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Ach, Supino

Der Tx-Boss macht sich wieder lächerlich.

Es ist noch nicht so lange her, dass Pietro Supino unter strikter Beachtung der Trennung von Verlag und redaktionellem Inhalt im Tamedia-Kopfblattsalat das Wort ergriff und für die Ablehnung des Referendums weibelte, das den Verlegerclans die schon sicher geglaubte Steuersubventionsmilliarde vor der Nase wegzog.

Dass Tx fast gleichzeitig eine Sonderdividende ausschüttete und den milliardenschweren Zusammenschluss seiner Handelsplattformen mit Ringier bekannt gab, hatte dabei sehr geholfen.

Nun hält er in den gleichen Organen ein 17’000 A schweres «Plädoyer für eine aufgeklärte Medienpolitik». Nicht zu vergessen, dass er damals den Untergang der kontrollierenden Vierten Gewalt an die Wand malte, sollte sie keine Staatssubventionen in Milliardenhöhe kriegen. Der Mann kennt kein Schamgefühl.

Denn jetzt schreibt er: «Die Aufgaben der SRG … liessen sich mit 200 Franken Gebühren pro Haushalt erfüllen.» Er ist also für die Halbierungs-Initiative. Bis er zu diesem Schluss kommt, eiert er Tausende von Buchstaben lang um die Bedeutung der Medien für die Demokratie herum, als habe er eine Schnupperlehre bei der «Republik» absolviert.

Er holt bis ins 19. Jahrhundert aus, erklärt nochmal Banalitäten wie die veränderten technologischen Möglichkeiten der Newsdistribution. Und bläst in die grosse Trompete: «Unabhängige Medien sind wichtig für das Funktionieren des demokratischen Gemeinwesens.» Im Gestus tiefsinniger Bedeutung Flachheiten absondern, das ist sonst nur Politikern eigen.

Er versteigt sich sogar dazu, Thomas Jefferson zu zitieren, und den englischen Verleger Lord Northcliff. Hübsch versteckt in diesem Brimborium ist sein Kernsatz:

«Angesichts dieser Realität ist der vom Parlament beschlossene Ausbau der indirekten Presseförderung von existenzieller Bedeutung für die Zukunft der gedruckten Zeitung

Kleiner hat er es dabei nicht: «Es stehen die Errungenschaften der Aufklärung auf dem Spiel.» Wenn es nicht neuerlich Staatsknete gibt, obwohl der erste Versuch abgeschmettert wurde. Nun fürchtet er bei der Wiederholung eine neuerliche Klatsche.

Dann schreibt er sich noch in eigener Sache um Kopf und Kragen: «Die Forderung, dass der damit erzielte Gewinn zur Querfinanzierung rückläufiger oder gar unrentabler Aktivitäten eingesetzt werden sollte, ist nicht überzeugend.»

Im Gegenteil. Es ist nicht überzeugend, dass Supino seinem Stammblatt die Einnahmequellen der Stellen- und anderes -anzeiger wegnahm, die nur durch den Tagi gross geworden sind, dazu «20 Minuten» in ein eigenes Profitcenter auslagerte, weil es immer noch  ertragreich ist. Und die restlichen Medien ins Elend stiess, denn auch Tagi & Co. müssen seine sportlichen Renditevorstellungen erfüllen.

Das geht nur mit runtersparen, rausschmeissen, grosse Teile des Inhalts aus München übernehmen. Mit dem Verkauf von Blättern, die für mehr Geld weniger Content liefern. Dafür hat er sich mit dem Quartet Jessica Peppel-Schulz, ihrem plappernden Avatar, dem Kommunikationsgenie Simon Bärtschi und der farblosen Raphaela Birrer eine Mannschaft geholt, die das Ziel, Aufgabe der Printherstellung, sicher erreichen wird.

Das ist die Realität, alles andere ist Nonsens.

Aber er hat noch mehr Gejammer auf Lager: «Die globalen marktmächtigen Plattformen betreiben ihr Geschäft mit journalistischen Inhalten, die sie von regionalen und nationalen Medienanbietern übernehmen, ohne dafür zu bezahlen.»

Das tun sie deswegen, weil die Verlage zu blöd sind, dafür ein ausreichendes Entgelt zu verlangen. Sie träumen von grösseren Reichweiten, haben aber keine Erklärung, was ihnen das bringen soll. Sie sind insbesondere in der Schweiz so blöd, sich über 80 Prozent der Erträge des Online-Marketings von den Plattformen Google, Facebook und Amazon wegnehmen zu lassen.

