Schlagwortarchiv für: Globe Garden

«Republik» schliessen, Part II

Das vielköpfige und schmalbrüstige Organ ist abgebrannt. Räumt die Ruine weg.

Es begann schon mit dem ersten grossen Artikel. Ach was, der Artikelserie «Race, Class, Guns and God». Da war schon alles drin, was die «Republik» so unsäglich macht. Nicht zuletzt das blöde Englisch.

Die im Januar 2018 veröffentlichte Reisereportage zweier Jungredakteurinnen durch die USA beschäftigte sich zu grossen Teilen mit deren Innenleben oder ihren Auseinandersetzungen. Sie war monströs lang (5 Episoden mit insgesamt über 250’000 A – kein Witz, höchstens ein schlechter). Sie strotzte vor Vorurteilen, Ungenauigkeiten und haute Objekte der Reportage in die Pfanne – in der Annahme, dass beispielsweise ein armer Pfarrer im tiefen Süden der USA doch gar nicht mitkriegen würde, wie ihm geschieht.

Aber Beni Frenkel machte sich damals (als wohl einziger Journalist) nicht nur die Mühe, das Monstrum einem Faktencheck zu unterziehen, sondern er erkundigte sich auch bei einigen der Reportage-Opfer, welche Erinnerung sie denn an den Besuch der beiden Damen hatten. Ein Pfarrer fiel aus allen Wolken, ihm war versprochen worden, allfällige Zitate und Fotos zur Autorisierung vorgelegt zu bekommen.

Pfeif drauf, der merkt das eh nicht, dachte die «Republik». Als der Pfarrer mit Frenkels Hilfe um Richtigstellung und wenigstens um Löschung des Fotos seines Sohnes bat, meinte die «Republik» kaltschnäuzig, er solle das doch in der Schweiz vor Gericht ausfechten, und viel Spass dabei.

Da der Faktenchecker etwas zu viel Gas gegeben hatte, wurde er später auf Antrag der «Republik» vom Presserat gerüffelt. Aber das änderte nichts an der Richtigkeit seiner zahlreichen Hinweise auf Schludrigkeiten, Unsauberkeiten und faktische Falschbehauptungen im Sprachdurchfall dieser Reportage.

Der zweite grosse Knaller, der zum Knallfrosch wurde, war der aufgewärmte Bündner Bauskandal. Eigentlich waren die meisten Fakten schon vorher publiziert worden, nur nicht so süffig und sprachlich meisterhaft aufgeschäumt wie in der «Republik». Dass das Organ als Kronzeugen eine mehr als dubiose Figur verwendete, dessen prozessuale Auseinandersetzungen mit eigenen Familienmitgliedern mitsamt schweren Vorwürfen gegen ihn kein Wort wert war, war nicht der einzige dunkle Fleck in diesem aufgepumpten Skandalstück.

Es folgten der angebliche Mobbing-Skandal an der ETH Zürich, der von der «SonntagsZeitung» in seine Einzelteile zerlegt und zu Kleinholz verarbeitet wurde. Der zweite Grund (nach dem Maisano-Skandal), um dann eine mehrteilige Racheserie über das Monster Tamedia zu verfassen, bei der schon die Fragen so polemisch waren, dass Tx-Boss Pietro Supino von einer Beantwortung absah.

Schon bei der ETH-Story zeigte sich eine weitere unangenehme Eigenschaft der «Republik» wie zuvor bei dem armen Pfarrer aus dem Süden der USA. Gegendarstellungen oder Korrekturen veröffentlicht das Organ nur nach erbitterter (und teurer) Gegenwehr, auch wenn die Faktenlage eindeutig ist.

Ein Riesenstück über die Gewerkschaft «Unia» schloss das Organ hingegen in den Giftschrank. Woraus es dann von einem linksradikalen Organ entwendet und zum Ingrimm der Rothaus-Insassen veröffentlicht wurde.

Dann folgte der «Globe Garden»-Skandal. Ein Schmierenstück über den grössten Schweizer Anbieter von Kinderkrippen. Dort herrschten angeblich unglaubliche Zustände, Kleinkinder würden vernachlässigt, eines sei auch schon mal vom Wickeltisch gefallen, furchtbar. Das alles recherchierte die «Republik», ohne auch nur einmal in einer dieser Krippen gewesen zu sein. Angeblich aus konspirativen Gründen. Alle diese Anklagen bezogen die «Republik»-Macher (mit einer einzigen Ausnahme) von anonymen Quellen, die natürlich zu deren eigenem Schutz nicht identifiziert werden konnten.

Da die Anschuldigungen zudem ohne genaue Zeit- oder Ortsangaben erfolgten, konnte eine von «Globe Garden» in Auftrag gegebene unabhängige Untersuchung keinen einzigen Fall, keinen, dokumentieren. Bei einigen Tatsachenbehauptungen stellte sich allerdings heraus, dass sie faktisch nicht zutrafen. Es war natürlich reiner Zufall, dass die «Republik» diesen neuerlichen wie ein Soufflee zusammenfallenden Skandal gerade dann platzen liess, als sie mal wieder auf Betteltour weilte, um sich vor dem finanziellen Kollaps zu retten.

Wer noch nicht genug hat: es folgt Teil III und Schluss

Skandalnudel «Republik»

Nächster Versuch: Die Bäckerei Bertschi am Pranger.

