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Fehlerkultur

Billionen, Millionen, Hunderttausende? Ist doch egal.

Gedruckt ist gedruckt. Das ist dann blöd, wenn beispielsweise 500 Millionen steht, wo eigentlich 500’000 richtig wäre.

Ein häufiger und beliebter Fehler von unterbelichteten Wirtschaftsjournalisten ist, das englische «one billion» mit «eine Billion» zu übersetzen. Naheliegend, aber falsch. Auf Englisch kennt man die Milliarde nicht, und eine deutsche Billion wäre dann eine «trillion».

Was der Wirtschaftsjourni kann, kann Kulturjournalist Jean-Martin Büttner schon lange. Zum Vielschreiber mutiert, äussert er sich auch zum Fall einer Amerikanerin, die vom verstorbenen US-Verbrecher Jeffrey Epstein sexuell missbraucht und angeblich auch an seine Bekannten weitergereicht worden sei. Darunter auch Prinz Andrew.

Nun habe die inzwischen 39-Jährige damals einen Deal bekommen. Schweigegeld, was all ihre Begegnungen betrifft. Zuerst hantiert Büttner dabei mit der doch etwas überraschenden Zahl von 500 Millionen Dollar. Fällt im Qualitätsorgan Tamedia mit unendlich vielen Kontrollstellen, Produzenten, Blattmachern, Tagesverantwortlichen, Internet-Verantwortlichen plus Korrektorat – niemandem auf.

Also kommt’s so ins Netz. Das fällt dann aber doch dem einen oder anderen aufmerksamen Leser auf:

Diese Kommentare bleiben, der Text sieht allerdings neu so aus:

Weil im Internet eben – im Gegensatz zum Print – spurlos radiert, korrigiert, verändert werden kann, ist es bei Qualitätsmedien Brauch, bei solchen Änderungen eine Anmerkung dranzuhängen, dass in einer ersten Version von 500 Millionen Dollar die Rede war, das aber inzwischen aufgrund von Leserhinweisen korrigiert worden sei, und Entschuldigung auch.

Das ist wie gesagt bei Qualitätsmedien so. Bei Tamedia heisst es einfach «aktualisiert vor …». Mehr Aufhebens wird doch wegen so einem kleinen Fehler nicht gemacht.

Bei jedem Gendersternchen wird dreimal der Sitz überprüft, es werden ganze Seiten über die richtige Verwendung einer nicht-diskriminierenden, nicht-ausgrenzenden Sprache verschwendet. Es werden ganze Abhandlungen zu Binnen-I, Doppelpunkt, Sternchen und anderem Woke-Wahnsinn verfasst. Aber ein Korrigendum bei einem zwar nebensächlichen, aber doch peinlichen Fehler? I wo, digital radiert und verbessert, dann Schlamm drüber.

Corona-Kreischen, aufgepasst

Gute Zeiten für Plakatträger mit «The End Is Near».

Aber vor lauter Empörung, aufgeregter Warnung, Bekrittelung von diesem und jenem entgeht ihnen ein wirklich unglaubliches Ding.

Darauf wies in seiner zurückhaltenden Art gerade der «Beobachter» hin. «BAG erfasst Impfdurchbrüche nicht konsequent», bemängelt das Magazin das «Chaos in der Statistik».

Dazu muss man wissen, dass die Datenerfassung beim BAG von Anfang an ein Trauerspiel war. So wurden über lange Zeit Informationen per Fax (für jüngere Leser: das ist so ein Ding, bevor es das Internet gab) übermittelt.

Dabei ist es doch völlig klar, dass nur eine möglichst umfangreiche und lückenlose Erfassung von Daten eine gesunde Grundlage für Entscheidungen bieten kann. Die dann eben nicht aufgewühlt und aus dem Bauch heraus erfolgen, sondern faktenbasiert.

Aber faktenbasiert ist nicht so das Ding der Weltuntergangspropheten. Allerdings sind sie manchmal zu unfreiwilligem Humor fähig:

«Niemand muss Verantwortung übernehmen.» Dieser Niemand heisst Brupbacher.

Hat der Mann mit seiner Fehlerkultur unterhalb der Hölle ein Schwein, dass er völlig haftungsfrei und ohne Konsequenzen poltern und rempeln kann, weil glücklicherweise niemand auf ihn hört. Also ist es auch völlig egal, ob er seine Fehlprognosen korrigiert oder nicht.