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Ursache und Wirkung, Part II

«tsüri» unterstützt das linksgrüne Zürich, Zürich unterstützt das linksgrüne «tsüri».

Das kann man Win-Win nennen. Oder auch Journalismus als Prostitution. Durch einen Artikel in der NZZ werden Zusammenhänge noch klarer. Dass «tsüri» am Tropf von Subventionen mit Steuergeldern hängt, war schon immer klar. So wie die «Republik» nur überlebt, weil zwei reiche Erben ihre Kredite in die Tonne treten. Denn wären sie nicht davon zurückgetreten, hätte das Blatt der guten Denkungsart schon längst die Bücher deponieren müssen.

Aber noch widerlicher führt sich «tsüri» auf. Die NZZ hat bei der Stadt Zürich nachgefragt, welche Leistungen sie bei dem angeblich journalistisch-unabhängigen Krähorgan eingekauft hat. Der Höhepunkt war 2021 erreicht; mit über 150’000 Franken überschüttete die linksgrüne Stadt das linksgrüne Magazin. Das hatte sich von ein paar Tausend Franken im Jahr 2016 schon auf fast 100’000 Steuerfranken im Jahr 2019 gesteigert. In den letzten beiden Jahren waren es immer noch um die 50’000 Franken pro Jahr.

Die NZZ enthüllt ein besonders widerliches Beispiel:

«So finden sich in den Schwerpunkt-Reihen nun redaktionelle Beiträge, die von «Tsüri»-Journalisten gegen Bezahlung verfasst wurden. Für mehrere tausend Franken pro Beitrag schreiben diese Sätze wie: «Unter allen Schweizer Energieversorgungsunternehmen steht EWZ auf dem Podest.» Eine klassische Publireportage, die nicht explizit als solche gekennzeichnet ist, sondern mit dem Label «Sponsor 49»

Oder: «Ein anderes Beispiel für solche Auftragsarbeiten ist eine 14-teilige Podcast-Reihe, die die Stadt Zürich als Arbeitgeberin in ein positives Licht rückt. Eine Journalistin von «Tsüri» erzählt in jeder Folge, dass die 30 000-köpfige Stadtverwaltung aus Zürich eine lebenswerte Stadt mache, und unterhält sich zum Beispiel mit dem städtischen Projektleiter der umstrittenen Rad-WM über die Highlights des Anlasses. Fragen und Themen wurden vom Personalmarketing der Stadt vorgegeben.»

Aber durch diesen Artikel werden weitere Hintergründe erhellt. Nachdem die NZZ, als seriöses Organ dem Chefredaktor Simon Jacoby Gelegenheit zur Stellungnahme gab, reagierte der mit einem knappen Mail. Und einer Artikelserie gegen die NZZ, in der er dem Blatt unter anderem einen deutlichen Rechtsruck und Nähe zur AfD vorwarf. Was wiederum Linksautonome dazu motivierte, ihr auch propalästinensisch motiviertes Unbehagen mit einem Farbanschlag Ausdruck zu verleihen.

Natürlich gefällt es «tsüri» überhaupt nicht, so demaskiert zu werden: «Man nimmt Geld vom Staat entgegen, um über staatlich geförderte Institutionen zu berichten. Und reklamiert dennoch die klassische Rolle der «vierten Gewalt» für sich, die eine kritische Distanz wahrt.»

Das gilt inzwischen für weite Teile der sogenannten «journalistischen» Kulturberichterstattung, nachdem Tamedia bekannt gab, dass es den «Züritipp» einstellen wird. Anlass für die SP-Regierungsrätin Jacqueline Fehr, pro Jahr 80’000 Franken Steuergelder in einen Kulturkalender zu stecken. Anlass für das «Theaterhaus Gessnerallee», eine eigene «Zeitung» herauszugeben; nach journalistischen Kriterien, versteht sich. Die Stadt steckt 3,5 Millionen Franken Steuergelder in dieses Theater. Die Kommunikationschefin der Gessnerallee ist Rahel Bains, ehemals bei «tsüri». Der linke Kuchen, wie er leibt und lebt.

