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Wie bei Kims

Nordkoreas Nachrichtenagentur KCNA könnte es nicht besser.

Rodung Shinmun heisst die Leiblektüre von Kim dem Dickeren, dem Mann mit der etwas anderen Frisur. Erstaunlich, aber war: die Frisur will Tamedia nicht nachahmen, die Art der Wirklichkeitsbeschreibung hingegen schon. Was erschwerend hinzu kommt: kein Diktator zwingt das ehemals ernstzunehmende Blatt «Tages-Anzeiger» (mitsamt seinen x Kopfsalatblättern, die zwangsweise die Einheitssauce aus der Werdstrasse übernehmen müssen) dazu.

Höher als der Bürgenstock (1128 m) schwabbelt der Schleim aus dieser «Fotostrecke» mit dem Titel «Diese Bilder vom Bürgenstock gehen um die Welt». Selbst die leise Hoffnung, dass es Realsatire sein könnte, erstirbt angesichts der Bildlegenden.

Es erübrigt sich jeder Kommentar zu dieser Schleimspur:

«Ein wichtiges Bild für die Schweiz: Das Land kann Gipfelkonferenz … Das grosse Bild für Viola Amherd … Flaggen als Zeichen der Unterstützung … Die Grossen sind gekommen: US-Vizepräsidentin Kamala Harris’ Ankunft … Auch Frankreichs Emmanuel Macron ist da … Und Deutschlands Kanzler Olaf Scholz … Grossbritanniens Rishi Sunak darf natürlich auch nicht fehlen … Überraschend ist auch ein hoher Repräsentant aus Saudiarabien angereist … Hunderte Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus dutzenden Delegationen machen den Bürgenstock an diesem Wochenende zum Zentrum der Weltpolitik …»

Geht noch einer? Aber immer: «Und obwohl Kitsch nicht zum Thema der Konferenz passt: Wer zu später Stunde noch Zeit für einen Blick nach draussen hatte, der sah vom Bürgenstock aus ein wunderbares Licht am Horizont.»

Für solche Fälle kann ZACKBUM ein Allzweckmittel empfehlen:

Wirkt auch gegen Schleim- und Ölspuren.

Denn die bittere Wahrheit ist: nachdem das Licht für Fotografien zu schlecht wurde, reiste die «Grosse», die Vizepräsidentin der USA, bereits am Samstagabend wieder ab. Ihr dicht auf den Fersen der deutsche Bundeskanzler Scholz, einer des Wahlverlierertrios, eingerahmt von Macron und Sunak. Wahlgewinnerin Meloni konnte sich bereits am G7-Gipfel sonnen und schwänze einfach mal, wozu sich mit Losern und Zwergen ablichten lassen?

Aber immerhin, Arthur Rutihauser, Ex-Oberchefredaktor, versucht verzweifelt, etwas Gegensteuer zu geben und interviewt den alten Haudegen Thomas Borer, der banale Wahrheiten gelassen ausspricht: «Selenski muss davon abrücken, dass er die besetzten Gebiete militärisch zurückerobern will», und natürlich sei die Nicht-Einladung Russlands auf Druck der Ukraine ein Fehler gewesen.

Und in seinem Editorial zeigt er der neuen Chefin, wo oben und wo unten ist. Nebenbei recherchiert er noch und kommt zu einer erschütternden Erkenntnis: «Aus vorauseilendem Gehorsam gegenüber den Amerikanern werden in der Schweiz de facto nicht nur die EU-Sanktionen durchgesetzt, sondern auch die amerikanischen und die britischen, obwohl der Bundesrat diese nicht anerkennt.» Denn die feigen Schweizer Banken sperren inzwischen das Geld «von Leuten, die nirgends auf der Welt sanktioniert sind, nur weil sie einen russischen Pass haben und vielleicht eine Beziehung haben könnten zu einem Oligarchen, der in den USA auf einer Sanktionsliste steht».

Schlimmer noch: Rutishauser moniert zu Recht, dass der Beschluss der G7, zunächst die Zinsen der blockierten 250 Milliarden Franken der russischen Zentralbank für die Ukraine-Hilfe einzusetzen, einer klarer Verstoss gegen das Völkerrecht ist.

Nach den Zinsen wird man sich, übliche Salamitaktik, ans Kapital selbst machen. Rutishauser befürchtet: «Für die Schweiz wird das wohl bedeuten, dass auch die 7,5 Milliarden Franken des russischen Staats, die bei uns liegen, eingefordert werden. Wenn wir die herausgeben, dann ist das wohl kaum mit der Neutralität vereinbar.»

Statt dummem Gedöns über Weltpolitik, Wichtigkeit und «wir können Konferenz», wie sie im Hauptblatt stattfindet, werden hier die wirklichen Fragen aufgeworfen.

Es ist keine Weltpolitik und interessiert ausserhalb der Medienblase nicht wirklich. Aber ist es nicht ein peinlicher Anblick, wenn der zurückgestufte Oberchefredaktor seiner Nachfolgerin zeigt, was ein Editorial sein kann? Und wie peinlich sich ihres dagegen ausnimmt?

Rechnen für Anfänger

Wenn es nach Hansi Voigt ginge, wäre das Internet eine Goldgrube für Verlage.

