Schlagwortarchiv für: Lawrow

Bildbetrachtung

Besserwisser Yann Cherix liest dem Bundespräsidenten die Leviten.

Cherix leitete einige Jahre den «Züri Tipp» und ist laut Selbstbeschreibung so: «Surft, tschuttet und glaubt an konstruktiven Journalismus.» Das ist wunderbar, und normalerweise äussert sich Cherix zu solchen welterschütternden Ereignissen:

Aktuell sieht Cherix aber ganz anderen Handlungsbedarf; er versucht sich an einer Bildbetrachtung:

Da muss nun Cherix den Aussenminister scharf rügen: «Cassis’ Fotopanne mit Lawrow». Himmels willen, hat unser Bundespräsident dem russischen Aussenminister die bedingungslose Kapitulation der Schweiz angeboten? Die Aufhebung aller Sanktionen? Hat er ihm gar das Matterhorn geschenkt?

Nein, aber er hat doch tatsächlich die Hand seines russischen Kollegen geschüttelt. «Der Fehlgriff – für alle sichtbar. Und das ausgerechnet am Tag der russischen Teilmobilmachung und Putins Atomkriegsdrohungen. Andere wie die Deutsche Annalena Baerbock zeigten Lawrow in New York die kalte Schulter

Baerbock ist ja auch eher Kriegs- denn Aussenministerin («Deutsche Panzer für die Ukraine»). Aber dann setzt Cherix zu einem merkwürdigen Eiertanz an: «Doch Ignazio Cassis hat durchaus Gründe, den russischen Amtskollegen zu treffen.» Denn die Schweiz wird bekanntlich nächstes Jahr Mitglied im UNO-Sicherheitsrat, da liessen sich solche Treffen nicht vermeiden, räumt Weltpolitiker Cherix ein. «Aber es ist eben oft so: Der Neuling ist übermotiviert. Die Hand, das Lächeln. Das ist zu viel. Das wurde vom alten Kämpfer Russland geschickt ausgenutzt.»

Das kann man allerdings auch von Cherix sagen. Der hält nun gnadenlos Gericht über Cassis: «Warum hat sich die Schweiz im Bilderkampf übertölpeln lassen?» Diese Frage muss Cherix allerdings im Raum stehen lassen, dafür weiss er: «Die UNO in New York ist eine grosse Bühne, im Fokus der Weltöffentlichkeit. Das hätte Cassis’ Delegation antizipieren müssen

Es ist halt immer blöd, wenn Cherix gerade im «Paradies für Freestyle-Sportler» unabkömmlich ist und leider keine antizipierenden Ratschläge erteilen kann.

Daher gibt es nur einen dringenden Rat an das EDA: bevor Cassis das nächste Mal jemanden die Hand schüttelt, muss unbedingt Cherix konsultiert werden. Nur er kann verhindern, dass sich unser Neuling im wahrsten Sinne des Wortes eines Fehlgriffs schuldig macht, sich übertölpeln lässt. Andeutungsweise lächelt, statt dem russischen Aussenminister die kalte Schulter zu zeigen. Vor ihm auszuspucken. Den Handschlag demonstrativ zu verweigern.

Also wenigstens in die Hand kneifen hätte er ihn können. Den Krawattenknoten lockern. Die Haare verwuscheln. Oder was auch immer Cherix als Alternative eingefallen wäre. Wir hoffen allerdings doch, dass dem Schweizer diplomatischen Dienst dieser Neuzugang erspart bleibt, wenn es bei Tamedia die nächste Sparwelle gibt.

Allerdings findet Cherix in einem Dummschwätzer seinen Meister. SP-Nationalrat Fabian Molina, der Mann, der prinzipiell schneller spricht als denkt, ist mit einem vernichtenden Urteil zur Hand: «Mit dem lächelnden Händedruck hat Cassis alle Bemühungen zerstört.» Molina frage sich, «wie die Entourage von Cassis diesen PR-Gau zulassen konnte.» Das Bild spiele Russland in die Hände und «schadet dem Ansehen der Schweiz massiv», zitiert ihn nau.ch.

ZACKBUM fragt sich hingegen, wie Molina selbst in eigener Sache diesen GAU zulassen konnte:

Ein Politiker-Rüpel an einer unbewältigten Demo, umgeben von schwarzbekleideten Linksautonomen. Aber damit schadet er nur seinem eigenen Ansehen massiv.

 

Verbal-Amok Kornelius

Russentag auf ZACKBUM. Mal wieder ein tobender Teutone.

Die zahlenden Leser von Tamedia haben’s nicht leicht. Ihr Verhalten wird in der Psychopathologie als Masochismus bezeichnet. Der Masochist bezahlt auch gerne dafür, dass er gequält wird.

Masochistische Lustschreie müssen jeweils die Kommentare des Brachial-Rhetorikers Stefan Kornelius auslösen. Der «Ressortleiter Politik» bei der «Süddeutschen» ist ein Büttel der «Atlantik Brücke», ein Meinungsträger vieler Herrn. Greift er in die Tasten, kann man sicher sein, dass überschiessende Meinung mit Faktenfreiheit zu einer ungeniessbaren Mischung verquirlt wird.

Diesmal nimmt sich Kornelius im krachledernen Stil den russischen Aussenminister vor:

Original in der SZ, …

… copy/paste im Qualitätskonzern Tamedia.