Natürlich springt auch «tsüri» auf den Kulturzug und kündigt den «Tsüritipp» an, samt Crowdfunding. Eine neue Einnahmequelle, neben dem Geständnis von Jacoby: «Unsere grösste Kundin ist die Stadt Zürich».

Nichts gegen ein cleveres Geschäftsmodell; «tsüri» hat es im Gegensatz zur «Republik» geschafft, ohne die tiefen Taschen von Millionären über die Runden zu kommen. Dafür greift es aber dem Steuerzahler ins Portemonnaie, ohne dass der dazu etwas sagen könnte.

Wes Brot ich ess, des Lied ich sing. Ein ewiges Problem der Medien, die sich ja irgendwie finanzieren müssen. Das gab im Verhältnis zu Grossinserenten schon immer einen Eiertanz; eine kritische Autoberichterstattung (neben den Detailhändlern sind die Autoimporteure die letzten Grossinserenten) ist so selten wie ein Pinguin in Australien.

Aber dass ein Organ wie «tsüri» auf ein paar kritische Fragen (und die Möglichkeit zur Stellungnahme) mit Schmierenartikeln über den Anfragenden reagiert, das ist eher selten. Und dass sich ein Organ dermassen ungehemmt an einen Financier ranschmeisst, ihn in kaum getarnten Lobhudel-Auftragsarbeiten über den grünen Klee hochschreibt, das ist anrüchig. Und haut dem Anspruch, ein angeblich journalistisches und unabhängiges Medium zu sein, eins in die Fresse, dass die Zähne rausfliegen.

Schnell sind die Jungs (und Mädels and everybody beyond) dort allerdings. Kaum ist die mediale Hinrichtung der NZZ erschienen, hebelt «tsüri» zwei ältere Stücke wieder auf die Webseite zuoberst. Den «Transparenzbericht» über die Finanzierung, der so transparent ist, dass der grosse Brocken Steuergelder nicht separat ausgewiesen wird. Und die süsse Rache «So viel Geld überweist die Stadt Zürcher Medienhäuser». Dativ ist auch im Titel Glücksache. Aber dann kommt’s:

 

Glashaus, Steine? Nicht wirklich, denn «tsüri» zählt einfach die halbe Million dazu, die das Zurich Film Festival bekommt. Das hat allerdings mit der Publizistik der NZZ nichts zu tun; auch bevor die alte Tante das Festival aufkaufte, haute die Stadt massig Geld rein. Ohne diesen Betrag wäre «tsüri» mit Abstand vorne, die NZZ mit 6’257 Franken städtischer Gelder im Peanutsbereich.

Es ist hanebüchen lustig: die NZZ wirft «tsüri» wohlbelegt vor, dass die Internetplattformen von Steuergeldern der Stadt Zürich ausgehalten wird und sich mit liebedienerischen Artikeln revanchiert. Daraufhin wirft «tsüri» der NZZ vor, sie werde rechtsradikal. Auf diesen Rachefeldzug springt auch die schreibende Schmachtlocke auf, die es nicht verträgt, dass die NZZ im Gegensatz zur «Republik» mit Journalismus Erfolg hat. Und ein paar linksautonome Chaoten wollen ein Zeichen setzen und beschmieren das Gebäude der NZZ. Wobei sie erst noch von der Polizei erwischt werden.

Wie all diese Widersprüche die woken Linken in Zürich aushalten können? Locker, denn einen solchen Widerspruch zwischen Sein und Schein sind sie ja auch im eigenen Leben gewohnt. Nicht wahr, Herr «Flüge verbieten»-Wermuth.

Ursache und Wirkung?

Farbanschlag auf die NZZ: Da soll noch einer sagen, Journalismus wirke nicht.

Die städtisch subventionierte Kräh-Plattform «tsüri.ch» hatte ihren Journalismus noch weiter tiefergelegt und acht Beispiele erfunden, «die den Rechtsrutsch der NZZ beweisen».  Eine Duftmarke daraus: «Der Einsatz der NZZ gegen jene, die sich für eine diskriminierungsfreie Gesellschaft einsetzen, zeigt sich auch in diversen Artikeln.»

