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Reich, Russe: rasieren!

Reich, Russe, Jacht. Drei Gründe für eine Beschlagnahme.

Über Jahre hinweg waren reiche Russen, sogenannte Oligarchen, gern gesehene Gäste. Nicht überall, manche Hotels belegten sie mit einem Bann, weil sie sich nicht immer zivilisiert benahmen.

Die gute Nachricht war jeweils, dass der reiche Russe nach dem teuersten Wein auf der Karte suchte – und gleich drei Flaschen bestellte. Die schlechte, dass er sie auch trank und spätestens nach ein paar nachgeschenkten Wodkas eher lautstark und unangenehm wurde.

Aber das war sozusagen ein kleiner Kollateralschaden. Pelzgeschäfte, Luxusboutiquen, Immobilienmakler, Kunstauktionen (insbesondere Fabergé-Eier), Privatschulen, aber auch Steuerbehörden: alle profitierten gerne. Natürlich auch Banken, die eigens ein Russland-Desk mit kampferprobten und mit gesunden Lebern ausgestatteten Mitarbeitern vorhielten.

Wie die reichen Russen zu ihrem Reichtum gekommen waren, interessierte nicht sonderlich. Schon früh investierten Oligarchen wie Viktor Vekselberg auch in Schweizer Industrieunternehmen. Sie erwiesen sich dabei nicht immer als gute Geschäftsleute, aber sie hatten auch keine Heuschreckenmentalität – schnell rein, schnell raus.

Wer hat die längere Jacht?

Richtig in Champagnerlaune waren Werften, die nun Privatjachten bauen durften, die eigentlich mehr Kreuzfahrtschiffen ähnelten und so gross wurden, dass sie ein Beiboot brauchten, weil die Jacht selber nicht mehr in die schönen Luxushäfen reinpasste.

Soll über 500 Millionen Euro gekostet haben:
Melnichenkos Spielzeug.

Gerne liessen die reichen Russen ihre Jachten in italienischen Häfen ankern, das Mittelmeer hatte es ihnen besonders angetan. Nun sind diese idyllischen Zeiten vorbei. Nehmen wir als Beispiel Andrey Melnichenko, denn es gibt ja viele reiche Russen mit Jacht.

Melnichenko hat sein Geld zuerst mit einer Bank, dann mit Beteiligungen an dem bedeutendsten Düngemittelhersteller Russlands und einem Kohle- und Stromkonzern gemacht und vermehrt.

Sein Privatvermögen wird auf rund 19 Milliarden US-Dollar geschätzt. Der 50-Jährige hat einen Wohnsitz in der Schweiz. All diese Angaben kann man Wikipedia entnehmen. Das machen alle Behörden auch, die Listen von zu sanktionierenden Russen zusammenstellen. Darauf ist auch Melnichenko aufgetaucht.

Das bedeutet, dass seine Vermögenswerte im Westen und sein sonstiger Besitz beschlagnahmt wurden. Melnichenko habe sich Mitte März «als einer der ersten Oligarchen gegen Putins Krieg und gegen den Diktator ausgesprochen», weiss ebenfalls Wikipedia. Das nützt ihm aber nicht; zur Beschlagnahme kommt auch noch ein Einreiseverbot in die EU und in die Schweiz.

Auch auf die Gefahr hin, als Putin-Versteher beschimpft zu werden: Melnichenko macht sich in seinem Statement vor allem und völlig zu Recht Sorgen um die Nahrungsmittelpreise, die ihrerseits von der Kornkammer Ukraine und dem wichtigsten Düngemittelproduzenten Russland abhängen.

Laut unvollständigen Erhebungen sollen reiche Russen seit dem Ukrainekrieg über 45 Milliarden Dollar an Vermögenswerten eingebüsst haben. Wessen Jacht noch nicht beschlagnahmt wurde, versucht, sie in Sicherheit zu bringen. Richtung Türkei, oder ganz auf Nummer sicher Richtung Malediven.

Darf nicht mehr an Bord: Andrey Melnichenko.

Diese Massnahme kann die Beschlagnahme verhindern, wie hingegen der reiche Russe auf seine Jacht kommt, ist dann das andere Problem.

Was ist mit der Eigentumsgarantie?

Bei aller Schadenfreude, die Verluste bei reichen Menschen auslösen: kann es wirklich sein, dass im Kapitalismus die Eigentumsgarantie obsolet wird, wenn ein Krieg ausbricht? Welcher Zusammenhang besteht zwischen den Besitztümern eines reichen Russen und dem Überfall des russischen Autokraten auf die Ukraine? Sollte jemand wie Melnichenko nicht eher mit dem Prix Courage augezeichnet werden, wenn er trotz gewaltiger Besitztümer in dessen Machtbereich Putin scharf kritisiert?

Wie wird das weitergehen? Die USA haben eine Task Force namens «KleptoCapture» installiert, die sich speziell mit der Beschlagnahmung von russischen Besitztümern in den USA befasst. Hier gilt das gute, alte Wildwestprinzip: zuerst schiessen, dann fragen. Also zuerst beschlagnahmen, dann kann sich der Enteignete vor Gericht dagegen wehren. Wenn er noch die Kohle dafür hat.

Apropos Kohle: was geschieht eigentlich mit all den eingesackten Besitztümern? Sie werden in den USA versteigert, und der Erlös fliesst ins Staatssäckel. Das chronisch leer ist …

 

Pascal Hollenstein?

Wir eröffnen (und schliessen gleich wieder) diese Rubrik. Aber ein Beispiel drängt sich auf.

Es gibt Abgänge, die entweder überhaupt nicht oder als angenehme Verbesserung der Lebensqualität wahrgenommen werden.

Die abrupte Entscheidung von CH Media, sich Knall auf Fall vom «Leiter Publizistik» und Mitglied der Geschäftsleitung Hollenstein zu trennen, war so einer. «Über die Gründe wurde Stillschweigen vereinbart», hiess es kurz und knapp.

Damit blieb offen, ob er diesen Karriereknick seiner Rolle als Büttel und Sprachrohr einer hasserfüllten Kämpferin gegen Hass im Internet verdankte – oder einer anderen Fehlfunktion.

Seither ist’s so still um ihn geworden, dass man gerne an frühere Karriereepochen Hollensteins zurückdenkt. Denn neben seiner Tätigkeit als Journalist – und als ewig Hoffnungsvoller, doch noch Chefredaktor der NZZaS zu werden – machte er auch Ausflüge in die Privatwirtschaft.

So war er – allerdings nur ein Jährchen lang – Leiter der Medienstelle des Versicherungskonzerns Axa Winterthur. Man weiss nicht, was da wem über die Leber lief, auf jeden Fall fand Hollenstein schnell einen neuen Job: Pressesprecher der Renova Group. Genau, das war schon 2010 die Firma, in der Viktor Vekselberg, einer dieser russischen Oligarchen, das Sagen hat.

Schon damals war Hollenstein um einen flotten Spruch nicht verlegen, so als ehemaliger Journalist:

«Ich bin mit meinem Beruf sehr zufrieden und musste mich auch nicht von moralischen Prinzipien verabschieden, wie das ehemalige Journalistenkollegen gerne bei Seitenwechseln behaupten.»

Diesem Prinzip dürfte Hollenstein bis heute treu geblieben sein.