Schlagwortarchiv für: Christof Münger

Wir fordern, dass weniger gefordert wird

Umso bedeutungsloser die Medien werden, desto lauter krähen sie Forderungen heraus.

Die Taliban haben in Afghanistan die Macht ergriffen, der letzte US-Soldat ist in den letzten Flieger gestiegen, der den Flughafen von Kabul Richtung Rettung verliess. Das lässt der «Tages-Anzeiger» von München aus beobachten, weil man dort die grossen Fernrohre Richtung Kabul stehen hat.

Nun gibt es aber noch eine – eigentlich überflüssige – Auslandredaktion von Tamedia. Wenn’s der langweilig wird, die ß aus den Artikeln der «Süddeutschen Zeitung» zu entfernen und «parken» durch «parkieren» zu ersetzen, «grillen» durch «grillieren», dann schreibt man einen Kommentar.

Nicht man, der Auslandchef Christof Münger höchstpersönlich. Zunächst äussert er einen menschenfreundlichen Wunsch:

«Es wäre nichts dagegen einzuwenden, wenn sich IS-Terroristen und die Taliban in einem abgelegenen Tal Afghanistans gegenseitig in die Luft sprengen

Aber, da ist Münger welterfahrener Realist: «Nur wird es nicht so laufen.» Schade auch, aber wie soll man dann mit dieser «islamistischen Brut» umgehen? Einfach ignorieren? Aber nein, meint Weltpolitiker Münger, denn «bereits erheben sich Stimmen, unter anderem der britische Premier Boris Johnson, die fordern, mit Verbrechern wie den Taliban zu verhandeln».

Sprengkommando aus dem Hause Tamedia.

Das geht gar nicht, donnert Münger von seinem Kommandopult an der Werdstrasse oder vielleicht aus dem Homeoffice: «Die Taliban sind und bleiben eine Terrororganisation. Mit ihnen zu verhandeln, ist keine Option, ausser es geht um humanitäre Hilfe für die leidgeprüfte Bevölkerung.»

Verhandlungen sind für den Arsch, meint Münger

Verhandeln ist nicht, meint Münger fundamentalistisch, er hat auch eine putzige Begründung dafür: «Wohin das führen kann, hat das Abkommen von Doha gezeigt, das die US-Regierung an der afghanischen Regierung vorbei mit den Taliban erzielt hat. Donald Trumps Deal hat es den selbst ernannten Gotteskriegern erst ermöglicht, Afghanistan handstreichartig zu erobern.»

Wenn ein Volonteur als Fingerübung so einen hanebüchenen Unsinn absondern würde, würde man ihn darauf aufmerksam machen, dass selbst in einem Kommentar die Vergewaltigung der Wirklichkeit ihre Grenzen hat. Weder der korrupten und weitgehend machtlosen afghanischen Marionettenregierung, noch der Militärmacht NATO war es in 20 Jahren gelungen, eine Art Zivilgesellschaft gegen die Stammeskrieger zu errichten.

Mangels funktionsfähiger Alternative war es nur konsequent, nach Zehntausenden von Toten die Besatzung zu beenden.

Schlimmer noch ist, dass Münger kategorisch jede Verhandlung mit den Herrschern des Landes ablehnt. Gilt das auch für Burma? Für alle gescheiterten Staaten in Afrika? Für Venezuela? Für Saudi-Arabien? Für den Iran? Dort herrschen doch auch entweder Terrororganisationen oder Regimes, die Terrororganisationen unterstützen.

Wenn Münger verhandeln würde …

Was heisst da «ausser es geht um humanitäre Hilfe»? Wie würde das Münger machen, sässe er nicht hinter einem Bildschirm, sondern vor den Taliban?

«Hört mal, ihr islamistische Brut, ich will jetzt über humanitäre Hilfe verhandeln. Könntet ihr euch währenddessen in einem abgelegenen Tal gegenseitig in die Luft sprengen? Danke.»

Aber die Welt kann aufatmen: die Meinung Müngers interessiert wirklich nicht. Ausser den armen Abonnenten eines Produkts von Tamedia, die sogar noch für diesen Stuss etwas bezahlen müssen.

Was Münger recht ist, kann Cavelty nicht unrecht sein

Nur schon aus Gründen der Ausgewogenheit fügen wir ein Beispiel aus dem Hause Ringier hinzu. Dort will man ja den Lead bei der Bekämpfung von sogenannten Impfgegnern nicht aus der Hand geben. Dafür ist die indirekte Bewirtschaftung des Themas geeignet:

So sieht ausgewogene Berichterstattung aus.