Eine einschlägig bekannte Reizfigur fordert vom Ringier-Verlag die Herausgabe des Gewinns, der mit ihre Persönlichkeit verletzenden Artikeln eingefahren wurde.

Im Prinzip ist dieser Ansatz nicht falsch. Ist die Persönlichkeit von jemandem verletzt worden, wie auch immer und wodurch auch immer, ist ein Schaden entstanden. Und das ermöglicht Wiedergutmachung oder Schadenersatz.

Allerdings sind wir hier glücklicherweise in der Schweiz und nicht in den USA. Was sich der ehemalige Botschafter Thomas Borer vom Ringier-Verlag erstritt, wird wohl einsamer Rekord bleiben.

Da beide Parteien sich einigten und Stillschweigen vereinbarten, kann man über die korrekte Zahl nur spekulieren. Auf jeden Fall stehen sechs Nullen hinter ihr.

Das war aber keine Gewinnherausgabe, sondern eine Zahlung, um ein ziemlich blödes Problem für den Verlag aus der Welt zu schaffen.

Diesmal geht es um Gewinnherausgabe

Im aktuellen Fall, der in Zug am Mittwoch vor Gericht verhandelt wurde, geht es im Wesentlichen um die Berechnung des möglichen Gewinns. Denn auf diesen erhebt die Klägerin Anspruch. Bedauerlich für sie: ihre Hilfskräfte sind nicht sonderlich qualifiziert. Ihre Anwältin hatte sich in Zug eine weitere Klatsche abgeholt, als ihr Rekurs gegen ein erstinstanzliches Urteil vollumfänglich abgeschmettert wurde und ihre Mandantin dadurch schmerzliche finanzielle Einbussen erlitt, durch die Kürzung des zugesprochenen Geldes um die Hälfte.

Zur Berechnung des Gewinns hat sich die Klägerin der Beihilfe von Hansi Voigt versichert. Das ist eigentlich immer ein Fehler, wie beispielsweise der Wanner-Clan nur zu schmerzlich erfahren musste. Dort hinterliess Voigt das Millionengrab «watson», bis er abberufen wurde.

Immer gut für einen, wenn er auf der anderen Seite steht: Voigt.

Nun will Voigt ausgerechnet haben, dass alleine schon mit fünf Artikeln der Ringier-Verlag einen Umsatz (oder Gewinn, da ist der Finanzcrack etwas undeutlich) von 350’000 Franken gemacht haben soll, insgesamt fantasiert er von einer runden Million.

Wie hier schon mehrfach gescherzt wurde: Wäre das Geldverdienen im Internet so einfach, würde Voigt nicht ständig Millionen verrösten, sondern mit seinen eigenen Online-Produkten massig Geld scheffeln.

Die Zahlen unterscheiden sich ein wenig

Anscheinend hat der beklagte Verlag seinerseits von wirklichen Internet-Kennern den möglichen Gewinn durchrechnen lassen, und zwar aufgrund der vorhandenen Zugriffszahlen. Er kommt dabei auf allerhöchstens 45’000 Franken, bei den fünf im Feuer stehenden Artikeln rechnet er eher mit 5000 Franken.

Auch das wäre ja noch ausserhalb der Reichweite von Voigts eigenem Bemühen. Nun ist aber zwischen 350’000 und 5000 eine klaffende Lücke.

Leider wurde es auch während der Gerichtsverhandlung nicht klar, wie viel Geld die Klägerin nun, gestützt worauf, bekommen möchte. Da herrscht wohl das einfach Prinzip: viel, denn sie braucht’s.

Wider Erwarten kam es weder vor noch im Gericht zu Solidaritätskundgebungen für die Klägerin, die im Vorfeld angekündigt hatte, live zu twittern. Das scheint das Gericht allerdings vernommen zu haben, denn es untersagte gleich einleitend jegliche Live-Berichterstattung.

Trotz hochgeschürten Erwartungen, das nun endlich die Gerechtigkeit siege und ein angebliches Medienopfer für seine erlittene Unbill entschädigt, einem Verlag auf Kosten einer verletzten Persönlichkeit zugeflossener Gewinn enteignet wird, vertagte sich das Gericht einfach.

Betritt das Gericht Neuland in der Schweiz oder schmettert es das Ansinnen einfach ab?

Es kündigte dabei an, dass es entweder in die Beweisaufnahme eintreten werde, also konkret wohl noch ein weiteres Gutachten in Auftrag gebe, was die Berechnung des erzielten Gewinns betrifft. Oder aber, sich gleich mit einem Urteil melden werde.

Das sind wieder mal keine guten Nachrichten für die Klägerin. Denn ein Urteil ohne weitere Gutachten würde wohl bedeuten, dass das Gericht die Berechnung des Verlags für stichhaltig hält, dem Traumtänzer Voigt keinen Glauben schenkt.

Vielleicht kommt eher ein Münzzähler zum Einsatz.

Damit würde eine weitere Geldquelle der Klägerin wegbrechen. Während ihre Anwältin ihre Honorarnoten unabhängig von Sieg, Niederlage, viel oder wenig Geld, einreicht. Und die sollen durchaus üppig ausgestaltet sein.