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Applaus zum 1. Mai

An diesem Arbeiterkampftag eine Revue revolutionärer Organe.

Wann, wenn nicht am 1. Mai, der in Deutschland von den Nationalsozialisten zum allgemeinen Feiertag gemacht wurde, wäre es passender, mal ein paar restrevolutionäre Organe auf ihre publizistische Tauglichkeit abzuklopfen.

In der Pole Position ist dabei wohl «barrikade.info». Wie es sich für linke Organe gehört, ist die Selbstdarstellung ellenlang. Ein Auszug:

«barrikade.info ist eine offene Informations-Plattform, auf der alle Personen und Gruppen aktuelle Nachrichten, Analysen und Debatten aus einer emanzipatorischen und revolutionären Perspektive verbreiten können. Die Webseite wird von einem Kollektiv betreut. Dabei besteht der Anspruch, als Plattform nicht nur für, sondern auch Teil der aktuellen revolutionären Kämpfe in der Deutschschweiz zu sein

 

Wo liegen denn die Grenzen des Publizierbaren?

«Auf der Webseite werden keine Texte und Beiträge veröffentlicht, die Formen von Diskriminierung und Unterdrückung enthalten. Ebenfalls ist die Website keine Plattform für Parteipropaganda, Wahlkampf oder Mitgliederwerbung. Das Kollektiv erwartet die Nutzung des Gender*sternchens. In der Sprache drückt sich der latente Sexismus aus. Mit der ausschliesslichen Nutzung der männlichen Schreibweise wird das binäre Geschlechtersystem, sowie die patriarchale Gesellschaftsordnung untermauert.»

Das sind doch schon mal zwei Ansagen. Und die Realität am 1. Mai? Der Aufmacher auf der Homepage ist das Programm (immerhin in Deutsch und Englisch) des «Anarchistischen Infoladens Borke». Der will «einen Treffpunkt schaffen, um uns zu vernetzen, von- und miteinander zu lernen, zu diskutieren und uns zu organisieren». Allerdings ist das nur donnerstags und freitags von 16 bis 20 Uhr in der Reitschule möglich. Dessen Organ «Megafon» hat nur einen lausigen Online-Auftritt.

Man kann das zuoberst auf der Webseite von barrikade nicht unbedingt als Knallernews bezeichnen. Auch «Mit Zürich Solidarisch an den 1. Mai!» ist – abgesehen von der wackeligen Rechtschreibung – nicht wirklich ein Burner. Auch die Behauptungen hier sind eher grenzwertig:

«Seit mehr als zwei Jahren kämpfen wir gemeinsam mit Arbeiter*innen für bessere Arbeitsbedingungen, mehr Respekt und vor allem gegen miese Chefs! Immer wieder konnten wir zeigen, dass wir gemeinsam stark sind, dass wir zusammen etwas gegen die Angriffe und Schikanen der Bosse machen können.»

Das «Anarchistische Kaffee in Kleinbasel» stellt die Forderung auf «Free Benni» und informiert über die «Repression in Leipzig», über eine «scheinbar nie enden wollende Welle der Repression». Auch die dritte Meldung glänzt vor allem mit Skurrilitätenkabinett: «Glasbruch bei AXA in Muttenz». Denn: «In der Nacht vom 23.April 2024 haben wir die Filiale von AXA an der Hauptstrasse 40 in Muttenz BL mit Farbe und Hammer angegriffen.» Und warum erfolgte dieser schwere Angriff? «Durch seine Investments ist der französische Versicherungs-Gigant ein direkter Financier der israelischen Besatzungs- und Kriegs-Politik in Palästina.» Nach dieser Attacke erwarten wir doch, dass AXA zukünftig von solchen Investments Abstand nimmt.

Dann hätten wir diese hier:

Was wollen denn die? Eigentlich alles: «Der revolutionäre Aufbau kämpft für eine revolutionäre Veränderung des gegenwärtigen politischen und ökonomischen Systems.
Wir kämpfen gegen den Kapitalismus im Allgemeinen, gegen Entlassungen, Lohndrückerei im Betrieb und gegen die Diskriminierung der Frauen. Ebenso kämpfen wir gegen den Notenstress in den Schulen, gegen die staatliche Repression, gegen die Zerstörung der ökologischen Grundlagen, gegen die Faschos, gegen den imperialistischen Krieg und gegen die reaktionäre Hetze im Besonderen.»

Das Programm ist gross genug, auch am 1. Mai werden Grenzen gesprengt und Perspektiven erkämpft (wobei man sich fragt, wie das gehen soll). Auf jeden Fall: «Nichts bleibt, wie es ist, und die alte Ordnung bröckelt. Der kriselnde Kapitalismus treibt alle vor sich her. … Der Kapitalismus hat keine Perspektive mehr. Um so wichtiger ist es für die Herrschenden, den Ausgebeuteten und Unterdrückten einzureden, dass es keine Alternative gäbe.»