«tsüri» war sich auch nicht zu blöd, die «correktiv»-Fake-Story von einem angeblichen Geheimtreffen rechter Kreise aufzuwärmen, bei dem in Potsdam über die zukünftige Massendeportation von Ausländern und Passdeutschen geredet worden sei. Dass «correctiv» (und die Verbreiter dieser Fake News) inzwischen gerichtlich dazu gezwungen wurden, das zurückzunehmen, was soll’s.

Der Chefredaktor Eric Gujer «falle immer wieder mit rechten Positionen und Unterstützung für rechtsextreme Personen auf». Noch einen drauf legte «tsüri» mit einem Interview mit dem Oberheuchler Daniel Binswanger, dem Co-Chefredaktor der «Republik». Die schreibende Schmachtlocke gab dabei Sottisen wie diese zum Besten: «Dies wiederum wirft die Frage auf, was all diese Leute, die nicht davon begeistert sein dürften, dass ihr Chefredaktor den Höcke an die Macht schreiben will, bereit sind mitzutragen.»

Was hier «tsüri» und Schwätzer Binswanger gesät haben, trug offensichtlich Früchte. So kam es am Samstagabend zu einem Farbanschlag auf das NZZ-Gebäude an der Falkenstrasse. Offensichtlich hatten sich Vermummte des Schwarzen Blocks so ungeschickt angestellt, dass die Stadtpolizei gegen 22 Uhr das Entstehen eines kleinen Demonstrationszugs bemerkte. Während die Teilnehmer (laut Polizei aus der linksautonomen Szene) damit begannen, das Gebäude der NZZ zu besprayen, setzten die Ordnungskräfte Gummischrot und Reizstoff ein und verhaftete zehn Teilnehmer.

Offensichtlich hat die Kampagne von «tsüri» und der «Republik» gegen die alte Tante Wirkung gezeigt. Denn selbst Linksautonome kommen ja nicht aus heiterem Himmel auf die Idee, mal kurz gegen die NZZ vorzugehen. Die haben offensichtlich das Geseier von «tsüri» und Binswanger ernst genommen und nicht gemerkt, dass da zwei Fake-News-Schleudern am Werk sind.

Aber wenn der NZZ unterstellt wird, sie drifte immer weiter nach ganz rechts ab und unterstütze die deutsche AfD, wolle gar deren Reizfigur Höcke «an die Macht schreiben», dann sehen Linksautonome rot. Oder wie das Vielschwätzer Fabian Molina formulieren würde, nachdem er an einer Demo gegen «Faschismus» in Zürich teilnahm, bei der es zu Sachbeschädigungen kam (von denen er sich natürlich distanzierte): «Zürich stabil Nazifrei» (Original-Orthografie).

Ob sich nun Mitarbeiter von «tsüri» und «Republik» freiwillig melden, um die Schmierereien zu entfernen?

Der Oberheuchler

Widerwärtig und übelkeitserregend. Ein Gipfeltreffen zweier Sumpfblasen.

Schwer steigerbar ist, wenn Simon Jacoby den «Publizisten» Daniel Binswanger interviewt. Das ist sozusagen eine Win-win-Situation, bei der nur der Leser verliert. Ein Gipfeltreffen der Geschmacklosigkeiten. Ein Kampagnenreiter trifft auf einen Opportunisten.

Denn der Chefredaktor von «tsüri», staatlich subventioniert, spricht mit dem Co-Chefredaktor der «Republik», von Millionärserben ausgehalten. Damit bekommt die schreibende Schmachtlocke endlich mal etwas Einschaltquote, und Jacoby kann sich sicher sein, dass sich hier zwei in den Armen liegen.

Schon das Titelzitat erregt Brechreiz: «Ich finde die moralische Hysterie der NZZ unglaublich ermüdend», salbadert Binswanger matt. ZACKBUM findet hingegen die mehrfache moralische Bankrotterklärung Binswangers unglaublich abstossend und bemühend.

