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ZAV jubiliert

150 Jahre seit Gründung. Eigentlich berichtenswert.

Der Zürcher Anwaltsverband (ZAV) hat das zum Anlass genommen, eine Jubiläumsvernissage durchzuführen. Gleich zwei Broschüren wurden für diesen Feierakt hergestellt.

Die bedeutendere beschäftigt sich mit der langen Geschichte und wirft einen Blick zurück. Der Autor, RA Dr. Matthias Schwaibold, überraschte die Gäste, indem er sein Referat in Reimform vortrug. Eine Glanzleistung. Unglaublich, dass Anwälte auch über einen poetischen Muskel verfügen. Er lieferte zudem eine Fleissarbeit ab, denn er stieg tief ins Archiv des ZAV, um möglichst genau die Entwicklung des Verbands nachzuzeichnen.

Er wolle mit seinem Beitrag sowohl der Informations- wie das Unterhaltungsbedürfnis befriedigen, schreibt er im Vorwort. Das ist ihm gelungen.

Die zweite Broschüre widmet sich einem der aktuellen Genderlage geschuldeten Thema: «Die Rechtsanwältinnen». Es ist tatsächlich so, dass der ZAV ungebührlich lange brauchte, bis er überhaupt weibliche Mitglieder aufnahm. Und deren Marsch durch die Institutionen bis in den Vorstand dauert dann auch noch eine ganze Weile.

Dagegen will die Autorin Claudia Keller stellen, dass sie sich als Mitinitiatorin des «Netzwerks women@WV» für «mehr Sichtbarkeit von Frauen innerhalb und ausserhalb» ihrer Kanzlei einsetze. Auch vor dem ZAV macht die woke Welle nicht Halt. Denn sind Anwältinnen wirklich unsichtbar? Wir könnten Beispiele fürs Gegenteil nennen.

Gregor Bühler, der Vizepräsident des ZAV, führte launig und eloquent durch den Abend und sorgte für aufgeräumte Stimmung.

Dieses Jubiläum ist sicherlich nicht so weltbewegend wie der Ukrainekrieg oder die israelischen Kriegsverbrechen im Gazastreifen. Vom US-Präsidenten ganz zu schweigen.

Aber über 90 Prozent der im Kanton Zürich praktizierenden Anwälte sind Mitglied beim ZAV. Sie leisten ihren Beitrag dazu, dass der Rechtsstaat funktioniert. Mit all seinen Unzulänglichkeiten. Nicht immer wird Gerechtigkeit hergestellt. Aber er ist unsere letzte Bastion gegen Willkür und Barbarei.

Was passiert, wenn er nicht vorhanden ist, können wir in den meisten Ländern der Welt beobachten, auch in Europa.

Daher es ist bezeichnend und blamabel für den Zustand der Medien, dass der extra ausgelobte «Point de Presse» von haargenau einem einzigen Journalisten wahrgenommen wurde.

ZACKBUM konnte sich deswegen besonderer Aufmerksamkeit und Fürsorge erfreuen und auch Antworten auf einige juristische Fragen einholen.

Aber das Qualitätsorgan «Tages-Anzeiger», ein Vertreter von CH Media, wenigstens die SDA, «20 Minuten» oder gar der «Blick»? Keine Zeit, kein Geld, keine Lust. Dabei gab es genügend zu trinken und auch etwas zu futtern, was normalerweise Journalisten anzieht. Dazu wurde sogar noch ein DJ aufgeboten.

Besondere Erwähnung verdient die Abwesenheit der NZZ. Wenigstens die alte Tante hätte doch einem Mitarbeiter einen schnuckeligen NZZ-Regenschirm zur Verfügung stellen können und ein Trambillett. Oder gar ein Taxi, aber diese Zeiten sind wohl auch an der Falkenstrasse vorbei.

Daher ist das Medienecho genau null. Abgesehen von diesem Leuchtturm des aufmerksamen Journalismus. Obwohl Juristerei nicht zu den Kernkompetenzen von ZACKBUM gehört. Ausser, diese medienkritische Plattform wird ihrerseits juristisch bedroht. Was wir aber bislang überlebt haben.

Die vielen anwesenden Herren und die nicht so vielen anwesenden Damen verfielen in angeregte Plauderei, während Häppchen gereicht wurden und der Alkohol nicht zur Neige ging. Der Aspekt «muss ich den kennen oder muss der mich kennen» war zwar vorhanden, aber angenehm klein.

Ein bekannter Medienanwalt benützte sogar die Gelegenheit, dem ZACKBUM-Redaktor sein Leid zu klagen. Er sei auch ein Mensch aus Fleisch und Blut, es habe ihn verletzt, dass ZACKBUM aus gebotenem Anlass ihn mit Namensnennung kritisiert habe. Er vertrete schliesslich nur die Interessen seiner Mandanten.

Dass dazu auch Typen gehören, die zwar über genügend Finanzkraft verfügen, um sich ihn leisten zu können, die man aber nicht mal mit der Beisszange anfassen möchte, scheint ihn nicht zu stören. ZACKBUM ist auch menschlich berührt und verzichtet hier auf eine Namensnennung.

Der ZAV hatte sich grosse Mühe gegeben und in der ehemaligen Cigarettenfabrik am Sihlquai ein Eventlokal gefunden, das den Wunsch nach Moderne perfekt verkörperte.

