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D-Day als Gaga-Day

Die alliierte Landung in der Normandie vor genau 80 Jahren ist Anlass für viel Dada und Gaga.

Die «Schweizer Illustrierte» will hier auch mal erwähnt werden und schafft es mit diesem Beitrag zum D-Day: «Peinlicher Moment zwischen Königin Camilla und Brigitte Macron». Himmels willen, haben sich die beiden älteren Damen in die Haare gekriegt? Nein, fast noch schlimmer: als die beiden je eine Blume niederlegten, «griff die Präsidentengattin nach der Hand der Königin, was dieser ganz offenbar überhaupt nicht zu gefallen schien». Und dann sei Präsident Macron noch 20 Minuten zu spät zur Gedenkfeier erschienen.

Furchtbar, eine Königin anfassen, quel scandale. Dass Macron zu spät kam, ist hingegen unerheblich; die Franzosen spielten am D-Day sowieso keine grosse Rolle, obwohl natürlich alle nach dem Zweiten Weltkrieg in der Résistance waren.

Ansonsten wurde mit Worthülsen nur so um sich geschmissen, am beliebtesten: «Sie haben uns ein Beispiel gegeben, das wir nicht vergessen werden

Leichte Unsicherheiten im Kalender zeigt allerdings «watson». So schreibt das Magazin für die gebildeten Stände am Donnerstag: «Olaf Scholz wird am Dienstag am Omaha Beach erwartet», um dann gleich darauf zu behaupten: «Scholz wurde am Donnerstag zu der zentralen Gedenkfeier am Landungsstrand Omaha Beach in der Normandie erwartet.» Ja was denn nun?

Eine feine rote Linie zieht hingegen die «Süddeutsche Zeitung» vom D-Day zu heute: «Ein Strand in der Normandie wird am 6. Juni 1944 zum ewigen Sinnbild für Mut und Freiheit. Nun nimmt sich der Klimawandel die Küsten.» Und niemand kämpft so tapfer wie damals dagegen an …

Auf eine weniger schöne Aktion weist nau.ch hin. Englischen Fallschirmspringern widerfuhr, dass «nach der Landung auf einer Wiese in Sannerville bei Caen der französische Zoll die Soldaten für eine Passkontrolle erwartete». Da hatten ihre Kollegen am 6. Juni 1944 aber Schwein.

Der «Blick» drückt gewaltig auf die Tränendrüse: «König Charles und Königin Camilla weinen beim Jubliäum zu 80 Jahren D-Day». Auch das Blatt mit dem Regenrohr im Logo ist so gerührt, dass ihm die Buchstaben verrutschen.

Und dann haben wir noch Hobbyhistoriker Christof Münger, der Auslandchef ohne Ausland von Tamedia. Der weiss: «Die Befreiung Europas begann mit einem Martyrium». Dann widmet er sich ausführlich dem Wunsch des englischen Kriegspremiers Winston Churchill, persönlich bei der Landung anwesend zu sein. Das konnte, weil zu gefährlich, nur dadurch verhindert werden, dass ihm der englische König George VI. sagte, wenn Churchill gehe, sei er auch dabei.

Dann erzählt auch Münger nochmals die wieder und wieder erzählte Geschichte der Landung nach. Aber immerhin, was die meisten anderen Kommentatoren vergessen, am Schluss zitiert Münger einen deutschen Historiker, der darauf hinweist:

«Insgesamt kamen 344’000 Briten und 292’000 Amerikaner ums Leben, 50’000 davon im Pazifik. Gemäss Christian Hartmann, Historiker am Institut für Zeitgeschichte in Berlin und München, fielen derweil 6 Millionen Angehörige der deutschen Streitkräfte sowie 14 Millionen Rotarmisten. «Die Sowjetunion hat viel länger Krieg geführt als die Briten und Amerikaner», sagt Hartmann, «und dabei einen sehr viel höheren Blutzoll gezahlt.» Deshalb sei der Zweite Weltkrieg wohl an der Ostfront entschieden worden.»

Da aber der D-Day inzwischen unter Anwesenheit des ukrainischen Präsidenten Selenskyj (was hat der dort eigentlich verloren?) auch zu einem Anti-Russland-Tag geworden ist, wird auf diese historische Tatsache viel zu selten hingewiesen.

Im Februar 1943 hatte die 6. Naziarmee vor Stalingrad kapituliert, das war der Wendepunkt des Zweiten Weltkriegs. In den USA und vor allem in England wuchs die Befürchtung, dass die Rote Armee bei ihrem Vormarsch nicht in Deutschland Halt machen würde, sondern ganz Europa bis hin zu Portugal erobern könnte. Nicht zuletzt, um das zu verhindern, wurde die Operation Overlord geplant und mehr als ein Jahr nach Stalingrad durchgeführt.

