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Prostitution

Die Vornahme schreiberischer Handlungen gegen Entgelt.

Es gibt den hässlichen Begriff «Schreibnutte». Damit ist gemeint, dass der in Lohn und Brot stehende Journalist völlig frei in seiner Meinung und deren Äusserung ist. Wobei, wenn er von dieser Freiheit Gebrauch machen würde, wäre er seine Stelle los.

Also schreibt er so, wie es sein Medienhaus von ihm erwartet. Das geschieht natürlich nicht durch Anweisungen oder direkte Befehle. Aber ist der Verlag pro Europa eingestellt und himmelt er die weisen Entscheidungen der Regierung in Sachen Corona an, dann ist ein europakritischer Artikel oder eine Abrechnung mit den gesamten Fehlern während der Pandemie nicht karrierefördernd. Überhaupt nicht.

Es gehört dabei zu den vornehmsten Aufgaben des Ressortleiters, spätestens des Chefredaktors, einem aus der Spur geratenen Redaktor sanft beizubringen, dass das überhaupt nicht gehe. Es gibt natürlich auch Redakteure, die haben die jeweilige Hausmeinung so verinnerlicht, dass sie sie für ihre eigene halten. Wir könnten hier Namen nennen, wollen aber unser Portemonnaie schonen.

Besonders nuttig geht es auch bei dem sogenannten «Sponsored Content», gerne auch «Paid Content» zu. Das ist schlichtweg Werbung, die wie ein redaktioneller Beitrag daherkommt.

Ein besonders abstossendes Beispiel hat ZACKBUM bereits erwähnt:

Zwei Seiten Gehudel über Liechtenstein. Kein Wort darüber, dass das ein Raubritterstaat ist, in dem die Gerichte das wilde Wirken von Treuhändern schützen und nur gelegentlich einer dieser Halunken in den Knast wandert. Aber solche schwarzen Flecke auf der angeblich weissen Weste stören in einem Inserat natürlich nur, verständlich.

Aber dieser Beitrag war wenigstens, wenn auch auf Englisch, oben so angeschrieben, dass vielleicht die Hälfte der Leser schnallte, dass es sich um einen bezahlten Werbespot handelte. Aber die «SonntagsZeitung» kann die Beine noch mehr spreizen:

Das hier ist ein redaktioneller Beitrag unter der Rubrik «Reisen». Die Autorin ist eine Reisemarketing-Spezialistin.

Das den «Artikel» begleitende Foto ist von «Liechtenstein Marketing» freundlicherweise zur Verfügung gestellt. Der Inhalt des Artikels ist – Überraschung – eine Lobhudelei auf den «Liechtenstein-Weg». Immerhin steht am Schluss (wie bei den meisten Reise-«Reportagen» der SoZ) verschämt: «Eine Zusammenarbeit von SonntagsZeitung und Liechtenstein Tourismus».

Zusammenarbeit? Was für eine Zusammenarbeit? Ach so, die SoZ stellt den Platz zur Verfügung und zahlt nix für das Machwerk. Kann man noch einen drauflegen? Bezahlte Werbung, die wie redaktioneller Inhalt daherkommt, aber wenigstens als «sponsored» gekennzeichnet ist. Werbung, die als redaktioneller Inhalt daherkommt und nicht gekennzeichnet ist.

Nun ja, Liechtenstein wollte offenbar auf Nummer sicher gehen:

Das hier ist das einzig ehrliche Stück in der ganzen Veranstaltung. Denn klein, aber doch sichtbar steht «Anzeige» obendrüber.

Man kann es mit der Leserverarschung auch zu weit treiben, findet ZACKBUM. Zu weit gibt’s nicht, meint wohl die SoZ.

Nur die allerdümmsten Kälber …

Neben Genderfragen beschäftigt Tamedia Unterwürfigkeit sehr.

«Hinter der Trommel her
Trotten die Kälber                                 
Das Fell für die Trommel                          
Liefern sie selber.»

Das ist von Bertolt Brecht. Es ist denkbar, aber nicht sehr wahrscheinlich, dass Oliver Zihlmann oder Christian Brönnimann, die beiden Heros vom «Recherchedesk» von Tamedia, es kennen. Normalerweise beschäftigen sie sich mit dem Ausschlachten von gestohlenen Geschäftsunterlagen, die sie als «Leaks» oder «Papers» schönreden.

Nun haben sie ein anderes Thema auf die Hörner genommen:

Die USA hätten bereits «16 Schweizer Personen und 14 Schweizer Firmen auf ihre Sanktionsliste gesetzt». Sauber recherchiert, nur wären hier die Fragen: aufgrund welcher Kriterien, welcher Indizien, mit welcher Begründung? Haben sich die Betroffenen tatsächlich eines Verstosses gegen die Sanktionsbestimmungen schuldig gemacht? Wer hat das wo entschieden? Werden hier US-Gesetze oder Schweizer Bestimmungen angewendet? Handelt es sich wieder um einen rechtsimperialistischen Übergriff der USA?