Als «Magazin»-Redaktor und Freund des Chefredaktors erlebte Binswanger die haltlosen Anschuldigungen einer frustrierten und gefeuerten Ex-Mitarbeiterin mit. Anuschka Roshani bezichtigte Finn Canonica im «Spiegel», sie jahrelang übel verbal niedergemacht zu haben, auch vor versammelter Redaktion. Für Binswanger, schon längst zur «Republik» gewechselt, wäre es ein Leichtes gewesen, als Zeuge richtigzustellen. Aber stattdessen schwieg er verkniffen und feige.

Als Co-Chefredaktor der «Republik» hat er den Skandal zu verantworten, dass ein Starreporter übler sexueller Übergriffigkeiten beschuldigt wurde – und ohne Anhörung gefeuert. Dieser Verstoss gegen banalste Regeln des Arbeitsrechts kostete die «Republik» eine hübsche Abfindung. Aber man hat’s ja, dank Millionären im Hintergrund. Auch hier schwieg Binswanger verkniffen und feige; ausser, dass er natürlich davon nichts gewusst habe. Die übliche Ausrede eines Versagers.

Disqualifizierter für moralische Werturteile geht eigentlich nicht. Was geht da unter der Schmachtlocke vor, wenn er sich dennoch zu solchen Urteilen aufrafft, ohne rot zu werden und sich in Grund und Boden zu schämen?

Stattdessen sondert er selbstverliebte Sottisen ab, die Strategie der NZZ sei «der Versuch, sich eine Pappnase der Äquidistanz aufzusetzen.» Ist das ein schepperndes Wortgebimmel. Aber auch Bösartiges hat Binswanger drauf: «Dies wiederum wirft die Frage auf, was all diese Leute, die nicht davon begeistert sein dürften, dass ihr Chefredaktor den Höcke an die Macht schreiben will, bereit sind mitzutragen.» Eric Gujer wolle Höcke an die Macht schreiben, nur weil der NZZ-Chefredaktor darauf hinweist, dass die deutsche Demokratie auch einen Wahlsieger als Ministerpräsidenten aushalten würde? Absurd und abstossend als Unterstellung.

Für sein Äusseres kann niemand etwas. Wer sich aber so wie Binswanger inszeniert, hat etwas zu verbergen. Nach hinten gefönte Schmachtlocke, Jacket, darunter ein Hoodie, darunter ein weisses Hemd, darunter ein T-Shirt, der legere Alternativ-Look. Aber mitten im gebräunten Gesicht zusammengekniffene Augen und ein zum Strich verkniffener Mund – daraus spricht eine unverhüllte Bösartigkeit, wahrscheinlich genährt durch jahrelangen Misserfolg. Leider können wir das Foto nicht zeigen, sonst wird uns noch eine Copyright-Verletzung an die Backe geklatscht.

Wenn es darum geht, was jemand für einen sicheren Job auszuhalten bereit ist, spricht Binswanger wohl für sich selbst: «Und was man sich alles einzureden vermag an Ausflüchten und Rechtfertigungen.» Spätestens nach dem Déjà-vu des Sexismus-Skandals der «Republik» hätte Binswanger die Konsequenzen ziehen müssen. Aber wohin hätte er ziehen können?

Die NZZ hat, im Gegensatz zur «Republik», publizistisch Erfolg. Das macht Binswanger grün vor Neid: «Die ideologischen Widersprüche der NZZ sind inzwischen dermassen grotesk geworden, dass sie allen Mitgliedern der Redaktion bewusst sein müssen.» Wie wäre es mit der richtigen Übertragung: Die publizistischen Widersprüche zwischen Anspruch und Wirklichkeit der «Republik» sind inzwischen dermassen grotesk geworden, dass sie …?

In seinem Furor verliert Binswanger dann jedes Mass und jede Mitte:

«In diesem sumpfigen Teich am rechten Rand hat die NZZ ihre Wachstumsnische. Grundpfeiler des Liberalismus wie Rechtsstaatlichkeit, Menschenrechte, Gewaltenteilung, Schutz der Medienvielfalt müssen dann halt etwas zurücktreten. Eine extrem unerfreuliche Entwicklung

Auch ZACKBUM hat, bei aller Berichterstatterpflicht, seine Grenzen der Qual. An dieser Stelle, obwohl das Interview noch ellenlang weitersumpft, haben wir aus hygienischen Gründen aufgegeben und heiss sowie kalt geduscht. Solches Dreckelen beschmutzt auch den Leser, dem kann man sich gar nicht entziehen.

