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Denksport-Aufgabe

Wer meint, ein Sudoku sei schwierig: Wie gewinnen die Medien die Abstimmung?

Die Schweizer Mainstream-Medien haben ein Problem. Nur eins? Gut, hier ist von nur einem die Rede.

Am 13. Februar findet die Abstimmung über das Medienpaket statt. Sie ist nötig geworden, weil gegen den Parlamentsbeschluss das Referendum ergriffen wurde. Seither führen die Medien das auf, was sie immer besser können: Dilettantenstadl.

Als sich ein Referendumskomitee bildete und mit dem Unterschriftensammeln begann, herrschte Einhelligkeit in der Presse: gar nicht erst ignorieren. Oder wenn nicht: lachhaft, kriegen die nie zusammen.

Als innert kurzer Zeit die Hürde von 50’000 Unterschriften locker übersprungen war, kam wieder Haltung eins zum Tragen: gar nicht erst ignorieren. Eine kleine Ticker-Meldung der SDA, damit niemand vorwerfen kann, man vermelde das nicht.

Aber regnet es morgen, was macht Roger Federers Knie, wer trennt sich und warum nicht? Es gab so viel Wichtigeres.

Dann zeigten erste Meinungsumfragen, dass es durchaus sein könnte, dass eine Mehrheit gewillt wäre, das Ausschütten einer Steuermilliarde an reiche Medienclans abzulehnen. Die schliesslich lieber Geld in den eigenen Sack scheffelten, als sinnvolle Investitionen in Zukunftstechnologien und das Internet zu tätigen.

Langsames und ausgiebiges Kopfkratzen

Als sich nicht verhindern liess, dass sich herumsprach, dass die Medienkonzerne auch während oder gerade wegen Corona durchaus nette Gewinne erzielt hatten, begann langsam das Kopfkratzen in den Chefetagen.

Als Tx (Mutterkonzern von Tamedia) und Ringier bekanntgaben, dass sie ihre Internet-Handelsplattformen zusammenlegen würden, schossen die Tamedia-Aktien durch die Decke; angesichts der Besitzverhältnisse und des Einkaufs eines Partners kann man davon ausgehen, dass dieser Zusammenschluss zusätzlichen Firmenwert in Milliardenhöhe schafft.

Nun wurde das Kopfkratzen so stark, dass sich Marc Walder mangels Haaren abmelden musste. Aber Pietro Supino begann, sich mit eher durchwachsenen Bemerkungen in die Schlacht zu werfen.

Zudem wurde ein Pro-Komitee gegründet, dessen Webseite und Auftreten an Lächerlichkeit kaum zu überbieten ist.

Wer sich so eine Webseite basteln lässt, ist verloren.

Schliesslich wurde mit grossem Trara das Werbesujet vorgestellt, mit dem die Befürworter in die Schlacht ziehen wollen. Ein mit einer Zeitung bewaffneter Tell haut darauf eine Mauer zu Klump. Versteht keiner, hat keine verständliche Aussage, aber he, die gleiche Agentur, die die Werbekampagne fürs Impfen in den Sand setzt, war da auch dran. Das musste doch klappen.

Wer sich so ein Werbesujet basteln lässt …

Als wäre die Pechsträhne nicht gross genug, wird Ringier-CEO Marc Walder dann mit einer sehr unglücklichen Aussage zitiert. Die ist auf Video und daher unbestreitbar. Dass sie fast ein Jahr alt sei, aus dem Zusammenhang gerissen, nicht so gemeint, Entschuldigung auch, das alles nutzt nix.

Dagegen arbeitet das Referendumskomitee – trotz kleinen Ressourcen – effektiv und aktiv und mit Argumenten.

Kein Fehler wird ausgelassen

Nun begehen die Medien noch den letzten Fehler, der ihnen noch nicht unterlaufen ist. Es gibt Sachen, die sollte man einfach schweigend übergehen. Wer Scheisse geredet hat, schweigt darüber. Kann er das nicht, entschuldigt er sich ein Mal, und dann wird das Thema gewechselt.

Aber nein; die Konkurrenz echauffiert sich, der Verleger höchstselbst greift in die Harfe, dann die gesammelte Chefredaktion, Riesentrara.

Der Autor des Knallers wird madig gemacht, der sei doch im Referendumskomitee aktiv, und überhaupt. Als ob das an der Brisanz des Fundes etwas ändern würde. Das sei zudem uralt und absichtlich erst jetzt lanciert worden. Na und?

