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Unter Tagi-«Kollegen»

Wer abweicht, wird niedergemacht. Der kollegiale Stil der Qualitätszeitung.

Marc Brupbacher ist ein leitender Redaktor bei Tamedia. Er ist weder Virologe, noch hat er eine Ahnung von Epidemiologie. Das hindert ihn nicht daran, als Corona-Kreische öffentlich durchzudrehen. Der Bundesrat? «Komplett übergeschnappt.» Der Gesundheitsminister? «Mit dem bin ich fertig.» Uni-Koryphäen wagen es, eine von seiner abweichende Ansicht zu vertreten? «Nehmt diesen Dreck runter und entschuldigt euch.»

Ein Mann am Rande des Nervenzusammenbruchs, und keiner kümmert sich um seine Behandlung. Wer nicht seiner Meinung ist, «verfügt über die Hirnleistung eines Einzellers». Nun hat Brupbacher einen neuen Anlass zum Kreischen gefunden. Eine neue Mutation habe «das Potenzial, Delta wie ein Kindergeburtstag aussehen zu lassen», hyperventiliert er, ohne Rücksicht auf den Akkusativ.

Da haut es dem Kollegen Kurt Pelda auch den Nuggi raus: «Seit bald zwei Jahren sagt Brupbacher den «Weltuntergang» voraus. Panikmache der übelsten Sorte, von der Realität widerlegt.»

Das tut er nicht ungestraft, denn nun rollt Dampfwalze Sandro Benini herbei: «Sorry, aber das ist polemischer Unsinn», rempelt er Pelda polemisch nieder, «passt du dein Niveau schon mal deinem neuen Arbeitgeber an?»

Dazu muss man wissen, dass Pelda von Tamedia wieder zur «Weltwoche» zurückkehrt, wo man ihm offenbar mehr Freiheiten lässt. Die er schon jetzt ausnützt, indem er seine Meinung zu Brupbacher offen kundtut. Der wiederum seine herumposaunt. Was wiederum Benini, auch in leitender Funktion bei Tamedia, zu Tritten unter die Gürtellinie veranlasst.

Das ist das Niveau, auf dem die sogenannte Qualitätszeitung aus dem Hause Tamedia angelangt ist. Da wäre tatsächlich eine Niveausteigerung dringend nötig.

Eine öffentliche Keilerei wie eine Wirtshausschlägerei unter gut abgefüllten Krakeelern, bevor sie vom Wirt zur Ausnüchterung auf die Strasse geworfen werden.

Es geht gar nicht darum, wer hier recht oder nicht. Es geht darum, dass man selbst unter «Kollegen» kein Erbarmen kennt, wenn jemand den Gottesdienst der einzig richtigen Meinung stört. Solchen Fanatismus gab es zuletzt in der katholischen Kirche oder in kommunistischen Parteien.

Sind wir froh, dass weder Brupbacher noch Benini über deren Machtmittel verfügen. Sonst müsste man sich echt Sorgen um das Wohlergehen von Pelda machen, obwohl der Kriegsreporter ist.

Offenbar verbreitet Mike Müller ein ansteckendes Niveau («Frage an ein ungeimpftes Arschloch»). Will wirklich jemand so einen Komiker sehen? Will wirklich jemand diese Belferer mit B im Nachnamen lesen?

Deutsche Fixierung auf Hitler

Der grosse Kanton im Norden ist mit seiner braunen Vergangenheit noch lange nicht fertig. Was geht das die Schweiz an?

Wer deutsche Informations- und Dokumentationskanäle anschaut, wundert sich. Jeden Abend, aber wirklich jeden, läuft auf mindestens einem eine Dokumentation zu Adolf Hitler. Sein Aufstieg, sein Antisemitismus, seine Kriegsführung, seine Reden, wie er beim sogenannten «Röhm-Putsch» einen Konkurrenten aus dem Weg räumte. Der Holocaust, die SS, seine Helfershelfer, «Hitler privat», «Hitlers Krankheiten».

Daraus schliesst man, dass die Zeit zwischen 1918 und 1945 für Deutschland weiterhin sehr präsent ist. Angebräuntes schon lange wieder salonfähig, Desperados bei Neonazi-Organisationen ihren Sinn im Leben finden, immer wieder neue Blasen aus diesem braunen Sumpf aufsteigen. Wie dichtete Bertolt Brecht seherisch: «Der Schoss ist fruchtbar noch, aus dem das kroch».

Nicht nur in Deutschland, aber vor allem dort, streift jede Schlacht unter Kommentatoren früher oder später das Thema Drittes Reich. Einen erinnert die Debatte, und sei es um Nistplätze für Störche, an diese dunkle Zeit, Wörter werden auf ihre Verseuchung durch die Nazi-Propaganda abgeklopft, Haltungen, Gesinnungen als eindeutig faschistisch denunziert.

Kaum vergangene Vergangenheit

Mangelhafte Aufarbeitung, Kollektivschuld, eine skandalöse und weitgehend ungesühnte Durchseuchung der deutschen Richterschaft mit Nazis und bald einmal Ex-Nazis, NSDAP-Mitglieder aller Orten, die eine neue Karriere machten nach dem Zweiten Weltkrieg, abgesehen von einer Handvoll Prozesse, ein sehr pfleglicher Umgang mit Nazi-Verbrechern. Schliesslich legten die USA das Niveau der Doppelmoral fest, indem sie nicht nur Wernher von Braun, ein opportunistischer Charakterlump, um seiner Raketenkenntnisse willen zum Chefentwickler ihres eigenen Raumfahrtprogramms machten.

