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Bimbo? Bimbo!

Was für ein Bimborium. Pardon, Brimborium.

Mit Kunstnamen in verschiedenen Sprachen ist es so eine Sache. Das weiss auch DJ Bobo. Denn bobo heisst auf Spanisch blöd, Idiot. Nun mag das angesichts seiner Musik einigen durchaus passend vorkommen. Aber item.

Der Tagi berichtet nun über ein viel ernsteres Problem. Hand aufs Herz, wissen Sie, wo der Ausdruck Bimbo herkommt? Nein? Das ist die Kurzform des italienischen «bambino», kleines Kind, Also eigentlich noch nichts Schlimmes.

Auf Englisch bedeutet bimbo eine attraktive, aber dumme Frau. Also ungefähr Tussi oder dummes Blondchen. Zuvor wurde er auch auf «unmännliche» Männer angewendet.

Und dann gibt es noch den Ethnophaulismus Bimbo. Also die abwertende Bezeichnung für eine ethnische Gruppe, hier für Menschen mit dunkler Hautfarbe.

Ach, schliesslich noch der Grupo Bimbo, einer der grössten Lebensmittelproduzenten weltweit mit Sitz in Mexiko. Den gibt es schon seit 1945, er beschäftigt rund 140’000 Mitarbeiter und macht einen Jahresumsatz von rund 10 Milliarden Franken.

Dafür hat Bimbo 105 Fabrikationsstätten in 18 Ländern, wo Brot, Brötchen, Kekse, Pasteten und so weiter hergestellt werden. Wer schon mal in einen McDonald’s gebissen hat, dürfte dabei höchstwahrscheinlich ein Bimbo-Brötchen im Mund gehabt haben.

Nun will Bimbo auch in die Schweiz kommen und hat die Wortmarke Bimbo QSR (Quick Service Restaurant) registrieren lassen. Wollte sie registrieren. Denn das Schweizer Institut für Geistiges Eigentum (IGE), gute Sitten und fromme Lebensart hat den Eintrag verweigert. Der Name verstosse gegen die guten Sitten. In einem solchen Fall dürfen die das, aber ist das so ein Fall? Das muss nun das Bundesverwaltungsgericht in St. Gallen entscheiden, denn Grupo Bimbo will das natürlich nicht akzeptieren.

Sie könnten Bimbo auch ohne Markenschutz in der Schweiz verwenden, aber dann könnte jeder, der darauf lustig ist, sich auch Bimbo nennen.

Dass riesige Lagerstätten, Lastwagenflotten und x Produkte mit dem herzigen Bärchen mit dem B auf der Kochmütze und dem Namen Bimbo überall auf der Welt für das Krümelmonster Grupo Bimbo Werbung machen, ohne dass sich bislang jemand daran gestört hat, lässt die woken Sesselfurzer vom IGE kalt. Abwertende Bezeichnung, rasssitisch. Dass schon andere Bimbos eingetragen sind, zum Beispiel der Spielplatzhersteller Bimbo, was soll’s.

Natürlich muss sich hier auch die «Stiftung gegen Rassismus und Antisemitismus» lächerlich machen und lässt im Tagi verlauten:

«Sprache wirkt sowohl auf unsere Wahrnehmung wie auch unser Verhalten», sagt deren Geschäftsleiter Philip Bessermann. Diskriminierende Markennamen könnten deshalb Vorurteile verstärken, Diskriminierung fördern und Bevölkerungsgruppen ausgrenzen. «Das spaltet die Gesellschaft.»»

Ob die Registrierung der Marke eines der grössten Brötchenhersteller der Welt, die seit 1945 existiert, zur weiteren Spaltung der Gesellschaft beiträgt, das wollte Bessermann nicht beantworten. Auch nicht, ob es der empfindsame Gutmensch noch verantworten kann, bei McDonald’s zu speisen, wenn er dabei einen Bimbo verzehrt.

Es ist verblüffend, dass wokes Gedankengut bereits in Amtsstuben Einzug gehalten hat. Und was wohl das im HR eingetragene Laboratorium Odontotecnico Marco Bimbo dazu sagt? Da trägt der Inhaber also einen Namen, der abwertend, rassistisch und überhaupt pfui ist. Denn müsste er dringend ändern, ginge es nach den IGE.