Statt sich mit Google-Ads vollklatschen zu lassen und dafür ein Trinkgeld zu kassieren, hätten Verlagsführer wie Supino so in den letzten 15 Jahren vielleicht mal eine Idee haben können, wie man das ändert. Den Middle Man ausschaltet, der sich in der normalen Distributionskette von Herstellung zum Konsumenten vielleicht maximal 10 Prozent abschneidet. Aber sicher nicht 80.

In seinem «Fazit» sorgt Supino nochmals für grosse Heiterkeit: «Die Medienbranche ist mit enormen Herausforderungen konfrontiert. Sie wird sich weiter fundamental ändern, aber aus Nutzersicht besteht kein grundlegendes Angebotsproblem.»

Aus Nutzersicht der zahlenden Konsumenten der papierdünnen Inhalte seines Hauses besteht allerdings ein grundlegendes Problem. Wieso sollen sie für diesen Dünnpfiff immer mehr bezahlen? Was ist die geldwerte Leistung? Selbst die Migros, in schweren Turbulenzen, käme nie auf die Idee, ein halbes Gipfeli für mehr Geld als zuvor ein ganzes anzubieten. Und das mit «Fokussierung, Qualitätssteigerung, noch näher an den Bedürfnissen des Konsumenten» schönzuschwatzen.

Statt wenigstens eine brauchbare Digitalstrategie zu entwickeln, wurden Bruchpiloten wie Mathias Müller von Blumencron geholt, der nach einer abgekupferten Flop-Idee und viel heisser Luft wieder das Weite suchte. Genau wie der AD, der das verunglückte Redesign des Internet-Auftritts verbrach.

Supino selbst profitiert davon, dass er als Mitglied des Coninx-Clans unkaputtbar ist. Und sich seine vor dem nächsten Rausschmeissen fürchtende Redaktionen nicht trauen, ihm zu sagen, dass er seinen Stuss doch bitte wenn schon als bezahltes Inserat unter die Leute bringen soll. Denn selbstverständlich dürfe auch der Big Boss eine Meinung haben und die auch so länglich absondern, wie es ihm drum ist. Aber Geld genug hätte Supino, sich dafür ein Inserat zu leisten.

Im Tagi kostet eine Doppelseite schlappe 43’560 Franken. Bei einem Jahreseinkommen (inkl. Bonus) von 7,5 Millionen wären das aufgerundet 7 Prozent eines Monatsgehalts. So viel sollte ihm seine Meinung doch noch wert sein. Dazu käme noch, dass er seinen Organen einen Reputationsschaden ersparte, wenn sie nicht einfach «his master’s voice» publizieren müssten.

Der Treppenwitz dabei: einen Tag, bevor der Deutschschweizer Verlegerverband eine Einigung mit der SRG bekannt gab und offiziell verkündete, dass er gegen die Halbierungsinitiative sei, veröffentlichte Supino sein Pamphlet, dass er dafür sei. Um diese Einigung wissend. Das nennt man einen veritablen Blattschuss. Dabei ist Tx Mitglied bei «Schweizer Medien». Noch. Das nennt man kompetente Vereinspolitik. Oder einfach: wie blöd ist das denn.

Aber immerhin wurden damit nicht die schlappen 32 Seiten des Print-«Tages-Anzeiger» gefüllt, für die das Blatt stolze Fr. 4.60 heuschen will. Was immer weniger Leser zu zahlen bereit sind, wie die Auflage beweist …

Tx steht wohl für «täglich ein X für ein U vormachen.» U wie unfähig.

Das Märchen von «pay per click»

Gnadenloses Treffen der Zielgruppe, seriöse Abrechnung. Echt?

Die einen nerven sie ungemein, die anderen verdienen ungemein Geld damit. Vor allem die grossen Internetkraken wie Google und Facebook & Co. Die räumen zusammen rund 90 Prozent des Schweizer-Online-Marketing-Markts ab.

Darum herum kreisen Dienstleister, die die Zeichen der Zeit erkannt haben und behaupten, ein Internet-Inserat wirke ungemein. Man könne die Zielgruppe randscharf einstellen, minimale Streuverluste. Und dank «pay per click» könne der Auftraggeber haargenau sehen, wie oft sein Werbemittel angeklickt wurde, minimiert zusätzlich den Streuverlust.