Natürlich gab es auch grössere braune Flecken in der Schweizer Vergangenheit, aber Juden an der Grenze abzuweisen, war dann doch nicht ganz das Gleiche wie sie zu Millionen in Todesfabriken umzubringen. Dennoch strotzen vor allem die Kopfblätter von Tamedia zunehmend von Berichten aus braunen Zeiten.

Fast 100 Treffer ergibt eine Stichwortsuche zum Begriff Hitler alleine in Tamedia in den letzten 12 Monaten. 6500 sind es, wenn man die Suche auf den deutschen Sprachraum erweitert. Nichts ist zu abgelegen, um nicht den Schweizer Leser darüber zu informieren. So verbreitet sich Alexandra Förderl-Schmid, stellvertretende Chefredaktorin der «Süddeutschen» in München, auch bei Tamedia über eine neue Hitler-Biografie. Als gebürtige Österreicherin ist sie sicherlich dazu qualifiziert.

Nach dem Sohn nun auch noch der Vater

Nur ist Adolf Hitler auch biografisch wirklich abgegrast, also gibt’s eine neue Biografie über seinen Vater Alois Hitler. Denn in einem Estrich sind doch tatsächlich 31 Briefe aufgetaucht, die Hitlers Vater an einen Bekannten schrieb. Endlich die Gelegenheit, Überraschung, auch ihn als Antisemiten und Judenhasser zu porträtieren. Nur: wie gross ist das Interesse des Schweizer Lesers?

Und wird das auch nicht erlahmen, wenn endlich die von vielen Deutschen herbeigesehnte Biografie von Hitlers Schäferhunden erscheint?

Man kann natürlich sagen, dass solche Artikel immer noch besser sind als ein neuerlicher Amoklauf von Philipp Loser. Auf der anderen Seite wiederspiegelt Tamedia nicht nur in Bezug auf die Vergangenheit deutsche Ansichten und Positionen. Nehmen wir den Hotspot im Mittleren Osten, den Iran und seine Atompolitik.

Deutsche Sicht auf die ganze Welt, in Schweizer Tageszeitungen

Hier versucht die Schweiz, eine neutrale, bzw. vermittelnde Position einzunehmen. Das sieht natürlich Paul-Anton Krüger von der «Süddeutschen» entschieden anders. Mit dem Oberlehrer-Zeigefinger, unverzichtbares Requisit für jeden deutschen Journalisten, schreibt er: «Deswegen ist es richtig, jetzt alles daranzusetzen, den Vertrag trotz seiner Unzulänglichkeiten zu erhalten. In anderen Fragen sollten USA und Europäer massiv Druck auf den Iran machen.» Schön, dass Krüger weiss, was richtig ist. Nur übersieht er vielleicht, dass «die Europäer», die sonst eine bemerkenswert inexistente Aussenpolitik pflegen, das vielleicht tun sollten. Da die Schweiz aber nicht zu «diesen Europäern» gehört, die Auslandberichterstattung von Tamedia grösstenteils zur «Süddeutschen»  …

Neben der Biografie über Hitlers Vater thematisiert Kurt Pelda die Zunahme «antisemitischer Zwischenfälle» in der Schweiz. So verächtlich auch jede Schmiererei oder jedes brunzdumme Grölen von Nazi-Parolen ist: Pipifax, im Vergleich dazu, was in Deutschland inzwischen die Regel ist. Erschwerend kommt hinzu: Der Spezialist für die arabische Welt weicht auf solche Themen aus, weil die grossartige Plattform-Zeitung von Tamedia von seinen dezidierten Ansichten zur Burka-Initiative nichts wissen will und lieber dem kenntnisfreien Unter-Klein-Co-Chefredaktor Mario Stäuble einen bemerkenswert dümmlichen Leitartikel schreiben lässt, wieso die Initiative abzulehnen sei.

Schweine, die Schwein gehabt haben

Keine Lichtblicke, mal was Positives? Aber sicher doch, obwohl man diesen Artikel als feine Spitze gegen gleich zwei Religionen sehen kann, die den Verzehr von Schweinefleisch untersagen:

Wo die Herkunft eines täuschend ähnlichen Artikels keine Rolle spielt.

Richtig, da steht ziemlich prominent «sponsored». Haben also die Schweine zusammengelegt? Nicht ganz:

Feiner Unterschied zu redaktionellem Inhalt.

Versteht jemand dieses Geplauder? Was ist denn Commercial Publishing, die «Unit für Content Marketing»? Geht das auch auf Deutsch? Kein Problem: das ist die Abteilung von Tamedia, die im Auftrag von Werbetreibenden Inserateinhalte so herstellt, dass sie möglichst ähnlich wie ein redaktioneller Beitrag daherkommen. So verdient Tamedia nicht nur an der Publizierung des Inserats, sondern schon an seiner Herstellung. Um damit – what else – den qualitativ hochstehenden redaktionellen Content bezahlen zu können.

Da lachen die Hühner und kichern die Schweine.