Das alles wären interessante Fragen für Recherchierjournalisten. Daher fühlen sich Zihlmann und Brönnimann davon nicht angesprochen.

Nun haben sich die beiden Asse den Brief nochmals vorgenommen, den die Botschafter der G-7-Staaten an den Bundesrat richteten. Tapfer unterschrieben von allen:

Der US-Botschafter hatte die Schweiz bereits mit dem Loch in der Mitte eines Donuts verglichen, was ihre Teilnahme an den Sanktionen betrifft. Das wären eigentlich zwei Gründe gewesen, ihn zur persona non grata zu erklären. Erstens der Vergleich als solcher, zweitens die Verwendung des Donuts, ein grauenhaftes US-Süssgebäck.

In diesem Brief vom April wird die Schweiz nun nochmals aufgefordert, «verdächtige Finanzstrukturen aktiv zu untersuchen». Mehr noch: «Das Schreiben ignoriert die üblichen diplomatischen Gepflogenheiten und kritisiert die Schweiz massiv für ihr zögerliches Sanktionsregime.»

Um hier die Kirche im Dorf und das Loch im Donut zu lassen: Die Schweiz übernimmt sklavisch und ohne Prüfung alle neuen Sanktionslisten der EU und der USA. Wie klug das für einen neutralen Staat ist, sei dahingestellt. Die rechtsstaatlichen Implikationen sind hingegen gravierend und beunruhigend. Denn ein von solchen Sanktionen Betroffener hat keine Möglichkeit, sich auf dem Rechtsweg dagegen zu wehren.

Das ist ein Skandal, nicht mehr und nicht weniger. Er kann sich lediglich an den Bundesrat wenden, der damit die Aufgaben der Exekutive, Legislative und Judikative auf sich vereint. Ein Skandal. Allerdings beantwortet der Bundesrat solche Anschreiben schlichtweg nicht, sondern schmeisst sie in den Papierkorb. Ein weiterer Skandal.

Darüber hätte dieses Duo von angeblichen Recherchierjournalisten auch schreiben können. Tat es aber nicht. Denn es betreibt keinen Recherchier-, sondern einen Thesenjournalismus. Und die These ist: die Schweiz beteilige sich zu wenig an den internationalen Sanktionen gegen Russland. Aber immerhin mehr als die überwältigende Mehrheit aller Staaten. Denn lediglich 36 Länder haben Sanktionen gegen Russland beschlossen. Zählt man die EU als eine Staatenunion, sind es noch ganze 10, von 199 Staaten auf der Welt.

Aber auch das interessiert die beiden einen feuchten Furz. Stattdessen kommen sie zum Höhepunkt, zum wirklichen Knaller ihrer «Recherche»: «Liechtenstein zeigt, wie man es besser macht.» Liechtenstein? Das Raubritter-Fürstentum in der Mitte Europas, in dem wenige Treuhänder unablässig für Riesenskandale sorgen, die fürstliche Justiz weder willig noch fähig ist, diesen Sumpf auszutrocknen? Wo Stiftungen dekantiert, ausgenommen und bestohlen werden, die Besitzer am ausgestreckten Arm der Justiz gehalten werden, bis sie nach Jahren aufgeben?

Selten so gelacht. Aber nun marschieren die beiden in die Zielgerade: «Im Laufe des Jahres 2022 wuchs in den diplomatischen Vertretungen der G-7 und der EU in Bern die Frustration. Meint die Schweiz es ernst mit den Sanktionen? Oder macht sie nur mit, damit sie nicht weiter unter Druck gerät

Der «Londoner Sanktionsexperte Tom Keatinge» bekommt dann das Schlusswort: Nach dem Problem mit dem Bankgeheimnis sei es nun so: «Wenn jetzt in den Hauptstädten der G-7 ein Verdacht aufkommt, dass die Schweiz den Russen hilft, und sei es nur durch Untätigkeit, dann sind viele bereit, das sofort zu glauben. Das ist politisch brandgefährlich.»

Vielleicht sollte man die beiden tapferen Eidgenossen darauf aufmerksam machen, dass die Schweizer Politik eigentlich in Bern gemacht wird. In den «Hauptstädten der G-7» Stirnrunzeln oder schallendes Gelächter ausbrechen würde, wenn die Schweiz sich dort mit irgendwelchen «Verdächten» melden würde.

Den Russen helfen? Durch Untätigkeit? Das Einzige, was in der Schweiz zählen sollte, ist das Befolgen der Regeln des Schweizer Rechtsstaats. Die Anwendung von Notrecht – oder gar das Einknicken vor Drohungen aus dem Ausland – war noch nie eine gute Idee.

Wenn die G-7 oder die wenigen anderen Staaten, die diese Sanktionen anwenden, sich einen feuchten Kehricht für ihre eigenen Gesetze interessieren, für Rechtsstaatlichkeit, für die fundamentale Eigentumsgarantie, um die Möglichkeit jedes gerade von staatlichen Massnahmen Betroffenen, sich dagegen rechtlich wehren zu können, dann ist das deren Problem. Sie werden die Auswirkungen davon zu tragen haben.