Die grossen drei Werbeverbände der Schweiz publizieren zusätzlich jedes Quartal jeden Menge Zahlen. Darunter die sogenannte Sichtbarkeitsrate für Werbeeinblendungen und zu Ad Fraud, also Beschiss in jeder Form.

Alles laufe super

Überraschenderweise kommen sie zum Schluss, dass alles super laufe. Die Sichtbarkeitsrate sei zwar leicht auf 59,2 Prozent gesunken, habe dafür aber im Mobilbereich auf 61,4 Prozent zugelegt. Ad Fraud liege bei unter 2 Prozent, und gewonnen habe man diese Erkenntnisse durch die Untersuchung von 4,22 Milliarden Ad Impressions.

Da traut sich der Laie wie üblich nichts dazu zu sagen, weil er nur Bahnhof versteht. Will er nur schon die Messmethode wissen, bekommt er weiteres Kauderwelsch auf den Tisch geschüttet: Google Ad Manager, Integral Ad Science, Xandr. Sonst noch Fragen?

Nein, aber zunächst einige Erklärungen. Die Sichtbarkeitsrate gibt an, wie oft ein Display-Inserat mit mindestens 50 Prozent seiner Fläche mindestens eine Sekunde lang sichtbar war.  Ob’s auch jemand angeglotzt hat und was der in einer Sekunde und 50 Prozent mitbekam: Ansichtssache.

Aussagekraft sehr überschaubar

Dann hätten wir noch die sichtbare Klickrate (CTR). Damit wird gemessen, wie viele Nutzer auf die Anzeige klickten. Die Sichtbarkeit wird dann üblicherweise im 1000er-Pack abgerechnet (CPM). Dann gibt es noch die Unterscheidung zu unsichtbar und vieles weitere Beigemüse.

Was heisst das nun alles? Dampfgeplauder. Dass ein Display so und so viele Male den Nutzer ärgerte, indem es aufpoppte, ist ungefähr so aussagekräftig wie die Ansage, dass dieses Werbeplakat im Weltformat täglich von 15’000 Menschen gesehen werden kann.

Aber da gibt es doch noch «pay per click», also der Kunde zahlt nur, wenn tatsächlich auf das Display geklickt wurde. Dieser Cost per Click (CPC) ist tatsächlich die geniale Idee, mit der Google zum Riesen wurde. Wer Werbung schalten möchte, zahlt keinen Fixpreis. Sondern er legt ein Budget fest, und darin bestimmt er, was ihm ein Klick wert ist.

Eine geniale Idee von Google, aber nicht betrugssicher

Wer also zehn Rappen pro Klick einsetzt, braucht sein Budget langsamer auf. Wer einen Franken einsetzt, schneller. Dafür wird sein Display auch prominenter und besser platziert. Das ist dann wenigstens eine sichere Sache?

Es geht. Denn in den Weiten und Tiefen des Internets treiben sich bekanntlich auch viele böse Buben, bzw. Programme herum. Mit einem kleinen Ausflug ins Darknet kann man sich einen kleinen Bot kaufen, den mit ein paar Handgriffen programmieren, und schon klickt der das Display eines Konkurrenten zu Tode.

Und wer kontrolliert schon nach, ob sein Display tatsächlich 70’000 mal gezeigt wurde, allerdings meistens nachts zwischen zwei und drei? Das ist natürlich nur eine Methode im sogenannten Ad Fraud, also bei Betrügereien.

Es gibt auch aufwendigere Tricks

Beliebt , wenn auch etwas aufwendiger, ist folgender Trick. Man bastelt eine Webseite, füllt sie mit spezifischen Keywords ab, die in Sachen Anzeigen die höchsten Umsätze liefern. Der Werbetreibende bucht hier, aber kein Schwein schaut. Dann gibt es noch Ad Stacking, Domain Spoofing, Pixel Stuffing und so weiter.

Welcher Schaden damit angerichtet wird, kann nur geschätzt werden; es soll sich weltweit immerhin um mehrere Milliarden Dollar handeln. Die Kosten gar nicht einberechnet, die wiederum andere clevere Agenturen kassieren, um ihre Mandanten vor Ad Fraud zu schützen.

Wir sehen also; das Versprechen, dass man im Internet haargenau seine Zielgruppe erreiche, Aufwand und Ertrag gnadenlos abgerechnet werden kann, sind halt das, was in der Branche üblich ist: Werbesprüche.

