Schlagwortarchiv für: Klimawandel

Alle Wetter!

Tamedia erklärt die Lage – der Leser sorgt sich.

Der schwere Sturm über La Chaux-de-Fonds hat es in sich. Er forderte ein Todesopfer und verursachte happige Gebäudeschäden, dazu umgestürzte Bäumen und andere Verwüstungen.

Die Gelegenheit, endlich einmal die Überlegenheit einer Qualitätszeitung auszuspielen. Oder so. Die Autorenzeile unter dem ersten Artikel lautet «SDA/aru/mst». Das bedeutet, dass zwei Nasen die SDA-Tickermeldung veredelt haben. Augenzeugenberichte vor Ort, der Tamedia-Korrespondent im Jura? Welcher Korrespondent?

Aber glücklicherweise gibt es die sozialen Medien und Plattformen, wo jede Menge Videos und Fotos hochgeladen werden, die man zu einem «Tamedia Video» umtopfen kann. Dabei dachte ZACKBUM, das Teil heisse nun endgültig «Tages-Anzeiger». Aber das wäre ein anderes Thema.

Hier wird etwas Schadenbilanz gezogen, das obligate Mitgefühl des Bundespräsidenten erwähnt, und dann «eingeordnet». Allerdings: «Es ist noch unklar, wie dies meteorologisch einzuordnen ist.» Downburst oder Tornado oder beides oder keines von beidem?

Auf jeden Fall sei es ein «extremes Windereignis». Das hat was, bei Spitzengeschwindigkeiten von angeblich über 200 km/h. Immerhin wurde der «Journalist Laurent Duvanel, der selber in La Chaux-de-Fonds wohnt», aufgetrieben, besser als nix.

Aber dann lebt Tamedia noch richtig auf, es folgt der Beratungsteil. Ein «Gewitter- und Unwetterforscher» erklärt, dass man nicht nur das Wetterradar auf dem Handy betrachten solle, «sondern auch den Himmel aufmerksam beobachten». Dabei – merke auf – kann man die Gefährlichkeit sauber einschätzen. «Wenn eine Gewitterwolke dunkel und bedrohlich wirkt, dann birgt sie auch Gefahrenpotenzial.» Das muss einem ja mal gesagt werden. Bei grünlich sollte man auch aufpassen, das sei ein «Anzeichen für einen sehr intensiven Niederschlag oder sogar Hagel». Leider: «oft – aber nicht immer

Aber selbst solche Extremwetterberichterstattung hält Tamedia nicht davon ab, genderkorrekt die Sprache zu malträtieren: So hätten «Autofahrende» den Trümmern eines Lastwagendachs nicht ausweichen können. Es gab dann aber keine Verletzende.

Während es hier aber noch gesittet zugeht, tobt in der Kommentarspalte der Klimaretter unter den Lesern.

«Klimawandel/Klimakollaps … Sollten wir aufhören, uns über Klimaaktivist:innen lustig zu machen … sofortiger Stopp aller Ferienflüge, keine fossilen Flüge mehr bis Ende Jahr. Ein Aus für die Fleischwirtschaft … Ich bin wutentbrannt …»

Plus die ganze Leier, ob das noch Wetter oder schon Klima sei. Normal oder Vorbote des Untergangs. Einer kündigt sogar an, seinen geplanten Surf-Urlaub in Portugal zu canceln. Hoffentlich erwischt ihn dann niemand am Flughafen.

Das kommt halt davon, wenn man den Lesern keine Faktenbasis, keine Einordnung, keine Bandbreite von verschiedenen wissenschaftlichen Meinungen bietet. Das kann man mit Fug und Recht als Volksverdummung bezeichnen.

Wir können allerdings froh sein, dass Unwetter und Blitze nicht mehr als Erscheinungsformen eines zürnenden Gottes «gelesen» werden. Bislang.

Hilfe, mein Papagei onaniert: Hitzestau

Reden wir über das Wetter.

Wenn’s mal heiss wird in der Schweiz, haben die Sonntagsblätter ihr Thema gefunden.

Wenn alle vom Wetter reden, wieso dann nicht einen Riesenartikel übers Wetter machen? Dazu das Reizwort «Klimawandel», ein Wetterfrosch runzelt bedenklich die Stirne, und schon ist eine Doppelseite plus Cover gefüllt.