Gleich am Anfang legt Kornelius das Niveau niedriger: «Der russische Außenminister setzt Standards für alle aktiven Populisten und Demagogen, zu deren wichtigster Befähigung es gehört, Tatsachen in Lügen und Lügen in Tatsachen zu verwandeln. Lawrow ist so etwas wie die Verbalausgabe eines Spiegels: Was er von sich gibt, ist nur spiegelverkehrt korrekt

Nein, lieber Leser, Kornelius meint hier nicht das ehemalige deutsche Nachrichtenmagazin «Der Spiegel» (siehe vorangehenden Artikel). Den Leerraum an Argumenten füllt Kornelius mit einer Verbalinjurie nach der anderen: «Es ist, als leide Lawrow unter einer Bewusstseinsspaltung … Ein Regime mit totalitären Zügen ist hingegen in Moskau an der Macht. Bedauerlicherweise ist seine Beseitigung nicht absehbar … Ziel von Demagogen ist es, die Köpfe zu verwirren oder durch die Widersprüchlichkeit von Aussagen eine Erschöpfung zu erzeugen.»

 

Solidaritätsfahrzeuge der ukrainischen Oligarchie.

Wahr gesprochen, auf Kornelius angewendet: «Lawrow reist mit seiner Botschaft durch Afrika – ohne Widerspruch aus dem Westen. Das muss sich ändern», dekretiert der Journalist vom Schreibtisch aus, den er mit einem Feldherrenhügel verwechselt. Denn er möchte Zerstörung und Leiden in der Ukraine verlängern: «Erstens ist es überflüssig, zu diesem Zeitpunkt über Verhandlungsoptionen zu reden. … Dieser Krieg wird enden, wenn er von Russland nicht mehr militärisch gewonnen werden kann.» Das kann aber noch eine ganze Weile dauern; die entsprechenden Verluste sind Kriegsgurgel Kornelius egal, solange die Heizung in seiner Stube auch im kommenden Winter funktioniert.

Hübsch ist auch diese Bemerkung, dass es dem russischen Aussenminister Lawrow «entgangen» sei, «dass es sich bei dem vermeintlichen Regime in Kiew um eine demokratisch gewählte Regierung handelt». Wer einen durch einen Oligarchen gekauften Wahlsieg in einem hochkorrupten Land ohne grosse demokratische Tradition oder Strukturen demagogisch so hochjubelt, kann eigentlich nicht ernst genommen werden.

Ein weiterer Vorwurf von Kornelius an den Faktenverdreher Lawrow: «Gerade machte er in Afrika die Ukraine für die ausbleibenden Getreidelieferungen verantwortlich.» Das ist in dieser Einseitigkeit natürlich absurd. Es als Vorwurf stehen zu lassen ohne darauf hinzuweisen, dass westliche Sanktionen die Düngemittelproduktion oder ihren Export ernsthaft gefährden, was viel dramatischere Auswirkungen als die paar Millionen in der Ukraine gelagerten Tonnen Getreide hat, ist dann aber auch nur eine spiegelverkehrte Halbwahrheit.

Die Meinungsblasenbildung in der Öffentlichkeit ist dermassen weit fortgeschritten, dass es wohl kaum mehr möglich ist, sich mit dieser Position gemütlich zwischen Stuhl und Bank einzurichten: Putins Überfall auf die Ukraine, inklusive Wortbrüchigkeit (Russland verpflichtete sich in internationalen Verträgen, die territoriale Integrität der Ukraine zu respektieren), ist unentschuldbar und durch nichts zu rechtfertigen. Er ist der Aggressor, verantwortlich für seinen Teil an Kriegsverbrechen, die in der Ukraine begangen werden. Zudem ist er ein militärischer Versager, der nicht die imperiale Stärke Russlands zeigt, sondern ein klägliches militärisches Schauspiel. Die Kollateralschäden seiner unbedachten Handlungen sind unabsehbar und werden Russland noch über Jahrzehnte beschädigen.

Das gesagt, ist weder die Ukraine, noch ihr Präsident eine Lichtgestalt an demokratischen Werten und heldenhaftem Widerstand. Unsere Freiheit und Demokratie wird weder am Hindukusch, noch in der Ostukraine verteidigt. Während die russischen Oligarchen zunehmend unter westlichen Sanktionen leiden – unbeschadet, ob sie Putin-Unterstützer sind oder nicht –, feiert die ukrainische Oligarchie rauschende Feste aller Orten; gerne auf dem Gebiet von Ex-Jugoslawien, geballt in Istrien. Dort kann der aufmerksame Beobachter davon ausgehen, dass an schweren SUV, schnellen Luxussportwagen oder protzigen Mercedes auf dem Nummernschild meistens ein UA prangt. UA für Ukraine.

Das gesagt, wird sich die Blindheit des Westens einmal mehr rächen, wenn all die Kriegsgurgeln und Hilfswilligen zur Kenntnis nehmen müssen, dass das Opfer der russischen Aggression keineswegs so unschuldig ist, wie es sich selbst gerne darstellt. Während viele hilfswillige Gutmenschen im Westen, auch in der Schweiz, ukrainische Flüchtlinge bei sich aufnehmen, brettert die ukrainische Oligarchie fröhlich mit ihren Luxusschlitten durch die Gegend. In solcher Zahl, dass es diverse Instagram-Accounts gibt, die sich dem Hobby verschrieben haben, möglichst viele solcher obszönen Schaustücke ungehemmten Reichtums zu fotografieren. Denn Schamgefühl, Mitgefühl, Solidarität mit den Kämpfern in der Ukraine – was ist das.

Vielleicht sollte sich Brachial-Schwätzer Kornelius mal ein Weilchen auf solchen Fotosammlungen herumtreiben. Aber der Mann ist gegenüber der Realität beratungsresistent.