Schlagwortarchiv für: Great Place to Work

Bitte mehr Kultur!

Also Culture. Also «Culture Audit».

Zunächst einmal: der Ausdruck «Culture Audit™» ist eine geschützte Trademark. Die gehört «Great Place To Work®». Auch ein geschützter Name. Die Bude geht bei Ringier ein und aus und hat bereits festgestellt, dass die allgemeine Rate der «Zufriedenheit» bei sagenhaften 87 Prozent liege.

Allerdings scheint die Zufriedenheit der obersten Chefetage mit den Häuptlingen im Laden nicht ganz so hoch zu sein. Wir hätten da den tragischen Abgang von Werner de Schepper nach langer Karriere. Den völlig freiwilligen Rückzug des SoBli-Chefredaktors und seinen Ersatz durch einen Mikrophonständer. Und schliesslich die abrupte Zwangspause für den Oberchefredaktor Christian Dorer.

Da sei einiges an seinem Verhalten abzuklären, raunte Ringier dunkel. Nach fast sechs Monaten scheint das Resultat festzustehen: auch Dorer wird ersetzt. Natürlich durch Frauenpower, was denn sonst. Dass er nicht mehr zurückkehren kann, das habe nicht zuletzt ein «Culture Audit™» ergeben.

Was ist das eigentlich genau? Erteilen wir «Great Place To Work®» das Wort: «Durch die Auswertung des Culture Audits™ mittels Algorithmus können Arbeitsplatzkulturen genau analysiert werden, wodurch aufgezeigt werden kann, wie sich eine Arbeitsplatzkultur von einer anderen unterscheidet.»

Aha. Ist Dorer durch einen Algorithmus enttarnt worden? Hatte er eine so schädlicher Ausstrahlung auf die «Arbeitsplatzkultur», dass er den Mitarbeitern nicht mehr zugemutet werden konnte? Man weiss nicht Genaues, und die Resultate des «Culture Audit™» will Ringier diesmal weder im Allgemeinen noch im Speziellen bekanntgeben.

Aber wir hatten da ein paar Fragen:

Könnten Sie mir in allgemein verständlichen Worten erklären, was ein «Culture Audit» ist? Wie geht so etwas von statten, wer führt das durch, welche Kriterien werden hier angelegt?
Bei einem Audit handelt es sich um eine Überprüfung. Überprüft wird, ob vorgegebene Kriterien oder Massstäbe eingehalten werden. Um welche handelt es sich hier?
Ist ein solches «Culture Audit» ausser bei Christian Dorer schon einmal im Hause Ringier durchgeführt worden? Wenn ja, bei wem? Oder falls Persönlichkeitsschutz, bei wie viel Personen?
Werden solche Audits auch bei den Mitgliedern des Group Executive Boards durchgeführt? Wenn nein, warum nicht?
Gab es ein solches Audit schon mal bei Ladina Heimgartner oder Marc Walder?
Wer entscheidet, dass ein solches Audit durchgeführt wird? Was sind die Gründe dafür?
ZACKBUM wollte wirklich Aufklärung, schlauer werden, vielleicht gar bei sich selbst so ein Ding durchführen. Aber leider antwortet Ringier:
«Wir werden das Culture Audit nicht weiter kommentieren.»
Das ist ernüchternd. Bedauerlich. Damit dürfte feststehen: ZACKBUM wird nie ein «Great Place To Work». Schluchz.

Wie great ist Ringier?

Ringier hat ein Zertifikat gekriegt. «Great Place to Work®». Echt jetzt?

Herausragend, weit über dem Durchschnitt, gehört zu den besten Arbeitgebern der Schweiz. Die himmlischen Chöre könnten nicht heller klingen, lauter juchzen.

Die Rate der «Zufriedenheit» liege bei sagenhaften 87 Prozent bei Ringier. Zum Verständnis: Wenn beispielsweise 100 Kindersoldaten in ihren Verrichtungsboxen im Newsroom eine klickträchtige Story nach der anderen raushauen müssen und dabei merken, dass sie sich Journalismus vielleicht etwas anders vorgestellt hatten, sind 87 Prozent dennoch zufrieden. Bloss 13 Querulanten, Meckerer und Unzufriedene hat’s.

Dass auch viele Ringier-Journis zu den Hunderten von Journalisten gehören, die in den letzten Jahren in der Schweiz abgebaut, eingespart, synergiesiert, zusammengelegt, abgelegt wurden, na und? Die sind zwar nicht zufrieden, aber auch nicht Bestandteil der Umfrage, he, he.

Da ist für einmal die «Republik» wirklich nicht schlecht mit ihrer «Chronologie der Schweizer Medienkonzentration». Ein Bild des Grauens. Aber schön, dass Ringier-Mitarbeiter so fröhlich und zufrieden bleiben.

