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Die «Republik» versemmelt’s

mal wieder. Nicht mal ihre Organisation haben die Cracks im Griff.

Mehr als 11’500 Anschläge Geeier und Mäandrieren braucht die «Republik» in ihrem neusten Newsletter, um den «Sehr geehrte Frau Verlegerin, Sehr geehrter Herr Verleger and everybody beyond!» zu beichten, dass sie nicht mal in der Lage ist, banalste Formvorschriften zu erfüllen.

Aber zuerst wird natürlich schwer angegeben: «Wir haben das Budget für das kommende Jahr auf 6,6 Millionen Franken gekürzt, uns wieder stärker aufs Kern­geschäft konzentriert, den publizistischen Fokus geschärft (auf: mehr Aktualität!), das Journal geschlossen, einen Fortsetzungs­roman und eine neue Kolumne gestartet, sicher­gestellt, dass es die «Republik» weiterhin zum Hören gibt, das Klima­labor weiter­entwickelt und entscheidende Schritte vorwärts­gemacht (nicht zuletzt bei der Finanzierung) – und eine neue Besetzung für die strategischen Gremien zusammen­gestellt.»

Das schafft nur die «Republik». Mit dem «Klimalabor» blöffen, aber keinen Ton dazu sagen, ob die jüngste Bettelaktion um 250’000 Franken bis August nun Erfolg gehabt habe oder nicht.

Nun ist bekanntlich die gesamte Führungsriege, zuvorderst der Kurzzeit-VR-Präsident Roger de Weck, zurückgetreten. Na und, dachte die «Republik» offenbar, so what. Aber:

«Bei der Erneuerung müssen wir allerdings schneller Posten besetzen, als wir es uns gewünscht hätten. Der Grund ist das Handels­register­amt: Bei Unter­besetzung von strategischen Gremien kennt es wenig Geduld. Und die Project R Genossenschaft befindet sich seit dem Rücktritt von Roger de Weck im Frühling in einem sogenannten Organisations­mangel – da ein Genossenschafts­vorstand aus mindestens drei Personen bestehen muss.»

So etwas springt natürlich die kompetente «Republik»-Führung mit x überflüssigen Positionen wie aus dem Nichts an. Wer kann das auch ahnen, sapperlot. Dann kommt die übliche Portion Gejammer:

«Das heisst, wir müssen die Gremien noch vor Ende Juli besetzen. Was keinen kleinen Aufwand bedeutet: für den Verwaltungsrat eine ausser­ordentliche General­versammlung, für die Project R Genossenschaft eine ausser­ordentliche Urabstimmung … Die Neubesetzung der strategischen Gremien ist kein einfacher Job … Zur Findung stellten wir intern ein breit abgestütztes Gremium zusammen … Die Zeit war ziemlich knapp … Sie kandidieren alle drei zunächst nur bis auf weiteres, was heisst: mindestens bis zur regulären Urabstimmung im November.»

Also Monate darüber gebrütet, wen man denn provisorisch bis zum kommenden November wählen könnte. Um dann gleich nochmals zu wählen. Neuster Gag der «Republik»: nach der Bettelaktion ist vor der Bettelaktion. Das hatten wir doch schon. Neu: Nach den Wahlen ist vor den Wahlen. Sagenhaft.

Nun geht’s holterdipolter: «Die Wahlurnen öffneten heute, am 10. Juli, Schlag Mitternacht. Die Wahlurnen schliessen am 20. Juli, Schlag Mitternacht.»

Dann noch das übliche PS bis PPPPPS.

Dass die «Republik» ihre Finanzen nicht im Griff hat, ist bekannt. Dass die «Republik» viel zu wenige, dafür viel zu lange Artikel veröffentlicht, ebenfalls. Dass sie ausschliesslich für ihre Gesinnungsblase schreibt und in der Öffentlichkeit nicht vorkommt, nix Neues. Dass das Selbstbewusstsein der Mitarbeiter umgekehrt proportional zu ihren Fähigkeiten entwickelt ist, auch. Aber dass die «Republik» sogar eine banale, bekannte, jedem Anfänger des Genossenschaftsrechts geläufige Tatsache erst vom Handelsregisteramt erklärt bekommen muss: wie peinlich ist das denn?

