Ariensänger Gredig
Urs Gredigs Defizite als Gastgeber sind unübersehbar und schmerzlich.
Gredig hat von Schawinski eigentlich fast alles übernommen: Den Sendeplatz, das Konzept und wahrscheinlich auch das Plexiglas. Dass er jetzt auch die Gästeliste seines Vorgängers übernimmt, ist aber neu. Am Donnerstag kam Emil Steinberger in seine Talkshow. Vor acht Jahren war der schon bei Schawinski zu Besuch.
Die Unterschiede der beiden Talks sind riesig und decken einmal mehr auf, dass Gredig der falsche Mann am falschen Platz ist. Sogar bei einem so leichten Gast wie Emil, der zudem hilfsbereit ist, kommt keine Spannung auf. Es ist nur Gelaber, nichts Neues, alles nur Tofu. Gredigs Defizite als Gastgeber deuten sich schon in der ersten Sendeminute an. Er stellt Emil vor und zwar so:
Mein Gast heute ist eine Cabaret-Legende, der Emil Steinberger, guten Abend. (Emil: )Grüezi, Herr Gredig. Sie sind ein bisschen zusammengezuckt bei dem Wort «Legende». Aber ich glaube, für einmal kann man das Wort hier benutzen. (Emil:) Sie haben es schon gemerkt. Ein kleines Zucken habe ich gespürt. Sie haben Generationen von Schweizerinnen und Schweizer geprägt mit Ihren Stücken, mit Ihren Figuren, Sie sind seit Jahrzehnten auf der Bühne. Viele Ihrer Sketches sind als Kulturgut äh übergegangen. Sie sind mit 87 Jahren noch jetzt auf der Bühne, sie spielen vor vollen Rängen usw.
Emil fühlt sich sichtlich unwohl bei so viel Schlagrahm. Schawinski machte es so:
Ein ganz spezieller Gast, der grösste Schweizer Kabarettist von allen Zeiten. Das ist klar. Emil Steinberger, danke, dass du gekommen bist. (Emil: ) Ich zweifle immer bei diesen Worten. Da denke ich an Rasser, Walter Morath, die hast du wahrscheinlich gar nicht gekannt. Ich habe die alle gekannt, aber lassen wir das so stehen.
Wir wollen hier keine Exegese betreiben. Aber beide Einstiege prägen den weiteren Verlauf. Schawinski lobt seinen Gast, aber nicht über den Klee. Das Gespräch hat natürlich auch seine Hänger, insgesamt ist es aber ein vergnügliches Ping-Pong zweier älterer Männer.
Man kann vom Kamikaze-Stil Schawinski halten, was man will, aber …
Gredig? Verschmiert Honig, ähnlich wie meine Tochter, wenn sie länger im Ausgang bleiben möchte. Und Gredig begeht später zweimal den gleichen Fehler, fragt Steinberger nämlich um ein Urteil über andere Kabarettisten. Wer Erfahrung hat, oder sich gut vorbereitet, der weiss: Emil macht alles mit, aber bös über Berufskollegen reden? Never. Irgendwann rafft das aber auch Gredig: «Sie sind sehr diplomatisch» – und stellt gleich die nächste blöde Frage.
Dafür lässt er ihn minutenlang reden. Rekord sind 93 Sekunden (11:37 – 13:10). Man kann vom Kamikaze-Stil von Schawinski halten, was man will. Aber wer so spät in der Nacht, einen 87-Jährigen – mit all seinen Meriten – endlos labern lässt, hat von Entertainment wenig verstanden.
Gredig hat nun in den letzten vier Sendungen nur Kabarettisten eingeladen: Emil, Lisa Eckhart, Ursus & Nadeschkin und Daniel Koch. Wie geht es weiter? Mit Guschti Brösmeli, Pingu und Papa Moll?
Gredig wäre gut beraten, seinen Vorgänger einmal einzuladen. Zwecks Nachhilfe. Den müsste man aber noch entschiedener ins Wort fallen als Emil. Ob das Gredig schafft?
Warum diese harte Kritik? Gredig ist ein Sozialfall und wurde von Frau Wappler grosszügig aufgenommen. Mich wunderte dass Emil eine halbe Stunde Zeit genommen hat um dem Langeweiler Gredig Rede und Antwort zu stehen. Schawi hatte Hoch und Tiefs in seiner Talk-Sendung, war aber immer unterhltend und bestens vorbereitet. Gredig hat nur Tiefs, ist nicht unterhaltend und kann nur bekannte Standardfragen stellen!