Schlagwortarchiv für: Georg Häsler

Aller schlechten Dinge sind drei

Vielleicht sollte ZACKBUM Georg Häsler nicht reizen. Denn der Mann dreht im roten Bereich.

Kann man noch einen drauflegen, nachdem Häsler sich  mit einem «Panzermann» in den Armen gelegen ist und davon fantasiert hat, dass die NATO Bodentruppen in die Ukraine einmarschieren lässt und warnende Stimmen als Fünfte Kolonne Moskaus denunziert?

Wenn man ein Oberst mit Uniform, aber ohne Krieg ist, alleweil. Denn was bleibt noch, wenn man die NATO dazu aufgefordert hat, keine Rücksichten mehr zu nehmen und nicht nur russisches Territorium bombardieren zu lassen, sondern wie weiland der irre General in «Dr. Seltsam» (grossartig gespielt von George C. Scott, so martialisch wird Häsler nie aussehen, trotz Operettenuniform) davon fantasiert, was man mit Entschlossenheit und Kampfgeist alles erreichen könnte?

Nun, einerseits sich ein sicheres Plätzchen im Atomschutzbunker zu suchen und den Notvorrat aufzustocken. Andererseits völlig durchzudrehen:

Man denkt zuerst, das sei Satire. Dann sieht man, wer der Autor ist, und weiss: ist es nicht, es ist einfach nur irre. Häsler legt gleich voll los: «Russland testet in der Ukraine den Atomkrieg. Im russischen Fernsehen werden Ziele für Luftangriffe in der EU diskutiert. Sabotageakte gegen kritische Infrastrukturen in der Ostsee und anderswo häufen sich. Gleichzeitig verbreiten Mittelsmänner des Kremls Warnungen an den Westen – sehr deutlich auch in der Schweiz: Akzeptiert den Willen Wladimir Putins, sonst droht der dritte Weltkrieg.»

Es ist zwar vergeblich, aber versuchen wir, den Mann vorsichtig an die Realität heranzuführen. Russland testet in der Ukraine nicht den Atomkrieg (wie sollte das auch gehen). Im russischen TV wird viel gequatscht, genauso wie im westlichen TV Ziele in Russland nicht nur diskutiert, sondern applaudiert werden, wenn dort Marschflugkörper einschlagen. Den grössten Sabotageakt in der Ostsee haben nachweislich ukrainische Agenten durchgeführt, indem sie die Pipeline North Stream II in die Luft jagten. Und wer nicht mit Schiesspulver gurgelt und Kriegsschreie ausstösst, sondern vor einem atomaren Schlagabtausch warnt, ist auch kein «Mittelsmann des Kreml» sondern jemand, der im Gegensatz zu Häsler keinen nuklearen Holocaust erleben möchte.

Sollte der eintreten und Häsler ihn überleben, dann hat er das alle sicher nicht so gemeint, nicht so gewollt, konnte doch nicht ahnen – und er wird ähnlichen Bruch von sich geben wie alle Kriegstreiber, wenn der Krieg dann mal verloren und zu Ende ist. Schwamm drüber, ist erledigt, wir schauen in die strahlende Zukunft.

Für die hatte Bertolt Brecht nach dem Zweiten Weltkrieg in einem kleinen Gedicht die richtige Antwort:

«Und die da reden von Vergessen und die da reden von Verzeihn –
All denen schlage man die Fressen mit schweren Eisenhämmern ein

Aber noch ist es nicht so weit; Häsler zieht den Helm tief über die Augen und lugt ins Dunkle: «Die Schweiz ist mit angegriffen, aber der Bundesrat schweigt.» Himmels willen, stell dir vor, es ist Krieg, und niemand schaut hin. Nur Häsler, der einsame Warner und Rufer, lädt bereits sein Sturmgewehr durch.

Aber sonst sind nur Defätisten, Putin-Versteher, Angsthasen, Pazifisten unterwegs: «Die Schweiz erhöht mit ihrem mangelnden Willen zur Aufrüstung die Opportunität eines Angriffs.» Mangelnder Wehrwillen, pfuibäh. Was tun? Na, da hilft ein Blick ins «Führungsreglement der Schweizer Armee». Ähm, ist das nicht militärischer Geheimnisverrat, wenn Häsler daraus zitiert? Aber gut, es empfiehlt «bei deutlicher oder sich mindestens abzeichnender Lageveränderung» waseli was? Na – «einen Lagerapport durchzuführen».

Hui, Feind hört mit; nun besitzen alle diese Geheimwaffe, die zuvor von allen Führungskräften der Armee strikt im Giftschrank gelagert wurde. Nun werden alle «Lagerapporte» durchführen, und das könnte das Ende der Schweiz  bedeuten. Wenn nicht, ja wenn nicht endlich auf Häsler gehört wird:

«Eine Sofortmassnahme wäre die Beschleunigung der Nachrüstung. Mittelfristig braucht es einen Plan zur gezielten Aufrüstung.» Gut, er ist nur Oberst, aber hat nicht jeder den Marschallsstab im Tornister? Im Fall Häslers den Generalstab, sozusagen.

Aufgepasst, Frau Bundespräsidentin: «Die Lage wird sich deshalb eher verschlechtern. Der Kreml wird sein Ziel nicht aufgeben, Europa zu spalten und zu beherrschen.» Das wollte der Iwan schon von altersher. Nur willfährige Putinversteher können behaupten, dass in der jüngeren Geschichte seit Napoleon Russland dreimal überfallen wurde, während der Bolschewik und Untermensch so abgefeimt ist, dass er seine Absicht, «Europa zu spalten und zu beherrschen», noch nie militärisch umgesetzt hat.

Aber nicht nur, wer Hitlers Angriffs- und Vernichtungskrieg zum Präventivschlag umlügt, ist auch zu jeder anderen Geschichtsklitterung in der Lage.

Wieso gebietet God Almighty Eric Gujer dieser als militanter Journalist verkleideten Abrissbirne nicht endlich Einhalt? Wenn der so weitermacht, imitiert er noch den anderen General Kubricks (Jack D. Ripper wird nicht minder genial gespielt von Sterling Hayden), der wegen Wahnvorstellungen den Dritten und letzten Weltkrieg auslöst.

Da können wir echt froh sein, dass die Schweiz nicht über Atomwaffen verfügt und Häsler nicht mehr Macht hat, als die Bundespräsidentin (natürlich vergeblich) aufzufordern, «schonungslos über den Krieg» zu sprechen. Als ob es nicht reichen würde, dass er das ständig tut.

Brandstifter

Georg Häsler ist wirklich gefährlich.

Animiert von seinem Interview mit einem «Panzermann», einer Art Wiedergänger von Rommel, legt Häsler die Lunte an den möglichen nächsten und höchstwahrscheinlich letzten Weltkrieg, inklusive atomarem Schlagabtausch.

So wie die europäischen Herrscher und Regierungen wie Schlafwandler in den Ersten Weltkrieg stolperten, entwickelt Häsler beängstigende Zukunftsszenarien.

Sein Drehbuch für den nächsten Schritt ins militärische Desaster:

«Polen, Grossbritannien und andere Partner dehnen ihre Luftverteidigung auf den Westen der Ukraine aus. Die ukrainische Armee kann sich bei der Abwehr russischer Lenkwaffen und Drohnen auf die Hauptstadt Kiew und die frontnahen Gebiete konzentrieren. Zudem rücken die Koalitionstruppen unter dem eigenen Luftschirm in die Ukraine ein, um unter anderem im rückwärtigen Raum logistische Aufträge zu übernehmen.»