Sowohl «tsüri» wie die «Republik» wollen im linken Gesinnungssumpf fischen gehen. Möglicherweise ist dieses Interview im Rahmen einer «tsüri»-Hetzkampagne gegen die NZZ, die hiermit einen neuen absoluten Nullpunkt erreicht, ein Anzeichen dafür, dass sich die beiden Organe der angeblich korrekten Denkungsart ein Zusammengehen überlegen.

Von «tsüri» etwas Reichweite dank Gratisnutzung plus Staatsknete, von der «Republik» die finanzielle Potenz von Millionären und die Leidensfähigkeit der Abonnenten. Gemeinsam im Kampf gegen logisches Denken, Moral und Anstand. Könnte eine Weile funktionieren und den Exitus der «Republik» ein weiteres Mal hinauszögern.

Holzhacker-Journalismus

«Tsüri» zeigt: schreiben darf jeder. Können kann’s nicht jeder.

Das Online-Organ «Tsüri» legt sich mit der alten Tante aus der Falkenstrasse an. Am Gerät sind Nina SchneiderPraktikantin Redaktion») und Simon JacobyChefredaktor»).

Das Organ strotzt vor Meinung, seltener vor Kenntnissen: «Was Sanija Ameti erlebt, ist durchtränkt von Rassismus und Sexismus». So soll die Gesinnungsbubble bei Laune gehalten werden. Ausflüge in die Realität sind weniger gefragt. Lieber schreibt man Artikel, deren These feststeht, bevor der erste Buchstabe getöckelt wird.

Auch hier kommt zuerst das Ergebnis, anschliessend versucht der Artikel, ihm nachzurennen: «Unter dem Chefredaktor Eric Gujer arbeitet sich die NZZ regelmässig an Linken und Woken ab, während sie auf der politisch rechten Seite selbst vor rechtsextremen Begriffen nicht zurückschreckt.»

Das erste Beispiel für diese schreckliche Entwicklung liefert die Statistik. Die Häufigkeit der Verwendung des Wortes «woke». Denn: «Woke-Sein, eigentlich eine ehrenvolle Sache, doch der Begriff wird längst von rechtskonservativen Kreisen als Schimpf- und Schmähwort genutzt.» Der Beweis:

Qed, würde «Tsüri» wohl gerne sagen, wenn es Latein könnte. Die NZZ verwendet den Begriff sogar noch häufiger als die «Weltwoche». Merkwürdig nur, dass der Tagi vor der WoZ auf Platz drei folgt. Gibt es da etwas auch schon einen Hang zu rechtsextremer Begrifflichkeit?

Aber zurück zur NZZ, dort ist es ganz schlimm: «Der Einsatz der NZZ gegen jene, die sich für eine diskriminierungsfreie Gesellschaft einsetzen, zeigt sich auch in diversen Artikeln.» Ein Einsatz gegen Einsetzer; vielleicht sollte man sich weniger um eine diskriminierungsfreie Gesellschaft, dafür mehr um die Beherrschung der deutschen Sprache kümmern.

Zur Beweissicherung greift «Tsüri» auch weit in die Vergangenheit zurück, so zum Beispiel zu einem Artikel vom Februar 2018, in dem sich die NZZ über die gendergerechte Kommunikation an Schweizer Hochschulen echauffierte, oder in den Worten von «Tsüri»: «In ihrem Artikel macht sich die Autorin lustig über die progressive Sprache, die nicht nur die männliche Form nutzt – sie sei unnötig und unschön.»

Dass die Autorin auch kritisiert, dass diskriminierend und notenrelevant gefordert wird, Sprachvergewaltigung mit Gendern zu betreiben, ein lästiges Detail, das besser unerwähnt bleibt.

So gehen schon mal vier Beispiele zum Thema «woke» dahin.