Es ist der bewährte Konjunktiv-Sound, unterfüttert mit Modalverben, Fragezeichen und dunklem Raunen: «Arbeiten, bis man krank wird? Eine Grossbäckerei, die Aldi, Coop und Migros beliefert, soll Mitarbeiter mit Krediten abhängig gemacht und zu unzähligen Überstunden gedrängt haben. Die Verantwortlichen bestreiten es. Doch die Staats­anwaltschaft hat ein Straf­verfahren eingeleitet.»

Es ist der bewährte Aufmarsch von Kronzeugen; natürlich anonymisiert. Als Knaller der extremste Fall: «Einer von Bertschis Bäckern war Ahmed Abbas, der in Wirklichkeit anders heisst.»  Fleissiger und guter Bäcker, der Lohn stieg, «es schien ein Traum».

Ein Alptraum: «Doch es war die Hölle. 2020 konnte Abbas nicht mehr. Er – Ehemann und Vater zweier Kinder – brach zusammen.»

Was ist geschehen? «Die Zürcher Staats­anwaltschaft hat ein entsprechendes Straf­verfahren eingeleitet, wie ein Sprecher auf Anfrage der Republik sagt. Nähere Angaben zu den Ermittlungen macht er nicht. Er weist lediglich darauf hin, dass für die Beschuldigten «bis zu einem rechts­kräftigen Verfahrens­abschluss» die Unschulds­vermutung gelte.»

Worum geht es genau? Keine Angaben. Wird es zu einer Anklage kommen? Keine Ahnung. Gilt die Unschuldsvermutung? Doch nicht bei der «Republik». Wer hat die Ermittlungen ausgelöst? Eben dieser Abbas, der anders heisst, nicht mehr bei Bertschi arbeitet und deren Verantwortliche «unter anderem der Nötigung, des Betrugs und der gewerbs­mässigen Kredit­vergabe ohne Bewilligung beschuldigt».

Was macht die «Republik»? Das Bewährte, das zuletzt beim Kita-Betreiber «Globe Garden» mit gröbsten Anschuldigungen anonymer ehemaliger Mitarbeiter zum angeblichen Skandal aufgepumpt wurde. Resultat: kein einziger der erhobenen Vorwürfe liess sich in einer gründlichen Untersuchung substanziieren. Gebackene, heisse Luft.

Also auf ein Neues: Die «Republik» hat natürlich «mit verschiedenen heutigen und früheren Angestellten gesprochen, aber auch mit Aussen­stehenden und mit den Verantwortlichen von Bertschi. Manches des Gesagten lässt sich mit Dokumenten belegen, anderes nicht.»

Daher gilt auch hier: lang lebe der Konjunktiv und die verklausulierte Beschuldigung, in der Hoffnung, dass das nicht justiziabel ist: «Was sich nicht ausschliessen lässt: Bertschi soll Kredit- und Darlehens­nehmer oft im Ungewissen gelassen haben, wie hoch ihre Schulden tatsächlich sind.»

Lässt sich nicht ausschliessen? Es lässt sich nicht ausschliessen, dass bei der «Republik» unfähige Recherchierjournalisten arbeiten.

Im Gegensatz zu früher gibt aber die «Republik» den Angeschuldigten immerhin Gelegenheit zur Stellungnahme. Allerdings so demagogisch eingerahmt, dass die Glaubwürdigkeit doch etwas leidet: «In einem der Büros sitzt der Geschäfts­führer, der die Gross­bäckerei seit Juli 2020 leitet. Links von ihm hat Christoph Stutz Platz genommen, ein Anwalt der Zürcher Kanzlei Walder Wyss. Rechts von ihm sitzt Jürg Wildberger, Kommunikations­berater und ehemaliger Chef­redaktor von «Weltwoche», «Facts» und TV3. Beide haben ein Mandat von Bertschi.»

Wer so bewaffnet zum Gespräch erscheint, hat sicherlich mehr als verbranntes Brot zu verantworten. Und was sagt man so? «Die Bertschi-Verantwortlichen bestreiten praktisch alle Vorwürfe.»

Mit denen sie aber offenbar nur zum Teil konfrontiert wurden, damit die «Republik» im Text mit weiteren Beispielen nachladen kann. Es geht also um Überstunden, Kreditvergabe, Abzüge vom Lohn, was ihn unter das Existenzminimum getrieben haben soll. Das erscheint der «Republik» dann doch als etwas sehr luftiges Backwerk, also legt sie als Schlusspointe noch einen drauf. Ein Betriebsunfall, der nun überhaupt nichts mit den vorher beklagten angeblichen Skandalen zu tun hat:

«2015 rutschte in der Gross­bäckerei die ungenügend gesicherte Metall­klappe einer Abfall­presse auf den Kopf eines Mannes, der mit Maler­arbeiten beauftragt war. Der 51-Jährige starb auf der Stelle. Aus diesem Grund wurde der ehemalige Sicherheits­verantwortliche der Bäckerei 2019 vom Bezirks­gericht Bülach wegen fahrlässiger Tötung verurteilt. Das Urteil ist nicht rechts­kräftig, der Fall noch immer hängig

Das leitet über zu: «Hängig ist auch das aktuelle Straf­verfahren der Zürcher Staats­anwaltschaft. Deshalb gilt für alle Beschuldigten die Unschulds­vermutung.»

Das hörte sich allerdings rund 18’000 Anschläge lang ganz, ganz anders an.