2 Millionen Menschen sind zwischen den Fronten gefangen». Und seit Biafra dürfen die hungernden Kinder niemals fehlen: «Hunderttausende Kinder sind traumatisiert und leiden Hunger.»

Damit erreicht Häfliger den Höhepunkt seiner Suada:

«Schweizer Politikerinnen und Politiker, die in dieser Situation, in der vermutlich grössten humanitären Krise der Gegenwart, der wichtigsten humanitären Akteurin vor Ort den Stecker ziehen wollen, handeln unverantwortlich. Man muss sagen: unmenschlich

Ist das so? Ist es nicht vielmehr scheinheilig, man muss sagen: verlogen, wenn Häfliger hier solch starke Worte findet, ihm aber das Hungern und Leiden in so vielen anderen Gegenden der Welt völlig wurst ist? Das ist kein Whataboutism, sondern weist auf ein Grundproblem solcher Klageschriften hin: sie fokussieren auf ein Elend, das gerade in Mode ist. Das Häfliger zuvor völlig wurst war, sobald das Gemetzel dort vorbei ist, wird es ihm auch wieder egal sein.

Hat er sich schon jemals überlegt, wieso eigentlich eine milliardenschwere humanitäre Hilfe für den Gazastreifen nötig ist? Wieso dort das BIP pro Kopf schon vor der israelischen Invasion bei schlappen 3’200 Dollar im Jahr lag? Wieso dort nicht einmal Strom selbst hergestellt werden kann, kaum etwas produziert wird? Alles nur die Schuld der Israelis? Und wie kann es sein, dass die Bevölkerung die brutale, fundamentalistisch-irre Herrschaft der Hamas seit Jahren akzeptiert?

Wer jubelnd durch die Strassen zog, um das Massaker vom Oktober zu feiern, muss der sich nicht Selbstverschulden ankreiden lassen, war der nicht selbst unmenschlich?

Wenn eine Situation so kompliziert ist wie die Bewertung der Tätigkeit der UNRWA im Gazastreifen, dann braucht es so einen terrible simplificateur wie Häfliger zu allerletzt.

Zwei starke Stücke

Einsame Lichtlein im Meer der Mediokrität.

«Die Schweizer Renten-Debatte ist verlogen.» NZZ-Redaktor Hansueli Schöchli wagt offen auszusprechen, was in der Debatte über das Rentenalter von allen Politikern tunlichst vermieden wird.

Denn hier gibt es ein fundamentales demokratisches Problem. Ü-64 sind ein bedeutendes Wählersegment. Wer gewählt werden will, sagt dieser Zielgruppe sicher nicht, dass sie den Gürtel enger schnallen muss. Länger arbeiten. Weniger AHV beziehen. Von der Pensionskasse ganz zu schweigen.

Alleine die Erhöhung des Rentenalters für Frauen um ein einziges Jahr löst grosses Gebrüll und erbitterten Widerstand aus. Dagegen ruft Schöchli die banalen Tatsachen ins Bewusstsein:

«Bei der Einführung der AHV 1948 lebten 65-Jährige im Mittel noch knapp 14 Jahre lang. Heute sind es über 23 Jahre. Doch noch immer liegt das Rentenalter bei den Männern gleich hoch wie 1948, und bei den Frauen ist es sogar ein Jahr tiefer.»

Bitteres Fazit: «Die Rentenalter-Debatte ist geprägt von Verlogenheit.» Denn die Gegner argumentieren damit, dass längere Arbeitszeiten zur Folge hätten, dass Alte den Jungen Stellen wegnehmen. Was aber – nachgewiesen in Studien – nicht der Fall ist. Und wie soll denn sonst das Loch in der AHV-Finanzierung gestopft werden? «Deshalb sollen im Drehbuch der Gegner zusätzliche Subventionen und Lohnbeiträge die AHV sanieren. Dass dies vor allem zulasten der Jüngeren geht, muss man ja nicht laut sagen.» Genauso leise muss man sagen, dass die bereits in Milliardenhöhe die Pensionskassen füttern. Ein mutiger Aufschrei, für NZZ-Verhältnisse scharf geschrieben. Bravo.