Nun aber, Punkt fünf im Strafregister, geht’s richtig zur Sache: «Pro-Rechts» ist nun der Oberbegriff, Chefredaktor Gujer höchstpersönlich «falle immer wieder mit rechten Positionen und Unterstützung für rechtsextreme Personen auf».

Seine offene Sympathie äussere sich im Titel «Ministerpräsident Höcke, na und? Die deutsche Demokratie hält auch einen zwielichtigen Wahlsieger aus». Ist das aber ein raffinierter Schlingel. Da akzeptiert Gujer doch glatt, dass die AfD in Thüringen die Wahlen gewonnen hat. Wer das tut, ist schon mal im strengen Verdacht des Rechtsextremismus. Dann behauptet er, die deutsche Demokratie vertrage es, wenn der Wahlsieger, wie es Brauch ist, auch Ministerpräsident wird. Und zur Verschleierung schreibt Gujer noch, dass der zwielichtig sei.

Oder mit anderen Worten: was für ein Bullshit von «Tsüri».

Aber das ist nicht alles. Es gibt ja auch den Begriff «Remigration». Der ist pfuibäh, weil: «Die Debatte wurde entfacht, nachdem Correctiv in Deutschland das «Geheimtreffen» von Rechten und Rechtsextremen aufgedeckt hat. An diesem Treffen wurde eine Strategie zur Abschiebung von Migrant:innen entwickelt.»

In Wirklichkeit musste «Correctiv» gerichtlich gezwungen einräumen, dass das weder ein «Geheimtreffen» war, noch, dass dort Strategien zur Remigration diskutiert wurden. Aber lass dir doch Deine Gesinnungsblase nicht durch blöde Fakten kaputtmachen.

Zwei gehen noch. Da geht es um die «Post-Faschistin» Giorgia Meloni, die – wie inzwischen auch immer mehr Politiker in der EU und der Schweiz fordern – das Migrationsproblem mit Auffanglagern ausserhalb der EU lösen wolle. So wie das die dann offenbar auch rechtsradikale EU bereits seit geraumer Zeit in der Türkei tut. Aber auch das ist so ein blöder Fakt, der den Ballon platzen lassen würde. Also lässt ihn «Tsüri» einfach aus. Und das Sahnehäubchen:

«Die liberale Harris wird verspottet, die post-faschistische Giorgia Meloni wird bewundert.»

Dann wird noch vorwurfsvoll hinzugefügt: «Die NZZ-Medienstelle wollte sich trotz zweifacher Anfrage nicht zu diesen Themen äussern.» Da hat «Tsüri» aber Schwein gehabt, denn bei dieser Ansammlung von Verbalinjurien und haltlosen Behauptungen hätte die NZZ auch böse werden können und den Anwalt bemühen.

Aber das Blatt hat richtig entschieden: das ist so blöd, dass eine Reaktion unter seiner Würde ist. Wieso allerdings «Tsüri» diesen strengen Gesinnungsjournalismus betreibt, wo dieser Platz doch bereits von der «Republik» besetzt ist? Oder soll das, wie «Inside Paradeplatz» schon vermutete, ein Bewerbungsschreiben für eine Fusion der beiden serbelnden Organe sein? Kostenfreie Schmiere trifft auf kostenpflichtige. Eigentlich eine gute Idee.

Klüngelbildung

We.publish, Tsüri, Bajour und Bildwurf. Das Gemenge.

Bildwurf macht Kinowerbung und seit Neuem auch Online. We.publish bietet ein Content Management System (CMS), mit dem Artikel auf Online-Plattformen erstellt werden können. Bajour und Tsüri sind lokale News-Plattformen.

Bildwurf überrascht den potenziellen Kunden mit Erkenntnissen wie «im Kino ist keine Aktion möglich (weder Klick noch Notiz). Onlinewerbung kann nach 5 Sekunden weggeklickt werden, daher sind alle wichtigen Infos gleich am Beginn zu setzen.»

Bei We.publish ist Hansi Voigt «Co-Geschäftsführer». Gleichzeitig ist er im Vorstand des Vereins «bajour» und auch als «Projektleiter» in der Geschäftsleitung. In den beiden Gremien gibt es mehr Nasen als in der Redaktion. Und Voigt ist traditionell Garant für eine Bruchlandung.