Wem es echt beschissen läuft, dem fehlt nur noch eines: Hansi Voigt taucht an seiner Seite auf. Der kräht was von «Freunde des Faschismus» seien alle Parlamentarier und Stimmberechtigten, die das Referendum unterstützen. Rechtsnationale und reaktionäre Milliardäre seien gegen die Steuermilliarde.

Sagte der selbst von einer Milliardärin ausgehaltene Voigt. Und rudert dann wie meist halbwegs zurück.

Blöder kann’s kaum kommen

Also blöder kann’s eigentlich nicht laufen. Das Problem dabei ist: wenn jemand etwas von Kommunikation, Publikation, Meinungsführerschaft, Eroberung des Luftraums über den Stammtischen, Themensetzung, Platzierung von Kernaussagen verstehen sollte, dann doch die grossen Medienkonzerne.

Zudem geht’s ja nicht um Peanuts. Selbst in Milliardärskreisen ist eine Milliarde nicht nix.

Die besoldeten Journalisten tun ja, was sie können. Und trommeln auf allen Batterien für das Gesetz. Aber schon ihre Häuptlinge versagen mit lächerlichen «Stellungnahmen». Ganz schlimm sieht’s aber auf der Verlagsetage aus.

All diese hochbezahlten Medienmanager bei Tamedia, Ringier, CH Media, all diese Wichtigtuer, Sitzungsmarathonläufer, aufgeblasene Wichte: die haben nicht nur das Schlamassel mitverschuldet durch Unfähigkeit zu gewinnorientierter Strategie in sich wandelnden Zeiten. Sie haben jahrelang mit offenen Mündern zugeschaut, wie US-Konzerne ihnen die Butter vom Brot nehmen und dann sogar nur noch Krumen lassen. Interessanterweise mit einer Ausnahme: Marc Walder.

Und jetzt tun sie eigentlich alles dafür, um diese Abstimmung zu verlieren.

Der Verleger-Alptraum könnte wahr werden.

Die Verlegerclans schiessen zurück

Das Komitee «Die Meinungsfreiheit» ist auf der Welt. Eine Sturzgeburt.

Der Name ist etwas grossmäulig: «Die-Meinungsfreiheit.ch» nennt sich das «das breit, und parteiübergreifend abgestützte Komitee».  Herr Duden ist noch nicht an Bord, aber das kann noch kommen.

Was soll uns dieser Namen eigentlich sagen? Ist die Meinungsfreiheit in der Schweiz in Gefahr? Muss sie gerettet, beschützt werden? Echt? Vor wem denn? Die lustige Antwort darauf gibt’s am Schluss.

Wenn man aus dem Tiefschlaf von null auf hundert kommen will, sieht’s dann so aus:

Fotorecherche ungenügend. Dumm gelaufen.

Macht ja nix. Wer steckt denn dahinter? Leider führt der Menüpunkt «Über uns» hierher:

«Über uns» gibts nichts zu sagen.

Macht ja auch nix, auf die Inhalte kommt es schliesslich an. Das Komitee setzt sich für ein Ja bei der kommenden Abstimmung über das im Parlament verabschiedete Mediengesetz ein. Dagegen wurde erfolgreich das Referendum ergriffen.

Nach einer schreckensbleichen Pause werden nun erste Argumente ausgerollt, wieso es gut und richtig sein soll, die Verlegerclans der Schweiz mit einer runden Milliarde Steuergeldern zu unterstützen.

Schauen wir mal. Was ist Dichtung, was Wahrheit?

Wie ist die Lage? «Der Werbemarkt wird durch die globalen Internetgiganten unter Druck gesetzt und die Erträge für die lokalen Medien sinken seit Jahren ungebremst.»

Das ist richtig, allerdings fehlt zur vollständigen Beschreibung, dass das daran liegt, dass die grossen Schweizer Verlage die Verlagerung ins Internet jahrelang schlichtweg verschnarcht hatten und bis heute keine sinnvolle Strategie entwickelten, um aus dieser Todesspirale herauszufinden.

«Die privaten Schweizer Medien haben ihr umfassendes journalistisches Angebot auf allen Kanälen ausgebaut und leisten so einen unverzichtbaren Beitrag zur medialen Grundversorgung in der Schweiz.»

Das ist falsch. Die Medienclans haben ihr Angebot auf allen Kanälen abgebaut, massenhaft Journalisten entlassen, Redaktionen zusammengelegt und verbreiten aus zwei zentralen Newsrooms die gleiche Sauce über die ganze Deutschschweiz.

«Die Schweizer Medien sind der Dorfplatz der direkten Demokratie.»

Das ist falsch. Geradezu nassforsch falsch. Das ist, wie wenn ein Detailhandelsriese ein zentrales Shoppingcenter eröffnet und darin mit Pappe und Plastik Dorfmärkte zusammenleimt.

