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Schon wieder ein Scharfrichter

Ein Digitalredaktor sieht rot (oder schwarz oder blau).

Matthias Schüsslers Welt sind normalerweise Neuigkeiten aus den Weiten der IT, er schreibt über Gadgets, Computer und alle wichtigen digitalen Fragen des Lebens.

Nun aber ist er persönlich angefasst, und wenn das einem Redaktor passiert, dann darf er allen Lesern ins Hemd heulen. Hier in Form einer «persönlichen Analyse». Das ist eine interessante Formulierung. Eigentlich ist’s ein Kommentar, und analytisch ist nicht viel.

Aber natürlich sagt man im vornehmen Tamedia-Speak nicht «ich bin angepisst». Obwohl man es so meint. Was hat denn nun den Zorn des Schüssler erregt? Nun, Bad Boy Elon Musk, der ja schon einiges getan hat, um Twitter zu xen, hat einen Tweet, ähm, ein X rausgelassen:

Hier beklagt er sich, dass die Werbeeinnahmen von X um 60 Prozent gesunken seien. In erster Linie wegen seines erratischen Verhaltens. Nein, Scherz, ein Autist sieht das nie so. Das sei durch Druck von ADL geschehen («das sagen uns die Werbetreibenden»). ADL ist die Anti-Defamation League, eine 1913 gegründete US-Organisation, die sich gegen Diskriminierung und Diffamierung von Juden einsetzt.

Auf Nachfrage fügte Musk noch hinzu:

Nun ist die ADL eine mächtige Lobby-Gruppe, die zudem nicht ganz unumstritten ist, um es vorsichtig auszudrücken. Ihr wird vor allem vorgeworfen. jede Kritik an Israel als antisemitisch zu brandmarken.

Das kam nun bei Schüssler gar nicht gut an: «Bei diesem einen Tweet von Twitter-Chef Elon Musk kam mir die Galle hoch.» Und wem die Galle hochkommt, der ergiesst sich in die Zeitung:

Offenbar ist Schüssler die Galle ganz, ganz weit nach oben gestiegen, hat das Hirn erfasst und seine «Gefühlslage» schwer beeinträchtigt. Er unterstellt also Musk, dass der die Behauptung, Werbekunden hätten ihn so informiert, erfunden und erstunken und erlogen habe. Daraus schlussfolgert er gallig, dass sich Musk des Juden als Sündenbock bediene. Womit er schnurstracks wo, natürlich, beim Nationalsozialismus gelandet wäre. Oder kurz: Musk bediene sich nationalsozialistischer Propaganda-Stereotype. Hoppla.

Es wäre nun ein journalistisches Vorgehen gewesen, Musk mit der Frage zu konfrontieren, ob er seine Behauptung belegen könne. Aber doch nicht Schüssler in seiner «persönlichen Analyse». Da würden solche berufsethischen Grundbegriffe wie «Konfrontation des Angeschuldigten mit der Kritik» nur stören.

Also droht Schüssler nun mit Rache. Wenn’s richtig blöd läuft, wird sich Musk dann demnächst darüber beschweren, dass X weiter den Bach runtergeht, weil Schüssler den Stab darüber gebrochen hat. Denn der will nun «Nutzerinnen und Nutzer» abzügeln, Musk direkt widersprechen und möglichst viele Nutzer (aber auch -innen, Non-Binäre, Queere und alle Diversen) sollten ausschliesslich dem Account @AuschwitzMuseum folgen.

Das kann sicher nicht falsch sein. Aber ist sich der persönlich analysierende Schüssler eigentlich bewusst, dass er damit Musk nicht nur in die Nähe des Nationalsozialismus, sondern auch noch des Holocausts rückt?

Unglaublich, was bei Tamedia unter weiblicher Leitung alles möglich ist. Ein Amok will darüber entscheiden, welche Bilder aus der Bührle-Sammlung zu entfernen seien. Ein anderer will Rammstein-Konzerte verbieten. Und jetzt will einer Musk an den Karren fahren, weil der angeblich Nazi-Stereotype verwende und in die Nähe des Holocaust gerückt werden müsse.

Wie sagten Asterix und Obelix, die tapferen Gallier, so richtig: die spinnen, die Römer. Würden sie heute leben, würden sie den Begriff Römer ersetzen.

X für ein U?

Kann Rebranding funktionieren?

Twitter gibt es seit 2006. Im Jahr 2022 gab es nach nicht finalen Zahlen 368 Millionen Nutzer. 2023 sollen es nur noch 354 Millionen sein.

Das ist eher ein Zwerg im Ranking der grössten Social Networks. Platzhirsch ist immer noch Facebook mit rund 3 Milliarden monatlich aktiven Nutzern (MAUs), gemessen im Januar 2023. Danach kommt Googles YouTube mit 2,5 Milliarden MAUs, dann WhatsApp mit zwei Milliarden.

Allerdings hat Twitter eine gewisse Bedeutung in politischen Auseinandersetzungen, Kampagnen und Wahlen. Berühmt und berüchtigt wurde es durch Debatten über Beeinflussungsversuche von ausländischen Mächten und natürlich durch die Verwendung (und den Rausschmiss) von Donald Trump.

Twitter und Tweet, das ist in den allgemeinen Wortschatz übergegangen. dafür wurde ganz hübsch Werbekohle ausgegeben. Apropos Ausgaben, 2021 machte die Plattform bei einem Umsatz von 5 Milliarden US-Dollar einen Verlust von über 220 Millionen.

Dennoch hat Elon Musk 44 Milliarden Dollar für den Kurznachrichtendienst ausgegeben. Anschliessend sorgte er mit einer gelinde gesagt erratischen Personal- und Plattformpolitik für ein schweres Erdbeben. Zurzeit wird der Wert von Twitter auf nicht einmal mehr die Hälfte seiner Investition geschätzt.