Dann macht Häsler einen halben Schritt zurück: «Das ist noch nicht die Realität, aber eine Option, die derzeit im Nordosten Europas diskutiert wird.»

Wieder einen Schritt nach vorn, näher an den Abgrund: «Eine ähnliche Vorstellung von einer «Koalition der Willigen» präsentierten vergangeneWoche auch die Aussenminister Polens, Frankreichs, Italiens und Deutschlands bei einem Treffen in Warschau, allerdings weniger konkret.Es sind Zeichen der Resilienz in einer Zeit grösster Verunsicherung.»

Verunsichert ist in erster Linie Häsler, der immer noch am liebsten Panzer in Sandkasten rasseln lassen will und Artilleriegeschosse zählt. Moderne Formen von hybrider, virtueller Kriegsführung, Cyberwar, die Drohnentechnologie, das Verhältnis zwischen Aufwand und Ertrag von Kriegsmaterial, das ist ihm alles viel zu modern und abstrakt. Bei ihm muss es richtig krachen.

Realitätsferne gehört zur Grundausstattung solcher Kriegsgurgeln: «Der russische Präsident Wladimir Putin nutzt das Vakuum, um den Krieg zu eskalieren.» Welches Vakuum? Die Entscheidung des Noch-Präsidenten Joe Biden, den Einsatz von amerikanischen Atacms-Lenkwaffen auch auf russisches Gebiet zu autorisieren, ist keine Eskalation? Langsam muss man sich überlegen, ob nicht doch Kanzlerkandidat Olaf Scholz unterstützt werden sollte, der sich tapfer gegen den Einsatz von deutschen Taurus-Marschflugkörpern durch die Ukraine wehrt.

Aber der Iwan, heimtückisch wie er ist, führt natürlich auch propagandistisch Krieg: «Das Narrativ lautet: Wer die Ukraine mit effektiven Waffen unterstützt, riskiert den dritten Weltkrieg. Die Propagandisten formulieren ihre Drohungen zwar im Konjunktiv, radikalisieren aber die Rhetorik. Es ist ihnen nicht entgangen, dass sich in den letzten Wochen in unüberlegte Schlagzeilen westlicher Medien die russische Perspektive eingeschlichen hat.»

Ha, diese nützlichen Idioten in westlichen Medien, machen unüberlegte Schlagzeilen und merken nicht, wie sich da Russisches einschleicht, wie eine Fünfte Kolonne Moskaus, wie man früher gerne sagte. Während Häsler wohlüberlegt zum Kriege ohne Grenzen trommelt.

Dabei schwirrt er aber bedenklich ins Reich der reinen Fantasie ab. Russland wolle Deutschland aus der Nato lösen, was für ein hanebüchener Unsinn. Aber er kann  sich noch steigern: «Nach dem faktischen Kriegseintritt Nordkoreas auf russischer Seite haben sich die Konflikte in Europa und im Fernen Osten miteinander verschmolzen Sagen wir eher so: nach dem faktenfreien Eintritt Nordkoreas … und wenn hier was am Schmürzeln ist, dann Häslers Synapsen.

Und was ist denn nun los mit all den Weicheiern in Europa, für die Militarist Häsler nur Verachtung übrig hat: «uneinig und insbesondere im deutschsprachigen Raum eingeschüchtert – oder im Fall der Schweiz ignorantIgnorant ist nicht schlecht, nur falsch angewendet. Aber Selbstreflexion war noch nie Häslers starke Seite.

Dann träumt Häsler wieder wie weiland der irre General Buck in Kubricks Geniestreich «Dr. Seltsam» davon, wie man den Iwan fertigmachen könnte: «Entscheidend für den Erfolg wäre nicht die Zahl der Soldaten, sondern die Schlüsselfähigkeiten im Bereich Aufklärung, Führung und Vernetzung, um überhaupt gemeinsam kämpfen zu können.» Die Fähigkeit, nukleare Verstrahlung zu überleben, hat er allerdings vergessen.

Zum Schluss wird Häsler dann ziemlich wirr und dunkel: «Wer zögert wie Biden oder sich anpasst wie der deutsche Nochbundeskanzler Scholz, animiert den Kreml zum KriegBiden zögert? Scholz gar passt sich an? Dieser Putinversteher, dieser Defätist. Und der Kreml führt keinen Krieg, sondern muss dazu animiert werden? Gaga.

Würde Häsler endlich verstummen,  dann können wir alle ruhiger schlafen. Auf der anderen Seite: wer hört schon auf die kriegerischen Kampfschreie mit Brustgetrommel, die er aufführt.

 

Gurgel, gurgel

Endlich: Georg Häsler hat einen Bruder im Geist gefunden.

Der NZZ-Redaktor, der gerne als Oberst in Uniform zu journalistischen Anlässen erscheint (seine Bewaffnung scheint er aber bislang nicht mit sich zu führen), interviewt Jürgen-Joachim von Sandrart. Pardon, den blaublütigen Generalleutnant, Ex-Kommandant der «exponiertesten Nato-Truppe: das Multinationale Korps Nordost».

Häsler leitet seine erste Frage gleich martialisch ein: «Herr General, Sie sind Panzermann, versteht die Bundeswehr das Handwerk noch: das «Gefecht der verbundenen Kräfte»

Wenn man als Ungedienter einwerfen darf: das ist der fescheste Panzermann seit Rommel selig:

Hart wie Kruppstahl; mit diesem Blick kann der General sicherlich Panzerplatten zersägen.

Martialisch ist auch sein Vokabular:

«… auf einen Gegner einstellen, der in der Entscheidungsfindung viele Vorteile auf seiner Seite hat … mentale Einstellung muss sich durchsetzen … bin nicht dafür bekannt, sehr geduldig zu sein … überzeugt sein, dass wir gewinnen, wenn wir uns verteidigen … oder sind wir zu schwach dafür … auch in der Verteidigung eine offensive Mentalität … müssen die Entscheidung so früh wie möglich suchen … dass wir als Europa – und damit meine ich auch die Schweiz – mehr tun müssen … geht es aber immer noch darum, dass die Ukraine den Krieg gewinnt».

Man hört geradezu das Rasseln von Panzerketten, das Aufheulen der Motoren, den ohrenbetäubenden Krach, wenn die Kanone abgefeuert wird. Der könnte auch in der Werbung für Fisherman’s Friend auftreten, so in der Art: Ist der Russe zu stark, bist du zu schwach.

Hier liegen sich zwei Sandkastengeneräle in den Armen. Also einer mit Sandkasten, der andere mit Realitätsbezug. Aber dennoch wollen beide etwas sändelen und sich einen möglichen Krieg mit Russland so herrichten, dass energische Panzerbewegungen noch eine Rolle spielen.

Daher lassen dann beide auch ein Thema aussen vor, dass die Dimension des Sandkastens sprengen würde. Sowohl die Nato wie Russland sind Atommächte. Und ein deutscher Generalleutnant hätte genau nix dazu zu sagen, ob Atomwaffen eingesetzt werden. Denn auf deutschen Territorium sind zwar Atomraketen stationiert. Aber ob die abgeschossen werden oder nicht, das entscheidet nicht Deutschland. Hingegen ist es sicher, dass Deutschland eine russische Reaktion erleben würde.