Aber auch vor direkten Forderungen, Ratschlägen und Urteilen schreckt man nicht zurück. Der Chefredaktor des «SonntagsBlick» muss sowieso eine Scharte auswetzen, die er sich mit dem Versuch der Berichterstattung über den ehemaligen VR-Präsidenten von Raiffeisen eingehandelt hatte.

Der donnerte doch in einem Editorial:

«Die Impfgegner machen mit dem Virus gemeinsame Sache».

So interpretiert Gieri Cavelty kühn die Aussagen eines Immunforschers: «Die Impfgegner identifizieren sich nicht bloss sprachlich mit dem Virus, sie machen gemeinsame Sache mit ihm und sichern seinen Fortbestand

Unangenehme Unwahrheiten: Editorial von Cavelty.

Impfen als Allheilmittel? Das durchgeimpfte Israel wandelt sich vom Musterknaben zum neuen Brutherd der Pandemie. Wirksamkeit der Impfung? Fehlen eines Impfzwangs? Was kränkeln Cavelty solche Probleme an, für die zusätzlich beschlossenen Staatssubventionen macht er doch gerne das Sprachrohr der Landesregierung.

Wer hört schon noch auf Journalisten?

Aber auch er trompetet so kräftig, weil er eigentlich weiss: die Meinungsmacht «Blick» ist längst ins Grab gesunken, auch ohne Virus. Die Zeiten, als nicht nur in Bern ängstlich darauf geschaut wurde, ob der «Blick» eine Kampagne für oder gegen etwas führt, sind längst vorbei.

Zu beobachten ist eine allgemeine Verzwergung der Medienhäuser. Den Zusammenschluss von ein paar Mücken jubeln sie zu einem «Digital-Riesen» hoch. Dabei spüren das die wirklichen Riesen nicht einmal. Mangels Möglichkeiten zur Recherche oder fundierter Analyse werden weiterhin ungeniert Forderungen aufgestellt, Behauptungen, unqualifizierte Meinungen geäussert.

Fröstelnd in der Abenddämmerung ihres Bedeutungsverlusts wollen sie sich wie in alten Zeiten an den Flammen der feurigen Meinungsäusserung wärmen. Es den Taliban, dem Virus, den Impfgegnern mal so richtig zeigen. Dabei braucht man schon die Ohren eines Elefanten, um das Gesumme dieser Fliegengewichte überhaupt noch zu hören.

Präsident Zack-Bumm und Leiter zack-dumm

Christof Münger hat sich ein Essay zu vier Jahren Trump abgerungen.

Als «Leiter TA Ressort International»* ist Münger dafür prädestiniert, Recht zu haben. Oder zumindest rechthaberisch zu sein. Wenn er allerdings schon im Titel seines Essays «Präsident Zack-Bumm» unseren Namen missbraucht, kann man nur hoffen, dass er bum falsch geschrieben hat, um einem allfälligen Plagiatsvorwurf zu entgehen.

Ein Essay war einmal, früher, wohl vor der Geburt von Münger, ein anspruchsvolles und angesehenes Gefäss, in dem sich grosse Geister ein Stelldichein gaben. Heute ist es Münger, der die Bezeichnung auf ihre reine Übersetzung zurückschrumpft: ein Versuch.

Münger marschiert unter der Latte durch

Ein misslungener Versuch; aber während man im Stabhochsprung nochmal probieren darf, wenn man die Latte gerissen hat, marschiert Münger einfach ungebremst unter der Latte durch, versucht dabei nicht mal einen kleinen Hopser.

Was kann man also in einem Essay über vier Jahre Trump über den US-Präsidenten Tiefschürfendes sagen? Er blieb im Amt «entfesselt, ungezügelt, hemmungs- und rücksichtslos».

Geht’s noch essayistischer? Sicher: «Donald Trumps Präsidentschaft gleicht einem real gewordenen Comic mit ihm in der Hauptrolle – als Superheld oder Superschurke, je nach Sichtweise.»

Was an Trump alles gross ist und an Münger nicht

Was für eine Metapher, das Wesen des Präsidenten wortmächtig verdichtet, mit diesem Schuss Selbstzweifel «sie gleicht» ja nur einem Comic, kann sich der Versuchende noch steigern? Locker:

«Bei Trump ist alles «big, big, big», ein permanenter Superlativ, von seinem Penis bis zum Trump-Tower.»