«Während Schweizer Medien unter Druck stehen, sind Internetgiganten wie Facebook, Google oder TikTok massiv auf dem Vormarsch. Die Werbegelder, die im Schweizer Markt verloren gehen, fliessen hauptsächlich zu diesen Plattformen.»

Das ist richtig. Aber warum ist das so? Warum fliessen 90 Prozent der Erlöse aus dem Online-Marketing zu diesen Giganten? Weil die Schweizer Medienmanager mehr als zwanzig Jahre lang mit offenem Mund zugeschaut haben und «das ist irgendwie nicht gut» murmelten. Aber solange üppige Gehälter, Dividenden und Gewinne sprudelten, war das kein Anlass zu tiefer Besorgnis.

Die Internetgiganten (oben), die Schweizer Medienhäuser (unten).

Es gibt allerdings einen Punkt, den das Komitee wohlweisslich weiträumig umfährt. Totschweigt. Gar nicht erst ignoriert. Die Schweizer Anbieter, die eigene Handelsplattformen im Internet unterhalten, haben gerade Elefantenhochzeit gefeiert. Also eher eine Mäuseheirat zwischen Tamedia, Ringier und Mobiliar, die wiederum an Ringier beteiligt ist. Sie legen ihre Handelsplattformen zusammen. Endlich. Damit sausten die Unternehmenswerte nach oben.

Nur leere Worte von Vierter Gewalt und so

Warum wird das nicht erwähnt? Weil die Verlegerclans die Herstellung von News, die vollmundigen Selbstbeweihräucherungen als Vierte Gewalt, als Wächter und Kontrolleure nur noch aus Imagegründen blubbern. In Wirklichkeit verdienen sie die Kohle schon längst mit Marktplätzen, Wertschöpfungsketten und Beigemüse.

«Demokratie braucht starke Medien», so lautet der Slogan des Komitees. Super Satz.

Bloss: das sagen die gleichen Verlegerclans, die den Journalismus in der Schweiz zum Skelett runtergespart haben, auf Rumpfredaktionen runtergehobelt? Das sagen die im Geld schwimmenden Verlegerclans (die Besitzerfamilien sind Milliardäre oder zumindest Multimillionäre)? Das sagen die ohne rot zu werden, nachdem seit Jahren nach der Sparrunde vor der Sparrunde ist?

Das sagen sie ohne mit der Wimper zu zucken, während sie gleichzeitig jede «Quersubvention» durch im Print gegründete und aufgebaute Plattformen, die ins Internet abgezwitschert sind, an ihre Printmütter unterbinden?

Jeder für sich und der Clan gegen alle, das ist ihr Prinzip. Kaum verhüllt hinter solch wohltönenden Wortblasen.

Am besten Neustart, sonst wird das nix

Da müssen Kommunikationsspezialisten, Mietmäuler (sogenannte Testimonials) und Helfershelfer den Finger aus einem nicht dafür vorgesehenen Körperteil nehmen. Denn so wird das nix.

Dass schon über 70 Politiker das Komitee unterstützen, ist schliesslich auch keine Auszeichnung. Logisch machen die das, die brauchen die Medien im Kampf um die Lufthoheit über die veröffentlichte Meinung. Politiker sind graue Mäuse, sind kaum bemerkbar, wenn sie nicht immer wieder Auftritte in den Medien haben.

Denn nur dann nimmt man Kenntnis davon, dass gefordert, verurteilt, beantragt, kritisiert wird.

Also, liebes Komitee: das geht noch besser. Viel Geld ist nicht alles. Viel Brain ist wichtiger. Denn:

die grösste Gefahr für die Meinungsfreiheit, für den Meinungspluralismus sind doch die grossen Verlegerclans,

die von Basel bis Zürich, von Aarau bis St. Gallen mit Kopfblättern die gleiche Sauce über alles schütten.

In der Bundeshauptstadt Bern gab es immerhin noch zwei Tageszeitungen. Niemals werde da an eine Zusammenlegung gedacht, tönte Tamedia. Bis zur Zusammenlegung.

Noch ein paar kostenlose Ratschläge: Impressum? Verantwortlicher? Datenschutzhinweise? Anfängerfehler. Amateure, Dilettanten am Gerät.

Liebes Komitee, liebe Verlegerclans: der Medienkonsument ist vielleicht nicht der Hellste. Aber so blöd ist er auch nicht, dass man ihm ein X für ein U vormachen kann. Also tief durchatmen, dieses jämmerliche Komitee spülen, nochmal ansetzen. Es soll doch ein echter Kampf werden, kein K.o. schon in der ersten Runde.