Da passt es irgendwie, dass Musk nun entschieden hat, auf Logo, Name und Begriff zu verzichten. Die Plattform heisst nicht mehr Twitter, der blaue Vogel ist auch weg, und statt eines Tweets soll man nun ein «X» absetzen.

Dahinter stehe der Plan, sagt Musk, aus Twitter, Pardon, aus X die berühmte Plattform für alles zu machen, von der viele Nerds schon lange träumen und die wohl vom chinesischen «WeChat» am ehesten realisiert ist.

Das würde bedeuten, dass nicht einfach alter Wein in neue Schläuche gegossen würde. Sonst wäre das Unterfangen etwa so wahnsinnig, wie Markennamen und Flaschenform von Coca-Cola zu ändern, aber immer noch die gleiche braune Brause anzubieten.

Rebranding ist meistens dann angebracht, wenn der Name einer Firma oder eines Produkts dermassen verbrannt ist, also negativ besetzt, dass er in einem Neustart nicht mitgenommen werden kann. Es ist nicht mal so selten. Aus Facebook wurde Meta, aus Google Alphabet, wobei aber die Trademarks beibehalten wurden.

Weniger günstig lief es für Karstadtquelle, das in Arcandor umbenannt wurde und dann pleite ging. Andere neue Namen entstanden aus Fusionen, wie Novartis aus Ciba-Geigy und Sandoz. AWD wiederum, der skandalumwitterte Finanzberater von Carsten Maschmeyer, wurde zuerst von Swiss Life für teures Geld aufgekauft, um dann als Namen zu verschwinden; das Produkt heisst heute «Swiss Life Select».

Also ist eine Namensänderung nicht von vornherein der Vorbote einer Katastrophe oder der Befreiungsschlag, der in ganz neue Dimensionen der Profite führt. Allerdings stellt sich bei Twitter tatsächlich die Frage, ob dieser Name und das Logo dermassen verbrannt waren, dass sie durch einen neuen Auftritt ersetzt werden mussten.

Zum Zweiten ist «X» offensichtlich eine Marotte von Musk, ob sich der Buchstabe allerdings tatsächlich für einen Kurznachrichtendienst eignet, ist fraglich. Während twittern lautmalerisch ist und als Begriff in viele Sprachen übernommen wurde, wird sich «x» wohl kaum als Bezeichnung für das durchsetzen, was für (fast) alle bis heute immer noch twittern heisst.

Nun kann man einwenden: als Musk mit der Behauptung antrat, dass er das Autogeschäft revolutionieren werde und das erste massentaugliche und erschwingliche E-Auto bauen, wurde er auch schallend ausgelacht. Er tat nicht nur das, sondern machte seine Produktion von Zulieferketten und Fremdpatenten unabhängig, indem er alles selbst entwickeln liess. Anfänglich ein Riesenaufwand, der sich aber bezahlt machte.

Trotz allem Lärm (und der damit verbundenen Gratis-Werbung) um das X ist und bleibt Twitter bislang ein Nischenprodukt. Nur wenn es Musk gelingt, zu den grossen Playern aufzuschliessen, hat er eine Chance, seine Investition wieder herauszuholen. Dass er das kann, hat bereits mehrfach unter Beweis gestellt. Dass er etwas sprunghaft ist, auch. Tesla läuft schon länger nicht mehr so rund wie am Anfang, während er aber mit SpaceX weiterhin gutes Geld verdient.

Also wird’s echt spannend mit X. Weder die Unken, die eine Bauchlandung prognostizieren, noch die Musk-Fans, die davon überzeugt sind, dass er es schon wuppen wird, haben bislang Recht bekommen.

Da ZACKBUM im Besitz der Glaskugel ist, mit der wir in die Zukunft schauen könne, wollen wir es hier weltexklusiv verraten. X wird … (oh, diese Prognose wurde uns soeben mit einer Superprovisorischen verboten). Nein, mehr dürfen wir nicht verraten, sonst schickt jemand eine Kampfdrohne mit Gesichtserkennungssoftware.

 

Die Gegenwart der Demagogie

Die «Republik» kennt keine Scham mehr.

Constantin Seibt schreibt wieder. Das ist eine ganz schlechte Nachricht. Aber sie hat auch etwas Gutes. Denn 41’663 A Gelaber liest kaum einer. Vor allem, da es mit der Drohung verknüpft ist: «Folge 1».

Wovon? «Die Zukunft des Faschismus». Hat denn der eine? Wenn ja, wo? Für jemanden, der möglicherweise nicht regelmässig seine Tabletten gegen ADHS nimmt, in den USA. Es komme auf den Zustand einer Gesellschaft an, schreibt Seibt. «In einer funktionierenden gilt: Lächerlichkeit tötet. (Zumindest, wenn es um öffentliche Ämter geht.) In der kaputten gilt: Lächerliche töten.»

Hä? Seibt bezieht sich auf den verunglückten ersten Auftritt von Ron DeSantis als Präsidentschaftskandidat bei Elon Musk auf Twitter. Seibt ist weiterhin ernsthaft der Ansicht, dass es um das Ganze gehe. Um alles. Um Demokratie oder Faschismus. Aber auch ihn tötet die Lächerlichkeit nicht.

Deshalb ist er zu tiefschürfenden Analysen gelangt: «Trump bewies, dass Arschlöcher Erfolg haben können, wenn sie in die Politik gehen. Und dass Politiker Erfolg haben können, wenn sie Arschlöcher sind.» Zu solch hammermässigen Einschätzungen kommt Seibt natürlich nicht von selbst; er stützt sich dabei ellenlang auf Mike Lofgren, einer aus dem Meer der US-amerikanischen Kommentatoren.