Wie soll man diesen Nasen denn eine Analyse, gar eine Kritik an anderen Firmen, an der Schweiz, an der Welt abnehmen, wenn die nicht mal den eigenen Saftladen im Griff haben?

Besonders bedrückend: Leute rausgeschmissen, viel zu viel Geld rausgeschmissen, beratungsresistent eine Expansion zur Implosion geführt, ein «Klimalabor» bemannt, das noch nichts gebacken hat und dennoch mal schnell 250’000 braucht, den Rücktritt kurz nach Antritt eines de Weck vermelden müssen – aber Anlass zur Selbstkritik? Aber nein, der neuste Newsletter kommt im üblichen arrogant schnöseligen Ton daher, im Gestus: kleine Probleme, aber wir haben’s schwer im Griff. Und machen uns sogar darüber lustig.

Zuerst wird Rilke zitiert (kleiner hat man’s halt nicht), dann kommt der Scherz: «Sagen wir, jemand fragt Sie heute Abend: «Was haben Sie heute getan?» Und Sie sagen: «Ich habe einen Organisations­mangel behoben.»» Zum Totlachen. Hoffentlich.

 

 

Verlegener Verlegerverband

So macht man klar, welche Bedeutung der noch hat.

Die Selbstdarstellung hört sich noch gut an: «Die Branchenorganisation der privaten schweizerischen Medienunternehmen. Der Verlegerverband vereinigt über 100 Medienunternehmen, die zusammen rund 300 Publikationen herausgeben und zahlreiche digitale Newsplattformen sowie über 20 Radio- und TV-Sender betreiben

Aber dem VSM ist es geschickt gelungen, ein klares Signal auszusenden, dass es ihn eigentlich gar nicht mehr braucht, nachdem er eine krachende Niederlage im Kampf um eine zusätzliche Subventionsmilliarde aus Steuergeldern eingefahren hat.

Das Signal besteht schlichtweg aus ein paar Wahlen. Der neue (aber eher alte) Präsident heisst Andrea Masüger (65). Der ist hauptberuflich (bis zu seiner nahen Pensionierung) Delegierter des Verwaltungsrats der Somedia. Sein Chef Hanspeter Lebrument ist ebenso «Ehrenpräsident» wie sein Vorgänger Pietro Supino und Hans Heinrich Coninx. Masüger ist eigentlich noch nie durch besonderes Engagement für Verlegerfragen aufgefallen, so ausserhalb der Somedia.

Ebenfalls neu in den Vorstand gewählt wurde Ladina Heimgartner. Die ist zwar «Head Global Media der Ringier AG und CEO der Blick-Gruppe», aber ausser, dass sie bei jeder Gelegenheit das Wort Resilienz spazierentführt und einen sehr unglücklichen Kommentar zur Medienmilliarde schrieb, ist sie niemals nicht aufgefallen.

Dann, Frauen an die Macht, stösst noch Dr. Ursula Nötzli zum ehemals erlauchten Kreis. Die ist «Chief Communications & Sustainability Officer und Mitglied der Gruppenleitung TX Group». Auch sie kann man kaum ernsthaft als Verlegerin bezeichnen. Vielleicht als Verlegende, als verlegene, wie in Verlegenheitslösung.

So verlegt sich der Verlegerverband aufs Abstellgleis. Auf der anderen Seite: seine Mitarbeiter, die Journalisten, kriegen ja seit Jahren nicht mal einen Gesamtarbeitsvertrag hin. Ein Zustand, den sie in anderen Branchen lauthals bejammern würden. Aber in der eigenen sind sie eher piano. Arbeitsplatzsicherung. Ob das allerdings mit diesem Präsidium gelingen wird, ist doch sehr fraglich.

Hoppla, das ist der Nähverband.

DAS ist der Verlegerverband …