Dort kündigte er seine Kandidatur für die Präsidentschaft an. Nein, nicht mit seinem Penis, in seinem Trump-Tower: «Begleitet hat ihn Melania, seine dritte attraktive Gattin.»

O Schande, da gerät der Essayist doch leicht ins Sabbern und man fragt sich unwillkürlich, ob er selbst wohl keinen Tower hat, keine attraktive Gattin und auch keinen, aber lassen wir das.

So geht das nun wahrlich in Blei gegossene rund 18’000 Buchstaben weiter, dabei erscheint das Essay gar nicht in der «Republik», sondern wird von allen Tamedia-Kopfblättern übernommen.

Münger macht den umgekehrten Trump

Münger gelingt dabei das Kunststück, aber unabsichtlich, daher zählt das nicht, sozusagen den umgedrehten Trump zu geben. Während der alles an sich «big» findet, findet Münger alles an ihm medioker, billig, eigensüchtig, klein. Alles, ausser die Anzahl seiner Lügen: Bislang 20’000 mal, hat Münger von Hand nachgezählt. Ach, nein, hat er die «Washington Post» zählen lassen.

Nur mit anderen Irren kann Trump einigermassen, daher seine Sympathie für den kleinen Dicken mit der merkwürdigen Frisur aus Nordkorea, der zwar auch einen roten Knopf hat, aber Trump hat natürlich den grösseren. «Hier hatten sich zwei gefunden», greift Münger in die Harfe.

Einen Erfolg muss Münger einräumen

Hat er denn überhaupt nichts erreicht in diesen vier Jahren? Nun ja, die diplomatische Anerkennung Israels durch die ersten arabischen Staaten, daran kann Münger nicht vorbeihuschen. Also muss er es in den Schraubstock stecken: Das seien alles arabische Länder, mit denen Israel keinen Krieg geführt habe. Und der Nahostkonflikt sei auch noch nicht gelöst, mäkelt Münger.

Dass Trump hier etwas gelungen ist, an dem all seine Vorgänger scheiterten, selbst der Friedensnobelpreisträger Obama, das würde wohl den Rahmen dieses Essays sprengen.

Aber nicht die Erwähnung, wie garstig Trump die deutsche Bundeskanzlerin abgebürstet und ignoriert habe. Zum Antrittsbesuch gab er ihr nicht mal die Hand, jammert Münger. Was die Schweizer Leser natürlich ungemein interessiert.

Kann man den Gehalt dieses Essays zusammenfassen?

Wir versuchen uns an einer Zusammenfassung dieses Epos. Dabei hilft ungemein, dass sein Inhalt und Gehalt erst unter der Lupe erkennbar wird. Trump ist eine Schande, eine Pfeife, ein Lügner, narzisstisch, unfähig, spuckt immer grosse Töne und liefert nie was. So kondensiert Münger seine vier Jahre Trump-Erfahrungen als nun ja, als Leiter des «TA-Ressort International», was ein Euphemismus ist für «wir nehmen sonst aus den deutschen Artikeln die ß raus und kürzen sie auf Schweizer Längen ein».

Aber immerhin, nach seiner Karriere als Primarschullehrer promovierte Münger als Historiker dann über die Berlin-Krise, «wofür er längere Zeit geforscht hat, u.a. in den USA». Na dann; wer vor vielen Jahren John F. Kennedy sagen hörte «ick bin ein Berliner», der ist geradezu überqualifiziert bei der Beurteilung des aktuellen US-Präsidenten.

Welcher Superheld heisst denn Zack-Dumm?

Nur: Wie erklärt denn der USA-Kenner Münger der Welt und sich selbst, dass rund die Hälfte aller Amis finster entschlossen sind, diesen Totalversager, diese Karikatur eines Präsidenten, diese Comic-Gestalt, wiederwählen zu wollen? Sind das etwa alles Comic-Leser? Und welche Figur in der Galerie der Superhelden heisst denn Zack-Bumm? Aber da bleibt der Essayist leider dunkel und verschwiegen. Schade aber auch.

 

*In einer früheren Version hiess es, Münger sei Co-Leiter des Auslands-Ressorts von Tamedia. Er ist aber der Leiter.