Und dann ist für diese beiden Kriegsgurgeln zu hoffen, dass sie in einem atombombensicheren Bunker sitzen. Ob das allerdings bei einem atomaren Schlagabtausch eine wünschenswerte Perspektive ist, ihn zu überleben, das wagt ZACKBUM doch zu bezweifeln.

Aber wir können ja auch nicht so martialisch mit militärischen Begriffen rasseln wie Häsler oder der deutsche Rommel-Verschnitt.

Heiteres Kriegerlis-Raten

Da guckst du. Was macht denn die Ukraine in Russland?

Nun ist’s doch schon einige Tage her, dass ukrainische Truppen in Russland eingefallen sind. Das brachte vor allem die deutsche Regierung etwas in die Bredouille; weil schon wieder deutsche Panzer in der Nähe von Kursk, das erinnert halt fatal ans letzte Mal, als unter Adolf Nazi die deutsche Wehrmacht hier barbarisch hauste.

Erschwerend kommt noch hinzu, dass sich die Indizien verdichten, dass die Sprengung der Nordsee-Pipeline von Selenskyj höchstpersönlich angeordnet und von ukrainischen Tauchern durchgeführt wurde. Das geht jedenfalls aus einem profunden Recherchierstück des «Wall Street Journal» hervor. Und das wäre dann nicht nett gegenüber Deutschland.

Aber fast noch schlimmer hat’s alle Kriegsgurgeln und Kommentatoren und Analysten und Besserwisser und Schreibtischgeneräle erwischt. Was soll man von diesem Einmarsch halten? Der Leser erwartet Einordnung und Analyse. Serviert bekommt er Gewäsch:

«Zurzeit sei sehr schwer abzuschätzen, ob diese Operation tatsächlich ein strategischer Erfolg wird, sagt der Militärexperte Georg Häsler in dieser Videoanalyse.» Wo ist nur der zackige Oberst Häsler in der NZZ, wenn man ihn mal braucht.

Auch der ETH-Militärexperte Marcus Keupp «ordnet ein». Unverdrossen, nachdem er schon mal den baldigen Sieg der Ukraine vorhergesagt hatte. Allerdings für den Herbst 2022. Dadurch gewitzt, ist er nun entschieden vorsichtiger geworden und äussert nur noch Brei:

«Die Ukraine führt diesen Krieg als eine Art Testoperation.» Ach was, was wird denn da getestet? «Es gibt kein klares Operationsziel, sondern man versucht eher, Lücken im Gelände ausfindig zu machen.» Und was macht der Russki? «Auch wenn die Russen im Moment ziemlich dilettantisch agieren, wird es ihnen irgendwann schon gelingen, diesen Raum abzusichern.» Raum absichern, das Gummiwort des Tages.

Wie immer völlig sicher in seiner Analyse ist sich der Kriegstreiber am heimischen Herd der «Süddeutschen Zeitung» in München. Der Tagi übernimmt brav, was Stefan Kornelius nicht wieder alles weiss: «Moskau soll sehen, dass es verwundbar ist». Inzwischen hat er auch den Kremlherrscher Putin völlig durchschaut: «Offensichtlich gehört es zu den Mustern des Krieges, dass Putin Muster nicht erkennt.»

Völlig gaga wie immer ist der «Nebelspalter». «Die Ukraine trägt den Krieg nach Russland. Gut so.» Na ja, wenn man einen Chef hat, der schon die Bombardierung Moskaus forderte …

Nur «watson» ist für einmal nachdenklich: «Ukrainer rücken in Russland vor – und haben sich damit womöglich komplett übernommen». Ein Hintertürchen gibt’s allerdings, sollte das nicht der Fall sein: das Zauberwort «womöglich». Und selbst die SDA buddelt etwas im Sandkasten: «Ukraine sieht Kursk als Faustpfand für Friedensverhandlungen

Eher fatalistisch gestimmt ist dagegen «20 Minuten»: «Ukraine erobert 1000 km2 Russland – und wartet auf Putins Rache». Und «Cash» schliesslich weiss: «Krisensitzung in Moskau: Putin will endlich Ruhe an neuer Front von Kursk».

Ruhe, wer will das nicht. Der Leser will vor allem seine Ruhe vor all diesen Kommentatoren, die doch Mal für Mal nichts anderes zeigen als: sie haben keine Ahnung. Sie können nichts vorhersehen. Ihre Analysen haben eine Halbwertzeit von einer Flasche Wodka bei einem russischen Umtrunk. Niemand von ihnen hat mit der Möglichkeit gerechnet, dass die Ukraine die Grenze zu Russland überschreitet.

Keiner ist in der Lage, die möglichen Folgen aufzuzählen. Ein Debakel nach dem anderen. Nach wie vor ist völlig unklar, wie sich diese Lage weiterentwickeln wird. Genauso unklar, wann es endlich zu Friedensverhandlungen kommen wird. Denn nur völlig verblendete Kriegsgurgeln rechnen ernsthaft damit, dass die Ukraine Russland zurückschlagen oder gar besiegen könnte.

Wer Sieger wird, steht in den Sternen. Nur die Verlierer sind längst bekannt. Die ukrainischen und russischen Soldaten. Die Zivilbevölkerung. Und der Leser, der sich solchen Quatsch und solches Gequassel anhören muss. Muss? Muss er eben nicht …

 

Bibbern mit Biden

Früher gab es Journalismus über den Tag hinaus.

Heutzutage bringt jeder neue Tag eine neue Meinung der Journaille. Brutal exekutiert sie das auf zwei aktuellen Themengebieten.

Das eine ist der Ukrainekrieg. Gurgeln wie der unsägliche Georg Häsler. Der rasselt mit einem völlig veralteten Begriff von Kriegsführung durch die Spalten der NZZ. Beschimpft das Festhalten an der Neutralität und glasklaren Rüstungsexportgesetzen als Ausdruck davon, ein «unzuverlässiger Partner» zu sein, gibt widersinnige militärische Ratschläge und hofft und prognostiziert ständig die Niederlage Russlands.

Wie andere Kriegskreischen auch. Ein mit Steuergeldern finanzierter ETH-Militärschwätzer prognostizierte schon den Zeitpunkt der russischen Niederlage. Im November. Allerdings 2022.

Dass man mit einer Prognose mal danebenliegen kann, das ist okay. Wenn man aber ständig ins Gebüsch fährt, dann wieder auftaucht, das Gegenteil verzapft und so tut, als ginge einen das dumme eigene Geschwätz von gestern nichts an – das ist nicht vertrauensbildend beim Publikum.

Das hat zwar ein Kurzzeitgedächtnis, aber für blöd verkaufen lässt es sich dann doch nicht. Obwohl es das vielleicht nicht punktgenau festmachen kann, fällt dem Medienkonsumenten doch auf, dass die Prognose- und Analysefähigkeit der grossartigen Korrespondenten und Koryphäen in den Massenmedien sehr überschaubar geworden ist. Wie es gerade wieder bei der Berichtserstattung über die französischen Wahlen offenkundig wurde.

