Himmel, der Pimmel
Die Erektionskurve bleibt hoch. Obwohl es völlig gaga ist.
ZACKBUM-Redaktor René Zeyer gesteht, dass er mehr als zwei Frauen kennt. Mehr als zwei Frauen, die von Alter und Äusserem her männliche Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Im erweiterten weiblichen Bekanntenkreis, dem auch durchaus jüngere Damen angehören, machte ZACKBUM daher eine Umfrage.
Schlaffes Resultat: niemand. Keine. Nicht mal verlangt. Was?
Nun, das, was der ehemalige Stadtammann von Baden aus seinen Amtsräumen zu verschicken pflegte. Genau, ein Dickpic. Für weibliche (und auch männliche) Leser, die noch nie davon gehört haben: damit bezeichnet man die unerwünschte Zusendung des eigenen erregten (oder vielleicht sich auch in Ruhestellung befindlichen) Penis an ein weibliches Wesen.
Wie es diesbezüglich bei der LGBTIQA+-Community steht, ist leider nur ungenügend untersucht. Ebenso wenig wie die Frage, wie viele Männer schon unaufgefordert, aber lassen wir das.
Für einmal ist, das muss lobend erwähnt werden, der Titel des Tagi, der diesen Nonsens von der SZ übernommen hat, besser als das Original: «Form von sexualisierter Gewalt: «Das Dickpic funktioniert als Machtdemonstration – oder auch als Drohung»»
Da erregt sich Kerstin Lottriz nämlich: «Plötzlich ploppt ein Bild am Handy-Bildschirm auf. Ein nackter Penis. Fast jede zweite Frau im Alter von 16 bis 24 Jahren hat schon mindestens einmal ungefragt ein Nacktfoto erhalten.»
Die Redaktorin der Süddeutschen «plant als Chefin vom Dienst die aktuellen Themen im Bereich Kriminalität, Katastrophen, Kurioses und Promi-Klatsch für das Internet sowie die gedruckte und digitale Zeitung». Aber das ist ja auch keine Entschuldigung.
Immerhin, der Erkenntnis, dass das Dickpic «kein Austausch auf Augenhöhe» sei, der kann ZACKBUM noch zustimmen. Ausser, aber lassen wir diese Männerfantasie aussen vor.
Zu diesem ewig rezyklierbaren Thema interviewt Lottriz die Psychologin Sarah Koldehoff. Wer? Also bitte, die Autorin des neusten Buchs zum ewigen Aufregerthema mit dem eingängigen Titel «Dick Pics».
Dabei spricht die Psychologin harte Wahrheiten knallhart aus: «Relativ wenige Männer geben an, dass sie die Bilder aus bewusster Misogynie verschicken, ungefähr jeder Sechste. Der Grossteil gibt bei der Frage nach der Motivation an, dass sie etwas zurückbekommen wollten oder es sie erregt habe.»
Es mag nun durchaus männliche Geschlechtsgenossen geben, für die man sich schämen muss und die wie Geri Müller weiland tatsächlich Fotos des eigenen Gemächts verschicken und meinen, dass das bei der Empfängerin Lustgefühle auslöse.
Auf der anderen Seite: das sei schon fast jeder zweiten Frau im dafür empfänglichen Alter widerfahren?
Nun ist die ZACKBUM-Umfrage keinesfalls repräsentativ, auch wenn die Erweiterung der Frage, ob die Befragte vielleicht eine kenne, die eine kenne, die schon mal so ein Pimmelbild ungefragt bekommen habe, immer noch auf ein schlappes Nein stiess.
Also entweder muss sich ZACKBUM Gedanken über die Art seines weiblichen Bekanntenkreises machen – oder diese Behauptung ist blanker Unsinn. Auf der Ebene, dass der unkommentierte oder unverhüllte Anblick eines Mohrenkopfs (von seinem Verzehr ganz zu schweigen) Gefühle der Diskriminierung, des Rassismus oder des allgemeinen Unwohlseins auslösen könnte.
Leider ist ebenfalls nicht untersucht, was das Versenden (gefragt oder ungefragt) eines Dubler-Mohrenkopfs beim Empfangenden (wir wollen doch mal woke korrekt bleiben) auslöst.
Gibt es denn irgendwelche verlässlichen Untersuchungen, Umfragen oder was auch immer, die diese immer wieder kolportierte Behauptung stützen? Selbst eine auf Hochtouren arbeitende KI findet nicht mehr als eine englische Umfrage von 2018, bei der 41 Prozent der 2121 befragten Frauen behaupteten, sie hätten mindestens einmal und unaufgefordert ein Penisbild erhalten.
Und sonst? Nix, null, nada. Ausser einer unscharfen Schwemme von Umfragen über sogenannten «image-based sexual abuse», der aber alle Formen, beispielsweise auch das Weiterleiten von erhaltenen Nacktfotos, enthält. Hier ergab eine internationale Studie mit immerhin 16’000 Teilnehmern aus zehn Ländern, dass 22,6 Prozent damit Erfahrungen gemacht hätten. Wohlgemerkt mit irgend einer der vielen Formen.
Wodurch man zur Schlussfolgerung gelangen muss – auch wenn man sich dem Vorwurf aussetzt, ein alter, weisser Cis-Mann, Sexist und Sonst-noch-Was zu sein –, dass diese Behauptung kompletter Schwachsinn ist, auf dem sich aber immer wieder Autorinnen und Journalistinnen und Berufsopfer ihr Süppchen kochen.




