Tour oder Tortur?
Mal im Ernst: Was ist mit der Musik los?
Zusammen bringen diese drei Herren fast 240 Jahre auf die Bühne:
Während der Opa rechts tatsächlich so alt aussieht, wie er niemals werden könnte, trägt der mittlere Opa das gefärbte Haar immer noch im Rebel-Look. Und der links, na ja, auch gefärbt, und Ron Wood steht eigentlich nur in der vorderen Reihe, weil er noch lebt. Wobei man bei allen drei nicht so ganz sicher ist, ob es sich nicht um Avatare handelt.
40 Jahre ist der vorletzte neue Song alt, dann gibt’s noch «Living in a Ghost Town» von 2020, wobei nicht ganz klar ist, ob die Drei von der Rentnerband die Geister sind.
Obwohl viele jung gestorben sind, scheint diese Generation von Musikern ziemlich hart im Nehmen zu sein und steht solange auf der Bühne, bis sie Füsse voran hinausgetragen werden. So ging es Chuck Berry oder Leonard Cohen, aber auch David Bowie. Bob Dylan ist mehr oder weniger seit Jahrzehnten mit seiner «never ending tour» unterwegs; manchmal mit Stimme, manchmal ohne, manchmal krächzend.
Die Stones singen unermüdlich «Start me up», «Street Fighting Man» oder «Gimme shelter», ihren wohl besten Song.
Die Bandmitglieder sterben einer nach dem anderen weg, aber die Überlebenden füllen weiterhin die Stadien mit einer «Sixty»-Tour. Begleitet von Lobeshymnen in den Medien. Ist das noch eine Tour oder schon eine Tortur?
Was sagt das über eine Gesellschaft aus, wenn fast 80-Jährige einen auf rebellischen Blueser machen? Wenn Multimillionäre rotzige Protestsongs rezyklieren? Wenn im Publikum nicht nur in Nostalgie schwebende Alt-68er feuchte Augen kriegen, sondern auch Fans dabei sind, die noch nicht mal geboren waren, als die Stones schon alt wurden?
Wenn der Breitmaulfrosch Mick über die Bühne joggt, während viele in seinem Alter schon mit dem Rollator unterwegs sind, wenn Keith trotz gichtigen Händen immer noch die Töne auf der Gitarre trifft, wenn Ron einfach das ist, was er schon immer war: anwesend, wenn die Kleider so geschmacklos sind wie schon immer in der langen Karriere der Stones: was macht das Faszinosum aus?
Was besiegt die lauernde Lächerlichkeit? Während sich Dylan in seinen Altersperformances häufig darauf konzentriert, seine alten Songs endgültig kaputtzusingen, versuchen die Stones, selbst «Satisfaction» heute noch so über die Rampe zu schieben, als hätte der Song nicht 1965 das Licht der Welt erblickt.
Als sie vor ein paar Jahren in Havanna spielten, hätte sich ZACKBUM-Autor René Zeyer von seinem Wohnsitz dort nur einen knappen Kilometer ins Stadium zum Gratis-Konzert bewegen müssen. Kä Luscht; richtig alt werden sollte man nicht auf der Bühne.
Zitat: „Die Stones singen unermüdlich «Start me up», «Street Fighting Man» oder «Gimme shelter», ihren wohl besten Song.“
In meiner großen Musikdateien-Sammlung habe ich noch folgende Rolling Stones Hits gefunden.
Ich dachte immer “I Can’t Get No Satisfaction“ war der ganz große Hit – Damit schafften die Stones den weltweiten Durchbruch (Platz 1 in Großbritannien und den USA).
Rolling Stones – You Can’t Always Get What You Want
Rolling Stones – Wild Horses
Rolling Stones – Tumbling Dice mp3cut
Rolling Stones – The Last Time 1965
Rolling Stones – Paint It Black
Rolling Stones – Jumpin Jack Flash
Rolling Stones – Honky Tonk Women
Rolling Stones – Brown Sugar
Rolling Stones – Angie
Rolling Stones – Sympathy For The Devil
Rolling Stones – Carol (Rock n’ Roll)
Rolling Stones – Mona
Rolling Stones – I Can’t Get No Satisfaction
Die jungen Stones Live, die Mädels im Publikum kreischen, nahe dem Nerven-Zusammenbruch:
The Rolling Stones – (I Can’t Get No) Satisfaction (Live on The Ed Sullivan Show)
https://www.youtube.com/watch?v=1ANhU4AcK04&ab_channel=StereoMasters
The Rolling Stones Live, 2/5/1965, Ed Sullivan Theatre, NY
https://www.youtube.com/watch?v=D7Og0uj_Lao
Apropos Bop Dylan (10 Tracks in Playlist):
Bob Dylan – Lay, Lady, Lay
https://www.youtube.com/watch?v=LhzEsb2tNbI
Knockin› On Heaven’s Door – Bob Dylan & Tom Petty
https://www.youtube.com/watch?v=0tFVL-cB6Sg
Stones, Dylan auch Chuck Berry (Roll Over Beethoven & Run Rudolph Run & Johnny B. Goode usw.) und Leonard Cohen (Hallelujah & Dance Me to the End of Love & So Long Marianne usw.) sie alle, und noch viele mehr, haben Musik-Geschichte geschrieben.
„Ehre, wem Ehre gebührt“
Apropos «Kä Luscht» in Havanna – wenn der Autor wirklich bloss einen Kilometer vom Stadium weg wohnte, so konnte er das Konzert problemlos auch ohne Eintrittskarte geniessen, oder wenigstens hören. Vorausgesetzt er war zuhause. Je nach Quelle etwa eine halbe Million Zuschauer/-hörer sollen damals in die Sportanlage Ciudad Deportiva gepilgert sein.
Brunner ist viel zu streng mit dem Journalisten und Psychopathologen Jean-Martin Büttner, offenbar ein devoted fan der Stones. Ein bisschen Schmunzeln im Stillen bestimmt aber richtig. Die korrupte Musikindustrie am A.sch. So komme auch ich zum Schmunzeln, wenn die jetzigen Teenies Kate Bush‘s epischen Song „ Running up that Hill“ zu einem neuen Weltereignis machten nach 37 Jahren. Habe die blutjunge, hübsche, etwas zerbrechliche Kate im Jahre 1978 während ihres New Zealand-Aufenthaltes kurz sprechen können. Kleine Anekdoten, die einfach wunderbar sind.
Den Vogel abgeschossen hat der TA Freelancer Büttner. Er ist extra nach Mailand gefahren um die amputierte Greisenband zu sehen, ohne Watts keine Stones. Begeistert war er, die Stones kamen auf die Bühne und fingen gleich mit ««Street Fighting Man» an, getrieben vom neuen Schlagzeuger. Lächerlich, die Bands wo Pro Senectute Hauptsponsor sein könnte, Jagger vom Prinz mit den abstehenden Ohren zum Ritter geschlagen wurde besingt und bespielt immer noch Strassenkämpfe und Palastrevolution. «Aber was kann ein armer Junge schon tun», der wie Büttner ums journalistische Übeleben kämpft, er muss die Nostalgie hochloben, da ist er an der Seite von Martina Hunziker die ins Opernhaus geht, den alten und ausgeleierten Schrott «Figaro» in höchsten Tönen lobt.
Dieses tolle Konzert gabs auch auf Arte zu sehen und ist wahrscheinlich immer noch verfügbar. Die Stones, so unsterblich wie die Ami-Schlitten in Havanna.