Aber noch frappanter ist dieses haltlose Benehmen bei den US-Präsidentschaftswahlen. Der Grundkonsens ist auch hier völlig klar: Himmelswillen, Donald Trump darf auf keinen Fall nochmals Präsident werden. Dass rund die Hälfte der US-Stimmbürger anderer Ansicht zu sein scheint, das ist unfassbar für diese Journaille. Nach wie vor konzentriert sie sich auf die Ansichten von Eierköpfen von New York bis Boston, mit gelegentlichen Abstechern nach San Francisco und Los Angeles. Dass der entscheidende Teil der USA dazwischen liegt, das sind halt die Fly-over-Bundesstaaten, bewohnt von hinterwäldlerischen Waffen- und Religionsfanatikern, die doch schon Claas Relotius so punktgenau beschrieb.

Aber wie auch immer, damit Trump nicht gewinnt, muss ja sein Gegenkandidat gewinnen. Und da hat die Journaille nun ein grobes Problem. Denn der Amokgreis bringt immerhin seine One-Liner und Lügen stammelfrei über die Lippen, wirkt unter seiner lachhaften Frisur und seiner orangen Schminke entschieden vitaler als sein Gegenpart, der senile Greis Joe Biden.

Der ist noch knapp in der Lage, eine Rede ohne zu stolpern vom Teleprompter abzulesen, wie aufatmend und lobend erwähnt wird. Aber wenn seine Performance beim TV-Duell seiner normalen geistigen Aufnahmefähigkeit entspricht, ist er dann geeignet, das wichtigste und mächtigste Amt der Welt auszuüben? Noch weitere vier Jahre?

Da bricht nun Heulen und Zähneklappern aus. Am lautesten heult und klappert mal wieder Christof Münger von Tamedia. Der Auslandchef ohne Ausland und ohne Verstand, lobhudelte noch vor Kurzem Biden als einzige und notwenige Lichtgestalt in den Himmel, die eine Wahl Trumps verhindern könne, und legte dessen Wahl dem US-Stimmbürger dringlich ans Herz. Ob der das vernommen hat, ist allerdings zweifelhaft.

Aber inzwischen fordert Münger bereits ultimativ den Ersatz von Biden, der Mann muss weg, damit ein frischer Kandidat das Schlimmste, also Trump, verhindern kann. Damit ist Münger natürlich nicht alleine. In den Tagen nach dem desaströsen TV-Duell nahm die Journaille seismographisch jedes Zittern innerhalb der demokratischen Partei wahr und auf. Mögliche Ersatzkandidaten wurden genannt und abgeklopft auf ihre Tauglichkeit. Von einzelnen Forderungen nach Rücktritt Bidens schwollen laut ihnen die Stimmen der «Biden muss weg»-Politiker zum Chor an.

Aber nun das. Kaum hat der senile Greis eine Rede ohne Katastrophe zu Ende gebracht, machen sie nochmals auf dem Absatz kehrt. Lobhudeln einen «kämpferischen Biden», Tamedia findet unterhalb von Taylor Swift und Fussball-EM sogar noch Platz für ein «Biden hält kämpferische Rede». Nur der «Blick» hat das (noch) nicht mitbekommen und stellt lieber die Frage: «Wie heiss wäschst du deine Wäsche?» Hat der Journalist zu heiss gebadet, fragt man sich.

Bibbern mit Biden. Der Mann muss weg. Der Mann muss bleiben. Russland muss verlieren. Trump auch. Die Rechten sowieso. Entwicklungshilfe ist gut, die SVP (meistens) schlecht. Der Klimawandel schlägt fürchterlich zu, alternative Energien sind die Lösung. Es wird auch und gerade in der Schweiz diskriminiert, ausgegrenzt, wenn es vielleicht keine Rape Culture gibt, dann aber sexualisierte Gewalt aller Orten.

Nur wer sprachsensibel alle Vergewaltigungen und Verhunzungen der deutschen Sprache mitmacht, ist ein guter Mensch.

So etwa lautet das Weltbild, das Selbstverständnis und der missionarische Auftrag einer überwältigenden Mehrheit von Gutjournlisten, die der Welt mit ihrem leuchtenden Beispiel ein Zeichen setzen wollen. Ach, auch gegen unnötige Flugreisen, wohlgemerkt. Ausser, es geht um die eigenen Ferien auf den Malediven.

Ein solch verpeiltes, verlogenes Pack schreibt seinen eigenen Untergang herbei und gibt allen und allem die Schuld daran. Nur nicht sich selbst. Nicht zu fassen, aber wahr.

 

Häsler gurgelt wieder

Der Militärkopf der NZZ  altert deutlich.

Georg Häsler und Jessica Eberhart (Frauen werden hier diskriminiert, sorry) sind ein Dreamteam. Zumindest von Häsler ist bekannt, dass er gerne auch mal im Kampfanzug zu Pressekonferenzen erscheint. Allzeit bereit, nicht wahr.

Nun warnen und mahnen die zwei mal wieder:

Ein Gespenst sei heilsam für den Nordatlantikpakt? Wahrscheinlich haben die beiden die geistige Verdunkelung eingeleitet, um den Gegner zu verwirren. Allerdings den Leser auch. Ein «heilsames Gespenst», auf diese Idee muss man erst mal kommen.

In der Wortwahl ist Häsler sowieso nicht sehr sorgsam. So preist er sich selbst so auf LinkedIn an (wieso nicht im Tarnanzug, ist das Tarnung?):

Und seinen eigenen Artikel so:

«Ein Lügner oder ein Tattergreis als Oberkommandierender US-Streitkräfte. Das ist per se unangenehm. Doch was, wenn Trump gewinnt? Was hiesse das für die NATO

Nun mustern die beiden Kriegskenner mal die Truppen. Und zwar nach diesen Kriterien:

«Um die Grössenordnung des amerikanischen Engagements zu verdeutlichen, werden drei Kennzahlen der drei Landmächte Frankreich, Deutschland und Polen mit den USA verglichen: erstens die militärische Kraft anhand der Anzahl Divisionen für Kampfeinsätze, zweitens die aktiven Kampfpanzer und drittens die Verteidigungsausgaben

Da weiss aber selbst der militärische Laie, dass das hanebüchener Unsinn ist. Eigentlich sollte man Oberst Häsler dafür degradieren, aber so etwas kommt leider viel zu selten vor. Der Unsinn manifestiert sich darin, dass  man militärische Kraft vielleicht im Ersten Weltkrieg noch so gemessen hat. Heutzutage sind wir etwas weiter.

Wer die militärische Stärke bestimmen will, sollte sich an Drohnen, Satelliten, KI, autonome Systeme und Cyberwar halten. Denn, was Häsler offenbar mit seinem eingeengtem Gesichtsfeld unter dem Helm entgeht: der wichtigste Aspekt eines Krieges ist, mit möglichst geringem eigenem Aufwand möglichst grossen Schaden beim Feind anzurichten.

Plus die Fähigkeit, mehr Kriegszeug herzustellen, als vernichtet wird. Plus Training, Ausbildung und Ausrüstung von Kampftruppen mit Hightech-Gerät.

Da spielen Divisionen für Kampfeinsätze, rasselnde Panzer und selbst die Verteidigungsausgaben eher eine untergeordnete Rolle. Bei den Ausgaben kommt erschwerend hinzu, dass jeder – ausser Häsler und Eberhart – weiss, dass dort nie die realen Zahlen angegeben werden, sondern viele Posten in anderen Budgets versteckt sind.

