Nachhilfe für Ta*medIa***
Die Beherrschung der Sprache ist die Grundvoraussetzung für Journalismus. Einverstanden?
«Der Löwe, das Pferd, die Schlange.» Mit diesem einfachen Beispiel versuchte der deutsche Sprachpapst Wolf Schneider auch Uneinsichtigen oder Unfähigen zu erklären, dass menschliches Geschlecht und grammatikalisches Genus nichts, aber auch überhaupt nichts miteinander zu tun haben.
Es gibt Sprachen, die überhaupt kein Genus kennen, wie zum Beispiel Türkisch. Nach der Absurdlogik der Genderpseudowissenschaft müssten also Türkinnen weitgehend frei von Unterdrückung, Sexismus oder Belästigungen sein.
Einfacher Umkehrschluss, wenn die angeblich so entscheidend wichtige «inklusive» Sprache irgendeine Bedeutung oder Auswirkung hätte.
Die gute Nachricht ist feminin und daher hier verkündet: das ist für eine ganze Weile der letzte Versuch (masc.), hyperventilierende vor allem weibliche Journalisten an einen korrekten Gebrauch der deutschen Sprache heranzuführen.
Wer Sprache einer Ideologie oder Fanatismus unterordnet, scheitert
Das ist bekanntlich die Grundlage des Handwerks, die Beherrschung des Werkzeugs, das Vermeiden von Sprachverbrechen. Persönliche Gefühle oder Eindrücke oder jede Art von Aberglaube ist fehl am Platz. Wer eine Leiter baut, kann ja auch nicht sagen, weil er abergläubisch sei, lasse er jeweils die 13. Stufe aus.
Der sogenannten Sache der Frau wird damit kein Dienst erwiesen, denn welche Verbesserung ihrer Situation sollte durch die Vergewaltigung der deutschen Sprache bewirkt werden? Ganz abgesehen davon, dass gerade im deutschen Sprachraum Säuberungen, Anpassungen, kurz die Unterordnung der Sprache unter eine Ideologie, in unguter Erinnerung ist.
Schliesslich: Wenn sich fast jeder Journalist als Virologe, Epidemiologe, als Diagnostiker, Therapeut und Besserwisser aufspielen will, wohlan. Dass aber fachfremde und unqualifizierte Personen an der Sprache herumdoktern wollen, ist ungefähr so sinnvoll, wie wenn die Krankenschwester in den Operationssaal stürmt, den für den Eingriff vorgesehenen Chirurgen beiseite stösst und sagt: Weg da, das ist eine Patientin, die kann nur von einer Frau operiert werden.
Ohne Wissen und Beherrschung des Handwerks wird’s schnell peinlich
Womit wir schon bei Aleksandra Hiltmann wären. Sie hat Politik- und Medienwissenschaften studiert, ein paar Praktika absolviert und schreibt nun für Tamedia. Damit soll nicht gesagt sein, dass nur doktorierte Germanisten (wie ich) Überlegungen zur deutschen Sprache anstellen dürfen. Aber eben, ohne Beherrschung des Handwerks wird’s schnell peinlich.
Denn irgendwann in grauer Vorgeschichte muss ein Volltrottel auf die Idee gekommen sein, das Genus auf Deutsch zu übersetzen. Gattung erschien ihm offensichtlich zwar korrekt, aber nicht richtig fassbar. Also setzte er auf Geschlecht. Seither haben wir den Salat. Den richtet Hiltmann nochmal an und hin. Sie behauptet, zu helfen und will «einen Überblick über die gängigen Formen für inklusive Sprache» geben.
Das ist noch einigermassen witzig, denn mit «gängig» rudert sie um das Problem herum, dass in ihrem Salat nicht nur ungeniessbare Blätter taumeln, sondern auch schlichtweg falsche, verbotene, schädliche. Gängig ist zudem überhaupt nichts davon. Oder wie antwortete der wohl grösste lebende Schweizer Germanist, Peter von Matt, auf die Frage, was er vom Genderstern halte und ob er ihn verwende: «Nein.»