Sind sie das?

Wir haben nicht das Geld und die Möglichkeiten von «Great Place to Work®». Aber wir haben ein repräsentatives Leser-Publikum in Journalistenkreisen. Natürlich auch bei Ringier. Da starten wir doch eine alternative, nicht repräsentative, völlig unwissenschaftliche, aber sicher aussagekräftige Gegenumfrage.

Mit einer ganz einfach zu beantwortenden Frage:

Sie sind Mitarbeiter bei Ringier (alle anderen bitte beiseite stehen).

 

Wie würden Sie Ihre Zufriedenheit mit Ringier bewerten? Ganz allgemein:

  • 6: völlig zufrieden, alles paletti
  • 4: geht so, könnte schlimmer sein
  • 2: grauenhaft, aber wo soll ich sonst hin

ZACKBUM verspricht und garantiert völlige Anonymität. Die Einsender können die Anonymous Box benützen oder ein Mail schreiben; mit Hotmail-Adresse oder wie auch immer. Eines ist dabei klar: ZACKBUM hält sich eisern an den Quellenschutz.

Erzählen Sie es herum; umso mehr mitmachen, desto wuchtiger und gewichtiger wird das Resultat.

Also, kann doch nicht so schwierig sein; kurz überlegt, nach links und rechts geschaut, und eine Zahl in den Betreff setzen und ab an

zeyer@zackbum.ch.

Auf Wunsch machen wir auch Telefonseelsorge.

 

Ringier! THE Place to be!

Journalismus in der Krise? Ach was. Zumindest Ringier ist ein «Great Place to Work®». Gibt’s denn Doppelgänger?

Endlich konnte Corporate Communication richtig in die Harfe greifen: Die Ringier AG sei «für ihre Arbeitsplatzkultur als Great Place to Work® ausgezeichnet. Mit diesem Resultat gehört die Ringier AG zu den besten Arbeitgeberinnen der Schweiz.»

Let’s dance, let’s work together, we can do it! Stimmungsbild von Ringier.

Alle sind glücklich. Der Mitbesitzer der Zertifizierungsbude: «Insgesamt sehen wir Ringier auf dem Niveau der besten Arbeitgeberinnen in der Schweiz! Damit hat Ringier eine beeindruckende Entwicklung bei der Zufriedenheit seiner Mitarbeitenden in den letzten Jahren vollzogen. Die Bewertungen des Vertrauens untereinander und der erlebten Fairness liegen weit über dem Durchschnitt vergleichbarer Schweizer Unternehmen.» Tatä.

CEO Marc Walder ist auch glücklich: «Die Zufriedenheit und Akzeptanz unserer Mitarbeitenden ist für uns von zentraler Bedeutung. Wir haben hart gearbeitet, viel unternommen und angepasst, um diese zu steigern.» Tatö.

Natürlich ist auch der «Chief People Officer» glücklich: «Unsere Unternehmenskultur ist stark von einem persönlichen Miteinander geprägt – und das möchten wir aufrechterhalten.» Tatä, tatö.

Die Mitarbeiter sind sowieso glücklich.

«Zufriedenheit 87 Prozent, Trust-Index 76 Prozent.»

Das ergab die «anonyme Befragung» in erster Linie unter den Angestellten von Ringier Schweiz. Da soll noch einer sagen, Journalisten würden leiden. Die haben offenbar gelernt, einfach lautstark zu klagen. Dabei geht’s doch super. Spitze. Denn ab 65 Prozent beim «Trust-Index» gibt’s schon die «Zertifizierung Great Place to Work®».

Da müssen an Dufourstrasse wieder mal die Champagnerkorken geknallt haben; der Verkehr musste umgeleitet werden, weil zu viele glückliche, aber beschwipste Mitarbeiter auf der Strasse torkelten und tanzten.

Das hat sicherlich alle davon abgehalten, die Sache mal näher anzuschauen. Ein Zertifikat ist ja immer so gut wie sein Herausgeber. Das ist hier, Überraschung, die Firma «Great Place to Work». Auf ihrer Webseite wirft sie mit dem üblichen Geblubber um sich. «Ihre Arbeitskultur ist unsere Mission». Wunderbar. Als Medienschaffender wendet man sich für weitere Auskünfte natürlich an die Medienstelle.

Aber kein Great Place für Medienanfragen.

Zunächst wundert man sich, wieso die letzte PM von Anfang April stammt – 2019. Die Erklärung bekommt man sofort: der angegebene Medienkontakt «arbeitet nicht mehr für» die Bude, «Ihre Mail wird nicht weitergeleitet». Ob Ben Seiler den «Great Place to Work» doch nicht so great fand? Man weiss es nicht, aber immerhin wird eine Ersatzperson angeboten. Die arbeitet tatsächlich noch und antwortet sehr abstrakt auf konkrete Fragen.