Und wenn wir schon dabei sind: «Apotheke zum Mohrenkönig»? Oder Edina Mohr, Schönheitsberaterin (ausgerechnet)? Emil Mohr AG? Es wimmelt im Handelsregister geradezu vor abwertenden Bezeichnungen und Namen. Bessermann, übernehmen Sie! Wobei, ist das genau betrachtet  nicht auch ein diskriminierender Name? Der beinhaltet doch, dass sein Träger besser als andere Männer sei. Das spaltet die Gesellschaft aber auch ganz schön.

Hilfe, mein Papagei onaniert

Niveau: liefergelegt. Denkapparat: ausgeschaltet. Banalyse statt Analyse. Part 2.

«Held. Staatspräsident. Präsident. Format. Mutig. Grösse. PR-Genie. Tapfer. Vorbild. Gewachsen. Anführer. Mediengenie. Ausgezeichneter Redner. Motivierend. Unterschätzt. Überlegen. Stark. Begeisternd. Landesvater. Treue. Patriotismus. Freiheit. Echt. Authentisch»

Blütenlese eines Tages.

In einem Rechtsstaat gilt, dass ein Angeschuldigter nicht seine Unschuld beweisen muss. Sondern der staatliche Ankläger die Schuld, die über jeden vernünftigen Zweifel erhaben sein sollte. Denn sonst gilt der zentrale Satz: Im Zweifel für den Angeklagten.

Das gilt für alle und überall. Natürlich mit Ausnahme von russischen Oligarchen. Tamedia verfügt offenbar seit Längerem über Insiderkenntnisse, was Roman Abramowitsch betrifft. Früher, ja früher, war er ein gern gesehener Gast, mitsamt seinen Firmen und natürlich Steuergeldern sowie spendablen Ausgaben.

Roman Abramowitsch (links).

Die Berichterstattung war lange Jahre wohlwollend, höchstens etwas verwundert über den Multimilliardär. Das hat sich in den letzten Jahren geändert, und seit dem Überfall auf die Ukraine weht ein eisiger Wind dem Oligarchen ins Gesicht.

Seine Vermögenswerte in der Schweiz sollen eingefroren werden, weiss Tamedia. Und die Rechercheure wissen auch, dass die Schweizer Justiz geamtet hat. Genauer das Bundesverwaltungsgericht in St. Gallen. Dorthin war Abramowitsch gezogen, um die Bundespolizei und andere Schweizer Behörden dazu zu zwingen, Anschuldigungen gegen ihn zurückzunehmen.

Fedpol hatte geurteilt, die Anwesenheit des Oligarchen in der Schweiz sei eine «Gefährdung der öffentlichen Sicherheit sowie Reputationsrisiko für die Schweiz». Der Rohstoff-Magnat sei «wegen Verdachts auf Geldwäscherei und mutmasslicher Kontakte zu kriminellen Organisationen bekannt».

Das wollte Abramowitsch nicht auf sich sitzen lassen und verlangte Streichung, Löschung, Zurücknahme – oder Offenlegung von Belegen für diese Behauptungen. Nun urteilten die obersten Verwaltungsrichter der Schweiz, laut Tamedia:

«Die St. Galler Richter betonen zwar auch, dass die erhobenen Daten Verdachtsinformationen seien. Aber Abramowitsch habe «in keiner Weise» belegen können, dass die Ermittlungsergebnisse grundfalsch wären

An dieses skandalöse Urteil schliesst sich nun sicherlich eine strenge Rüge der Autoren Thomas Knellwolf und Bernhard Odehnal an. Denn das sind sicherlich zwei sattelfeste Verteidiger des Rechtsstaats, Kritiker von Unrechtsstaaten wie Russland. Die Ukraine ist zwar auch alles andere als ein Rechtsstaat, aber das spielt zurzeit nicht so eine Rolle.

Unschuldsvermutung, im Zweifel für?

Eine grosse Rolle spielt allerdings, dass es sich hier nicht um einen normalen Staatsbürger handelt – sondern um einen russischen Oligarchen. Und für die gelten natürlich rechtsstaatliche Prinzipien nicht. Schliesslich weiss man ja, wie die zu ihrem Vermögen kamen. Und wie nah die Putin standen oder stehen.