Aus der geschützten Werkstatt «Republik» riskiert Seibt eine ziemlich dicke Lippe:

«Trump ist vielleicht der bedeutendste Verbrecher in der Geschichte der USA. Doch sicher nicht der begabteste … Trump – ein lebenslanger Trickbetrüger … Denn gerade das Verbrechertum Trumps macht für seine Anhänger einen grossen Teil seiner Anziehungs­kraft aus … Er wird den Rest seines Lebens im Weissen Haus oder im Gefängnis verbringen … Doch dass dieser Mann – letztlich ein Nihilist und Schwachkopf – nun für wahrscheinlich lange, lange Zeit ins Gefängnis kommt, und das ausgerechnet für etwas so Dummes, Albernes, Nichtiges, Nutzloses wie Dokumente nicht zurückzugeben – das hat etwas Passendes.»

Nun ist das schon mal genügend Stoff, um die «Republik» – neben ihren Steuerproblemen, ihren Bettelproblemen und ihren Führungsproblemen – bankrott zu prozessieren. Aber zum grossen Bedauern von Seibt wird sich Trump (oder DeSantis) wohl nicht um so einen kleinen Kläffer kümmern. Wobei sich Seibt wirklich Mühe gibt: «Trotzdem: Die Zukunft des Faschismus gehört eher Bürokraten wie DeSantis.»

Allerdings: keiner liest diesen Quatsch von Seibt bis zum bitteren Ende (der ersten Folge!). Was das Gequatsche mit der Zukunft des Faschismus zu tun hat (soll Trump etwa Faschist sein, DeSantis vielleicht?) erschliesst sich allerhöchstens Seibt selbst. Allerdings: wüsste Seibt, was Faschismus ist, würde er nicht Trump oder DeSantis als Faschisten beschimpfen. Oder aber, er weiss es, braucht aber einfach ein weiteres Schimpfwort, weil er sein ellenlanges Geschreibsel nicht gut «Die Zukunft des Arschlochs» nennen kann.

Dass aber die «Republik» zu diesem Gedöns eine Illustration verwendet, die aus der miesesten Ecke der peinlichsten Demagogie stammt, ist ungeheuerlich.

Den Gegner zu verteufeln, das machen Demagogen, Faschisten, Brandstifter, Hetzer und andere üble Gestalten. Und die «Republik»:

Das ist eine Darstellung von DeSantis für den Artikel von Seibt. Unrasiert, unsympathisch, verkniffen, aber immerhin soweit realistisch.

Und in das verwandelt sich dann DeSantis, als Wechselbild. Ein Teufel in Menschengestalt. Das Böse aus der Hölle. Mit den roten Augen des Gottseibeiuns.

Das ist dermassen perfide und widerlich, dass man der «Republik» wirklich wünscht, dass sie bald ins Fegefeuer käme.

 

Ist KI der K.o. für die Medien?

Textroboter werden besser, Journis schlechter.

Es ist eines der vielen Projekte des Tausendsassas Elon Musk. openai.com hat gerade die Beta-Version ihres Text Creators als Spielfeld mit einigen Freiversuchen freigeschaltet.

Hier kann man sozusagen in einem Text-Photoshop zu beliebigen Themen in beliebigen Längen, Tonalitäten, Stilrichtungen und Ausformungen Texte abholen. Vom Ausgang des Ukraine-Krieges über eine Beurteilung der Präsidentschaft Trumps zu philosophischen Erwägungen oder gar Liebesgedichten mit vorgegebenem Inhalt und Reim-Art.

Die dahinterstehende KI (Künstliche Intelligenz oder Artificial Intelligence) nähert sich immer mehr dem erfolgreichen Bestehen des Turing-Tests. Nach dem ist eine KI dann ausgereift, wenn ein menschlicher Gesprächspartner sicher ist, dass er mit einem anderen Menschen spricht und nicht mit einem Computer.

Sowohl Geschwindigkeit der Reaktion wie auch Qualität des Antworttextes ist dem Schaffen der meisten Schweizer Journalisten eindeutig überlegen. Hier kommt nichts Geholpertes, nichts Verstolpertes, nichts Unfertiges. Wohltuend ist auch: diese KI hat überhaupt kein Bedürfnis, Nabelschau zu betreiben, mit dem Zeigefinger zu wackeln oder der Welt Vorschriften zu machen, wie sie zu sein hätte.

Beispiel gefällig? Beispiel. ZACKBUM verlangte eine kurze Rede, um für eine Revolution aufzurufen. Et voilà:

«Friends, I come here today to ask for a revolution. A revolution of change and action. We must take bold steps to ensure that our voices are heard, that our rights are respected, and that our future is secure. Let us rise up and make our collective dreams a reality. Let us join together in a movement for progress. Let us be the agents of change. Let us start a revolution!»
Damit könnte man locker in einem beliebigen Land in der Dritten Welt ganz hübsch für Action sorgen. Besonders wertvoll für Kindersoldaten in ihren Verrichtungsboxen im Newsroom ist auch dieses Tool:
«Translates difficult text into simpler concepts.»
Hilfreich ist auch der «sarkastische Chatbot Marv». Der reagiert so auf Fragen:
«You: How many pounds are in a kilogram? Marv: This again? There are 2.2 pounds in a kilogram. Please make a note of this. You: What does HTML stand for? Marv: Was Google too busy? Hypertext Markup Language. The T is for try to ask better questions in the future. You: What is the meaning of life? Marv: I’m not sure. I’ll ask my friend Google.»
Unverzichtbar ist auch der Creator einer Restaurantkritik. Da könnten sich selbst Co-Chefredaktorinnen noch ein paar Scheibchen davon abschneiden. Statt über das «Razzia» zu stammeln, kann man hier einfach ein paar Angaben stichwortartig einspeisen; zum Beispiel: «The Blue Wharf Lobster great, noisy, service polite, prices good.»
Daraus entsteht dann: «I recently visited The Blue Wharf and had a wonderful experience. The lobster was excellent and the prices were very good. The only downside was the noise level, but the polite service more than made up for it. Highly recommend!»
Nun wollen wir hoffen, dass dieser Text nicht Pietro Supino unter die Augen kommt. Denn der sähe hier garantiert eine weitere Sparmöglichkeit. Die Zukunft des «Tages-Anzeigers» und seiner Kopfblätter sähe dann so aus: einige Basistexte werden immer noch von der SDA übernommen. Der Sicherheitsmann (oder die -frau), der nachts schaut, ob auch alle Lichter gelöscht sind, kann dann gegen Langeweile aus einer Liste von Vorschlägen der KI einen Titel und Lead auswählen.
Damit wäre bereits die Hälfte des Contents generiert. Ein weiteres Viertel besteht aus Texten, die tel quel aus der «Süddeutschen» übernommen werden. Mitarbeiter des Reinigungspersonals dürfen dort jeweils das ß durch ss ersetzen. Ein Germanistik-Student in Banja Luka kann zur Entspannung neben der Moderation von Kommentaren noch «parken» durch «parkieren» oder «grillen» durch «grillieren» ersetzen. Und gelegentlich aus einer Liste von Helvetismen per Zufallsprinzip ein Wort einstreuen («grüezi, notabene, vorprellen, behändigen», etc.).
Bleibt das letzte Viertel. Davon werden die grössten Brocken von der KI hergestellt. Dieser Aufgabe dürfen sich die beiden Co-Chefredakteure widmen, da braucht es Führungserfahrung und einen ausgeprägten journalistischen Muskel. Also genau das Richtige für Priska Amstutz und Mario Stäuble.
Dann kommt noch die Königsdisziplin, der Kommentar, die Meinung. Auf diesem Spielplatz dürfen sich Oberchefredaktor Arthur Rutishauser, die Mitglieder der Chefredaktion und die Grüss-August-Chefredakteure der Kopfblätter tummeln.
Was bliebe noch? Oh ja, heikel, die lokale Berichterstattung. Da müsste das gescheiterte Projekt «Aurora» neu ansetzen. Zum Beispiel so: Da alle erfahrenen Lokaljournalisten entlassen wurden (zu teuer), kommen sogenannte Leserreporter zum Einsatz. Denen verspricht man eine gloriose Karriere in den Medien und motiviert sie dadurch, gratis von lokalen Ereignissen zu berichten.
Hier kann die KI dann ihre Kompetenz voll ausspielen. Diese Leserreporter holpern ihre Texte in ein Eingabefeld und wählen dann noch die gewünschte Länge, Ausrichtung (kritisch, zustimmend, wohlwollend, ablehnend, skandalisierend, neutral), und schwups: schon entsteht ein fertig produzierter Text, zu dem die KI aus dem Archiv noch ein passendes Foto sucht.
Damit wäre die nächste Stufe der kostengünstigen Herstellung eines qualitativ hochstehenden Bezahlmediums erreicht.
Da es sich eindeutig um eine synergetisch verbesserte Ausgabe handelt, kann dem Leser die frohe Botschaft verkündet werden, dass er für Besseres nicht etwa mehr bezahlen muss. Als Ausdruck der Verantwortung und Bedeutung als Vierte Gewalt im Staat darf Supino in einem seiner seltenen, aber berüchtigten Editorials ausführen, dass es weiterhin eine strikte Trennung zwischen Verlag und redaktionellem Inhalt gäbe (was immer brüllend komisch ist, wenn er als Verlags-Chef redaktionell das Wort ergreift), und dass es dem Konzern gelungen sei, deutliche inhaltliche Verbesserungen kostenneutral umzusetzen.
That’s the future, baby, würde die KI sagen. Und ZACKBUM hofft natürlich auf einen kräftigen Rums auf seinem Spendenkonto.

Wumms: Elon Musk

Wollt ihr mich weiter als Chef?

Eines muss man dem erratischen Genie Elon Musk lassen: «Should I step down as head of Twitter? I will abide by the results of this poll.» Das ist mal eine Ansage.

Rund 17 Millionen Twitterer haben an der Abstimmung teilgenommen, ob Musk als Chef des von ihm für 44 Milliarden US-Dollar gekauften Kurznachrichtendiensts Twitter zurücktreten soll oder nicht. Zugleich verspricht er, sich dem Ergebnis zu unterwerfen.

Musk war an verschiedenen Fronten in die Kritik geraten. Zum einen, weil er kurz nach Amtsantritt praktisch die gesamte Führungsriege und die Hälfte der Angestellten gefeuert hatte – während die Überlebenden bereit sein sollten, auch 80-Stunden-Wochen zu schieben. Nach der Devise: besser jetzt im Büro schlafen als zukünftig auf der Strasse.

Dann hatte seine Politik, Konten wieder zu öffnen und andere zu sperren, ebenfalls für Gebrüll gesorgt. Sogar Regierungen äusserten ihr Unbehagen darüber, was mit Twitter zukünftig geschehen könnte, wenn Musk weiterhin herumfuhrwerkt.

Die Twitternutzer haben entschieden: 57,5 Prozent sind dafür, dass Musk zurücktritt.