Cum grano salis ist überhaupt nichts am sauberen Recherchierstück, mit dem der «Tages-Anzeiger» aufwartet: «Fünfsternhotel und Helikopterflug: Politiker reisen auf Kosten des Staatsunternehmens Schweizer Salinen AG regelmässig ins Ausland – und das ziemlich komfortabel.» Mit Schmackes untersucht Markus Häfliger die Luxusreisen, die sich amtierende und ehemalige Verwaltungsräte der Schweizer Salinen AG gönnen.

Der Staatsmonopolist führt seine Geschichte ins Mittelalter zurück und darf bis heute exklusiv jedes Salzkorn in die Speisen und auf die Strassen liefern. Importe sind lediglich mit seiner huldvollen Bewilligung gestattet. Kein Wunder: «2018 kritisierte die Eidgenössische Finanzkontrolle, wegen des Monopols sei das Streusalz in der Schweiz zwei- bis viermal so teuer wie im Ausland.»

Beruhigend zu lesen, dass diese Extraprofite sinnvoll ausgegeben werden. Ein Ausflug nach Südfrankreich wurde nach der Anreise im TGV mit der stilgerechten Unterbringung im 5-Sterne-Hotel «L’Arlatan» gefeiert: «Von dieser sehr komfortablen Basis aus startete die Reisegruppe zu Ausflügen in die Camargue. Der Höhepunkt zumindest in vertikaler Hinsicht: ein Helikopterflug über die riesige Meersalzsaline bei Aigues-Mortes.»

Bis zu 27 Verwaltungsräte haben das Recht, an solchen alle zwei Jahre stattfindenden «Studienreisen» teilzunehmen. Ibiza, Barcelona, Salzburg, Berchdesgaden und dann die Camargue, es gibt ja so viel zu studieren auf der Welt. Immerhin, nachdem der Tagi-Redaktor entsprechende Anfragen an die Salinen AG stellte, ruft ihn der Zuger Finanzdirektor Heinz Tännler an, von Amtes wegen im VR des Salzmonopolisten. Er stellt klar: «Ich habe an diesen Reisen – die Salinen nennen sie Bildungsreisen – nie teilgenommen.»

Launiger Kommentar von Häfliger: «Man muss sagen: Heinz Tännler hat etwas verpasst.» Entschieden weniger Unrechtsbewusstsein zeigt der Geschäftsführer der Salinen: «Die Reisen adressieren jeweils ein Thema, welches in engem Zusammenhang mit anstehenden strategischen Entscheiden des Verwaltungsrats steht

Konkret sieht das dann so aus: «Neben der Besichtigung der südfranzösischen Saline blieb viel Zeit für sehr viel Kultur, Natur und Kulinarik. Die Politikerinnen und Politiker genossen einen Stadtrundgang durch Aigues-Mortes, besuchten in Arles die Fondation Vincent Van Gogh und das Kulturzentrum Luma. Sie erlebten eine halbtägige ornithologische Führung in der Camargue. Und sie verbrachten einen Abend in einer Manade, wo die berühmten Camargue-Stiere gezüchtet werden. Aus- und Weiterbildung auch in südfranzösischem Stierkampf also.»

Jede Reise, schätzt Häfliger, dürfte rund 100’000 Franken gekostet haben. Es ist zu bezweifeln, dass sie in diesem Rahmen weitergeführt werden, dank diesem Stück, das die Wächterfunktion der Medien aufs beste illustriert. Bravo.

Sogar die Karikatur ist gut …

 

 

Ioannis who?

Weil’s so selten ist, ein besonderes Lob.

Ein Grieche im Diensten Russlands, der Aussenminister wurde, später griechischer Präsident und zwischendurch die Schweiz einte und am Wiener Kongress dafür sorgte, dass ihre «ewige Neutralität» anerkannt wurde.

Ein pralles Leben von Ioannis Kapodistrias (1776 – 1831). Diese Taten für die Schweiz stehen tatsächlich in krassem Widerspruch zu seiner Bekanntheit. Anlässlich der Ausstellung «Genève et la Grèce» erinnert Markus Häfliger auf Seite drei von Tamedia an den Griechen, dessen bedeutende Rolle für die Schweiz in der Romandie entschieden mehr gewürdigt wird als in der Deutschschweiz.

Das alles verdient ein besonderes Lob. Bereits der «Walliser Bote» oder «SRF Zeitblende» erinnerte an sein Wirken, aber für ein Mal ist die «Seite drei» auf der Höhe ihres Vorbilds aus der «Süddeutschen», was ein besonderes Lob verdient.