Aber es ist sicherlich nicht ratsam, dass sich die Schweiz auf diesen schlüpfrigen Boden begibt. Dass hier ungeniert und ohne Rücksicht auf diplomatische Gepflogenheiten gedroht wird, ist eine Unverschämtheit. Dass willige Schreiberlinge dem applaudieren, ist eine Dummheit.

Wumms: Uwe Ritzer

Der «Investigativ-Reporter» der SZ lärmt in Tamedia.

Lachhaftes aus Liechtenstein. Ritzer enthüllt weltexklusiv: «Liechtenstein gilt als das Zockerparadies Europas. Nun will eine Initiative den Betrieb von Spielbanken verbieten. Es könnte ein kontroverser Winter werden im friedlichen Fürstentum.»

Hinter dieser hochgeschriebenen Behauptung verbergen sich gleich mehrere, kleine Skandale. Zunächst einmal veröffentlichte Ritzer diesen Artikel zuerst in der «Süddeutschen Zeitung»:

Da der Auslandredaktion von Tamedia bekanntlich kaum mehr einfällt, als den eigenen Bauchnabel zu betrachten, gelegentlich verspätete und markige Kommentare zu schreiben – und Artikel per copy/paste aus der SZ zu übernehmen, erfreuten die unzähligen kopflosen Kopfblätter zwei Tage später ihre zahlende Leserschaft mit dieser Übernahme:

In Liechtenstein ist Zocken seit 2010 auch in Casinos erlaubt. Inzwischen gibt es fünf Stück, bald einmal sollen es acht werden. Dagegen formiert sich offenbar Widerstand, der aber – es handelt sich schliesslich um ein mittelalterliches Fürstentum – zunächst die huldvolle Erlaubnis seiner Durchlaucht des Erbprinzen einholte, wie Ritzer zu berichten weiss:

«Am Anfang, erzählen sie (die Initianden einer Verbots-Initiative, Red.), sei Erbprinz Alois, 54, Sohn des Landesfürsten Hans-Adam II. und Staatsoberhaupt von Liechtenstein, ihrem Anliegen sehr skeptisch gegenübergestanden. Am Ende aber habe er signalisiert, dass er sich dem Ansinnen nicht in den Weg stellen wird.»

Seine Durchlaucht geruhten zu signalisieren, toll.

Nun ist es eigentlich gehupft wie gesprungen, ob in Liechtenstein ein paar Casinos 130 Millionen Franken Umsatz machen oder nicht.

Richtig die Post ab geht in Liechtenstein nach wie vor im Stiftungswesen. Gerade kürzlich hat die milliardenschwere Birkenstock-Familie ihre Kohle ins Ländle verbracht. Noch etwas mehr als 9000 solcher Stiftungen gibt es, an denen sich die Liechtensteiner Untreuhänder goldene Nasen verdienen.

Durch legale Abzocke via Gebühren, unverschämte Honorare oder dem Zuschanzen lukrativer Aufträge, die sie als obligatorisches Mitglied jedes Stiftungsrats einander zuhalten. Oder gleich halblegal durchs Dekantieren, das Umgiessen des finanziellen Inhalts einer Stiftung in ein neues Gefäss, auf das der Stifter keinen Zugriff mehr hat. Oder kriminell, indem sie ins Kässeli greifen und leider viel zu selten dann im Knast landen.

Gerade kürzlich hat die fürchterlich-fürschtliche Justiz dieser Abzocke den Rücken gestärkt, indem sie die Abberufung eines störenden Stiftungsrats, der als Begünstigter den Liechtensteiner Untreuhändern auf die Finger schauen wollte, durch alle Instanzen als legal erklärte. Obwohl der Vorwand lediglich aus einem «Anschein eines möglichen Interessenkonflikts» bestand. Das ist der Hauch eines Nichts, ein Gummibegriff, der jeder rechtsstaatlichen Gerichtspraxis Hohn spricht.

Da gäbe es nun wahrlich genug Storys für einen «Investigativ-Journalisten». Aber ein paar Initianten interviewen und bei denen ein paar Zahlen abmelken, das hat überhaupt nichts Investigatives. Spart aber unheimlich Arbeit und Investigation.

Auch einfacher als das ist, dem arglosen Leser einen Bären aufzubinden. «Zockerparadies Europas». Liechtenstein? Da lacht der Fürscht. Destination Nummer eins ist nach wie vor Monaco. Gefolgt von Baden-Baden. Deauville. Malta. Liechtenstein? Nicht mal unter ferner liefen. Nach Umsatz liegt Frankreich auf Platz eins, gefolgt von Grossbritannien, Deutschland und der Schweiz. Liechtenstein? Figuriert nicht mal unter den ersten Zehn. Hätte Ritzer leicht recherchieren können. Dann wäre aber seine schöne Schwindelschlagzeile futsch gewesen. Also lieber nicht. Aschgrau.