Das ist nun unbestreitbar originell. Und sollte Schule machen. Wie wäre es mit einer Abstimmung unter Facebook-Nutzern, ob Mark Zuckerberg zurücktreten sollte? Das Resultat wäre allerdings von Vornherein klar.

Oder wäre das eine Möglichkeit, endlich doch die Volkswahl Schweizer Bundesräte einzuführen? Oder zumindest die Frage zur Abstimmung zu stellen, ob beispielsweise Bundesrat Alain Berset zurücktreten sollte oder nicht.

Schule machen könnte das auch in Biotopen wie «Operation Libero», «Republik» oder «Nebelspalter». Jeweils die Mitglieder oder Abonnenten könnten darüber abstimmen, ob Sanija Ameti, Constantin Seibt oder Markus Somm wegen erwiesener Unfähigkeit zurücktreten sollten. Da aber auch hier die Resultate vorhersehbar wären, wird das leider nicht geschehen.

Geradezu langweilig vorhersehbar war die Reaktion in den Mainstream-Medien, die Musk nicht mögen. Stellvertretend für alle anderen schrieb der «Digitalredaktor» Matthias Schüssler von Tamedia: «Pseudo-Abstimmung, scheindemokratisches Besänftigungsmanöver». Wäre doch immerhin was, wenn sein Oberboss Pietro Supino es auch mal auf ein solches Besänftigungsmanöver ankommen liesse. Das Resultat dürfte auch nicht anders ausfallen.

Grundübel unserer Zeit

Es ist nicht das einzige. Aber Heuchelei ist fatal.

Wie die Betreiber des «Kosmos» sich für das Gute und Bessere auf dieser Welt einsetzen, wie sie alles und alle verurteilen, die diesen hehren Zielen im Wege stehen – und wie sie sich beim Bankrott dieser Seifenblase verhalten, das ist so abgrundtief verlogen und heuchlerisch, dass ihnen niemand mehr in Zukunft edle Absichten und Ansichten abnehmen sollte.

Wie sich das Links-Magazin «Republik» für das Gute und Bessere auf dieser Welt einsetzt, insbesondere alle Steuervermeider und -hinterzieher geisselt – und wie es sich bei der Behandlung seiner eigenen Schlaumeierei auf diesem Gebiet verhält, das ist so abgrundtief verlogen und heuchlerisch, dass niemand mehr in Zukunft edle Absichten und Ansichten abnehmen sollte.

Wie die meisten Mainstream-Medien, auch und gerade in der Schweiz, sich für das Gute und Bessere auf dieser Welt einsetzen – und wie sie sich bei der Bewältigung ihrer üblen Rolle während der Pandemie verhalten, das ist so abgrundtief verlogen und heuchlerisch, dass ihnen niemand mehr in Zukunft edle Absichten und Ansichten abnehmen sollte.

Wie sich der Wertewesten, was im vorherigen Artikel exemplarisch wieder vorgeführt wird, gegenüber den Verbrechen im Jemen (und nicht nur dort) verhält, ist dermassen abgrundtief verlogen und heuchlerisch, dass ihm niemand mehr in Zukunft edle Absichten und Ansichten abnehmen sollte.

Nach dem Versagen in der Pandemie versagen die Mainstreammedien nun nochmals bei der Darstellung des Ukrainekriegs. Hier ist das Versagen noch eklatanter. Niemand, der noch alle Tassen im Schrank hat, kann den völkerrechtswidrigen und vertragsbrüchigen Einmarsch russischer Truppen in die Ukraine verteidigen oder rechtfertigen. Wer der Ukraine gegen die Auslieferung der dort stationierten Atomraketen territoriale Integrität vertraglich zusichert und diesen Vertrag dann bricht, macht sich zum Paria in internationalen Beziehungen.

Wieso das aber Grund genug sein soll, das zutiefst korrupte Regime in der Ukraine, dessen Präsident zwecks Behebung einiger gröberer Probleme eines einheimischen Oligarchen in einer gekauften Wahl an die Macht kam, als Bollwerk von Freiheit und Demokratie umzuschreiben, das zeugt von einer dermassen abgründigen Verlogenheit und Heuchelei, dass niemand diese Berichterstattung ernst nehmen sollte.

Was die naheliegende Frage provoziert: wenn die grössten Teile der Berichterstattung über die Heldenregierung von Kiew einäugig, unvollständig, propagandistisch und unjournalistisch sind, wie steht es dann mit den Berichten aus dem Rest der Welt? Haben die Artikel über die USA irgend etwas mit der dortigen Realität zu tun? Wie sieht das bei China aus? Oder wie steht es um die Darstellung von Personen?

Putin ist ein irrer Kriegsverbrecher. Ist er das und nur das? Selenskyj ist ein strahlender Held des Widerstands. Ist er das und nur das? Donald Trump ist ein notorischer Lügner und Versager. Ist er das und nur das? Chinas Xi ist ein in der Wolle gefärbter Kommunist und Diktator. Ist er das und nur das? Elon Musk oszilliert zwischen Genie und Wahnsinn. Tatsächlich?

Was weiss eigentlich der durchschnittlich aufmerksame und informierte Staatsbürger über die Zustände in Ungarn? In Polen? In Italien? In Frankreich? Was weiss er über die führenden Gestalten, ihre Absichten und Überzeugungen? Mehr als Klebeetiketten, so oft wiederholt, dass sie nicht mehr abzukratzen sind?

Will der Leser wirklich das lesen, was seiner Gewinnungsblase entspricht und reagiert er mit Abscheu und Abbestellung, wenn er mit widersprüchlichen Darstellungen einer widersprüchlichen Welt bedient würde? Oder macht das nicht in erster Linie die Arbeit der überforderten Journalisten und Redakteure einfacher, die aus dem Stehsatz die ewig gleichen Adjektive und Qualifikationen hervorholen können?