Fehlt noch was? Natürlich, ein Frauenthema. Wie kann man das mit dem kleinsten Aufwand ins Blatt heben? Richtig, man macht ein Interview.

Auch der ansonsten sehr geschätzte Armin Müller kann mal danebenliegen: «Bei Bitcoin & Co. handelt es sich um Nullsummenspiele, der Gewinn des einen ist der Verlust des anderen. Es entsteht kein Mehrwert.» Bei Bitcoin & Co. handelt es sich um Währungen. Die sind immer Nullsummenspiele. Oder käme jemand auf die Idee, bei einer Kursänderung des Schweizerfrankens gegenüber dem Dollar von Gewinn und Verlust zu sprechen? Oder sich darüber zu beschweren, dass aus einer Währung kein Mehrwert entsteht? Vielleicht nochmal zum Thema Geldtheorie etwas nachlesen.

Denn weder ist die Kryptogemeinde gescheitert, noch ändert der letzte Kurssturz (in einer langen Reihe) etwas daran, dass Kryptowährungen den ersten ernsthaften Versuch darstellen, das Geldmonopol der staatlichen Notenbanken in Frage zu stellen. Deshalb werden sie auch so kritisch beharkt. Als Facebook ernsthaft mit dem Gedanken spielte, auch eine eigene Kryptowährung ins Leben zu rufen, klingelten in der Politik (und somit auch in den Medien) überall die Alarmsirenen. Und der Versuch wurde (vorläufig) abgewürgt. Alles, weil auf Blockchain aufgebaute Zahlungsmittel die Zukunft sind.

Vom ernst Falschen zum unernst Lächerlichen. Dass Daniel Craig sich in ein rosa Samtjackett zwängte, konnte man nur als Stinkefinger in Richtung seiner Rolle als James Bond interpretieren. Er hatte wohl Angst, dass man ihn trotz Todesfall wiederbeleben könnte. Aber ein Bond in einem rosa Anzug? Niemals. Der einzige Grund, als Mann rosa zu tragen, ist: ich will zeigen, dass ich Mut zur Lächerlichkeit habe.

Hier geht’s wenigstens noch schön männlich zu. Auch wenn so ein Töff, mit dem Mann über Stock und Stein brettern kann, so ziemlich allem widerspricht, wofür Tamedia ideologisch steht. Aber Gesinnung ist das eine, Inserateeinnahmen ist das andere, Wichtigere.

Alle reden vom Wetter, natürlich die NZZaS auch. Plus eine extra Öko-Beilage, grossflächig beworben auf der Front. Braucht das Thema wirklich die halbe Seite vorne? Nun ja, wenn es sonst nicht viel zu berichten gibt …

Im Blatt wird die Allerweltsexpertin Anne Applebaum interviewt. Das tut so ziemlich jeder, und sie sagt auch zu ziemlich jedem so ziemlich das Gleiche. Wieso auch noch die NZZaS ihr eine Plattform gibt, damit sie Altbekanntes wiederholt?

Aber offenbar wollte man eine Reihe «wir interviewen oder porträtieren altbackene Menschen» machen. Dazu passt auch ein Porträt von Andreas Gross. Genau, der Gross, der vor vielen, vielen, vielen Jahren mal mit der Gesellschaft für eine Schweiz ohne Armee Furore machte. Und anschliessend eigentlich nur noch durch seine üppigen Reisespesen auffiel.

Zu guter letzt setzt Peer Teuwsen seine Reihe fort: Ich interviewe scheintote Rockstars. Nach Mick Jagger nun auch noch Elton John. Ja, meine lieben jungen Leser, das ist so ähnlich wie mit den Sissi-Filmen. Umso mehr sich der Leser altersmässig gegen unten von Teuwsen unterscheidet, desto mehr fragt er sich: Jagger? Wer ist Jagger? Elton John? Wer ist denn das? Macht der vielleicht Werbung für Fielmann?

Aber, sonst wäre es nicht die NZZaS und man müsste nur meckern, dann kommt noch eine grosse Reportage über Äthiopien. Äthiopien? War da mal was? Gab es da nicht mal einen Friedensnobelpreisträger? Und gibt es ausserhalb der Ukraine tatsächlich noch eine Welt? Immerhin, diese Fragen beantwortet die NZZaS, und dafür sei sie am Schluss hier versöhnlich gelobt.

Und der SoBli? Ach nö, auch ZACKBUM braucht manchmal eine Verschnaufpause.