Es gibt die vernichtende Theaterkritik von Alfred Kerr: «Das Stück dauerte drei Stunden. Als wir herauskamen, regnete es. Auch das noch.» Hier regnete es bei der Ankunft, und herausgekommen ist man durchaus beschwingt.

Allerdings peinlich berührt, mal wieder das Elend der Medien vorgeführt bekommen zu haben.

Ein Medienanwalt in eigener Sache

Das mit der Pressefreiheit ist für Daniel Glasl nicht so sehr in Stein gemeisselt.

Rechtsanwalt Glasl hat sich einen Ruf als energischer Verteidiger von Medienopfern erarbeitet. Wie den meisten Anwälte ist ihm dabei die wahre Reputation des Klienten ziemlich egal.

Die «Weltwoche» unterstellte zwei Uni-Historikern eine Liaison und deshalb eine Art von Beziehungskorruption. Daniel Glasl als Vertreter der beiden jedenfalls nachmaligen Turteltauben sieht darin eine Persönlichkeitsverletzung. Auch Carl Hirschmann, der verzogene Millionärserbe, von Beruf vor allem Sohn, gehörte zu Glasls Mandanten. Was den armen Tamedia-Konzern teuer zu stehen kam.

Schon anlässlich jenes Falles giftete Glasl gegen den Bannerträger des Boulevard, Matthias Schwaibold, der ein Urteil zugunsten von Hirschmann kritisiert hatte. Der Disput verblieb im exklusiven Leserkreis der einzigen medienrechtlichen Fachzeitschrift.

Nun geht’s um die Pressefreiheit

Kein Wunder, dass er sich nun auf einer grösseren Plattform aus anderem Anlass, aber in gleicher Rollenverteilung abspielt. Schwaibold hatte als einer der Ersten darauf hingewiesen, dass die geplante Streichung des Wortes «besonders» in Artikel 266 der Zivilprozessordnung einen weiteren Schlag gegen die Pressefreiheit darstellt. Denn damit werden Massnahmen gegen Medien noch einfacher, auch und gerade die superprovisorischen Massnahmen. Was Schwaibold als Zensurgefahr kritisierte.

Wogegen Glasl aktuell in der NZZ als die obere Instanz für Medien- und Rechtsfragen auftritt. Sich als Leiter der Fachgruppe Medienrecht des Anwaltsverbands präsentierend und damit quasi höhere Legitimation erheischend. Der zuvor in der NZZ publizierte Gastbeitrag Schwaibolds rufe «nach einer korrigierenden Einordnung». Diesen Ruf hat zwar ausser Glasl niemand gehört, aber kein Grund zu schade, mit einer Replik auch etwas mediales Licht auf sich zu lenken.

Die Streichung des Wörtchens «besonders» sei völlig richtig, meint Glasl. Und glasklar daher das Ergebnis seiner korrigierenden Einordnung: «Die geplante Gesetzesänderung ist geboten und angemessen. Die Zensur bleibt verboten, und nichts wird zu Makulatur.» Auch dann, wenn ein geplanter Beitrag schon superprovisorisch vor Erscheinen (und ohne Anhörung des Medienunternehmens!) verboten werden könne, wofür schon ein schwerer und nicht erst ein «besonders schwerer» Schaden ausreichen soll.

Bevor wir aufatmen, welcher Einordnungsprozess geht denn dem voraus? «Wer behauptet, eine «superprovisorische Massnahme gegen periodisch erscheinende Medien» sei ein Akt der Zensur, vergisst, «dass die Medien eine Verantwortung für die Einhaltung des Rechts haben». Was nirgendwo steht und ausser Glasl vermutlich auch nur andere Medienopferanwälte behaupten.

Drohende weitere Rechtsverletzungen werden erwähnt

Mehr noch: Die Medien seien durch die nur auf sie gemünzte Verwendung des Wortes «besonders schwer» privilegiert – in anderen Zusammenhängen genügen für vorsorgliche Massnahmen «bereits die Annahme eines schweren Nachteils». Bloss geht es in «anderen Zusammenhängen» nicht um Grundrechte wie Meinungs- und Medienfreiheit, und zu deren Schutz war das «besonders» denn auch mit Bedacht 1985 zum Gesetz gemacht.

Dass ausserdem die «drohende Rechtsverletzung» auch noch zu «bestehender oder drohender Rechtsverletzung» erweitert werden soll, erwähnt Glasl zwar. Welche Auswirkungen diese doppelte Änderung aber haben würde, lässt er lieber unter den Tisch fallen. Wie viel einfacher wird doch die Abwägung von Persönlichkeitsrechten und des Informationsauftrags der Medien sein, wenn sie kein Sonderfall mehr sind, weil das «besonders» nicht mehr stört. Was sehr wohl auch eine Bremse gegen die Superprovisiorien ist: Denn wer am Artikel 266 etwas ändert, erweitert damit auch den Anwendungsbereich des Artikels 265, was Glasl zu verschleiern sucht.

Weshalb wir den Positionsbezug von Glasl etwas einordnen wollen. Als Vertreter von «Medienopfern» zieht er für vorzugsweise gut betuchte Mandanten in die Schlacht. Und was vereinfacht seine entsagungsvolle Schwerstarbeit mehr als die völlig neutral und objektiv von ihm befürwortete Streichung eines hinderlichen Wortes?