Bajour lebt von den Millionen einer spendablen Pharma-Erbin. Nachdem die ersten drei verröstet wurden, ohne dasss auch nur in weiter Ferne ein selbsttragendes Geschäftsmodell erkennbar wäre, legt die Erbin nochmal 3 Millionen drauf.

Tsüri hingegen sammelt Geld via Crowdfunding, um beispielsweise eine «Klima-Redaktionsstelle» zu schaffen. Kamen immerhin 30’000 Franken zusammen, nur gab’s daraus keine Stelle. Ähnlich erging es 18’000 Spendenfranken, mit denen eine Recherche finanziert werden sollte. Schliesslich lässt sich Tsüri Promo-Artikel vom EWZ oder dem Finanzdepartement Zürichs bezahlen.

Der Output an Artikeln ist überschaubar; bereits der vierte am Dienstag ist drei Tage alt. Von den Inhalten ganz zu schweigen. Damit gleichen sich Tzüri und Bajour wie ein Ei dem anderen. Überschaubare Leistung, kaum Resonanz, wenig «Member» die bereit sind, für diese dünne Suppe Geld auszugeben.

Eine Auswahl aus «bajour». Pardon, aus «Tsüri».

Nun gesellt sich noch eine Werbeagentur dazu, die von der Kinowerbung hin zu Onlinewerbung strebt. Geklüngeltes unter Luftabschluss. Am Lesermarkt versagt, dafür wird gesammelt, gebettelt und gesponsert.

«bajour» hat schon lange aufgegeben, Zahlen über Mitglieder oder Abonnenten oder die Einschaltquote zu veröffentlichen. Tsüri will 1465 «Member» haben, die mit mindestens 5 Franken pro Monat dabei sind und dafür lauwarme Tütensuppe serviert bekommen.

We.publish bietet wiederum ein CMS an, das angesichts diverser und bewährter Open-Source-Gratisanbieter so überflüssig ist wie ein zweiter Kropf. Zusammen mit der Werbeagentur haben sich hier wahrlich die Blinden und die Lahmen zusammengetan. Bildwurf bietet hier ein «attraktives Online-Werbefenster» an. Das kostet läppische 1 Franken. Pro Klick! Fix. Dabei ist der CPC normalerweise immer dynamisch, wobei der Preis in einem gesunden Verhältnis zur erwarteten Reaktion stehen muss.

Ärgerlich dabei ist, dass hier im Grossen («bajour») oder im Kleinen («Tsüri») Gelder abgegriffen und verröstet werden, die im Journalismus anderswo fehlen und sinnvoll eingesetzt werden könnten.

Natürlich will auch die «Hauptstadt» demnächst zu diesem Klüngel dazustossen. Kultz ist bereits dabei.

 

Die Wüste lebt

Lena Bueche leistet dem Lokaljournalismus einen Bärendienst.

«Lokaljournalismus lebt» ist der Titel zu einem längeren Artikel von Lena Bueche in der «NZZ». Was löblich tönt, beginnt schon mit einem kreuzfalschen Einstieg. «Viele Lokalzeitungen sind in den letzten Jahren verschwunden – entweder wurden sie eingestellt oder von einem der grossen Medienhäuser einverleibt. Denn wie auch der Rest der Medienbranche stehen sie unter wirtschaftlichem Druck: Die Werbeeinnahmen gehen zurück, Nachrichten werden gratis im Netz konsumiert, online verdrängt Print.»

Erstaunlicher-, ja erfreulicherweise, sind in den letzten Jahren praktisch keine Lokalzeitungen eingegangen. Als negative Ausnahme gilt die Rhonezeitung im Wallis, ein Gratisblatt mit immerhin über 40000 Exemplaren wöchentlich. Sie erschien im März 2020 zum letzten Mal. Schon 2018 erwischte es den Rigi-Anzeiger. Einige Wochen später barfi.ch, ein Basler Onlineportal. Auch die Waadtländer Gratis-Wochenzeitung Le Régional verschwand, im Mai 2020. Den als Print nicht mehr erscheinenden «Le matin» in der Westschweiz hingegen kann man nicht als Lokalzeitung bezeichnen, ebenso wenig wie die 2018 Knall auf Fall eingestellte Tessiner Tageszeitung «Giornale del Popolo».

