Wahnvorstellungen im Nebel
Eines hat der neue «Nebelspalter» schnell geschafft: dass seine Gegner sich lächerlich machen.
Über die Humorfähigkeit von Markus Somm und seiner Internetversion des «Nebelspalter» kann man geteilter Meinung sein. Der bisher einzig richtige Brüller passierte unbeabsichtigt, als der hochwohllöbliche VR-Präsident, grosse Bach-Liebhaber und ganz allgemein kultivierte Mensch aus Versehen in seinem Werbemail zu seinem ersten Artikel als Link auf eine Porno-Webseite verwies.
Die Gegnerschaft machte sich selbst schon zweimal lächerlich. Zum einen, als die «Republik» 55’000 Anschläge darauf verwendete, um zu zeigen, dass Constantin Seibts Sprachdurchfall immer pathologischer wird. Und die Allzweckwaffe aus dem Hause Tamedia lieferte auf Wunsch sein Spezialwerk ab: einen Verriss, völlig ohne Fakten, aber voll von Behauptungen, Unterstellungen und mieser Meinung. So kennt man Andreas Tobler oder seinen Bruder im Geist Philipp Loser. Ein Duo infernale, das das Niveau bei Tamedia noch mehr senkt, als es 78 aufgeregte Frauen können.
Aber das alles verblasst vor der neusten Schmonzette, vor dem nun restlos gelungenen Versuch, sich öffentlich zum Deppen zu machen. Zum Vollidioten. Wie hat der «Nebelspalter» das geschafft? Eigentlich, das muss Markus Somm zugeben, unabsichtlich.
Langsam aufsteigender Antirassismus
Denn, es trug sich Folgendes zu. Der Print-«Nebelspalter» veröffentlichte in seiner Februar-Ausgabe die Karikatur eines bekannten deutschen Karikaturisten. Der arbeitet unter anderem für die taz (das ist die deutsche WoZ, nur täglich), oder für «Die Zeit». An seiner linksliberalen bis linken Haltung gab es bislang nicht den geringsten Zweifel. Bis Somm auf die Idee kam, auf der verzweifelten Suche nach Satire in seiner Ausgabe, diese Karikatur vom Print-Nebelspalter zu übernehmen.
Man muss noch hinzufügen, dass sie damals bei ihrer Veröffentlichung null kritische Reaktionen bewirkte. Null. Die Karikatur blieb die Gleiche, aber der Absender änderte:
Zum Unglück sind die Antirassisten denkscheu.
Was im Print-Nebelspalter ging, geht im Somm-Nebelspalter nicht. Denn plötzlich ist diese Karikatur «rassistisch», «menschenverachtend», «widerlich», in einem Wort, eine «Schande». Nun, schnell erregte Idioten im Internet sind eine unangenehme Begleiterscheinung der Möglichkeit, dass jeder Depp Multiplikatoren für seine Ansichten findet, und seien die noch so hirnlos.
Aber wenn es gegen rechts, gegen Rassismus, also in einem Wort gegen Somm geht, brechen alle Staudämme, die normalerweise nicht völlig verblödete Leute davon abhalten, sich selbstverschuldet in aller Öffentlichkeit so lächerlich zu machen, dass sie eigentlich in ein Sabbatical müssten, hätten sie etwas Ehre im Leib.
Den Shitstormtruppen höseln Intellektuelle hinterher
Das fehlt aber der schreibenden Schmachtlocke Daniel Binswanger ebenso wie ein Rückgrat. Also greift er in die unterste Schublade des Denunzianten und wendet sich an Operation Libero und deren Co-Präsidentin Laura Zimmermann. Die wagt es nämlich, mit Markus Somm vor laufender Kamera verbal die Klinge zu kreuzen. Früher nannte man das Debatte, heute nennt das Binswanger: «Willst Du wirklich widerlichen Rassismus legitimieren Laura?» Kommaschwach, aber meinungsstark behauptet die Fönfrisur, dass es «widerlichen Rassismus» im Nebi gäbe, was ihm aber in der Print-Ausgabe nicht aufgefallen ist.
Vielleicht war er da gerade beim Coiffeur. Und von der absurden Prämisse, einem linken «taz»-Karikaturisten «widerlichen Rassismus» vorzuwerfen, setzt er noch das Stück aus dem Tollhaus drauf, Laura Zimmermann zu unterstellen, sie legitimiere das.
Rapper Knackeboul, der auch vorher nicht durch intellektuelle Glanztaten auffiel, twittert, dass der Nebi jetzt von «Nazis geführt» werde. Wahrscheinlich spekuliert er zu Recht darauf, dass für ihn mildernde Umstände gelten und er deshalb weder für voll, noch ernst genommen wird.
Ein echter Professor Unrat wie von Heinrich Mann
Aber dann gibt es noch den Professor Ratlos Philipp Sarasin. Der hat mit Somm und überhaupt der rechten Presse noch ein persönliches Hühnchen zu rupfen, also zittert und twittert er sofort mit: «Das ist ja echt nicht zu fassen. Was für eine Schande.» Nein, lieber Professor Unrat, die Schande ist, dass ein Flachdenker wie Sie auf Kosten des Steuerzahlers harmlose Studenten mit seiner Unfähigkeit als Geschichtsprofessor quälen darf. Denn was können die von ihm lernen, wo er doch stur behauptet, dass weder die Position, noch die empörte Reaktion des Zeichners, dass das überhaupt nicht rassistisch sei, eine Rolle spiele, das als «nicht relevant» abtischt.
«Mir scheint, das ist eine komplette Schutzbehauptung des Zeichners», donnert er zu Tamedia vom Katheder. Meiner Treu, wenn er seinen Studenten den Beginn des Zweiten Weltkriegs erklären will, sagt er dann auch, «seit 5.45 Uhr wird jetzt zurückgeschossen» sei eine Schutzbehauptung gewesen?
Einmal ist keinmal, zweimal ist Rassismus
Ist das zu fassen? Eine Wiederholung einer Karikatur, die zuvor schon im «Nebelspalter» erschien, dessen Chefredaktor sich ebenfalls als Linker outet und keinerlei Rassismus in ihr erkannt hat (ebenso wie alle seine Leser), ist ebenfalls fassungslos über diesen Shitstorm.
Jedem Deppen ist es erlaubt, auch öffentlich zu zeigen, dass er ein Depp ist. Was ist aber davon zu halten, wenn sich gefönte Journalisten und gesalbte Professoren ebenfalls zum Deppen machen? Beim Journalisten müssen das die «Verleger» der «Republik» entscheiden. Bei Professor Sarasin ist es entschieden schwieriger, ihn davon zu überzeugen, dass das Gehalt seiner Lebensgefährtin doch auch für zwei reicht.