Da sind wir echt froh, dass der revolutionäre Aufbau Gegensteuer gibt. Allerdings ist es nicht ganz klar, ob dieser 1. Mai bereits zur Revolution führt – oder erst der nächste. Wer mehr wissen möchte, kann sich im Schweizerischen Sozialarchiv in die längliche Geschichte des RAZ vertiefen.

Aus der anarchistischen Ecke, trotz grosser Tradition in der Schweiz, ist leider kein Internetauftritt auffindbar, von der PdA ist nur noch die PdA Zürich übrig, die auf ihrer Webseite eher sporadisch zum Griffel greift. Aber immerhin bietet sie noch eine «Kommunistische Lesegruppe» in der Tradition der MASCH an. Und am 1. Mai will sie mit dem Slogan teilnehmen «Kapitalismus macht krank. Genesung durch Kommunismus». Gesundheit, Genossen!

Richtig tatkräftig ist dann noch der «Funke»:

Auch die haben keine kleinen Absichten: «Unser Ziel ist nicht weniger als eine neue Welt: der Sturz des Kapitalismus und der Aufbau einer Gesellschaft ohne Ausbeutung und Unterdrückung.»

Da haben nun einige Gründungsmitglieder eingesehen, dass das leider innerhalb der SP nicht zu machen ist. Also vorwärts im Sinne Lenins, und rückwärts ins Mausoleum am Roten Platz.

ZACKBUM befürchtet allerdings: mit diesen Revolutionären wird’s demnächst nix mit dem Umsturz der kapitalistischen Ordnung in der Schweiz. Schade auch.

 

Wo ZACKBUM scheitert

Selten, aber wieso nicht: Einblick ins «making of».

Es ist nicht so, dass ZACKBUM alles verwertet, worauf das schweifende Auge fällt.

Zum Beispiel wollten wir unserer Berichterstatterpflicht nachgehen und haben mal wieder drei Organe angeschaut, von denen wir jüngst nicht viel vermeldeten.

Gut, das gilt nicht unbedingt für die «Republik», aber sei’s drum. Da die 50 Nasen ja zusammen einen kleineren Ausstoss als ZACKBUM haben (wenn man die Ankündigungen, Briefings usw. abzählt), nehmen wir da immer den Wochenausstoss. Nur: 22 Resultate (Treffer oder Artikel kann man das schlecht nennen) seit Freitag letzter Woche. Darunter nichts Brauchbares. Nichts Erwähnenswertes. Nicht mal die schreibende Schmachlocke böte Anlass für Spass und Tollerei. Sie ist verstummt. Alles andere ist weder interessant, noch Anlass für Aufregung. ZACKBUM ist besorgt. Na ja, nicht wirklich.

Der Blick schweift zu «bajour». Das ist dieses Krematorium von Millionen einer Milliardärin. Fasnacht ist zwar in Basel vorbei, aber aus dem Thema lässt sich locker noch was rausmelken, vor allem, da die Artikel auf der Homepage schnell einmal gut gelagert, veraltet, von gestern oder vorgestern sind. Inhaltlich, nun ja: «Vegi sein an der Fasnacht ist eine Challenge. Vorab: Wir wissen, dass die meisten Käsegerichte aufgrund des Labs nicht vegetarisch sind. Wir essen sie trotzdem und bewerten sie für dich.» Gaga.

Und wie geht’s denn dem «neuen Berner Journalismus», also der «Hauptstadt»? Aufmacherstory:

Jaw drop factor 1000. «Berndeutsch-Pop mit wuchtigem Inhalt», ««Pumptrack» – «Hauptstadt-Brief #284»», «Eigentlich würde die Saatkrähe gerne auf dem Land leben. Doch in der Stadt findet sie heute mehr hübsche Baumreihen, in denen sie sich wohlfühlt, schreibt unsere Wildtierkolumnistin.» Also wenn man Titel oder Lead schon nicht versteht oder lesen will, was soll’s dann? Wann gibt es hier endlich eine würdige Bestattung?

Ach, als Zugabe noch die «Barrikade»:

Da sind wir dabei, allerdings nur zusammen mit «Frauen gegen das Matriarchat». Ach, und da müssen wir natürlich gratulieren:

Ohne das «Megafon» der Radikalinskis der Berner Reitschule wäre die Welt viel schlechter, Michèle Binswanger könnte sich nicht über eine missratene Karikatur ärgern, der Berner Steuerzahler wüsste nicht, wohin mit dem Geld.