Die vielen Quartier- und Lokalzeitungen gedeihen prächtig

Das sind alles Ausnahmen, welche die Regel bestätigen: Die vielen Quartier- und Lokalzeitungen gedeihen erstaunlich prächtig. Auch die Coronakrise kann ihnen vorderhand wenig antun. Lokale Inserenten sind zumeist sehr treu. Warum also kommt Lena Bueche auf so ein schräges Fazit? Zugegeben, es tönt gut. Und bildet die Legitimation, damit Bueche nachher die üblichen Verdächtigen in Sachen «Lokale Onlineportale» aufs Podest schreiben kann. Sie tut dies mit der rührenden Bemerkung, damit würde «der Lokaljournalismus wiederbelebt und zukunftstauglich gemacht». Wiederbelebt? Ist er klinisch tot? Nur weil die «NZZ» ihre lokalen Seiten stetig zusammenkürzt, muss das noch nicht für die ganze Branche gelten. Ebenso nicht, wenn Tamedia wie von ZACKBUM.ch schon im November gemeldet, ihre kantonalen Redaktion der Landzeitungen Zürichsee-Zeitung, Landbote und Zürcher Unterländer zusammenlegt.

Es gibt eine enorme Menge an Quartier- und Lokalzeitungen, die den Mikrokosmos der Schweiz repräsentieren. Es mag für Aussenstehende nicht besonders interessant sein, wenn der Chorleiter von Döttigen sein 30-Jahr-Jubiläum feiert. Wenn die GLP ihre Kandidaten für die Schulpflege in Oberrohrbach nominiert. Wenn die Feuerwehr Zollikon ein neues, nicht gerade günstiges Multifunktionslöschfahrzeug vorstellt. Und wenn 124 Unterschriften zur Rettung des Restaurants Frieden in Unter-Affoltern gesammelt wurden. Aber es interessiert im Dorf oder in der Kleinstadt. Vielleicht mehr als die xte Analyse über Donald Trump.

Kreuzverkehrte Analyse, kreuzverkehrtes Lob

Darüber schreibt Lena Bueche aber keine Zeile. Lieber verklärt sie Portale wie «Tsüri», «Bajour» und «Kolt» (aus Olten) zu Rettern des Lokaljournalismus. Dabei sind die Mitgliederzahlen, herkömmlich Abonnenten und in der Republik-Sprache «Verleger» genannt, oft erstaunlich tief. «Tsüri.ch» zum Beispiel hat deren 1200. Allein der Verband Schweizer Regionalmedien umfasst 25 Blätter mit einer Leserschaft nach Wemf von 1,5 Millionen. «Bajour» behauptet, knapp 2500 «Member» zu haben. Die Höngger Zeitung in Zürich zum Beispiel gibt es seit 1926. Jenem Redaktionsteam muss man nicht unbedingt sagen, wie Lokaljournalismus geht. Die Auflage dieses Quartierblattes: 13200.

«Tsüri» hingegen ging kürzlich nach Schwamendingen, einem Aussenquartier von Zürich. Der Artikel beginnt so: «Schwamendingen hat es nicht einfach. Googelst du danach, schlägt dir die Suchmaschine automatisch Schwamendingen Ghetto vor.» Dann folgt die Aufzählung aus Google: «Der Kreis 12 im Norden von Zürich setzt sich aus den Quartieren Saatlen, Schwamendingen-Mitte und Hirzenbach zusammen. Er zählte 2019 rund 33’000 Einwohner*innen. Der Anteil Ausländer*innen liegt mit 35,9 Prozent ein paar Prozent über dem städtischen Durchschnitt von 32,2 Prozent». Undsoweiterundsofort. Das soll also der neue Lokaljournalismus sein. Frau Bueche, schreiben Sie doch nächstes Mal über die wahren Lokalzeitungen.