Und ist es nicht herrlich, dass ihre Flieger nun am Boden bleiben. Die Jachten im Hafen. Die Häuser und Villen versiegelt werden, mitsamt den Bankkonten. Und nicht mal die Black Centurion von American Express funktioniert mehr. Der Rechtsstaat Schweiz auch nicht so wirklich.

Wer die hat, lässt zahlen.

Aber so einen Kollateralschaden muss man doch im Kampf gegen Putin, für die Ukraine, gegen Oligarchen in Kauf nehmen. Nur Putin-Versteher oder nützliche Idioten des Kreml, die zu häufig «Russia Today» geschaut haben, können das kritisieren.

Denn Abramowitsch steht nun auf der Sanktionsliste der EU, und die Schweiz übernimmt die bekanntlich. Die «Republik», sie sei für einmal lobend erwähnt, hat sich etwas Gedanken gemacht, wie man eigentlich als russischer Reicher auf diese Shitlist kommt:

«Ob also ein russischer Oligarch auf einer Sanktions­liste landet oder nicht, wird durch einen vielschichtigen und relativ intransparenten Vorgang bestimmt. Und auch der Zufall spielt wohl mit, ob jemand ins Visier der Sanktions­behörden gerät oder nicht. So hatte beispiels­weise das US-Finanz­ministerium seine 2018 veröffentlichte «Putin-Liste», die als Grundlage für spätere Sanktionen dienen sollte, von der Milliardären-Liste abgeschrieben, die das Magazin «Forbes» im Jahr zuvor veröffentlicht hatte.»

In der Schweiz kann man ja die Liste der «Bilanz» durchforsten … Die ersetzt locker ein ordentliches Strafverfahren mit Urteil. Denn man weiss ja seit Proudhon:

«Eigentum ist Diebstahl.»

 

 

 

 

Genervter Molina

Sein Wunsch nach Weltfrieden wurde nicht erhört. Kritischen Nachfragen wollte er sich zunächst nicht stellen.

In einer ersten Schweigerunde verzichtete SP-Nationalrat Fabian Molina auf die Beantwortung zweier höflich formulierter Fragen, da wir bei ZACKBUM immer allen Gelegenheit zur Stellungnahme geben:

Sie fordern, dass die Schweiz «sofort 10’000 Geflüchteten aus Afghanistan Schutz gewähren» müsse.

Zudem müssten «die Taliban mit Anreizen und Sanktionen» dazu gebracht werden, «die Menschenrechte zu respektieren».

Dazu habe ich zwei Fragen:

  1. Wie sieht bei Ihnen persönlich die Hilfsbereitschaft aus? Wären Sie zum Beispiel bereit, ein, zwei Afghanen Schutz zu gewähren?

  2. Im Fall von Venezuela haben Sie sich vehement gegen Sanktionen ausgesprochen, obwohl dort auch die Menschenrechte nicht respektiert werden. Wie erklären Sie diesen Widerspruch?

Gar nicht erst ignorieren, sagte sich der Nationalrat. Unverdrossen schob ZACKBUM eine weitere Frage nach:

Inzwischen habe ich auf ZACKBUM den Hilferuf eines afghanischen Journalisten veröffentlicht, der seit drei Jahren ohne Asylantenstatus in der Schweiz lebt.

Halten Sie es für möglich, statt vollmundig Forderungen aufzustellen, sich konkret für diesen Menschen einzusetzen?

Ismael Shahamat ist ein Mensch, in erster Linie, erst danach Afghane, Flüchtling, Vater, Ehemann, Journalist. Er ist seit drei Jahren in der Mühle der Schweizer Asylgewährung und kann über die ewigen Politikerfloskeln der unbürokratischen Behandlung angesichts der Katastrophe in Afghanistan nur bitter lachen.

Gestern bekam er ein Schreiben des Bundesverwaltungsgerichts, wo sein Fall liegt. Und liegt. Und liegt:

Wenn der richterliche Amtsschimmel wiehert und labert.

Shahamat fürchtet nicht nur um das Leben seiner Frau und Töchter in Afghanistan. Er möchte auch gerne wissen, ob er in der Schweiz eine berufliche Perspektive bekommt, sich nach drei quälenden Jahren mit seiner Familie wiedervereinigten kann. Dazu meint das BVG zunächst einfühlsam:

«Den Wunsch nach einem baldigen Verfahrensabschluss haben wir zur Kenntnis genommen.»