Huhu, Werbung

Print stirbt, digital floriert, Google kassiert

Nirgendwo gilt so sehr wie im Internet: The winner takes it all. Der zweitgrösste Verkaufsplatz: zum Sterben verurteilt. Die zweitgrösste Suchmaschine: Was fürs Archiv. Die zweitgrösste soziale Plattform? Bald begraben.

Lange Zeit galt ein einfacher Dreisatz in der Verteilung des Werbekuchens in der Schweiz. Ein Drittel geht an Print in jeder Form, also Werbung in Medien, plus Direct Mailing, Plakate und alles, was aus Papier ist.

Ein Drittel geht in die elektronischen Medien, also Funk und Fernsehen. Wobei TV die Radios gnadenlos abtrocknet. Und dann werden noch stolze 750 Millionen im Jahr für Werbeartikel aller Art rausgehauen. Plus immer mehr Online-Werbung.

Online geht die Post ab

Das alles macht für 2019 einen Kuchen von rund 4,5 Milliarden Franken aus. Noch deutlich beschleunigt durch die Pandemie sind zwei glasklare Tendenzen festzuhalten: Printwerbung, vor allem in Papiermedien, stirbt. Online-Werbung verzeichnet dagegen zweistellige Zuwächse.

Macht ja nix, könnte der Laie denken, da wird einfach umplatziert, was früher Printmedien auf Papier einnahmen, kassieren sie halt nun digital im Netz. Damit zeigt der Laie wieder einmal, dass er keine Ahnung hat. Denn auch  im Internet geraten die klassischen Werbeformen, also Banner, Inserts, Pop-ups, Umrahmungen des Contents, in den Content platzierte Werbeunterbrechungen in Form von Videos, immer mehr aufs Abstellgleis.

Wer Online-Marketing betreiben will und etwas davon versteht, benützt dafür in erster Linie die ganz grossen Plattformen. Zurzeit ist der fast überall herrschende Landeplatz Nummer eins Google. Adwords, Google Ads, Suchmaschinenoptimierung, wer gefunden werden will, benützt Google. Dann kommt lange gar nichts, und dann kommt Facebook. Das gleiche Spiel.

Wer einen eigenen Videokanal eröffnen will, benützt natürlich YouTube. Wer eine jüngere Zielgruppe ansprechen will, Instagram, Whatsapp oder Tiktok. Journalisten schwören auf Twitter, was ausser ihnen aber kaum einer so sieht. Und zufällig gehören alle diese Plattformen auch einem der grossen Datenmonster Google und Facebook. Nur Tiktok ist das erste chinesische Gewächs, das seinen Siegeszug um die Welt antritt.

Meister der Werbung in alle Richtungen

Die zudem sich auch als Werbeschleudern betätigen. Millionen von Webseiten, die sich keine eigene Akquise leisten können, stellen zum Beispiel Google Werbeplatz zur Verfügung. Dort spielt dann das Suchmaschinenmonster Werbung drauf. Und verdient den Löwenanteil der Einnahmen. Was dazu führt, dass alleine diese beiden Plattformen in der Schweiz rund 90 Prozent des Online-Werbekuchens abgreifen.

Ja, geschätzt eine Milliarde, für den Rest hierzulande bleiben nur die Brosamen. Aber damit nicht genug. Schweizer Medienhäuser flüchteten sich ja auch ins Internet, nicht nur mit den klassischen Produkten, sondern auch mit Handelsplattformen. Immobilien, Autos, Stellen, Krimskrams, das Übliche halt. Damit wollen sie die einbrechenden Werbeeinnahmen wett machen.

Aber zu kurz gedacht: Auch hier gilt, the winner takes it all. Google und Facebook sind daran, auch die Schweiz mit ihren eigenen Kauf- und Tausch- und Suchplattformen zu überrollen. Und dagegen ist dann Ricardo, meindeal, Immoscout oder wie das Zeugs auch immer heisst, zwergengross. Und alles zusammen ist ein Sprutz gegen Amazon. Und Amazon wiederum ist ein Zwerg gegen Alibaba.

Alles schlechte, sehr schlechte Nachrichten für alle, die von Werbung leben. Dort, wo der Werbeträger noch selbst abkassieren kann, gehen die Umsätze dramatisch runter. Dort, wo die ganz Grossen abräumen, dramatisch rauf. Und lokale Angebotsplattformen werden unter dem Druck schon alleine von Amazon, ganz zu schweigen dann von Alibaba, plus Google und Facebook, zerbröseln. Ist nicht schön, aber ist der Lauf der Welt.