Ach, und dann vergessen die beiden Gurgeln noch einen kleinen, aber nicht unwichtigen Punkt. All dieses Zahlengerassel ist von sekundärer Bedeutung, wenn es sich um Atommächte handelt. Und bei diesen Fehlkalkulationen über Gespenster sind immerhin gleich vier beteiligt: die USA, Russland, England und Frankreich.

Der mögliche Einsatz solcher Weltvernichtungswaffen macht es völlig obsolet, Divisionen, Panzer oder Ausgaben zu zählen.

Folgt man militärischer Logik, muss man sich zwangsläufig fragen, ob die beiden nicht als Diversanten vom Feind eingesetzt werden, um die eigenen Streitkräfte zu verwirren. Als Wehrkraftzersetzer mittels unsinnigen Behauptungen. Gar als Moskaus Fünfte Kolonne?

Oder sagen wir so: die NZZ wäre gut beraten, die beiden endlich ausser Dienst zu stellen. Damit würde der Schweizer Wehrkraft ein grosser Dienst erwiesen. Und die Russen hätten bei der Lektüre der alten Tante weniger zu lachen. Obwohl Häsler vielleicht hofft, dass sie sich totlachen bei der Lektüre seines Schmarrens.

Häsler rides again

Wenn ein kalter Krieger heissläuft …

Von Operettengeneral Georg Häslers einstigem Optimismus, dass die Ukrainer nicht nur tapfer, sondern auch siegreich für unsere westlichen Werte sterben, ist nicht mehr viel übrig: «Das Szenario geht von einer weiteren Eskalation des Kriegs in Europa aus: Russland hat die Ukraine in die Knie gezwungen, Kiew musste die besetzten Gebiete abtreten. Eine Schutztruppe unter britisch-französischer Führung versucht, den Kreml vor einem weiteren Vorrücken abzuhalten.» Und in der Schweiz gehen die Lichter aus.

Über den Wehrwillen (und die Wehrfähigkeit) der Eidgenossen muss man sich allerdings Sorgen machen, wenn man weiss, dass Häsler auch noch Oberst der Schweizer Armee ist. Man beachte diese Lachnummer von Selbstdarstellung auf LinkedIn:

Der tieffliegende Hubschrauber sieht so schwarz in die Zukunft wie auf seinem Symbolbild, da die Schweiz viel zu wenig für die Landesverteidigung ausgebe: «Der grosse Krieg in Europa wäre womöglich schon wieder vorbei, bis die Schweizer Armee nach diesem Plan einigermassen kriegstauglich wäre – eine solche Sicherheitspolitik ist schlicht verantwortungslos.»

Nun, ein «grosser Krieg in Europa», also ein militärisches Vordringen Russlands in den NATO-Bereich, würde die Schweiz vor ganz andere Probleme stellen. Denn in einer radioaktiv verseuchten Umwelt hat Sicherheitspolitik eine eher geringe Priorität im Vergleich zum blossen Überleben.

Aber natürlich brennt’s niemals nur in Europa: «Die USA rechnen im Zeitraum zwischen 2027 und 2030 mit einem chinesischen Angriff auf Taiwan.» Dass China bis dahin nicht im Ansatz genügend eigene Kapazitäten für eine Chip-Produktion aufgebaut hätte, ist dem Weltstrategen offenbar entgangen. Daraus melkt Häsler ein weiteres Schreckensszenario. Die USA seien nicht mehr in der Lage, zwei Kriege gleichzeitig zu führen (wann waren sie das eigentlich mal?). Sie würden sich auf den Pazifik konzentrieren, Europa schutzlos zurücklassen, und: «Wer sich nicht verteidigen kann, zieht den Krieg förmlich an.»

Die Geschichte der Schweiz nach dem Zweiten Weltkrieg muss umgeschrieben werden. Da sie sich noch nie selbst verteidigen konnte, war sie offenbar Schauplatz unzähliger Kriege. Aber stell dir vor, es ist Krieg, und nur Häsler schaut hin.

Dann fällt er wieder in längst überkommene militärische Vorstellungen zurück. Luftverteidigung sei von oberster Priorität. Da ist selbst der militärische Laie und Alt-Bundesrat Kaspar Villiger weiter; chirurgische Eingriffe in essentielle Infrastruktur wären heutzutage gefährlich. Und von Cyberkriegsführung hat Häsler auch noch nie was gehört. Kein Wunder, als Fan von Hubschraubern …

Aber Häsler schreitet zur Befehlsausgabe:

«Eine externe Arbeitsgruppe erarbeitet bis im Spätsommer konkrete Vorschläge. Die konsequente Umsetzung ist eine Frage des politischen Willens.
Für den Wiederaufbau der Armee hingegen braucht es kurzfristig auch Mehreinnahmen. Zur Wahl stehen die direkte Bundessteuer, die eigentliche Wehrsteuer, die vor allem von den Besserverdienenden bezahlt wird, oder die Mehrwertsteuer. Weil es bei der Landesverteidigung um eine Gemeinschaftsaufgabe geht, ist eine Finanzierung über den Konsum, also die Mehrwertsteuer, vorzuziehen, weil davon alle betroffen sind

Und schon haut er wieder völlig daneben. natürlich wäre eine kurzfristige Finanzierung über die Direkte Bundessteuer, die nicht umsonst mal Wehrsteuer hiess, das richtige Mittel, nicht etwa die Mehrwertsteuer, deren Anhebung zu Verteidigungszwecken genauso abgelehnt würde wie für den Klimaschutz. Es macht ja genau den Charme der Wehrsteuer aus, dass sie Gutverdiener überproportional zur Kasse bittet, und nicht die Mehrheit der Stimmberechtigten.

Auch für die Armee hat Häsler knarrende Befehle parat: «In der Pflicht ist auch die Armee selbst. Alles, was nicht der Verteidigung dient, muss weg. Weniger Verwaltungsarbeit, weniger Immobilienaufwand, weniger Nostalgie, dafür mehr Flexibilität bei der Digitalisierung und mehr flüssige Mittel für Investitionen.» Kleiner Spartipp: wie wäre es mit dem Ausserdienststellen von Obersten?

Und am Schluss will er das, was schon immer der Traum aller militärischen Gaukler war, die eierlegende Wollmilchsau: «Die Schweiz braucht eine glaubwürdige Armee zur Kriegsverhinderung – und gleichzeitig gesunde Finanzen, um die Folgen einer weiteren Eskalation des Kriegs bewältigen zu können.»

Weitere Eskalation im Sinne eines europäischen Krieges? Da geht es dann allerdings mehr um die Frage, ob in einer atomaren Strahlenwüste die Lebenden die Toten beneiden werden oder nicht.

Die NZZ knabbert an den Fingernägeln

Denn die Lage ist ernst. Wirklich wahr.

Gleich zwei grosse Köpfe machen sich tiefschürfende Gedanken, und das an einem harmlosen Montag und noch bevor sich der Heilige Geist ergiesst.

Da hätten wir Joseph de Weck. Der Sohn von Roger de Weck arbeitet bei einem Beratungsunternehmen, daher fühlt er sich bemüssigt, auch die NZZ-Leser zu beraten. Eigentlich ist der (dünne) Inhalt seiner Beratung schon in Titel und Lead vollständig wiedergegeben:

Es gäbe da zwei «eherne Regeln der Geschichte», behauptet de Weck: «Kein grosser Krieg ohne grosse Schulden und ohne Schulden keine Freiheit». Das habe schon Cicero gewusst, und dann muss es ja wohl stimmen.