«Verständnis, grosse Sorge um Ihre Familie, angesichts jüngster Entwicklungen, berufliche Perspektive», blabla.

Schnurstracks zur guten Nachricht: «Wir können Ihnen mitteilen, dass das Verfahren in Bearbeitung ist.» Breaking News, würde CNN oder BBC aus dieser Ankündigung machen. «Baldigen Abschluss, bemüht, viele Verfahren, seit längerer Zeit hängig

Aber: «Wir können Ihnen deshalb keine verbindlichen Angaben über die voraussichtliche Dauer bis zum Urteilszeitpunkt machen. Freundliche Grüsse, Instruktionsrichterin.»

Auf Deutsch: Ja, ja, schlimm das mit Afghanistan, dumme Sache mit Ihrer Familie und Ihrer Zukunft. Aber wissen Sie was: Das Verfahren dauert doch erst drei Jahre, zwar haben nun die Taliban wieder die Macht ergriffen, aber kein Grund zum Hyperventilieren. Wir tun halt mit peristaltischen Bewegungen, was wir können. Schliesslich liegt doch alles in Gottes, Pardon, Allahs Hand.

Zurück zum solidarischen, fordernden, aber leicht angepissten SP-Genossen. Den machte unsere absichtsvolle Ankündigung bei der zweiten Frage hellhörig: «Gerne werde ich über Ihre Reaktion berichten

Als junger, aber dennoch schon abgewetterter Poltiker befürchtete Molina einen möglichen Reputationsschaden, sollte er weiterhin verkniffen schweigen. Also raffte er sich zu einer Antwort auf, nicht ohne zunächst ein talibanartiges Verständnis von Pressefreiheit zu zeigen:

«In der Tat habe ich auch noch anderes zu tun, als auf Ihre unqualifizierten Gehässigkeiten zu reagieren.»

Obwohl ihn diese Gehässigkeiten daran hindern, die Welt, Afghanistan und die Schweiz zu retten, holte er immerhin drei Antworten aus dem Stehsatz. Und schloss mit der Bemerkung: «In der Hoffnung, dass Sie meine Ausführungen zur Kenntnis nehmen und in ihrem Blog entsprechend berücksichtigen.»

Mindestens so nett wie die Taliban: Fabian Molina.

Aber natürlich, Herr Nationalrat, machen wir gerne. Hier seine Originalantwort, ungekürzt und unzensiert. Packungsbeilage: der Leser möge Schäfchenzählen als Einschlafhilfe vergessen, das hier wirkt viel besser:

«1) Das Recht auf Asyl ist ein grundlegendes Menschenrecht, zu deren Gewährung alle Staaten auf Grund der Genfer Flüchtlingskonvention verpflichtet sind, wenn eine Person an Leib und Leben bedroht oder aufgrund einer persönlichen Eigenschaft verfolgt ist. Das Recht auf Asyl ist auch in der Europäischen Menschenrechtskonvention und der Bundesverfassung verankert. Menschenrechte sind Rechte gegenüber Staaten. Sie werden sicher festgestellt haben, dass ich kein Staat bin. Entsprechend kann ich auch niemandem Asyl und Schutz gewähren. Bereits letztes Jahr haben sich aber 16 Schweizer Städte bereit erklärt, mehr Geflüchtete aufzunehmen. Die Justizministerin hat diese humanitäre Geste bisher erfolgreich verunmöglicht. Kurz: Ihre Frage stellt sich nicht. Grundsätzlich bin ich der Auffassung, dass staatliche Verpflichtungen durch Staaten eingehalten werden sollten. Sollte die Schweiz nicht mehr in der Lage sein, ihre internationalen Verpflichtungen zu erfüllen, bin ich selbstverständlich bereit zu helfen, wie ich es bereits heute mit der finanziellen Unterstützung von Menschenrechts- und Asylorganisationen tue.