Besonders fatal ist diese Entwicklung für Organe, die sich ausschliesslich aus Abonnements finanzieren. Bezahlte Werbung bietet immerhin noch ein  gewisses Gegengewicht, sollte der Leser mit Abbestellung drohen, weil ihn ein Inhalt aus dem Halbschlaf des Ungerechten gerissen hat. Auf der anderen Seite: ist eine solche Leserbasis nachhaltig? Ziehen die mit, wenn eine bessere neue Erkenntnis eine schlechtere alte ersetzt? Wollen die nicht einfach die Wiederholungsschleife hören, für deren Herstellung es weder grosse intellektuelle noch sonstige Anstrengungen braucht?

Eine solche Leserbasis ist schon deswegen nicht nachhaltig, weil diese schablonenhaften Welterklärungsmodelle immer wieder an der komplexen Welt zerschellen. Was dann noch verschwurbeltere Erklärungen nötig macht, was die Glaubwürdigkeit der Hersteller noch mehr ramponiert.

Wer sich darüber wundert, dass die überwältigende Mehrheit der Staaten der Welt keine Sanktionen gegen Russland eingeführt hat, wer sich darüber wundert, dass Europa im Allgemeinen und auch der Schweiz im Besonderen Doppelmoral, Messen mit zwei Ellen und Heuchelei vorgeworfen wird, der hat ein schiefes Bild von der Wirklichkeit.

Eigentlich sollte es doch die wertvollste Aufgabe von Massenmedien sein, ihren Lesern einen Zuwachs an Verständnis der Welt zu liefern. Oder ihnen zumindest Ereignisse in fernen Ländern näherzubringen, deren Entstehen und Ablauf so geschildert wird, dass der neugierige Leser meint, nun etwas zu verstehen, was ihm zuvor unverständlich war.

Gehen wir zum Schluss genauso holzhackerartig vor wie die Mainstreammedien. Wer die Invasion der Ukraine und die dort begangenen Kriegsverbrechen täglich, stündlich und lautstark denunziert, kritisiert und verurteilt – aber alle Schaltjahre einmal dezent darauf hinweist, dass es im Jemen auch nicht gerade gesittet zugeht, obwohl der Jemen genauso ein Beispiel von brutaler Machtpolitik ist, dort noch schlimmere Kriegsverbrechen begangen werden als in der Ukraine –sofern sich das überhaupt gewichten lässt –, wer das tut, ist ein dermassen abgrundtief verlogener Heuchler, dass er über kurz oder lang seine Daseinsberechtigung als Newstransporteur verliert.

Der grösste Irrwitz besteht darin, dass die Macher all dieser Flachnews eigentlich in der Lage wären, Interessantes und Anregendes und Widersprüchliches und Erkenntnisförderndes zu bieten. Zumindest hindert sie niemand daran, zumindest gibt es in der Schweiz keine Zensurgesetze, die das verbieten würden.

Warum tun sie es dann nicht? Der Verdacht liegt nahe, dass die Ursache in einem zweiten Abgrund liegt. In einer abgründigen Dummheit und Unfähigkeit, gepaart mit arroganter Überheblichkeit und Rechthaberei.

Wumms: Elon Musk

Der neue Twitter-Besitzer kriegt’s knüppeldick.

Musk steuere den «Kurznachrichtendienst an den Rand des Zusammenbruchs», weiss der «Spiegel». Aber was weiss der schon; im gleichen Artikel behauptet Autor Alexander Demling: «Der neue Eigentümer ­reaktiviert derweil Trumps Account und holt notorische Charaktere wie den Rapper und Antisemiten Kanye West, der sich inzwischen Ye nennt, zurück auf die Plattform

Ob es nur Unfähigkeit oder Absicht ist? Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieses Artikels war Kanye West schon wieder draussen, vom Chef höchstpersönlich gesperrt. Schon wieder ein Lapsus der grossartigen Dokumentation des Nachrichtenmagazins?

Noch übler geht im Qualitätsorgan «Tages-Anzeiger» Matthias Schüssler zur Sache. Zunächst handelt er die #Twitterfiles ab. Musk liess aufarbeiten, wie zuvor routinemässig bestimmte Tweets gelöscht wurden, vor allem die Demokratische Partei, aber auch die Republikaner, besonderen Zugang zu Twitter hatten und ihrerseits die Löschung unliebsamer Tweets unbürokratisch verlangen und bekommen konnten.

Dazu natürlich der Skandal, dass Twitter einen Artikel der «New York Post» zensuriert hatte, in dem die Affäre um Hunter Bidens Laptop aufbereitet wurde. Vor den Präsidentschaftswahlen hätte das skandalöse Verhalten seines Sohnes Joe Biden möglicherweise entscheidende Stimmen kosten können, wäre darüber in den Mainstream-Medien berichtet worden.

Das alles kann Schüssler nicht wegschreiben, also legt er sich anders in die Kurve: «Musks Wille zur Aufklärung wäre löblich, würde er nicht selbst auf eklatante Weise zur Eskalation beitragen. Musk duldet, dass via Twitter-Files ehemalige Twitter-Mitarbeiter mit Namen und Adressen an den Pranger gestellt werden.»

Natürlich zitiert Schüssler auch die «New York Times», die konstatierte, dass seit dem Ankauf die Zunahme von Hate Speech und Rüpeleien gigantisch sei. Dabei beruft sich die NYT auf «Untersuchungen» diverser NGOs, die wie die Anti-Defamation League Musks politischen Ansichten äusserst kritisch gegenüberstehen.