Nach etwas einleitendem Geplänkel kommt de Weck zur Sache: «Europa muss noch mehr Verantwortung für die Ukraine übernehmen und in die eigene Rüstungsindustrie investieren.» Das untermauert er mit ein paar Taschenspielertricks: «Die Europäer können sich das leisten. Für die EU insgesamt lag das Staatsdefizit 2023 bei 3,5 Prozent der Wirtschaftsleistung im Vergleich zu 7 Prozent in den USA. Auch der Schuldenstand der EU-Europäer (81,7 Prozent) liegt merklich tiefer als derjenige der Amerikaner (99 Prozent).»

Was er nicht schreibt: damit reisst Europa die selbstgesetzten Grenzen von maximal 60 Prozent Verschuldung und 3 Prozent Budgetdefizit. Ausserdem nimmt er die (niedrigere) Zahl der EU-27, der Schuldenstand der «EU-Europäer» in der Eurozone liegt in Wirklichkeit bei 88,6 Prozent, das Schwergewicht Frankreich stemmt 111 Prozent, Italien 137, Griechenland gar 162 Prozent. Desaströse Zahlen.

Aber das ist Pipifax im Vergleich zum fundamentalen Denkfehler de Wecks. Zum einen führen Kriege tatsächlich zu Schulden. Aber genauso führen Schulden auch zu Kriegen, wie nicht zuletzt der Zweite Weltkrieg beweist. Absurd ist auch die Behauptung, ohne Schulden gebe es keine Freiheit. Das würde ja bedeuten, dass je schuldenfreier ein Land sei, desto unfreier. Auch hier muss man sich wieder fragen, wo die Qualitätskontrolle der NZZ bleibt. Oder ist blühenden Unsinn publizieren inzwischen Bestandteil des Geschäftsmodells?

Dann gibt es noch einen zweiten tiefen Flachdenker:

ZACKBUM hat Georg Häsler schon mehrfach als Sandkastenschreibtischgeneral verspottet, als einfältigsten und kältesten aller kalten Krieger. Aber leider hört auch hier die NZZ zu wenig hin. Auch in seinem neusten Werk läuft er zu Tiefstformen auf: «Die Ächtung des Krieges als Fortsetzung der Politik ist spätestens seit der Annexion der Krim und den Kämpfen in der Ostukraine infrage gestellt.» Offenbar ist es Häslers Aufmerksamkeit entgangen, dass seit 1945 alleine die USA ein rundes Dutzend Kriege vom Zaun brachen (die unzähligen Einmischungen in innere Angelegenheiten anderer Länder gar nicht mitgezählt), so weit ist es mit der angeblichen «Ächtung» her.

Dann fantasiert Häsler haltlos weiter: «Der Westen kämpft im Jahr drei der russischen Invasion mit einer fatigue de guerre – ganz besonders in den USA. Die Ukraine-Lageberichte sind praktisch aus den News verschwunden.» Stattdessen dominierten zum Beispiel die «verbalen Exzesse der Studierenden an der Columbia University». Faktenfreier BlödsinnIm vergangenen Monat ergibt die Suche nach dem Stichwort Ukraine rund 12’000 Treffer in Medienarchiv SMD. Beim Stichwort «Columbia University» sind es – schlappe 555.

Genauso faktenfrei ist die nächste Behauptung von Kriegsgurgel Häsler: «Gleichzeitig hat der Kreml im vergangenen Jahr auf Kriegswirtschaft umgestellt. Allerdings nicht, um die Truppen in der Ukraine zu versorgen, sondern um eine zweite Offensive vorzubereiten, womöglich gegen ein osteuropäisches Nato-Land.»

Entweder hat der kalte Krieger ein Hörrohr in die innersten Entscheidungszirkel des Kreml – oder er fantasiert haltlos.

Zum Schluss seines famosen Streifzugs durch die Weiten des wilden Geschwafels kommt Häsler dann noch zu einer überraschenden Schlusspointe: «An der amerikanischen Bereitschaft, auch weiter für die Freiheit einzustehen, besteht kein Grund zu zweifeln. Vielleicht zeigte eine Regierung unter Trump sogar noch mehr Zähne als das Biden-Team

Wo sind denn die USA genau seit dem Zweiten Weltkrieg für die Freiheit eingestanden? In Vietnam? In Nicaragua? In Panama? Im Irak? In Libyen? Und Amok Trump, der schon mehrfach klargestellt hat, dass er am liebsten aus der NATO austreten möchte und europäische Länder ihrem Schicksal überlassen (was er dann jeweils ohne Rücksicht auf Widersprüche teilweise wieder eingefangen hat), ausgerechnet ein möglicher Präsident, der sich mehr um seine Prozesse als um den Ukrainekrieg kümmern würde, ausgerechnet der zeige «vielleicht mehr Zähne»? Oder meint Häsler damit einfach das tadellos-weisse Gebiss, das aus dem gelblich geschminkten Gesicht hervorblitzt?

Die NZZ leistet sich hier einen Doppelschlag der wirklichkeitsfremden Wunschdenke, eines faktenfreien Thesenjournalismus, schlimmer als in der «Republik». Ist Eric Gujer in den Ferien, oder ist das einfach ein Schwächeanfall? Der Leser ist besorgt bis beunruhigt.

Die NZZ als Spionageroman

John Le Carré hätte etwas Geniales daraus gemacht. Die NZZ macht etwas Banales.

Zwei grosse Analytiker und Chefstrategen haben sich zusammengetan. Lukas Mäder und Kriegsgurgel Georg Häsler, dem langsam der Sand in seinem Sandkasten ausgeht, beugen sich gemeinsam über den russischen Scoop, ein vertrauliches Geplauder hochrangiger deutscher Offiziere veröffentlicht zu haben.

Das ist in erster Linie peinlich für Deutschland und propagandistisch ein hübscher Blattschuss für den Kreml. Der Inhalt des abgehörten Gesprächs ist nicht wirklich weltbewegend, zeigt aber, dass nicht nur Häsler zum Sändelen neigt.

Aber hier muss die NZZ einen ordnungspolitischen Zwischenruf absetzen, mit dem sie sich mal wieder bis auf die Knochen blamiert. Sie tut das im Gestus des grossen Durchblicks:

«Abgehörte deutsche Offiziere: wie Russland gezielt versucht, Deutschland zu schwächen und den Westen zu spalten»

Damit ist eigentlich schon der Inhalt der dünnen Sauce, die dann aus den Spalten tropft, ausreichend zusammengefasst. Aber wer mal ein Ei legt, muss natürlich kräftig gackern und mit den Flügeln schlagen. In der Hoffnung, dass nicht der russische Bär vorbeischaut.

Was da im Gespräch der Militärköpfe gequatscht wurde? Wie die deutsche Bundeswehr so bescheuert sein kann, das über eine offene Leitung zu machen? Nebensächlich, in Wirklichkeit geht’s hierum: «Der Fall ist ein Musterbeispiel für eine Operation der psychologischen Kriegsführung.»

Zum letzten Mal geriet die NZZ wohl so in Wallungen, als sie befürchtete, dass die GSoA vielleicht eine Fünfte Kolonne, ein roter Trupp von Diversanten sei.