2) Gerne verweise ich Sie in diesem Zusammenhang auf diesen Beitrag. Ich bin und war nie grundsätzlich gegen Sanktionen im Falle Venezuelas. Sanktionen sind ein wichtiges Instrument zur Durchsetzung der internationalen Rechtsordnung. Ich setze mich deshalb für eine Rechtsgrundlage für eigenständige Smart Sanctions ein. Die aktuelle venezolanische Regierung hat ihre internationalen Verpflichtungen, insbesondere zum Schutz der Menschenrechte, zweifellos mehrfach verletzt, so wie es auch die Uno-Hochkommissarin für Menschenrechte festgestellt hat. 2018 habe ich mich gegen die neuen Schweizer Sanktionen ausgesprochen, weil sie den damals laufenden Verhandlungsprozess zwischen Regierung und Opposition sabotierten und einer eben verabschiedeten Resolution im Uno-Menschenrechtsrat widersprachen. Gegen gezielte Sanktionen gegen venezolanische Funktionäre, wie sie heute in Kraft sind, spricht aber nichts.

3) Der tragische Fall von Herrn Shahamat ist mir bekannt. Als Mitglied des Parlaments habe ich auf Grund der Gewaltenteilung keinen Einfluss auf Einzelfälle. Die SP fordert aber die unbürokratische Familienzusammenführung für alle Afghan:innen, die sich bereits in der Schweiz befinden. Auch haben wir uns stets für den grosszügigen Schutz von Afghan:innen in der Schweiz eingesetzt. Nach der heutigen Kommunikation des Bundesrats ist leider nach wie vor unklar, wie die Schweiz mit der Frage der Familienzusammenführungen umgeht. Ich stehe dazu aber in Kontakt mit dem SEM und werden gegebenenfalls entsprechend parlamentarisch aktiv werden.»

 

 

 

 

 

 

 

UKW: ohne uns

Jammern, betteln, feuern. Alltagsnews aus den Medien. Dann tut einer was – und Schweigen herrscht.

Der Mann ist 75 und muss in einen Jungbrunnen gesprungen sein. Man mag ihn mögen oder sich an ihm reiben: Energie hat Roger Schawinski für zwei. Nach Abstechern in alle Formen von Multiplikatoren ist er seit einiger Zeit zu seinen Wurzeln zurückgekehrt und macht das, was er wie kein Zweiter kann: Radio.

In seinem Element: Roger Schawinski.

Gegen «Radio 1» senden die übrigen Privatradios Dudelfunk mit unsäglich flachwelligen Wortbeiträgen. Schawinski hat dagegen das Talk Radio in die Schweiz geholt. Zunächst fünf Mal die Woche, nun noch zwei Mal unterhalten sich Experten, Politiker, Wissenschaftler und jeder, der etwas beitragen will, mit Schawinski über alle Aspekte der Pandemie.

Immer frisch, immer live. Immer mit einem Schawinski, der sich überraschen lässt, wer ihm alles als Gesprächspartner vorgesetzt wird. Auf so eine Idee sind die viel ressourcenstärkeren Blödfunker aus dem Hause Wanner und die übrigen Privat- (sowie Staats-) Radiomacher nicht gekommen.

Einer der Unterschiede, wenn einer von Beruf Sohn, der andere Radiomacher mit Herzblut ist. Der andere Unterschied: wenn Schawinski mit einer Entscheidung nicht einverstanden ist, dann tut er was dagegen.

Man kann, darf und soll unterschreiben.

Ab nächstem Jahr will die Schweiz – notabene als einziges Land in Zentraleuropa, die Radio-Übertragung auf UKW einstellen. Die SRG geht mit schlechtem Beispiel voran, dann folgen alle Privat-Radios. Alle? Nein, eine Ausnahme gibt’s natürlich. Was soll denn das? «Er war der Erste unter den Privaten, und möchte offensichtlich auch der Letzte sein

Die Ersten werden die Letzten sein?

Sagt Florian Wanner, als Bewährungsprobe zum Chef des kunterbunten Wanner-Imperiums an elektronischen Medien eingesetzt. Er selbst sieht überhaupt keinen Bedarf, etwas gegen diese Abschaltung zu unternehmen. Das ist sein gutes Recht. Nun protestiert aber Schawinski nicht nur auf allen Kanälen dagegen, so zuletzt in der NZZaS mit einem Kommentar. Sondern er hat auch eine Petition gestartet, mit (Stand Montag) über 7000 Unterschriften bislang.