Mehr ist eigentlich auch nicht zu sagen, aber man muss leider. Es gebe viele Arten, hebt Hiltmann an, «wie Sie gendergerecht schreiben, sprechen, formulieren können». Das mag so sein, aber ihre Beispiele belegen das nicht, sondern sind Mumpitz.
Paarformen verwenden, ist ihr erster Ratschlag. Als Vollform: Bauarbeiterinnen und Bauarbeiter. Als Kurzform: Bauarbeiter/-in oder BauarbeiterIn. Das mit dem generischen Maskulin erklären wir nicht nochmal, genauso wenig, dass die meisten Zuweisungen des Genus nicht nach Geschlecht, sondern aus einer Vielzahl von Gründen erfolgten. Eben der Löwe, das Pferd, die Schlange.
Personen bezeichnen, aber nicht deren Geschlecht, nächster Fehlschlag. Statt Lehrer könne man Lehrperson sagen. Das sei ein «geschlechtsabstrakter Begriff». Da lacht das Huhn und auch die Hühner, selbst die Hähne und Hennen. Die Lehrperson (fem.) sei geschlechtsabstrakt? Toll, also kann ich mich als Mann in «die Person» inkludiert fühlen, aber eine Frau bei «der Mensch» nicht?
Schlimmer geht’s immer
Aus einem Partizip eine Personenbezeichnung machen: «die Dozierenden, die Studierenden, die Teilnehmenden». Hier verlässt Hiltmann nun völlig die korrekte Verwendung der deutschen Sprache und des Partizips Präsens. Wie dessen Name schon andeutet, wird es ausschliesslich für eine in dem Augenblick der Anwendung ausgeführte Aktion verwendet. Das eher selten, so nebenbei. Aber es ist erlaubt: sie ist schlafend. Absurd wäre hingegen, das in die Schlafende zu verwandeln. Denn das ist keine stetige Eigenschaft dieser Frau. Hoffentlich. Genauso, wie die Studierenden keine mehr sind, wenn sie heimfahren, essen, schlafen. Aber Studenten sind sie alleweil noch.
Jetzt wird’s ganz grauenhaft, fehlerhaft, übelkeitserregend nicht nur gegen Sprachregeln verstossend (!), sondern auch gegen die Grundidee jeder Kommunikation: so leichtverständlich wie möglich zu sein. Nicht so verschwurbelt, verdreht, zerquält wie möglich.
Darunter läuft
Polizist*in, Busfahrer:in, Professor_in oder gar Studierx, Professx.
Nein, beim Teutates, das erfinde ich nicht.
Auch alles Weitere an Ratschlägen hat zwei Gemeinsamkeiten: es findet jeweils im best case eine Bedeutungsverschiebung statt, im worst case kommt noch ein Sprachverbrechen hinzu.
Ein Bravo für die tapferen Leser
Ich frage die tapferen Leser (Gattungsbegriff, Leserinnen, non-binäre, Transmenschen und «keine Ahnung, was für ein Geschlecht ich habe» inbegriffen), die bis hierher durchgehalten haben: Will wirklich jemand ernsthaft behaupten, dieser ganzer Mumpitz mache irgend einen Sinn? Glaubt wirklich jemand, diese krampfhaften Spitzenklöppeleien und Untergriffe in abgehobenen Sprachebenen interessiere irgend jemand? Ausserhalb der Gesinnungsblase? Schliesslich: will jemand sagen, dass eine Befolgung dieser Quatsch-Regeln irgend eine segensreiche Auswirkung auf die Verbesserung der Stellung der Frau habe? Sie sich dann weniger ausgegrenzt, mehr angesprochen, weniger diskriminiert, mehr geschätzt fühlen würde?
Wir befürchten, nein, sind überzeugt: Dieser Mumpitz schadet der Sache der Frau ungemein; erstickt durch Lächerlichkeit im Grunde sinnvolle und diskussionswürdige Debatten über geeignete Massnahmen zur Emanzipation der Frau, wo sie ungerechtfertigt diskriminiert wird. Gut gemeint ist hier dramatisch schlecht gemacht.