Nun aber zuerst das «big picture»: «Russland führt regelmässig solche Beeinflussungsoperationen durch, auch «active measures» oder in Kombination mit Cyberangriffen Hack-and-Leak genannt. Dabei werden Informationen, die durch verdeckte Operationen erbeutet wurden, publik gemacht.»

Beeinflussungsoperation, wunderbarer Begriff. Aber dann bemüssigen sich die beiden Spionagehelden doch noch, den Inhalt des Gequatsches wiederzugeben: «Die beteiligten Offiziere reden ohne klare Traktanden, Zielsetzung und Struktur über mögliche Varianten, wie der Taurus-Marschflugkörper doch an die Ukraine geliefert werden könnte. Der Inspekteur der Luftwaffe, Generalleutnant Ingo Gerhartz, ist der grosse Zampano mit den träfen Sprüchen. Im Hintergrund dürfte ein Hauptmann versucht haben, ein formal korrektes Protokoll zu erstellen

Da müssen die beiden Militärbesserwisser nun mal ganz streng mit diesen deutschen Dämel-Plauderis werden: «Die Offiziere halten sich in ihrem Gespräch schlicht nicht an die simple Faustregel, die jeder Rekrut in der allgemeinen Grundausbildung lernt: Angaben über Truppen, Orte, Zeiten, Zahlen und Absichten sind zu unterlassen – zumal bei ungesicherten Verbindungen.»

Zehn Tage scharfer Arrest, abtreten. Aber vorher werden noch die Schulterklappen abgerissen, so erträumen sich das Mäder und Häsler. Aber wie auch immer, was wollen denn die russischen Propagandakünstler? Klare Sache: «Am Ende geht es dem Kreml darum, die Geschlossenheit der Verbündeten in der Unterstützung der Ukraine aufzusprengen. Ganz bewusst wird ein Keil zwischen Berlin, Paris und London getrieben.»

Ähm, indem ein nicht vom Kreml erfundenes Geblödel deutscher Offiziere veröffentlicht wird? Ha, erste Wirkungstreffer sind jedenfalls zu verzeichnen. Bundeskanzler Scholz sei geschwächt, schlimmer noch: «Diese Darstellung wird in Deutschland wiederum von der AfD und der Linkspartei übernommen. Sie sprechen von der «Vorbereitung eines Angriffskriegs» durch die Regierung, welcher das deutsche Grundgesetz ausdrücklich verbietet.»

Aber der Russe, der fiese, finstere Geselle, ist eben hinterlistig: «Russland hat erkannt, dass Deutschland das schwächste Glied in der Reihe der europäischen Verbündeten ist. Bundeskanzler Scholz agiert ängstlich und verhalten.»

Ängstlich und verhalten? Indem er als einziger führender Politiker noch alle Tassen im Schrank hat und nicht möchte, dass Deutschland zweimal in einem Jahrhundert militärisch in die Ukraine einfällt? Umso mehr das Kartenhaus Selenskyjs zusammenfällt, damit dem Immobilienimperium Benkos nicht unähnlich, desto hysterischer werden die verbalen Amokläufe von Kriegsgurgeln, die noch vor Kurzem trompeteten, dass der Krieg für die Ukraine durchaus zu gewinnen sei.

Aber stattdessen wird nun an einer neuen Dolchstosslegende gearbeitet: «Hinzu kommen rhetorische Differenzen unter den Nato-Partnern. Diese könnten zusammen mit der politischen Konstellation in Deutschland dazu führen, dass die russischen Beeinflussungsoperationen am Schluss Erfolg haben.»

Vielleicht sollte man nicht ganz vergessen, dass Russland dieses bescheuerte Gequatsche deutscher Kommissköpfe nicht erfunden hat.

Nun müssen aber Durchblicker Mäder und Häsler noch ein ernstes Wort mit den Deutschen reden. Zunächst ein lobendes für den deutschen Verteidigungsminister: «Umso wichtiger war das Machtwort des deutschen Verteidigungsministers Boris Pistorius, er werde seine besten Offiziere nicht für Putin opfern – obwohl diese Sicherheitsvorschriften nicht eingehalten hatten: ein Zeichen der Resilienz gegen die russische Beeinflussung.»

Wie bescheuert kann man denn sein? Deutsche Offiziere plaudern über offene Leitungen darüber, wie man die russische Brücke zur Krim mit deutschen Marschflugkörpern zerstören könnte, ohne dass eine deutsche Beteiligung nachweisbar sei, und der Minister soll solche Vollpfeifen nicht degradieren? Als Zeichen der Resilienz?

Dann kommen wir schon zur Zielgerade:

«Bei Beeinflussungsoperationen ist die Gesellschaft besonders gefordert, weil die Akteure und die Absichten oft verschwommen sind. Eine Stärke ist dabei, besonnen auf solche Veröffentlichungen zu reagieren. Denn der innenpolitische Skandal in Deutschland ist die eigentliche Waffe des Gegners.»

Wie bitte? Deutsche Offiziere quatschen, was sie nicht mal unter vier Ohren sagen sollten. Russland feiert damit einen Propagandaerfolg erster Klasse. In der immerhin noch freien öffentlichen Auseinandersetzung in Deutschland führt das zu Gebrüll. Und stattdessen sollte man «besonnen» darauf reagieren? Also erst gar nicht ignorieren, was deutsche Offiziere brabbeln?

Wissen die beiden kalten Krieger, denen es wohl das Hirn vereist hat, was sie da labern? Und hat nun auch in der NZZ die Qualitätskontrolle bereits Osterferien?

Journalismus schafft sich ab

Das kann kein Geschäftsmodell mehr sein.

Journalisten opinieren, räsonieren, analysieren, schätzen ein, meinen, fordern, wissen es besser. Das ist zwar manchmal mühsam, aber erlaubt.

Journalisten spielen sich als als Genderpäpstinnen wie Andreas Tobler, als Konzernbüttel wie Philipp Loser, als Kriegsgurgeln wie Georg Häsler, als Panikkreischen wie Marc Brupbacher oder als Stimme der Gutmenschen wie Reza Rafi auf. Das ist manchmal unerträglich, aber Ausschuss wird überall produziert.

Journalisten kreieren Narrative und Framings. Sie bestehen darauf, dass Donald Trumps Konkurrenten durchaus noch intakte Chancen hätten, genügend Delegiertenstimmen zu sammeln, um Kandidat der Republikaner in den Präsidentschaftswahlen zu werden. Damit wiederholen sie ihre Fehler bei den vorletzten Wahlen: am Schluss erklären zu müssen, wieso sie krachend danebenlagen. Journalisten sind nicht sehr lernfähig. Das ist extrem dumm. Dummheit existiert überall und ist bekanntlich lernbar.

Aber es gibt einen heiligen Gral im Journalismus, an dem man sich nur dann vergreift, wenn man sich abschaffen will. Es handelt sich um ein Einverständnis zwischen Journalist und Leser, das nicht mutwillig oder fahrlässig missbraucht werden darf.

Die einstmals auflagemässig grösste Zeitung der Welt hat dieses Prinzip sogar zu ihrem Titel gemacht. «Prawda», Wahrheit. Sie hatte versprochen, ihren Lesern nur die Wahrheit zu erzählen. Lenin und Trotzki kamen unabhängig voneinander auf die Idee, eine solche Zeitung zu publizieren. Ihr Herausgeber war der spätere langjährige Aussenminister der Sowjetunion Molotow. Er agierte im Hintergrund, offiziell gab es rund 40 Herausgeber, die von der zaristischen Zensur regelmässig verhaftet und zu drei Monaten Gefängnis verurteilt wurden. Sie waren sogenannte Sitzredakteure, dazu bereit, für anderen Strafen abzusitzen, die sie sich mit dem Verbreiten der Wahrheit einhandelten.