Zudem ist Schawinski bereit, ans Bundesverwaltungsgericht zu gelangen, um das Zustandekommen dieser Entscheidung zu kippen. Ebenfalls am Sonntag holte sich Schawinski den wohl erfahrensten Radiotechniker ins Studio für einen «Doppelpunkt». Markus Ruoss hatte damals einen wichtigen Beitrag dazu geleistet, dass das Piratenradio von Schawinski vom Pizzo Groppera aus in bester Sendequalität in Zürich empfangen werden konnte.

Inzwischen ist Ruoss vehementer Befürworter von DAB+ und ebenfalls von der Abschaltung der UKW-Übertragung. Also ein spannendes Battle, das nur entsteht, wenn der Besitzer des Mikrophons einem kompetenten Widerpart Gastrecht gibt. Deshalb gibt es vergleichbare Sendungen auch bei, ähm, also bei, na, verflixt, niemandem. Vielleicht noch im «Talk täglich», früher mal, als Markus Gilli hier noch Gas gab. Und wer hat’s erfunden?

Alles Absprache, alles Schiebung?

Im «Doppelpunkt» liess Schawinski wie nebenbei noch eine weitere Bombe platzen. Er sagt, dass Vertreter der Privat-Radios schon 2016 mit der damaligen Bundesrätin Doris Leuthard die UKW-Abschaltung beschlossen hätten. Als Gegenleistung seien die Senderlizenzen stillschweigend von 2018 bis 2024 verlängert worden.

Das darum, weil Radio Energy 2008 kurzfristig die Lizenz abhanden gekommen war. Darin sieht Ruoss nichts Skandalöses, Schawi schon. Ganz abgesehen davon, dass durch eine Umstellung auf DAB+ aus vielen UKW-Radiogeräten Elektroschrott würde. Die Hörer zahlen diese Umstellung, ist eines seiner stärksten Argumente, zudem ist in jedem zweiten Auto nur UKW-Empfang möglich.

Also eine ganze Latte von Argumenten, eine Petition, ein absehbarer Rechtsstreit, ein nicht ganz unwichtiges Thema. Damit sorgt Schawinski sicher für Aufmerksamkeit in den Schweizer Medien, und sei es nur, um ihm einmal mehr eitle Selbstdarstellung von einem, der nicht loslassen kann, vorzuwerfen.

Es geht. Ohne Duplikate finden sich in der smd haargenau 5 Artikel zu diesem Thema. Bei CH Media schaffte es Schawinski immerhin zu einer Meldung in der Sammelrubrik «Paradeplatz». Nur «persoenlich.com» liefert kontinuierliche Berichterstattung. Ringier, NZZ, Tamedia? Schweigen im Walde, tiefes Schweigen. Ausser einem Kurzkläffer im «Blick», der mal wieder zeigen möchte, was nackter und hässlicher Konzernjournalismus ist; Titel: «Unsinnige Lösung eines nicht existierenden Problems». So sähe das auch, Überraschung, das Ringier-Radio Energy.

Man muss halt Prioritäten setzen

Während ein einziges Wort, von Adolf Muschg in der Sendung «Sternstunde Philosophie» geäussert, hohe Wellen schlägt, ist das Thema «wieso sollte die Schweiz als fast einziges Land UKW-Übertragungen abschalten?» keine Notiz wert. Könnte zwar Hunderttausende von UKW-Empfängern interessieren, denen Schwünge am Reck über die erlaubte und verbotene Verwendung des Begriffs Auschwitz schwer an einem bestimmten Körperteil vorbeigehen.

Aber das Thema ist ein Bitzeli komplexer als Auschwitz oder Sophie Scholl. Das macht’s bereits unattraktiv. Und welcher Journalist von CH Media würde sich noch trauen, das Thema überhaupt anzufassen, nachdem sich Sohn Wanner so klar positioniert hat. Oder bei den anderen grossen Medienhäusern, die sich offensichtlich ein Schweigegelöbnis auferlegt haben.

Ein weiterer Grund, wieso die viel beklagte Medienkrise zu guten Stücken selbstgemacht ist.

Packungsbeilage: René Zeyer ist schon diverse Male in Sendungen von Schawinski aufgetreten.