Aber nicht nur die Soldaten der Roten Armee kämpften mit Heldenmut und Tapferkeit; wer die Eingangssequenz von «Saving Private Ryan» gesehen hat, bekommt eine ungefähre Ahnung, welch unglaubliches Gemetzel der Anfang der Landung gewesen ist.

Aus «Saving Private Ryan» von Steven Spielberg.

Hier gab’s den gleichen Heldenmut, den sowjetische Soldaten bei Stalingrad bewiesen. Aber viel zu wenige kennen das Buch von Wassili Grossman «Leben und Schicksal», eine moderne Fassung von «Krieg und Frieden», das diesem Gewaltsmonument der Literatur ins nichts nachsteht.

 

Ach, Charles!

Die «Weltwoche» sollte bei ihren republikanischen Leisten bleiben.

Niemand kann in die Zukunft sehen. Aber wenn die «Weltwoche» einen Politiker oder VIP lobt, geht’s für den meistens den Bach runter. Extrembeispiel ist der Versager und Lügner Donald Trump. Das gilt auch für den Vollversager und Amok Steve Bannon. Ebenfalls für den ungarischen Regierungschef Orban.

Auch Putin misszuverstehen, war keine wirklich gute Idee. Nun wirft sich die «Weltwoche» ein wenig auf die britische, Pardon, englische Politik. Die neue Premierministerin Liz Truss wurde bereits als «die richtige Frau zur richtigen Zeit» gelobt. Zum Dank kündigte die angebliche Thatcher-Nachahmerin das grösste staatliche Hilfsprogramm aller Zeiten an.

Nun will sich die WeWo auch noch auf dem Gebiet gekrönter Häupter lächerlich machen:

Ein Zwangsneurotiker, von dessen Eignung für das Amt die eigene Mutter so überzeugt war, dass sie lieber bis zum letzten Atemzug selber die Krone trug? Ein frischgebackener König, der alleine schon im Umgang mit Füllfederhaltern in den ersten Tagen seiner Regentschaft häufiger die Fassung verlor als seine Mutter in über 70 Jahren Regentschaft? Ein ungetreuer Ehemann, der lieber ein Tampon an einem unaussprechlichen Ort seiner Geliebten Camilla wäre?

Nobel reicht Charles III. den tropfenden Füller seiner Gattin …

Aber lauschen wir den weihevollen Worten der WeWo:

«Ein weiterer positiver Aspekt der neuen Regentschaft wird das glückliche und stabile Privatleben des Königs sein.» Da rotiert die arme Diana im Grab. Camilla überzeuge durch «Charme, Zugänglichkeit, Unkompliziertheit und wahre Noblesse im besten Sinne. Die tragische Zeit, in der es auch um Prinzessin Diana ging, liegt inzwischen mehr als ein Vierteljahrhundert zurück und ist ein abgeschlossenes Kapitel.» Charles habe «mehr als ein halbes Jahrhundert über seine neue Rolle nachgedacht», «eine baldige Reise des neuen Königspaars in alle Commonwealth-Staaten, inklusive der kleinsten wie Tuvalu im Pazifik und Nevis in der Karibik, wäre ein guter Ausgangspunkt, um für den Fortbestand der konstitutionellen Monarchie zu kämpfen». Hoffentlich begegnet er dort keinen Füllern.

Und dann der krönende Höhepunkt: «Seine Mutter, erklärte er in seiner Rede, habe ein erfülltes Leben gehabt und ihr Versprechen eingelöst. Von ihm wird man das dereinst auch sagen.»

Das schlägt aber vielmehr dem Fass die Krone ins Gesicht. Ein ewiger Warteinweiler, der nicht mal sein Privatleben nobel und privat halten konnte? Ein Gärtner, der mit untauglichen Umweltratschlägen auffiel? Ein gebrochener Mann, der bis ins hohe Alter damit konfrontiert war, dass ihn die eigene Mutter für einen so grossen Vollpfosten hielt, dass sie eine vorzeitige Abdankung nicht mal in Erwägung zog?

Wer ihn nur einmal dabei beobachtet hat, wie er manisch mit seinen Wurstfingerchen ständig an seinen Manschetten zupft, dann hektisch die Nase reibt, leicht vornübergebeugt so offenkundig Interesse an seiner Umgebung nur heuchelt, dass niemand mit ihm warm wird: der ist keine moderne Fortsetzung der konstitutionellen englischen Monarchie, sondern ihre grösste Gefahr.

Deren Überlebenschancen würden deutlich steigen, wenn er so schnell wie möglich seinem Sohn und Thronfolger Platz machte. Aber wer ganze 72 Jahre darauf warten musste, nicht mehr Prinz Charles zu heissen, sondern Charles III., der wird sich wohl an der Krone festhalten, bis sie ihm vom Kopf fällt.