In ihren besten Zeiten hatte sie eine Auflage von über 10 Millionen Exemplaren. Allerdings verbreitete sie immer weniger die Wahrheit, immer mehr Lügen. Damit entkernte sie sich.

Nun kann man zu Recht fragen, was denn eigentlich die Wahrheit ist und wer zwischen Lüge und Wahrheit unterscheiden darf und die Autorität dafür hat. Niemand und jeder. Niemand ist im Besitz einer objektiven, einzig wahrhaftigen Wahrheit. Jeder glaubt an seine Wahrheiten, viele wollen wissen, dass sie die Wahrheit kennen.

Also ist alles relativ, alles erlaubt? Nein, eben nicht.

Denn es gibt eine unausgesprochene Vereinbarung zwischen Berichterstatter und Konsument. Der Konsument bezahlt normalerweise dafür (sei es entweder mit Geld oder seiner Aufmerksamkeit oder seinen Daten), dass er sich darauf verlassen kann, dass ihm in Berichten über Gegenden oder Ereignisse, die er nicht kennt, kein Bären aufgebunden wird.

Wird diese Geschäftsgrundlage aufgehoben, ist der Journalismus am Ende. Sein Tod tritt nicht sofort, aber auf Raten ein. Deshalb beschäftigten viele Redaktionen früher Mitarbeiter, die sich der sogenannten Dokumentation widmeten. Also alle Fakten und Tatsachenbehauptungen checkten, die in einem Artikel vorkamen. Sie taten das zum Schutz des Redaktors vor Irrtümern und zum Schutz des Konsumenten vor Falschinformationen.

Sie sind als eine der ersten Abteilungen den Sparmassnahmen zum Opfer gefallen. In der Schweiz existieren sie nicht mehr. Gelegentlich werden mit grossem Brimborium Journalisten beauftragt, einen sogenannten Faktencheck durchzuführen. Das ist aber nicht mehr das gleiche.

Im deutschen Sprachraum leistet sich der «Spiegel» noch die grösste Dokumentarabteilung. Darauf ist er besonders stolz und wird nicht müde, die vielen Stationen aufzuzählen, die ein Manuskript durchlaufen muss, bis es publiziert wird. Der Grossfälscher Class Relotius sprengte diese Reputation in die Luft. Ihm gelang es jahrelang unentdeckt, frei erfundene Reportagen zu publizieren, bei denen sogar nachprüfbare Angaben wie Distanzen oder örtliche Beschaffenheiten erschwindelt waren, um dem Spin der Story zu dienen. Nicht einmal das fiel den Faktencheckern des «Spiegel» auf.

Sie waren, mitsamt allen anderen Kontrollinstanzen, voreingenommen. Sie hatten das Interesse verloren, zu schreiben, was ist. Sie wollten beschreiben, wie es sein sollte. Wie es ihrer Meinung nach zu sein hatte. Sie machten den alten erkenntnistheoretischen Zirkelschluss: wenn ich mit einer vorgefassten Meinung an die Wirklichkeit herangehe, finde ich in der Wirklichkeit das, was ich zuvor hineingetragen habe. Oder noch schlimmer: wenn ich es nicht finde, erfinde ich es.

Das ist keine lässliche Sünde, sondern eine Todsünde. Dafür gibt es leider im Schweizer Journalismus immer mehr kleine und grosse Beispiele. Eine Aufzählung wäre endlos, aber es sind zwei Tendenzen zu erkennen. Am häufigsten betroffen davon ist Tamedia. Dort hat eine wahrhaftige Verluderung der Sitten stattgefunden.

Die Leser belehren und mit absurdem Genderwahn quälen zu wollen, das ist verkaufsschädigend, aber noch nicht tödlich. Den Lesern keine Reportagen, sondern die Wiedergabe vorgefasster Meinungen zu servieren, das ist dumm, aber noch nicht tödlich.

Sich immer wieder dabei ertappen zu lassen, dass die vorgefassten Meinungen so stark sind, dass die Wirklichkeit, wenn sie nicht passt, passend gemacht wird, das ist tödlich. Wenn ein Präsident eine Meinung vertritt, die dem Berichterstatter nicht passt, dann ist es dennoch seine Pflicht, sie dem Leser wiederzugeben. Denn dafür bezahlt er, weil er selbst weder am WEF anwesend ist, noch Zeit oder Lust hat, die ganze Rede im Wortlaut anzuhören.

Wenn aber schon im ersten und auch im letzten Satz des Berichts die Wirklichkeit, höflich ausgedrückt, umgebogen wird, dann fühlt sich der Leser zu recht verarscht, wenn er das entdeckt. Und glücklicherweise gibt es in der Schweiz noch so etwas wie eine Pressefreiheit, wo solche Verbiegungen aufgedeckt und denunziert werden können. Das unterscheidet die Schweiz von Russland und der Ukraine.

Berichterstattung, wenn sie etwas wert ist, sollte dazu dienen, dem Käufer und Konsumenten dabei zu helfen, die grosse, weite Welt und auch seine nähere Umgebung besser zu verstehen. Oder zu begreifen, dass vieles, was sich abspielt, komplex, widersprüchlich, unübersichtlich, nicht fassbar ist. Die beiden aktuellen Beispiele dafür sind der Ukrainekrieg oder der Krieg im Gazastreifen. Noch nie verfügten wir über dermassen viele Informationsquellen, noch nie waren wir so ungenügend informiert.

Daraus entstehen Verschwörungstheorien, das sei Absicht, Manipulation, Bevormundung, von finsteren Mächten orchestriert, um die öffentliche Meinung in ihrem Sinn zu beeinflussen. Aber die Wahrheit ist hier viel banaler. Natürlich gibt es Heerscharen von Spin Doctors, die sich diesen Versuchen widmen. Natürlich wird Selenskyj – im Gegensatz zu Putin – hochkarätig und sorgfältig beraten, wie er öffentlich aufzutreten hat. Vom gedrechselten Inhalt seiner Reden bis zu seiner Kleidung, seinem Gesichtsausdruck.

Aber das wäre durchschaubar, wenn man sich die Mühe machte. Wenn sich der 100. Todestag eines Welterschütterers wie Lenin jährt, um das zweite aktuelle Beispiel zu nehmen, dann wäre eine Würdigung, eine Auseinandersetzung auf Niveau mit seinen Taten geboten, vor allem in einem Intelligenz-Blatt wie der NZZ. Wenn stattdessen übelwollend die Krankheitsgeschichte seiner letzten Jahre ausgebreitet wird, ist das zwar kein Verstoss gegen das Wahrheitsgebot, aber so jämmerlich, dass der Leser sich auch fragt, wieso er dafür einen Haufen Geld zahlt.

Fazit: Journalismus, der die Übereinkunft mit seinen Konsumenten einseitig aufkündigt, schafft sich damit ab. Das ist nicht den Umständen geschuldet. Sondern selbstverschuldet. In der Schweiz steht Tamedia am nächsten vor diesem Abgrund, gefolgt vom «Blick».