Das erinnert fatal an die Liste der «Washington Post» über die gesammelten Lügen von Donald Trump. Kein Präsident zuvor habe dermassen oft gelogen, war das vernichtende Fazit, das ungeprüft weltweit übernommen wurde. Dabei hätte eine genauere Analyse der aufgeführten angeblichen Lügen gezeigt, dass die Kriterien so schwammig formuliert waren, dass auch schlichtweg Behauptungen als Lügen qualifiziert werden konnten. Zählte man das alles ab, log Trump nicht häufiger als sein Vorgänger, der Friedensnobelpreisträger Barak Obama. Aber längst hatte sich das Narrativ gebildet und verfestigt.

Das Gleiche wird nun auch bei Musk probiert. Der habe eine rechte Schlagseite, distanziere sich nicht genügend von rechten Hetzern, propagiere Meinungsfreiheit, um in Wirklichkeit üblen Populisten eine Plattform zu bieten.

Arrogant verkündet der Tagi-Autor am Schluss: «Dabei sollte Musk seine arrogante Haltung überdenken, alles besser machen zu wollen.» Um drohend hinzuzufügen: «Falls Musk aber tatsächlich seine politische Agenda über diese Herausforderung stellt, muss jeder Nutzer, jede Nutzerin und jeder Werbetreibende entscheiden, ob Twitter für ihn noch eine Zukunft hat.»

Wenn man solche unverhohlenen Boykottaufrufe liest, ist man doch glatt versucht, zum ersten Mal einen Tweet abzusetzen.

Wumms: Elon Musk

Ein neuer Player mit eigener Meinungsmachmaschine.

Dass Twitter ein Abfallhaufen und eine Zeitvernichtungsmaschine für Kreischer ist, hat ZACKBUM schon mehrfach konstatiert. Nun sollen aber weltweit rund 240 Millionen Menschen Twitter täglich nutzen. In der Schweiz gibt es 1,7 Millionen Profile und rund 800’000 tägliche Nutzer.

Das bewegt sich durchaus in der Grössenordnung der Einschaltquote eines der drei verbleibenden Medienkonzerne oder der NZZ. Also ist Twitter durchaus eine Medien- und Meinungsmacht.

Die hat nun definitiv einen neuen Besitzer. Twitter reicht in seiner Bedeutung nicht an Facebook heran, wo ein verhaltensauffälliger Besitzer die Spielregeln bestimmt. Aber nun hat Twitter ebenfalls einen neuen verhaltensauffälligen Besitzer.

Kann dem Einhalt geboten werden? Vielleicht, denn Spassbremse Viktor Giacobbo hat angedroht, dass er vielleicht Twitter verlassen wird, sollte sich Musk nicht anständig benehmen.

Elon Musk hat angekündigt, Twitter einerseits von Hass- und Shitstorms zu säubern, Trolls und Fake-Accounts zu verbannen. Andererseits möglichst freien Meinungsaustausch zuzulassen. Gegen Musk gibt es bereits Widerstand, es wird sogar seine Enteignung gefordert. Das ruft die «Weltwoche» auf den Plan: «Das alles zeigt, weshalb man Musk dankbar sein muss: Er enthüllt, wie Linke Meinungsfreiheit sehen.»

Da der Artikel nicht von Tom Kummer ist, scheint er ernstgemeint zu sein. Aber beunruhigender als diese aussichtslosen Forderungen einiger Linker ist doch wohl das, was Musk ab und an selbst auf Twitter loslässt. So beglückte er kürzlich seine 112 Millionen Follower mit der Behauptung, es gebe «die winzige Möglichkeit, dass bei dieser Geschichte mehr dahintersteckt».

Eine schmierige Verschwörungstheorie-Webseite hatte die faktenfreie Meldung gebracht, dass der Hintergrund des tätlichen Angriffs auf den Ehemann der Vorsitzenden des US-Repräsentantenhauses Nancy Pelosi darin bestünde, dass es sich um einen Besucher gehandelt habe, einen Stricher, mit dem es eine gewalttätige Auseinandersetzung gab.

Kurz darauf löschte Musk dann seinen Tweet, in dem er diesen Unsinn weiterverbreitet hatte. Wenn das seine Auffassung von mehr Meinungsfreiheit auf Twitter ist, dann wird der Abfallhaufen zur Kloake.

Abfalleimer Twitter

Elon Musk marschierte mit einem Waschbecken ins Headquarter.

Man kann nicht von einer Liebesheirat sprechen. Obwohl Musk den Preis für gewaltig überteuert hält, sah er sich angesichts turmhoher Vertragsstrafen und Schadenersatzforderungen gezwungen, Twitter zu kaufen.

Als erste Amtshandlung feuerte er gleich mal die halbe Führungsriege. Wegen seiner Ankündigung, auch Ex-Präsident Trump wieder den Zugang zu Twitter zu erlauben, raunt es durch die Medien, dass da ein neuer, hetzerischer, populistischer Transmissionsriemen für üble Meinungen, Diskriminierung, Hass und so weiter entstehen könne.

Musk hingegen hat angekündigt, dass er zwar Anhänger von Redefreiheit sei, Twitter aber säubern wolle. Denn während sich viele darauf konzentrieren, Tod und Teufel in den Personen Trump und Musk heranreifen zu sehen, finden mehr oder minder aktuell diese gepflegten Diskurse auf Twitter statt:

Regula Stämpfli kriegt sich nicht ein, dass der Presserat die Beschwerden von Jolanda Spiess-Hegglin abgelehnt hat. Dabei muss sie noch einflechten, – Majestätsbeleidigung – der «TX -Group Chef hat mich blockiert». Weil ihr das noch nicht kreischig genug ist, behauptet sie noch, «Die verlorene Ehre der Katharina Blum» sei «ein Klacks im Vergleich der Macht gegen JSH».