Ach, und noch ein Absackerchen. Hier heisst es warten und warten und warten:

Dürfte ZACKBUM da eine leichte Akzentverschiebung vorschlagen? Wäre nicht «Wir entreichern Frauen» passender? Ach, und da wäre noch die gross angekündigte Expansion nach Deutschland:

Dä Schnäller isch dä gschwinder, wie man in Deutschland so sagt. Aber wenn 350 Franken schon zu viel sind … Übrigens, alternativ bietet dieser Domainhändler auch bunga-bunga.ch (200 Fr.), bumsertreff.ch (600 Fr.), biersexuell.ch (350 Fr.) oder dumme-namen.ch (200 Fr.) an. Unser Liebling ist zehn-kleine-negerlein.ch (400 Fr.).

 

«Republik»: links überholt

Die Redaktion zerlegt sich selbst.

«Dieser Artikel ist Teil einer Artikelreihe des Republik-Magazins, welche jedoch nie erschien. Wir haben uns dazu entschlossen, die Artikel zu prüfen und fortlaufend zu veröffentlichen. Der Republik wurde die Chance gegeben, die Artikel selbst zu überarbeiten und zu veröffentlichen — dies lehnten sie aber ab.»

Das steht unter einem «Republik»-typisch länglichen Artikel über unhaltbare Zustände in der Gewerkschaft Unia. Nur ist die Artikel-Serie auf «barrikade.info» erschienen, nicht etwa in der «Republik».

Das Web-Magazin versteht sich als «eine offene Informations-Plattform, auf der alle Personen und Gruppen aktuelle Nachrichten, Analysen und Debatten aus einer emanzipatorischen und revolutionären Perspektive verbreiten können».

Dazu gehört seit dem 7. März, dass hier eine Artikelserie veröffentlicht wird, über deren Existenz in der Branche schon lange gemurmelt wurde. Denn es war bekannt, dass die «Republik» anlässlich der Affäre Burger in der mächtigsten aller Schweizer Gewerkschaften recherchiert hatte. Und beschloss, die daraus entstandenen üblichen 120’000 Anschläge in den Giftschrank zu stecken – und die Existenz der Recherche auch ZACKBUM gegenüber zu leugnen.

 

Nun ist es offensichtlich so, dass «barrikade.info» eher nicht in den Archiv-Server der «Republik» eingebrochen ist. Also muss ein mit dieser Entscheidung nicht einverstandener Mitarbeiter der «Republik» offenbar beschlossen haben, die Artikelserie anderweitig ans Tageslicht zu befördern.

Inzwischen sind alle vier Teile erschienen. Mediales oder sonstiges Echo: null. Das ist das Schicksal der meisten Artikel der «Republik», selbst wenn sie von ihr selbst veröffentlicht werden. Und was sagt das Organ der richtigen Denkungsart dazu, dass man ihm einfach Texte aus dem Archiv klaut?

Natürlich – nichts. Stattdessen braucht es die gemeinsame Anstrengung von Philipp Albrecht, Daniel Binswanger, Dennis Bühler, Lukas Häuptling, Priscilla Imboden und Karen Merkel (hier siegt das Alphabet in der Reihenfolge über Gender-Höflichkeit), um «Was sie sagten, was sie meinten, was sie verschwiegen» auf 15’288 A lähmend langweilig auszubreiten. Denn die Redaktoren haben sich gemeinsam die Pressekonferenz zur CS-Affäre angeschaut und erklären sie nochmals gaaaanz laaaangsam.

Dabei wäre es doch interessant zu wissen, was denn die «Republik» davon hält, dass sie selbst diese Langreportage einfach versenkte, dass sie nun doch das Licht der Welt erblickt und ob es sich hier nicht um einen zu ahndenden Diebstahl handle.

Es ist auf jeden Fall in der jüngeren Mediengeschichte der Schweiz einmalig, dass ein Organ eine Riesenrecherche veranstaltet, deren Existenz dann leugnet – und die offenbar schon geschriebene Version im Giftschrank einschliesst. Denn Kritik an allem Rechten, Bösen und jedem Vorkommnis, auf dem SVP draufsteht: jederzeit. Kritik an der linken Gewerkschaft Unia? Ähm, öhm, nun ja, also eher nicht.

Es ist ebenfalls einmalig, dass die in einem anderen linken Organ das Licht der Welt erblickt. Offenbar wusste die «Republik» um diesen Plan der «barrikade»-Macher – und tat das, was die «Republik» so gerne tut: wegschauen, ausblenden, ignorieren, hoffen, dass das schon vorbeigeht.

Ob das der Entwicklung dieser Zahl zuträglich ist?