Konkrete Fragen, sehr flauschige Antworten

Zum Beispiel:

«Es gibt wahrlich immer viel zu pflegen auf den Webseiten und wir werden den Kontakt für zukünftige Medienanfragen gerne aktualisieren.» Ach, nach 2,5 Jahren?

Frage: Ringier liege «weit über dem Durchschnitt vergleichbarer Schweizer Unternehmen», welchen?

«Wir nutzen bei Great Place to Work® eine über Jahrzehnte entwickelte Methodik, um die Arbeitsplatzkultur und das Vertrauen in einer Organisation zu erfassen.» Gut zu wissen, war aber nicht die Frage. Ah, aber vielleicht so: Die Rückmeldung der Mitarbeiter liege «weit über einem repräsentativen Benchmark für die Schweiz (Per Markforschung erhoben, repräsentativ für die Bevölkerung über verschiedene Branchen)». Mark- und Beinforschung?

Aha; aber ein Medienunternehmen sollte wohl mit anderen Medienunternehmen «vergleichbar» sein, die fehlen aber in den Listen von der Great-Firma. Na und, da die Firma «pro Jahr mehrere Millionen Arbeitnehmende» befrage, weiss sie: «eine gute Arbeitsplatzkultur ist demnach keine Frage der Branche. Und die Voraussetzungen für eine vertrauensvolle Zusammenarbeit in einem Medienhaus sind nicht grundsätzlich verschieden als in anderen Organisationen mit vergleichbarer Grösse.» Allerdings:

«In der Schweiz haben wir bisher tatsächlich kein anderes Medienhaus zerfitifiziert.» Ohä, wohl auch nicht zertifiziert.

Aber macht ja nix, nächste Frage: Ringier hat die «Certification only»-Untersuchung in Auftrag gegeben. Laut Eigenbeschreibung eignet sie sich «für Organisationen, die hauptsächlich an der schnellen Auszeichnung zum Great Place to Work® interessiert sind, nur wenige und oberflächliche Einblicke in ihre Arbeitsplatzkultur möchten». Wollte Ringier also nur wenige und oberflächliche Einblicke sowie eine schnelle Auszeichnung?

Aber nein, nein, natürlich nicht. «Der Erhalt einer Zertifizierung macht jedoch im Umkehrschluss keine Aussage dazu, in welchem Umfang wir mit einer Organisation zusammenarbeiten. Ringier möchte mit der Mitarbeitendenbefragung und Analyse einen umfangreichen Einblick und Ergebnisse für Teams und Einheiten erhalten um mit diesen Erkenntnissen weiterzuarbeiten – die Zertifizierung als Great Place to Work ist ein «Sahnehäubchen».»

Alles unklar? Wunderbar. Aber was genau untersucht wurde und was das gekostet hat? Da solle man sich doch an Ringier wenden.

Ringier antwortet noch flauschiger

Nur: leider verzichtet das Unternehmen auf die Beantwortung von 9 konkreten Fragen. Dafür gibt’s eine Kurzzusammenfassung der Jubel-PM, als ob man nur solche blöden Fragen stellen könnte, wenn man die nicht kapiert habe.

Auf jeden Fall sei das eine Super-Sache gewesen: «Das Group Executive Board hat gemeinsam mit HR unternehmensübergreifend Handlungsfelder definiert, die gemeinsam mit interessierten Mitarbeitenden in der nächsten Zeit schwerpunktmässig bearbeitet werden. Zudem setzt sich jeder einzelne Bereich mit seinem individuellen Befragungsergebnis auseinander.»

Wollten wir zwar alles nicht wissen, dafür schon, was denn bezahlt wurde, wie tiefschürfend denn die Befragung war, und dass die Medienseite der Zertifizierungs-Bude in einem jämmerlichen Zustand ist, das bewegt das Medienhaus Ringier auch zu keiner Bemerkung.

Ohne weder oberflächliche noch tiefschürfende Untersuchungen angestellt zu haben, muss ZACKBUM allerdings sagen:

  • «Great Place to Work»: Zertifikat zweifelhaft.
  • Ringier: Zertifikat fragwürdig.
  • ZACKBUM: nicht zerfitifiziert, aber great

Wenn das viel besser als der Benchmark in der Schweiz sein soll, obwohl man nicht weiss, wie der bei «vergleichbaren» Buden erstellt wird, muss es ja grauenhaft zu und hergehen. Ausserhalb von der Insel der Glücklichen, die bei Ringier arbeiten dürfen. Wenn wir das nächste Mal beim Pressehaus vorbeifahren, werden wir darauf achten, wie laut die Jubelchöre sind.