Soweit sich dieses wackelige Deutsch verstehen lässt, will sie offenbar einen Vergleich zum Buch des Literaturnobelpreisträgers Heinrich Böll ziehen, das der in den dunkelsten Zeiten des deutschen Herbsts geschrieben hat. Gut, dass Böll das nicht mehr erleben muss, und wir versuchen Stämpfli zu Gute zu halten, dass sie das Buch wohl weder gelesen noch verstanden hat.

Eine weitere Sumpfblase:

Wenn’s richtig peinlich-unappetitlich wird, ist Marko Kovic nicht weit. Der Wegwerf-Soziologe keift ungebremst: «Das ist schlicht ungefilterter, entmenschlichender Hass.» Himmels willen, hat hier jemand die Auslöschung einer ganzen Bevölkerungsgruppe gefordert? Massenerschiessungen? Deportationen? Ach was, die SVP hat mal wieder ein wenig auf die Kacke gehauen. Und Kovic schmeisst damit zurück.

Aller schlechten Dinge sind drei:

Als wollte Fabian Eberhard beweisen, dass Kurt W. Zimmermann mit seiner ironischen Kritik völlig richtig liegt, dass der «Recherche-Chef» vom «SonntagsBlick» statt zu recherchieren überall Nazis wittert, vollbringt Eberhard auch hier seinen üblichen Dreisprung zwischen eher zusammenhangslosen Ereignissen. Die da wären: ein paar Verpeilte haben eine Gender-Veranstaltung belästigt. Die SVP fordert, dass solche Veranstaltungen nicht mehr durchgeführt werden sollen.

Konklusion à la Antifa-Eberhard: «Die grösste Partei des Landes als Erfüllungsgehilfin von Neonazis». Wer so die Realität zusammenklebt, hat sich als «Recherche-Chef« restlos disqualifiziert.

Das sind nur drei Beispiele unter Tausenden, zu welchem Abfalleimer Twitter verkommen ist, wie dort geholzt, gerempelt, gekeift, gehetzt und Sinnbefreites dargeboten wird.

Man darf gespannt sein, ob es Musk gelingt, diesen Sumpf auszutrocknen. ZACKBUM hat seine Zweifel angesichts dieser massiven Ballung von unappetitlichen Inhalten.

Als Zugabe noch eine Schmonzette. Da erscheint in der «WeWo» ein nicht gezeichneter Beitrag über die neusten Troubles im Verein von Jolanda Spiess-Hegglin. Aber die Autorin kann sich nicht zurückhalten und outet sich auf Twitter.

Daraufhin wird Joyce Küngaka Rabanna Winnetou») wegen ein paar Fehlern in ihrer Meldung kritisiert, was sie nicht auf sich sitzen lassen kann:

Worauf sie gleich nochmal eingetopft wird:

Es ist eben verwirrlich, wenn im Abfalleimer Twitter über die Ereignisse in einem anderen, nun ja, Gefäss berichtet wird …

Wumms: Philippe Zweifel

Multitasking ist sein Element.

Wenn Philippe Zweifel nicht mit seinem Sohn an der Playstation sitzt, kümmert er sich um das grosse Ganze, die Welt, den Frieden, das Zwiegespräch mit bedeutenden Männern, die wichtigen Fragen halt.

Dazu gehört selbstverständlich der Pop-Titan Dieter Bohlen. Den interviewt Zweifel und überrascht ihn mit tiefschürfenden Fragen wie: «Hipster tragen wieder ballonseidene Trainingsanzüge wie Sie damals. Ihr Kommentar dazu

Aber der Tausendsassa findet daneben noch Zeit, sich mit einem Friedensplan von Elon Musk auseinanderzusetzen. Der hatte auf Twitter zur Debatte gestellt, ob es nicht sinnvoll wäre, eine nicht manipulierte Volksabstimmung in den von Russland beanspruchten Provinzen durchzuführen, die Krim als wieder Russland zugehörig in Ruhe zu lassen, während die Ukraine sich als neutral erklärt und somit nicht der NATO beitritt. Die Alternative dazu sei weiteres Gemetzel.

Das fand dann die Ukraine nicht so toll, oder wie es Andrey Melnyk, das Rumpelstilzchen unter den Botschaftern, in seiner diplomatischen Art ausdrückte: «Verpiss dich.» Präsident Selenskij hielt es für originell, unter den Ukrainern eine Meinungsumfrage durchzuführen, welchen Musk sie mehr lieb hätten; einen, der Russland unterstütze oder einen, der für die Ukraine sei.

Dass er diese Umfrage überhaupt online durchführen konnte, hat der undankbare Präsident aber Musk zu verdanken, der mit seinem Starlink-System dafür sorgte, dass die Ukraine weiterhin ans Internet angeschlossen bleibt und so auch wertvolle Informationen über russische Truppenbewegungen bekommt.

Aber statt das zu kritisieren, knöpft sich Zweifel – offenbar gestärkt durch seine Zweikämpfe an der Playstation – Musk vor. Dass der sich via Twitter in die Politik einmische, sei wenig erfolgreich: «Vielmehr zeigt es, dass ein Wissenschaftler, der sich mit nicht wissenschaftlichen Problemen beschäftigt, ähnlich originell ist wie jeder Laie

Also mindestens so originell wie Zweifel, von dem wir aber noch keinen Friedensvorschlag gehört haben. War übrigens auch eine Frage, die er Bohlen ersparte. Vielleicht sollten auch Tamedia-Journalisten zur Kenntnis nehmen, dass jeder so in seiner Liga spielt. Musk in der Oberliga, Zweifel in der seichten Unterhaltungsliga.